TE Vwgh Erkenntnis 2000/9/7 98/01/0290

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Veröffentlicht am 07.09.2000
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
16/01 Medien;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/01 Sicherheitsrecht;

Norm

AVG §1;
B-VG Art102 Abs2;
B-VG Art78a Abs1;
MedienG §43 Abs1 Z1;
MedienG §44 Abs3;
MedienG BibliotheksstückeV 1981 §1;
SPG 1991 §2 Abs1;
SPG 1991 §2 Abs2;
SPG 1991 §4 Abs1;
SPG 1991 §4 Abs2;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der S V Gesellschaft in I, vertreten durch Dr. Horst Brunner und Dr. Emilio Stock, Rechtsanwälte in 6370 Kitzbühel, Vorderstadt 16, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Juli 1996, Zl. 43.500/10-II/15/96, betreffend Ablieferung von Druckwerken nach dem Mediengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 12. Jänner 1994 stellte die Österreichische Nationalbibliothek bei der Bundespolizeidirektion Innsbruck den Antrag, der "Steiger Verlag GesmbH & Co KG" in Innsbruck gemäß § 45 Abs. 2 des Mediengesetzes bescheidmäßig aufzutragen, ihrer Ablieferungspflicht nachzukommen und die seit dem Jahre 1992 nicht abgelieferten Erzeugnisse des Verlages nachträglich in der laut Verordnung vorgeschriebenen Zahl abzuliefern. Erwähnt waren einzelne Medienerzeugnisse aus den Erscheinungsjahren 1992 und 1993. In einem ergänzenden Telefax vom 1. Februar 1994 übermittelte die Österreichische Nationalbibliothek der Bundespolizeidirektion Innsbruck auch eine Kopie eines Schreibens der Steiger Verlags GesmbH & Co KG vom 23. November 1993, in dem diese der Österreichischen Nationalbibliothek mitteilte, sie sei nicht bereit, ihr weiterhin vollkommen unentgeltlich mehrere Exemplare aller neuen Bücher des Verlages abzuliefern. Die §§ 43 und 44 des Mediengesetzes seien "nicht rechtens". Das verwendete Briefpapier zeigt links oben ein "Logo", rechts daneben die Angabe "steiger verlag" und schließlich rechts oben die Angabe "BUCH- und KUNSTVERLAG *LUFTBILDFOTOGRAFIE Gesellschaft m.b.H. & Co. KG". Gefertigt war das Schreiben von Ing. Johannes Steiger mit dem Beisatz "Geschäftsführender Gesellschafter".

In einer niederschriftlichen Einvernahme bei der Bundespolizeidirektion Innsbruck am 2. Februar 1994 gab Ing. Johannes Steiger an, als geschäftsführender Gesellschafter der "Firma Steiger Verlag GesmbH & Co KG" für die Geschäftsgebarung verantwortlich zu sein.

Mit Schreiben vom 14. Februar 1994 (auf Briefpapier, das mit demjenigen des Schreibens vom 23. November 1993 übereinstimmt) teilte die "STEIGER VERLAG GesmbH" der Bundespolizeidirektion Innsbruck mit, der Aufforderung zur kostenlosen Ablieferung von Büchern "aus unserem Verlag" an die Nationalbibliothek Wien könne nicht nachgekommen werden. Gezeichnet war das Schreiben erneut von Ing. Johannes Steiger, und zwar mit dem Beisatz "Geschäftsführer". In einem Postskriptum war angegeben, dass unter den von der Nationalbibliothek angeforderten Büchern Titel angeführt seien, die nicht im "Steiger Verlag, Innsbruck, erschienen" und auch nicht in Österreich gedruckt worden seien. Im Verwaltungsakt erliegt weiters eine Gewerbeanmeldung vom 7. Juni 1989 beim Amt für öffentliche Ordnung der Stadt Landsberg am Lech durch Ing. Johannes Steiger, als angemeldete Tätigkeit wird "Buchverlag und Verlagsauslieferung" angegeben.

Mit Schreiben vom 16. Mai 1994 übersandte die Österreichische Nationalbibliothek der Bundespolizeidirektion Innsbruck eine "korrigierte und auf den letzten Stand gebrachte Liste" der nicht an sie abgelieferten Werke des "Steiger Verlages/Innsbruck". Angeführt werden zunächst acht Titel, darüber hinaus noch drei weitere Titel, von denen die Österreichische Nationalbibliothek angibt, diese seien angekündigt worden, sie wären von der Ablieferungspflicht betroffen, falls bzw. sobald sie erschienen seien.

Die Bundespolizeidirektion Innsbruck trug der "Steiger Verlag Buch- und Kunstverlag/Luftbildfotografie

Gesellschaft m.b.H. & Co.KG" (z.Hd. Hr. Ing. Johannes Steiger) mit Bescheid vom 20. Mai 1994 gemäß § 45 Abs. 1 in Verbindung mit § 43 Abs. 1 Z. 1 des Mediengesetzes und § 1 der Verordnung des Bundesministers für Justiz vom 4. Dezember 1981 über die Ablieferung und Anbietung von Bibliotheksstücken nach dem Mediengesetz auf, von den nachfolgend angeführten Druckwerken jeweils zwei Bibliotheksstücke auf eigene Kosten an die Österreichische Nationalbibliothek in Wien unverzüglich abzuliefern. Die Ablieferungspflicht beziehe sich auf folgende im vorgenannten Verlag erschienene Druckwerke:

-

Boon, Jan: Wo der Wind betet. Erlebtes aus den Himalaya-Ländern

-

Defner, Karl/ Töchterle, Karlheinz: Tirol (Porträt eines Landes); 1993

-

Frick, Anton/ Haberz, Michael/ Neuwirt, Holger: Steiermark, alte Bauernhöfe; 1992

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Hutwimmer, Hermann: Blut-Delikte, Hintergründe und Aufklärung; 1992

-

Innsbruck, Rundgang durch die Stadt; 2. Aufl. 1992

-

Petzelt (richtig: Patzelt), Erwin: Letzte Hoffnung Regenwald; 1992

-

Pohler, Alfred: Wiesenblumen in den Alpen; 2. Aufl. 1992

-

Reichart, Helga: S.N. Amerstorfer: Maler des Lichts; 1992

-

Nairz, Wolfgang: Nepal. Reise & Trekking; 1993

-

Nepote, Jaques: Der große Indochina-Führer; 1992

-

Wallner, Resi: Köstliches, gesundes Vollwertkochen; 1992

Begründend wurde nach der Wiedergabe der einschlägigen Rechtsvorschriften ausgeführt, der geschäftsführende Gesellschafter des Verlages habe am 14. Februar 1994 der Behörde mitgeteilt, dass er nicht weiterhin bereit sei, entschädigungslos Bücher aus dem Verlagsprogramm der Nationalbibliothek abzuliefern. Weiters sei angeführt worden, dass einige der in der Mitteilung der Nationalbibliothek angeführten Bücher nicht in Österreich gedruckt worden wären. Auf Grund dessen habe die Österreichische Nationalbibliothek die im Spruch angeführten Druckwerke als im Steiger Verlag erschienene Medienwerke bezeichnet, die bisher nicht ordnungsgemäß abgeliefert worden seien. Seitens der Behörde bestehe kein Grund, an der Richtigkeit dieser Auflistung zu zweifeln.

In der dagegen erhobenen Berufung der "Steiger Verlags Gesellschaft m.b.H. & Co Kommanditgesellschaft" (Adresse: Mitteregg 4, 6622 Berwang) wurde vorgebracht, die Berufung werde nur vorsichtshalber erhoben, weil die Bescheidadressatin, nämlich eine "Steiger Verlag Buch- und Kunstverlag/Luftbildfotografie Gesellschaft m.b.H. & Co. KG" in Innsbruck nicht existent sei. Das Verfahren sei mangelhaft geblieben, weil die Bundespolizeidirektion Innsbruck es unterlassen habe zu erheben, ob die im Bescheid angeführten Werke tatsächlich von der Berufungswerberin im Inland verlegt worden seien. Darüber hinaus wurden verfassungsgesetzliche Bedenken gegen den einer Enteignung gleichkommenden Bescheid vorgebracht.

Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol wies die Berufung mit Bescheid vom 23. März 1995 gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab, wobei sie die Gründe des erstinstanzlichen Bescheides als auch für die Berufungsentscheidung maßgebend erachtete. Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Berufungswerberin würden von der Sicherheitsdirektion nicht geteilt. In der Zustellverfügung wird die "Steiger Verlag, Buch- und Kunstverlag/Luftbildfotografie, GesmbH & Co KG, geschäftsführender Gesellschafter Ing. Johannes Steiger" (z.Hd. der einschreitenden Rechtsvertreter) als Adressat angegeben.

Die "Steiger Verlags Gesellschaft m.b.H. & Co Kommanditgesellschaft" (Adresse: Mitteregg 4, 6622 Berwang) erhob erneut Berufung und brachte vor, der angefochtene Bescheid sei nicht ordnungsgemäß begründet. Die Behörde habe es unterlassen, sich mit dem Rechtsmittel ordnungsgemäß auseinander zu setzen. Das Verfahren sei erneut mangelhaft geblieben, weil unterlassen worden sei zu erheben, ob die im Bescheid angeführten Werke tatsächlich von der Berufungswerberin im Inland verlegt worden seien. Die verfassungsrechtlichen Bedenken wurden erneuert.

Wie aus dem Verwaltungsakt ersichtlich, holte das Bundesministerium für Inneres einen Auszug aus dem Firmenbuch betreffend die "Steiger Verlags Gesellschaft mbH & Co Kommanditgesellschaft" sowie für die "Steiger Verlags Gesellschaft mbH" ein. Aus diesen Auszügen geht als persönlich haftender Gesellschafter der Kommanditgesellschaft die "Steiger Verlags Gesellschaft mbH" hervor. Als Geschäftsanschrift der Kommanditgesellschaft ist "Silberweg 5, 6020 Innsbruck" ausgewiesen. Als Geschäftsführer der GesmbH ist Ing. Johannes Steiger, als Geschäftsanschrift "Silberweg 6, 6020 Innsbruck" ausgewiesen.

Mit Schreiben vom 13. Mai 1996 legte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol in Entsprechung einer Weisung des Bundesministers für Inneres die ergänzten Verwaltungsakten wieder vor. In einem darin erliegenden Bericht der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 30. April 1996 ist davon die Rede, dass mit Ausnahme des Werkes von Nepote (Der große Indochina-Führer; 1992) alle im Bescheid der Bundespolizeidirektion Innsbruck angeführten Exemplare hätten vorgefunden werden können. Im Verwaltungsakt erliegen zu den Werken von Boon, Defner/Töchterle, Frick/Haberz/Neuwirt, Hutwimmer, Patzelt und Reichart sowie zum Werk "Innsbruck: Rundgang durch die Stadt" jeweils Fotokopien des Impressums. Darin erscheint jeweils die Angabe "Innsbruck: Steiger" sowie die betreffende Jahreszahl bzw. die Angabe des Copyrights "by Steiger Verlag,

A-6020 Innsbruck" auf.

Mit Bescheid vom 12. Juli 1996 gab der Bundesminister für Inneres der Berufung teilweise statt und hob gemäß § 66 Abs. 4 AVG den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 23. März 1995 hinsichtlich der Druckwerke der Autoren Pohler, Nairz, Nepote und Wallner auf, wies die Berufung im Übrigen aber ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid. Ausgesprochen wurde, dass der "Steiger Verlags Gesellschaft mbH & Co Kommanditgesellschaft" (6020 Innsbruck, Silberweg 5), FN 22950a, als Medieninhaberin (Verlegerin) gemäß § 45 Abs. 1 in Verbindung mit § 43 Abs. 1 Z. 1 des Mediengesetzes und § 1 der Verordnung des Bundesministers für Justiz, BGBl. Nr. 544/1981, aufgetragen werde, von näher genannten Druckwerken (den erwähnten Werken der Autoren Boon, Defner/Töchterle, Frick/Haberz/Neuwirt, Hutwimmer, Patzelt und Reichart sowie des Werkes "Innsbruck: Rundgang durch die Stadt") jeweils zwei Stücke an die Österreichische Nationalbibliothek in Wien auf eigene Kosten unverzüglich abzuliefern.

Nach Wiedergabe der einschlägigen Rechtsvorschriften führte der Bundesminister für Inneres zunächst aus, dass er nicht zu überprüfen habe, ob die im § 43 des Mediengesetzes normierte Ablieferungspflicht hinsichtlich sogenannter Bibliotheksstücke mit der Verfassungsrechtsordnung in Einklang steht, weshalb auf die einschlägigen Berufungsausführungen nicht näher einzugehen sei. Zur maßgeblichen Frage, ob die gegenständlichen Druckwerke von der Berufungswerberin im Inland verlegt oder zum Erscheinen gebracht worden seien, sei ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt worden. Hiezu sei in der Bibliothek des Tiroler Landesarchivs sowie in der Bibliothek der Universität Salzburg angefragt und aus dort aufliegenden Exemplaren von Druckwerken Kopien hergestellt sowie hinsichtlich einzelner der gegenständlichen Medienwerke in einer Wiener Buchhandlung nachgefragt worden. Als Ergebnis sei zunächst festzuhalten, dass die Werke der Autoren Boon, Defner/Töchterle, Frick/Haberz/Neuwirt, Hutwimmer, Patzelt und Reichart sowie des Werkes "Innsbruck: Rundgang durch die Stadt" in den Jahren 1992/93 im "Steiger Verlag, 6020 Innsbruck", verlegt worden seien und auch erschienen seien. Davon ausgehend, unter Bedachtnahme auf das aus der Stellungnahme der Steiger Verlags GesmbH & Co KG an die Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 14. Februar 1994 ersichtliche Selbstverständnis als "Steiger-Verlag, Innsbruck" und auf die glaubhaft korrigierten Angaben der Österreichischen Nationalbibliothek, der nur die unsubstanziierte Behauptung der Berufungswerberin und eine ebenso allgemein gehaltene Gewerbeanmeldung des Ing. Johannes Steiger gegenüber stünden, könne bei einer "gesamthaften Betrachtung" als erwiesen angesehen werden, dass diese Druckwerke in den Jahren 1992/93 von der "Steiger Verlags Gesellschaft mbH & Co Kommanditgesellschaft" in Innsbruck verlegt und verbreitet worden seien, weshalb alle Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides gemäß § 45 Abs. 1 des Mediengesetzes vorlägen. Bei den übrigen vier Werken liege hingegen kein Nachweis vor, dass diese Werke im "Steiger Verlag" der GesmbH & Co KG im Inland verlegt worden bzw. erschienen seien. Aus diesem Grund sei diesbezüglich der Berufung stattzugeben gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof. Sie erblickte im angefochtenen Bescheid eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums, weil sie auf Grund des Bescheides gezwungen wäre, unentgeltlich jeweils zwei Stück der im Bescheid genannten Bücher an die Österreichische Nationalbibliothek in Wien abzuliefern. Ausdrücklich wird in der Beschwerde vorgebracht, dass die Steiger Verlags Gesellschaft mbH & Co KG "oben bezeichnete Bücher" (die laut angefochtenem Bescheid abzuliefernden Werke) verlegt habe. Die gesetzlichen Grundlagen stünden mit der österreichischen Verfassungsrechtsordnung nicht im Einklang.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 15. Juni 1998, B 2515/96-7, die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof ab. Begründend wurde u.a. ausgeführt, soweit die Beschwerde insofern verfassungsrechtliche Fragen berühre, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet werde, lasse ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der einschlägigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zitiert werden die zur Zulässigkeit von Eigentumsbeschränkungen ergangenen Erkenntnisse VfSlg. 9911/1983 und 10430/1985, zur Frage der hinreichenden Determinierung von Verordnungen die Erkenntnisse VfSlg. 12118/1989 und 12692/1991 sowie zum Gleichheitssatz die Erkenntnisse VfSlg. 9524/1982, 11615/1988 und 13726/1994) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

In der Beschwerdeergänzung brachte die Beschwerdeführerin vor, sie erachte sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf richtige Anwendung der §§ 43 Abs. 1 und 45 Abs. 1 des Mediengesetzes verletzt. Die belangte Behörde habe die §§ 43 und 45 des Mediengesetzes falsch ausgelegt. Die Worte "auf eigene Kosten" bezögen sich lediglich auf die Frachtkosten. Bei richtiger Anwendung des Gesetzes hätte die belangte Behörde davon ausgehen müssen, dass die Beschwerdeführerin zwar für die Ablieferung selbst keine Kosten verlangen dürfe, wohl aber für die abzuliefernden Bücher. Darüber hinaus seien wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt worden. Der Beschwerdeführerin sei keine Möglichkeit zur Stellungnahme hinsichtlich der Verfahrensergebnisse betreffend des Umstandes, dass sie Medieninhaberin (Verlegerin) der im bestätigenden Spruch des bekämpften Bescheides genannten Werke sei, gegeben worden. Sie hätte für den Fall, dass ihr dieses Recht eingeräumt worden wäre, aufzeigen können, dass sie hinsichtlich jener genannten Werke "zu Unrecht als Medieninhaberin angesehen wurde". Darüber hinaus sei auch nicht mit der gebotenen Sicherheit nachvollziehbar, auf Grund welcher Überlegungen die belangte Behörde welche Sachverhaltfeststellungen getroffen habe.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Im vorliegenden Fall ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides das Mediengesetz in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 105/1997 maßgeblich. Die einschlägigen Bestimmungen lauten (auszugsweise):

"§ 1. (1) Im Sinn der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes ist

1. 'Medium': jedes Mittel zur Verbreitung von Mitteilungen oder Darbietungen mit gedanklichem Inhalt in Wort, Schrift, Ton oder Bild an einen größeren Personenkreis im Wege der Massenherstellung oder der Massenverbreitung;

2. 'periodisches Medium': ein periodisches Medienwerk, ein Rundfunkprogramm oder sonst ein Medium, das in vergleichbarer Gestaltung wenigstens viermal im Kalenderjahr wiederkehrend verbreitet wird;

3. 'Medienwerk': ein zur Verbreitung an einen größeren Personenkreis bestimmter, in einem Massenherstellungsverfahren in Medienstücken vervielfältigter Träger von Mitteilungen oder Darbietungen mit gedanklichem Inhalt;

4. 'Druckwerk': ein Medienwerk, durch das Mitteilungen oder Darbietungen ausschließlich in Schrift oder Standbildern verbreitet werden;

5. 'Periodisches Medienwerk oder Druckwerk': Ein Medienwerk oder Druckwerk, das unter demselben Namen in fortlaufenden Nummern wenigstens viermal im Kalenderjahr in gleichen oder ungleichen Abständen erscheint und dessen einzelne Nummern, mag auch jede ein in sich abgeschlossenes Ganzes bilden, durch ihren Inhalt im Zusammenhang stehen;

...

8. 'Medieninhaber (Verleger)': wer ein Medienunternehmen oder einen Mediendienst betreibt oder sonst das Erscheinen von Medienwerken durch Inverkehrbringen der Medienstücke besorgt;

...

§ 43. (1) Von jedem Druckwerk, das im Inland verlegt wird oder erscheint, hat der Medieninhaber (Verleger) eine durch Verordnung zu bestimmende Anzahl von Stücken

1. an die Österreichische Nationalbibliothek ... abzuliefern und

...

(2) Die Anbietungs- und Ablieferungspflicht nach Abs. 1 trifft den Hersteller eines Druckwerkes, wenn dieses im Ausland verlegt wird und erscheint, jedoch im Inland hergestellt wird.

...

     (4) Bei Bestimmung ... der Stückzahl ist auf die Aufgaben der

Archivierung und Information und die Interessen von Wissenschaft,

Forschung, Lehre und Unterricht sowie auf die bundesstaatliche

Gliederung der Republik Österreich Bedacht zu nehmen. ... Die

Stückzahl darf insgesamt bei periodischen Druckwerken nicht mehr als zwölf, sonst nicht mehr als sieben betragen.

§ 44. (1) Der Ablieferungspflicht nach § 43 Abs. 1 Z 1 hat der Medieninhaber (Verleger) binnen einem Monat nach Beginn der Verbreitung ... nachzukommen.

...

(3) Werden Druckwerke, deren Ladenpreis den Betrag von 1600 S übersteigt, nicht binnen sechs Wochen zurückgestellt, so hat die empfangsberechtigte Stelle die Hälfte des Ladenpreises zu vergüten.

... .

§ 45. (1) Werden Bibliotheksstücke nicht rechtzeitig abgeliefert oder angeboten oder wird dem Verlangen auf Übermittlung der angebotenen Stücke nicht rechtzeitig entsprochen, so können die empfangsberechtigten Stellen zur Durchsetzung ihres Anspruches die Erlassung eines Bescheides durch die im Abs. 2 bezeichneten Behörden begehren, in dem die Ablieferung den nach § 43 dazu Verpflichteten aufgetragen wird.

(2) Wer der im nach § 43 obliegenden Ablieferungs- oder Anbietungspflicht nicht nachkommt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür von der nach dem Verlags- oder Herstellungsort zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde von dieser, mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen."

§ 1 der auf Grund des § 43 in Verbindung mit § 50 des Mediengesetzes erlassenen Verordnung des Bundesministers für Justiz, BGBl. Nr. 544/1981, lautet (auszugsweise):

"§ 1. Von jedem Druckwerk, das in einem der nachgenannten Bundesländer verlegt wird oder erscheint, hat der Medieninhaber (Verleger), wenn das Druckwerk aber im Ausland verlegt wird und erscheint, jedoch in einem der nachgenannten Bundesländer hergestellt wird, der Hersteller binnen einem Monat nach Beginn der Verbreitung bzw. nach Herstellung an die jeweils bezeichneten Bibliotheken folgende Anzahl von Bibliotheksstücken auf eigene Kosten abzuliefern:

...

                                  periodische          sonstige

                                  Druckwerke           Druckwerke

Tirol

Österreichische Nationalbibliothek     4                    2

     ..."

Eingangs ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin auf ihr Berufungsvorbringen, der Bescheid der Bundespolizeidirektion Innsbruck sei gar nicht an sie gerichtet gewesen, weshalb sie nur vorsichtshalber Berufung erhebe, nicht mehr zurückkommt. Auf der Grundlage des oben geschilderten Ganges des Verwaltungsverfahrens hegt der Verwaltungsgerichtshof keine Zweifel daran, dass die Bundespolizeidirektion Innsbruck, die sich erkennbar auf die Angaben auf dem in den Schreiben vom 23. November 1993 und vom 14. Februar 1994 verwendeten Briefpapier bezog, ihren Bescheid an die Beschwerdeführerin gerichtet hatte. Die meritorische Behandlung der Berufungen durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol und die belangte Behörde erweist sich daher nicht als rechtswidrig.

Bei den sieben im Spruch des angefochtenen Bescheides genannten Werken, deren Ablieferung an die Österreichische Nationalbibliothek die belangte Behörde anordnet, handelt es sich zweifelsfrei um Druckwerke im Sinne der §§ 1 Abs. 1 Z. 4 und 43 Abs. 1 des Mediengesetzes. Wären diese Druckwerke im Inland verlegt worden, so hätte der Medieninhaber (Verleger) der Österreichischen Nationalbibliothek von jedem der in Rede stehenden Werke die durch § 1 der Verordnung BGBl. Nr. 544/1981 bestimmten zwei Exemplare abzuliefern gehabt, wobei der Ablieferungspflicht gemäß § 44 Abs. 1 des Mediengesetzes in Verbindung mit § 1 der genannten Verordnung binnen einem Monat nach Beginn der Verbreitung nachzukommen gewesen wäre.

Voraussetzung für das Bestehen der Ablieferungspflicht nach § 43 Abs. 1 des Mediengesetzes ist im vorliegenden Fall zunächst, dass die Beschwerdeführerin Medieninhaber (Verleger) im Sinne der §§ 1 Abs. 1 Z. 8 und 43 Abs. 1 des Mediengesetzes ist. In der Verfassungsgerichtshofbeschwerde räumte die Beschwerdeführerin ausdrücklich ein, sie habe die erwähnten Werke "verlegt". In der Beschwerdeergänzung rügt die Beschwerdeführerin nunmehr unter dem Blickwinkel der Verletzung von Verfahrensvorschriften, die belangte Behörde habe ihr hinsichtlich der Verfahrensergebnisse betreffend des Umstandes, dass sie Medieninhaber (Verleger) der in Rede stehenden Werke sei, kein Parteiengehör eingeräumt. Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ist eine diesbezügliche Einräumung von Parteiengehör nicht ersichtlich. Die belangte Behörde hat daher, von der Beschwerdeführerin insofern zutreffend aufgezeigt, Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen.

Allerdings ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet, die Relevanz dieses Verfahrensmangels aufzuzeigen. Nicht nur räumte die Beschwerdeführerin in der Verfassungsgerichtshofbeschwerde, wie oben wiedergegeben, ausdrücklich ein, die in Rede stehenden Werke verlegt zu haben, auch das in der Beschwerdeergänzung erstattete Vorbringen, für den Fall der Einräumung von Parteiengehör hätte die Beschwerdeführerin aufzeigen können, dass sie zu Unrecht als Medieninhaber (Verleger) angesehen worden sei, stellt nur eine - mit dem Vorbringen in der Verfassungsgerichtshofbeschwerde nicht übereinstimmende - Rechtsbehauptung dar, die jeder Sachverhaltsbezogenheit entbehrt, weshalb der Verwaltungsgerichtshof die diesbezügliche Bescheidfeststellung der belangten Behörde, die auch mit der Aktenlage im Einklang steht, der weiteren rechtlichen Beurteilung zugrunde legt.

§ 43 Abs. 1 des Mediengesetzes setzt für das Bestehen der Ablieferungspflicht weiters voraus, dass das Druckwerk im Inland verlegt wird. Die belangte Behörde hat diese Voraussetzung im Hinblick auf die in Rede stehenden Werke als erfüllt angesehen und festgestellt, dass diese in den Jahren 1992 und 1993 in Innsbruck verlegt worden seien. Sie konnte sich dabei auf die oben wiedergegebenen Angaben im jeweiligen Impressum der Werke stützen. Die Verlegung in Innsbruck wird in der Beschwerde auch nicht bestritten.

Ebenfalls unbestritten bleibt schließlich, dass eine Ablieferung der in Rede stehenden Werke in zweifacher Anzahl an die Österreichische Nationalbibliothek innerhalb der in § 44 Abs. 1 des Mediengesetzes in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 544/1981 normierten Frist nicht erfolgt ist.

Einem Antrag der Österreichischen Nationalbibliothek auf Erlassung eines Bescheides, mit dem die Ablieferung aufgetragen wird, stand daher gemäß § 45 Abs. 1 des Mediengesetzes nichts im Weg. Für die Erlassung eines derartigen Bescheides war im Hinblick auf den Verlagsort Innsbruck gemäß § 45 Abs. 1 und 2 des Mediengesetzes die Bundespolizeidirektion Innsbruck zuständig, die funktionelle Zuständigkeit der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol und des Bundesministers für Inneres ergab sich in der vorliegenden Angelegenheit des Pressewesens - gemäß § 2 Abs. 2 des Sicherheitspolizeigesetzes ein Teilbereich der Sicherheitsverwaltung - aus der (auf Art. 78a Abs. 1 B-VG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 und 2 des Sicherheitspolizeigesetzes gründenden) hierachischen Überordnung der Sicherheitsdirektion und des Bundesministers für Inneres, nach der sich im Bereich der unmittelbaren Bundesverwaltung (mangels gesetzlicher Abkürzung) der administrative Instanzenzug richtet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1999, Zl. 97/19/0992).

Die belangte Behörde trug der Beschwerdeführerin die Ablieferung der in Rede stehenden Werke in zweifacher Anzahl "auf eigene Kosten" auf. Wie die Beschwerdeführerin zutreffend erkennt, brachte sie damit zum Ausdruck, dass die Bibliotheksstücke unentgeltlich, unter Tragung der Versandkosten, abzuliefern seien. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin liegt darin aber aus folgenden Gründen keine Verkennung der maßgeblichen Rechtslage durch die belangte Behörde:

Die belangte Behörde stützte den angefochtenen Bescheid auch auf § 1 der Verordnung BGBl. Nr. 544/1981. Darin ist unmissverständlich normiert, dass die Bibliotheksstücke an die Österreichische Nationalbibliothek auf eigene Kosten abzuliefern sind. Der Wortlaut des § 1 der Verordnung BGBl. Nr. 544/1991 stimmt diesbezüglich zwar nicht mit demjenigen des § 43 Abs. 1 Z. 1 des Mediengesetzes überein, doch ergibt sich jedenfalls aus dem Zusammenhang der letztgenannten Bestimmung mit § 44 Abs. 3 des Mediengesetzes, dass vom Gesetz eben nur für den Fall eines Ladenpreises, der S 1.600,-- übersteigt, bei Nichtzurückstellung des abgelieferten Werkes eine Vergütung (in Höhe der Hälfte des Ladenpreises) vorgesehen ist. Von diesem Ausnahmefall abgesehen ist demnach kostenlos, "auf eigene Kosten" im Sinne des § 1 der Verordnung BGBl. Nr. 544/1981, abzuliefern (vgl. im Ergebnis gleichlautend Brandstetter/Schmid, MedienG2 (1999), § 43 Rz 4; Hanusch, Kommentar zum Mediengesetz (1998), § 44 Rz 3). § 1 der Verordnung BGBl. Nr. 544/1981 findet in den erwähnten gesetzlichen Vorschriften (im Zusammenhang mit Art. 18 Abs. 2 B-VG) seine Deckung. Eine Reduktion des Bedeutungsgehalts der Wendung "auf eigene Kosten" auf "Frachtkosten", wie sie der Beschwerdeführerin vorschwebt, ist demgegenüber ausgeschlossen.

Wenn die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid der Beschwerdeführerin die Ablieferung der Bibliotheksstücke (je zwei Exemplare der in Rede stehenden Werke) "auf eigene Kosten" aufgetragen hat, so kann dies nach dem bisher Gesagten nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Da die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Zur Klarstellung sei in diesem Zusammenhang allerdings erneut auf § 44 Abs. 3 des Mediengesetzes hingewiesen. Dem angefochtenen Bescheid ist nicht zu entnehmen, ob es sich bei einem der von der Ablieferungspflicht betroffenen Werke um eines mit einem S 1.600,-- übersteigenden Ladenpreis handelt. Da § 45 Abs. 1 des Mediengesetzes nur zur Durchsetzung des Anspruches der empfangsberechtigten Stellen auf Ablieferung von Bibliotheksstücken dient, bleibt im vorliegenden Fall eine allfällige Anwendung des § 44 Abs. 3 des Mediengesetzes von den Wirkungen des angefochtenen Bescheides unberührt.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 7. September 2000

Schlagworte

Instanzenzug Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Nichterschöpfung des Instanzenzuges Allgemein Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetze

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998010290.X00

Im RIS seit

21.12.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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