TE OGH 2017/9/22 3Nc14/17i

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Veröffentlicht am 22.09.2017
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Jensik und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen C*****, geboren am ***** 2014, *****, wegen Übertragung der Zuständigkeit nach § 111 Abs 2 JN, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die mit Beschluss des Bezirksgerichts Oberndorf vom 8. Mai 2017 (ON 107) verfügte Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Oberpullendorf wird nicht genehmigt.

Text

Begründung:

Mit Beschluss vom 28. November 2016, ON 94, entzog das Bezirksgericht Oberndorf den Eltern die Obsorge für die Minderjährige und übertrug diese an den Kinder- und Jugendhilfeträger. Die Minderjährige ist mittlerweile in einer Wohngemeinschaft im Sprengel des Bezirksgerichts Oberpullendorf untergebracht.

Mit Schriftsatz vom 28. April 2017, ON 105, stellte der Vater den Antrag auf Rückübertragung der Obsorge an ihn, weil sich in der Zwischenzeit die Lebensumstände der (im Sprengel des Bezirksgerichts Neumarkt bei Salzburg wohnenden) Eltern stabilisiert hätten, sodass nunmehr eine Gefährdung des Kindeswohls ausgeschlossen werden könne.

Mit (mittlerweile rechtskräftigem) Beschluss vom 8. Mai 2017, ON 107, übertrug das Bezirksgericht Oberndorf die Zuständigkeit zur Besorgung dieser Pflegschaftssache gemäß § 111 Abs 1 JN an das Bezirksgericht Oberpullendorf. Es sei zweckmäßiger, wenn dieses die Pflegschaftssache führe, zumal kein Bezug mehr zum bisher zuständigen Gericht bestehe.

Das Bezirksgericht Oberpullendorf lehnte die Übernahme unter Hinweis darauf ab, dass eine allfällige Änderung der Lebensumstände der Eltern effizienter vom bisher zuständigen, damit vertrauten Gericht beurteilt werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Die Zuständigkeitsübertragung ist nicht zu genehmigen.

1. Gemäß § 111 Abs 1 JN kann das Pflegschaftsgericht seine Zuständigkeit einem anderen Gericht übertragen, wenn dies im Interesse des Minderjährigen oder sonstigen Pflegebefohlenen gelegen erscheint, insbesondere wenn dadurch die wirksame Handhabung des pflegschaftsgerichtlichen Schutzes voraussichtlich gefördert wird. Ausschlaggebendes Kriterium einer Zuständigkeitsübertragung nach § 111 Abs 1 JN ist stets das Kindeswohl (RIS-Justiz

RS0047074).

2. In der Regel ist dabei zwar das Naheverhältnis zwischen dem Pflegebefohlenen und dem Gericht von wesentlicher Bedeutung, sodass im Allgemeinen das Gericht am besten geeignet ist, in dessen Sprengel der Minderjährige seinen Wohnsitz oder (gewöhnlichen) Aufenthalt hat (

RIS-Justiz RS0047074 [T7]).

3. Im vorliegenden Fall ist allerdings zu berücksichtigen, dass es bei der Entscheidung über den offenen Antrag auf Rückübertragung der Obsorge vor allem darum geht, ob sich die Lebensumstände der Eltern, die anders als die Minderjährige nicht im Burgenland, sondern nach wie vor im Land Salzburg leben, entscheidend geändert haben. Unter diesen Umständen wäre eine Übertragung der Zuständigkeit an das – neu mit der Pflegschaftssache befasste – Bezirksgericht Oberpullendorf nicht geeignet, die wirksame Handhabung des pflegschaftsgerichtlichen Schutzes zu fördern (vgl RIS-Justiz RS0046908 [T13]; RS0046929, RS0046984; vgl auch 3 Ob 74/15a und 3 Nc 13/14p).

Textnummer

E119676

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2017:0030NC00014.17I.0922.000

Im RIS seit

03.11.2017

Zuletzt aktualisiert am

03.11.2017
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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