TE OGH 2017/9/28 8ObA45/17a

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Veröffentlicht am 28.09.2017
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und den Hofrat Dr. Brenn als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter DDr. Ferdinand Dietrich und Mag. Michaela Puhm in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei T***** L*****, vertreten durch Strasser Huber Rechtsanwälte OG in Graz, gegen die beklagte Partei Dr. Candidus Cortolezis, Rechtsanwalt in Graz, als Sanierungsverwalter der R***** Gesellschaft mbH, wegen Kündigungsanfechtung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. Juli 2017, GZ 7 Ra 11/17t-34, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Steht fest, dass durch die Kündigung wesentliche Interessen des gekündigten Arbeitnehmers beeinträchtigt sind und andererseits betriebliche Erfordernisse einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen, sind diese Voraussetzungen nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG zueinander in eine Wechselbeziehung zu setzen und eine Abwägung dieser sich gegenüberstehenden Interessen vorzunehmen, um den Zweck des gesetzlichen Kündigungsschutzes erfüllen zu können.

Ob die Abwägung existenznotwendiger betrieblicher Einsparungsmaßnahmen mit den Interessen eines Arbeitnehmers fortgeschrittenen Alters die Kündigung als dem Sachverhalt adäquate Maßnahme erscheinen lässt, ist eine Frage, die von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängig ist (RIS-Justiz RS0051818 [T7]). Mangels einer über den Anlass hinausreichenden Aussagekraft von Einzelfallentscheidungen steht die Revision zu ihrer Überprüfung nach § 502 Abs 1 ZPO nicht offen, es sei denn, dem Berufungsgericht wäre – was hier nicht der Fall ist – eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen, die ausnahmsweise zur Wahrung der Rechtssicherheit einer Korrektur bedürfte.

Fest steht, dass die Kündigung des damals 47-jährigen Klägers, durch die seine Interessen wesentlich beeinträchtigt wurden, zwecks Restrukturierung des mit Verlust wirtschaftenden Unternehmens ausgesprochen wurde. Die EDV-Administrationstätigkeit des Klägers und eines weiteren Mitarbeiters, der selbst gekündigt hatte, wurden an ein Drittunternehmen ausgelagert, womit die laufenden Kosten verringert werden konnten. Rund eineinhalb Monate nach Ende des klägerischen Dienstverhältnisses wurde über das Unternehmen des Dienstgebers das Sanierungsverfahren eröffnet. Danach mussten Teilbetriebe geschlossen und Filialen verkauft werden. Der Kläger könnte im Unternehmen nicht mehr beschäftigt werden.

Wenn die Vorinstanzen unter diesen Umständen zum Ergebnis gelangt sind, dass die Abwägung zwischen den Interessen des Klägers und jenen des Arbeitgebers zugunsten der Letzteren ausschlägt, ist dies zumindest nicht unvertretbar.

Die Zweckmäßigkeit von Rationali-sierungsmaßnahmen des Arbeitgebers kann vom Gericht nicht überprüft werden, sondern lediglich ob die Kündigung geeignet ist, die Wettbewerbschancen des Unternehmens zu verbessern. Dies haben die Vorinstanzen ohne aufzugreifenden Rechtsirrtum bejaht.

Der Revisionswerber argumentiert, dass seine Weiterbeschäftigung jedenfalls nach der Selbstkündigung seines Arbeitskollegen zumutbar gewesen wäre. Dabei übergeht er, dass der Arbeitsplatz dieses Kollegen ebenfalls nicht nachbesetzt wurde und weggefallen ist, sodass er dem Kläger nicht angeboten werden musste. Die Ersparnis der Dienstgeberin bestand, worauf die Revision in ihren Rechenbeispielen nicht Bedacht nimmt, nicht nur in der Differenz zwischen den Lohnkosten des Klägers und dem Werklohn des Drittunternehmens, sondern auch im gänzlichen Wegfall der Lohnkosten seines Kollegen.

Einen angesichts der bisherigen Tätigkeit ungewöhnlichen Arbeitsplatz (nach dem Revisionsvorbringen mit 50%iger Reduktion der Arbeitszeit) muss der Arbeitgeber nicht von sich aus anbieten (RIS-Justiz RS0051923; 8 ObA 74/08b). Ein Interesse des Klägers an einer derart reduzierten Beschäftigung, mit der er nicht einmal seine festgestellten Kreditverbindlichkeiten finanzieren könnte, ist in erster Instanz gar nicht behauptet worden.

In diesem Zusammenhang ist es auch irrelevant, ob die Dienstgeberin ursprünglich beabsichtigt hatte, den Kollegen des Klägers weiterzubeschäftigen, statt den EDV-Administrationsbereich auszulagern, weil auch dieser Kollege nach dem insoweit unstrittigen Beklagtenvorbringen nur mit 25 Wochenstunden teilzeitbeschäftigt war.

Wird durch Auslagerung von Dienstleistungsaufgaben an ein externes Unternehmen eine wesentliche Kosteneinsparung bewirkt, dann kann darin ein rationalisierungsbedingter Kündigungsgrund liegen (ua Gahleitner in Gahleitner/Mosler [Hrsg] ArbVG5 II § 105 Rz 127; RIS-Justiz RS0051907). Die Auslagerung von Aufgaben ganzer Abteilungen könnte allenfalls einen Teilbetriebsübergang iSd § 3 AVRAG bewirken, was im vorliegenden Verfahren aber nicht zu prüfen war.

Textnummer

E119701

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2017:008OBA00045.17A.0928.000

Im RIS seit

07.11.2017

Zuletzt aktualisiert am

05.06.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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