TE Bvwg Erkenntnis 2017/10/13 W182 1406138-5

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.10.2017
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Entscheidungsdatum

13.10.2017

Norm

AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs10
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W182 1406139-5/2E

W182 1406138-5/2E

W182 1406140-5/2E

W182 1406141-5/2E

W182 2172627-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER als Einzelrichter über die Beschwerden 1.) des XXXX , geb. XXXX ,

2.) der XXXX , geb. XXXX , 3.) des XXXX , geb. XXXX , sowie 4.) der XXXX , geb. XXXX , alle StA. Russische Föderation, alle vertreten durch: XXXX , gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 14.09.2017, 1.) Zl. 821313309/161146089, 2.) Zl. 800194000/161227348, 3.) Zl. 821313407/161146089/BMI-BFA_STM_RD und 4.) Zl. 821313505/161146216/BMI-BFA_STM_RD, nach § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I. Nr. 33/2013 idgF, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruch der angefochtenen Bescheide wie folgt zu lauten hat:

"Ihr Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 wird gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.

2. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER als Einzelrichter über die Beschwerde 5.) des XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch: XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.09.2017,

5.) Zl. 1163725004/170937603/BMI-BFA_STM_RD, nach § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I. Nr. 33/2013 idgF, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 57, 55, 10 Abs. 2 AsylG 2005 idgF, §§ 10 Abs. 2, 9 und 18 Abs. 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl I Nr. 87/2012 idgF, und §§ 52 Abs. 1, 52 Abs. 9 und 46 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I. Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die beschwerdeführenden Parteien (im Folgenden BF) sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, gehören der tschetschenischen Volksgruppe an und sind muslimischen Glaubens. Der Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF2), ein Ehepaar, sowie der Drittbeschwerdeführer (im Folgenden: BF3), ihr minderjähriger in Kürze 10-jähriger Sohn, haben laut eigenen Angaben am 07.03.2009 das Herkunftsland verlassen, seien am 10.03.2009 nach Polen und am 11.03.2009 illegal nach Österreich eingereist, wo sie am 12.03.2009 Anträge auf internationalen Schutz stellten. Sie waren im Herkunftsland in XXXX in der autonomen Republik Tschetschenien wohnhaft. Im XXXX 2009 wurde die Viertbeschwerdeführerin, die Tochter des BF1 und der BF2, in Österreich geboren. Für sie wurde am 27.03.2009 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 02.04.2009 wurden die Anträge der BF gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen. Für die Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz sei gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO Polen zuständig. Unter einem wurden die BF gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 nach Polen ausgewiesen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Polen gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 zulässig sei.

Der Asylgerichtshof wies mit Erkenntnissen vom 06.05.2009 die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden ab.

1.2. Der BF1 stellte am 02.03.2010 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Er habe sich in Wien aufgehalten, als die übrigen BF nach Polen abgeschoben worden seien. Einige Tage später sei er nach Polen gefahren. Als er dort seine Familie nicht mehr gefunden habe bzw. weil diese in Schubhaft gewesen sei, sei er nach Russland zurückgekehrt. Dort habe er sich von Ende Juni 2009 bis zu seiner illegalen Ausreise am 23.02.2010 aufgehalten. Die übrigen BF würden in XXXX leben. Er habe 10 Jahre Grundschule im Herkunftsstaat absolviert und sei zuletzt als Hilfsarbeiter tätig gewesen. Seine Mutter, vier Schwestern, seine Gattin und seine Kinder würden in Tschetschenien leben.

In der Einvernahme vom 01.06.2010 gab der BF1 u.a. an, dass er keine persönlichen Beziehungen und Verwandten in Österreich habe. Seine Gattin befinde sich mit den beiden Kindern bei ihrer Mutter in XXXX und pflege diese, weil ihr Vater gestorben sei. Der BF1 habe sich nach der Rückkehr in Dagestan bei einer Tante aufgehalten und hin und wieder seine Mutter in XXXX besucht. Er habe gehofft, dass sich die Lage zu Hause beruhigt habe. Die Mutter der BF2 beziehe eine Pension, die Gattin Kindergeld, es gebe einen Gemüsegarten und die Familie helfe zusammen. Der BF1 habe bei einer Firma in der Metallbranche im Logistikbereich gearbeitet. Er besuche jetzt einen Deutschkurs. Zu seinen Fluchtgründen brachte er im Wesentlichen vor, dass er im Herkunftsland wiederholt von Sicherheitskräften misshandelt worden sei, weil er gegen das russische Regime in Tschetschenien sei. Weiters sei er bei seiner Rückkehr nach Tschetschenien im Jahr 2009 von Leute von Kadyrov, die ihn zu einer Zusammenarbeit zwingen hätten wollen, kurzfristig angehalten worden.

Das Bundesasylamt wies den Antrag mit Bescheid vom 14.06.2010 sowohl im Hinblick auf die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten, als auch im Hinblick auf die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten ab und wies den BF1 unter einem gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 in die Russische Föderation aus.

Der Asylgerichtshof gab mit Erkenntnis vom 14.10.2011 der Beschwerde statt und verwies das Verfahren zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides gemäß § 66 Abs. 2 AVG an das Bundesasylamt zurück.

In der Einvernahme am 03.01.2012 gab der BF1 u.a. an, nur weitschichtige Verwandte in Österreich zu haben. Er habe einen Freund, der ihn schon zwei Mal zum Cafétrinken eingeladen habe. Er spreche und verstehe nur ganz wenig Deutsch. Er habe keine besonderen Krankheiten, nur im Fall von Stress bekomme er manchmal hohen Blutdruck. Er habe telefonischen Kontakt zum Herkunftsstaat, insb. zum ehem. Leiter der Firma, für die er gearbeitet habe. Seine Gattin leben mit ihren Brüdern und ihrer Mutter in XXXX . Sie seien traditionell geschieden, aber nicht offiziell. Alle würden glauben, dass sie getrennt seien, aber sie seien immer noch ein Paar. Manchmal würde er mit seiner Gattin telefonieren. Die Mutter des BF1 habe eine eigene Wohnung in XXXX , sie sei in Pension, seine Schwester studiere an der Universität XXXX . Seine Gattin habe weder eine Stelle an einer Schule, noch an einem Kindergarten bekommen. Ob sie staatliche Unterstützung bekomme, wisse er nicht.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.01.2012, Zl. 10 01.940 – BAG, wurde der Antrag des BF1 abermals sowohl im Hinblick auf die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten, als auch im Hinblick auf die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und der BF1 unter einem gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 in die Russische Föderation ausgewiesen.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 07.05.2012, Zl. D12 406139-3/2012/3E, gemäß §§ 3, 8, 10 AsylG 2005 als unbegründet ab. Als Begründung wurde im Wesentlichen von der Unglaubwürdigkeit der Fluchtgründe des BF1 ausgegangen.

Der Antrag des BF1 auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gegen diese Entscheidung wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 27.06.2012, zugestellt am 06.07.2012, zurückgewiesen.

1.3. Am 21.09.2012 stellten die BF2, der BF3 und die BF4 Anträge auf internationalen Schutz. Sie gaben an, am Im Juni 2009 nach Polen abgeschoben worden zu sein, wobei sie in Oktober 2009 nach Tschetschenien zurückgekehrt und in XXXX gelebt haben. Am 05.09.2012 seien sie ausgereist und am 21.09.2012 illegal nach Österreich eingereist. Im Herkunftsstaat habe die BF2 1988-2001 die Volks- und Hauptschule besucht und 2001-2007 die Universität. Sie habe Philologie, tschetschenische und russische Sprache sowie Literatur studiert und sei zuletzt als Sozialarbeiterin tätig gewesen.

In der Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 15.01.2013 gab die BF2 u. a. an, dass ihre Mutter und zwei Brüder im Herkunftsstaat lebten und sie selten Kontakt zu ihnen habe. Mit ihrem in Österreich lebenden Gatten habe sie ca. 1 Mal im Monat telefoniert. Sie sei geflohen, weil ein Bruder von Militärangehörigen mitgenommen worden sei und die Militärangehörigen auch nach ihr gesucht hätten, weil sie nach dem Tod eines weiteren Bruders Ende Juli 2012 Waffen an einen ehemaligen Freund übergeben habe. Der Bruder sei verschwunden. Die Kinder hätten keine eigenen Fluchtgründe.

Das Bundesasylamt wies die Anträge auf internationalen Schutz mit Bescheiden vom 19.02.2013, gemäß §§ 3 und 8 AsylG 2005 ab und die BF2 – BF4 unter einem gemäß § 10 AsylG 2005 in die Russische Föderation aus. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Fluchtvorbringen der BF2 unglaubwürdig sei.

Der Asylgerichtshof wies mit Erkenntnissen vom 03.10.2013, Zlen. D12 406138-2/2013/4E, D12 4061340-2/2013/4E und D12 4061341-2/2013/4E, die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden der BF2 – BF4 als unbegründet ab.

Die Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung von Beschwerden gegen diese Entscheidungen wurden mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 27.11.2013, Zlen. U 2354/2013, U2355/2013 und U 2356/2013, zugestellt am 20.01.2014 abgewiesen.

1.4. Am 07.02.2014 stellten die BF1-BF4 Anträge gemäß § 55 AsylG 2005 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8

EMRK.

Handschriftlich führt die BF2 auf Deutsch u.a. aus, dass sich der BF1 seit 4 Jahren in Österreich aufhalte, sie und die minderjährigen BF hielten sich seit 1,5 Jahren in Österreich auf. Die Erziehung ihrer Kinder sei ihr wichtig. Sie erwarte eine positive Antwort.

In einer Stellungnahme zum Antrag führten die BF im Wesentlichen aus, dass sie seit ihrer Ankunft in Österreich stets bemüht seien, sich aktiv in die Gesellschaft zu integrieren und ein selbständiges Leben in Österreich zu führen. Die BF2 habe die Prüfung des ÖIF auf dem Niveau B1 bestanden, der BF1 werde zur Prüfung auf dem Niveau A2 antreten. Die BF würden daher über gute Deutschkenntnisse verfügen und in der Lage sein, auch komplexere Alltagssituationen auf Deutsch zu meisten. Die BF2 gehe seit Oktober 2013 einer ehrenamtlichen Tätigkeit bei der XXXX nach. Zudem sei sie seit November 2013 freiwillige Mitarbeiterin des XXXX . Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit sei bisher aus rechtlichen Gründen nicht möglich gewesen. Der BF1 verfüge aber über eine Einstellungszusage als Landarbeiter. Der BF3 und die BF4 besuchten den Kindergarten, seien dort gut integriert und hätten bereits Freundschaften schließen können.

Dazu wurden u.a. diverse Unterstützungsschreiben, eine Teilnahmebestätigung einer Basisbildungsmaßnahme sowie ein ÖIF-Prüfungszeugnis vom 24.05.2013, mit welchem bestätigt wird, dass die BF2 die Prüfungsteile Hören/Lesen, Schreiben und Sprechen auf dem Niveau B1 bestanden habe.

Am 11.06.2014 gab der BF1 in einer Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im folgenden Bundesamt) an, dass es ihm gut gehe. Er könne einen Vorvertrag und Empfehlungsschreiben vorlegen. Seine Gattin und seine Kinder lebten in Österreich, es bestehe aber kein gemeinsamer Wohnsitz, weil es ihm bisher verwehrt geblieben sei, bei seiner Gattin und den Kindern zu wohnen. Er habe viele Freunde, auch Österreicher, die ihn unterstützen würden. Er schlafe abwechselnd bei ihnen. Sonstige Verwandte oder Familienangehörige habe er nicht in Österreich. Seine Bekannten würden ihn in finanziell schwierigen Situationen unterstützen. Er habe einen Deutschkurs besucht, aber kein Geld für die Prüfung gehabt. Er verstehe aber die Leute und die Leute würden ihn verstehen. Mit dem Sprachniveau A2 werde er kein Problem habe. Er helfe älteren Damen unentgeltlich im Haushalt. In seiner Freizeit sei er in seinem Zimmer und surfe im Internet. Er sehe seine Familie alle zwei Wochen. Er habe in Österreich noch nie das Gesetz verletzt und habe hier sehr viele Freunde. Er habe hier noch nie Probleme gehabt. Hätte er eine Arbeitserlaubnis, könne er mit der Arbeit beginnen; auf Baustellen könne er alles machen. Er habe sehr viele Freunde in Österreich. Er brauche keine Sozialhilfe.

Die BF2 brachte am 11.06.2014 im Wesentlichen vor, Grundversorgung zu beziehen und in einem Quartier der Grundversorgung zu wohnen. Über die Grundversorgung sei sie krankenversichert. Sie arbeite bzw. werde als Dolmetscherin in ihrer Umgebung beigezogen. Damit verdiene sie € 30,- p.m. Sie habe außerhalb der Kernfamilie keine Verwandten in Österreich. Sie haben den Deutschkurs B1 positiv absolviert. Sie helfe jede zweite Woche zwei Tage XXXX und jede Woche zwei Tage bei der XXXX . In ihrer Freizeit lerne sie Deutsch und helfe behinderten Menschen. Ihre Kinder besuchten den Kindergarten. Die BF2 sei mit vielen Österreichern befreundet. Sie lebe von ihren Mann getrennt, weil eine Familienzusammenführung nicht möglich sei; er halte sich bei Freunden auf, weil er Angst habe, abgeschoben zu werden.

Dazu wurden u.a, vorgelegt: diverse Unterstützungsschreiben; eine Teilnahmebestätigung des BF1 betreffend die ÖSD Prüfung auf dem Niveau A2 am 21.02.2014; eine undatierte psychotherapeutische Stellungnahme über eine Psychotherapie der BF2 ohne Nennung einer Diagnose; eine Vereinbarung der BF2 mit der XXXX betreffend freiwilliges Engagement ab 01.10.2013; eine Bestätigung des XXXX über die freiwillige Mitarbeit der BF2 ab 01.11.2013 vom 23.01.2014; ein mit Erteilung einer Aufenthalts- und Arbeitsberechtigung aufschiebend bedingter Dienstvertrag des BF1 betreffend einer Einstellung als Hilfskraft im Ausmaß von 25 Stunden/Woche für €

777,- brutto, vom 24.01.2014; Kindergarten-Besuchsbestätigungen hinsichtlich des BF3 und der BF4.

Mit Bescheiden des Bundesamtes vom 17.07.2014, Zlen. Zl. 800194000/14088242/BMI-BFA-RD-St,. 821313309/14088255/BMI-BFA-RD-St, 821313407/14088226/BMI-BFA-RD-St und 82131505/14088234/BMI-BFA-RD-St, stellte das Bundesamt fest, dass den BF1 – BF4 Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt werden und gegen sie gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG, erlassen wurde. Unter einem stellte das Bundesamt fest, dass gemäß § 52 Abs. 9 FPG Abschiebung der BF1 - BF4 gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei und die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

1.5. Die dagegen erhobenen Beschwerden vom 04.08.2014 wurden mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.11.2014, Zlen. W112 1406139-4/10E, W112 1406138-3/11E, W112 1406140-3/10E und W112 1406141-3/10E mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Anträge der BF1 - BF4 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückgewiesen werden (Spruchpunkt I.). Den BF1 - BF4 wurde gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 iVm § 57 AsylG 2005 eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" von Amts wegen nicht erteilt (Spruchpunkt II.) und gegen sie gemäß § 10 Abs. 3 iVm § 58 Abs. 9 AsylG 2005, § 52 Abs. 3 FPG und § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt III.) Gemäß § 52 Abs. 9 iVm § 50 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt IV.), wobei die Frist für Ihre freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt V.).

Dazu wurde begründend im Hinblick auf die BF2 – BF4 im Wesentlichen ausgeführt, dass mit den Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 03.10.2013, die Frage, ob die Ausweisung bzw. Rückkehrentscheidung in das Privat- und Familienleben der BF2-BF4 eingreife, verneint worden sei, wobei die ausgesprochenen Ausweisungen rechtskräftig geworden seien. Bis zur Entscheidung des Bundesamtes über den nur einen Monat nach der Zustellung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes betreffend den Asylantrag der BF2 gestellten Antrag seien – gerechnet ab Entscheidung des Asylgerichtshofes – nur neun Monate vergangen. Dieser Zeitraum sei zu gering, als dass der bloße Zeitablauf zwischen der rechtskräftigen Ausweisung und der angefochtenen Entscheidung eine Sachverhaltsänderung bewirken könnte, die eine Neubeurteilung im Hinblick auf Art. 8 EMRK erforderlich gemacht hätte. Auch in ihren Anträgen hätten die BF2 – BF4 keine Sachverhaltsänderung vorgebracht, die geeignet gewesen wären, eine andere Beurteilung des Art. 8 EMRK herbeizuführen. Im Hinblick auf den BF1 sei die Ausweisung, nunmehr Rückkehrentscheidung, mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 07.05.2012 rechtskräftig geworden. Die bis zur Entscheidung des Bundesamtes vergangenen zwei Jahre und zwei Monate seien angesichts der insgesamt nicht sehr langen Aufenthaltsdauer von viereinhalb Jahren bis zur Entscheidung des Bundesamtes zu gering, als dass der bloße Zeitablauf zwischen der rechtskräftigen Ausweisung und der angefochtenen Entscheidung eine Sachverhaltsänderung bewirken könnte, die eine Neubeurteilung im Hinblick auf Art. 8 EMRK erforderlich gemacht hätte. Auch der BF1 habe in seinem Antrag keine Sachverhaltsänderung vorgebracht, die geeignet wäre, eine andere Beurteilung des Art. 8 EMRK herbeizuführen. Hinsichtlich der BF1 - BF4 bestehe im Bundesgebiet kein schützenswertes Familienleben mit Personen außerhalb der Kernfamilie, alle Mitglieder der Kernfamilie seien von der Rückkehrentscheidung im gleichen Ausmaß betroffen und auch der Eingriff in das Privatleben der BF1 - BF4 durch eine Rückkehrentscheidung sei im Hinblick auf Art 8 EMRK verhältnismäßig.

Die Erkenntnisse wurden der Vertretung der BF am 13.11.2014 zugestellt und rechtskräftig.

1.6. Am 01.12.2014 brachten die BF2 - BF4 ihren dritten Antrag auf internationalen Schutz ein.

Im Zuge der darauffolgenden Befragung vor einer Polizeiinspektion am 01.12.2014 gab die BF2 für sich und die BF3-BF4 im Wesentlichen an, dass die alten Gründe nach wie vor aufrecht bleiben und sich nichts verändert habe. Die BF2 habe im September 2014 telefonisch mit der Frau ihres Bruders gesprochen und hätte diese ihr mitgeteilt, dass sie 700.000,-- Rubel Strafe zahlenhätte müssen, weil sie nicht nach Hause gekommen sei. Wenn die BF2 zurückkehre, werde sie verhaftet. In einer Einvernahme beim Bundesamt am 17.02.2015 brachte sie im Wesentlichen vor, dass ihre Schwägerin ihr Ende September 2014 telefonisch mitgeteilt habe, gezwungen worden zu sein, nach Aserbaidschan auszureisen, da sie vom Militär erpresst worden sei. Diese hätten von ihr verlangt, eine Million Rubel zu bezahlen, da die BF2 seinerzeit Waffen des Bruders an die Rebellen herausgegeben habe. Da die Schwägerin das Geld nicht gehabt habe, sei ihr Bruder mitgenommen worden. Die Schwägerin habe dann 700.000,-- Rubel und einen Kleinbus aufgetrieben, die als Lösegeld für die Freilassung ihres Bruders bezahlt worden seien. Dies habe sich im September 2014 zugetragen und seien neue Fluchtgründe. Ihre Brüder seien mehrmals von Kadyrov-Leuten vorgeladen und nach ihrem Verbleib befragt worden. Das Haus, in dem die BF2 damals gewohnt habe, sei ihnen von den Kadyrov-Leuten weggenommen worden. Ihre Mutter und ihr Bruder seien nach Aserbaidschan geflüchtet.

Mit Bescheiden des Bundesamtes vom 27.08.2015, Zlen. 821313309-140233145, Zl. 821313407-140233221 und Zl. 821313505-140233272 wurden die Anträge auf internationalen Schutz der BF2 – BF4 vom 01.12.2014 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Begründend führte die Behörde aus, dass die in diesem Verfahren ergänzend vorgebrachten Fluchtgründe seitens der erkennenden Behörde nicht als neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt qualifiziert werden könnten. Die Lage im Herkunftsland sei nicht in der Weise, dass die Rückführung der beschwerdeführenden Parteien mit einer Gefahr für Leib und Leben verbunden sei und liege kein unverhältnismäßiger Eingriff in Artikel 3 und Artikel 8 EMRK durch eine Außerlandesbringung vor.

Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.11.2015, Zlen. W171 1406138-4/4E, W171 1406140-4/3E und W171 1406141-4/3E gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG iVm. § 68 Abs. 1 AVG als unbegründet abgewiesen. Dazu wurde im Wesentlichen begründend ausgeführt, dass das neue Vorbringen der BF2 im Zusammenhang mit ihrer Schwägerin und dem Bruder in keiner Weise auch nur ansatzweise einen glaubwürdigen Kern aufweise. Zur Situation im Fall einer Rückkehr der BF2 – BF4 wurde ausgeführt, dass davon auszugehen sei, dass die BF2 im Falle ihrer Rückkehr wieder bei ihrer Familie wird wohnen können. Davon abgesehen habe sie angegeben, arbeitsfähig und –willig zu sein. Sie verfüge über eine mehrjährige Schul- und Universitätsbildung sowie Arbeitserfahrung im Herkunftsstaat und Erfahrung in ehrenamtlicher Arbeit in Österreich; überdies habe sie neben Deutschkenntnissen auf dem Niveau B1 Russisch und Tschetschenisch studiert. Sie sei im Herkunftsstaat zuletzt als Sozialarbeiterin tätig gewesen. Zwischen den beiden Asylverfahren in Österreich habe sie in Tschetschenien gelebt und ihre Mutter gepflegt, wobei ihr Auskommen durch Kindergeld, die Pension ihrer Mutter, den Gemüsegarten und den Familienzusammenhalt gesichert gewesen sei. Es könne nicht festgestellt werden, dass die BF2 im Falle ihrer Rückkehr in die Russische Föderation in eine ihre Existenz gefährdende Notlage geraten würde.

Die Bescheide wurden am 06.11.2015 zugestellt und rechtskräftig.

2.1. Im Juli 2016 wurden seitens des Bundesamtes hinsichtlich der BF1 – BF4 ein Ersuchen um Ausstellung von Heimreisezertifikaten bei der Botschaft der Russischen Föderation gestellt.

Am 19.08.2016 langten beim Bundesamt Anträge der BF2 – BF4 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 sowie der Antrag des BF1 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ein.

Im Antragsschreiben vom 18.08.2016 wurden im Wesentlichen die bisherigen Antragstellungen der BF zusammengefasst, und allgemein auf die integrativen Bemühungen und die individuelle Entwurzelung hinsichtlich des Herkunftsstaates hingewiesen. Konkret wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die BF2 über nachgewiesene Deutschkenntnisse B1 verfüge, seit Oktober 2013 einer ehrenamtlichen Tätigkeit bei der XXXX nachgehen und seit November 2013 als freiwillige Mitarbeiterin des XXXX im Bereich der Betreuungsdienste des XXXX tätig sei. Der BF1 würde sich mit der Herstellung von Kinderfahrzeugen aus recycelten Materialien intensiv auseinandersetzen und verfolge diesbezüglich den Wunsch, ein Unternehmen zu gründen. Der BF3 und die BF4 besuchen gegenwärtig die Volksschule und einen Schülerhort, und seien Mitglieder eines Kinderchors. Der BF3 sei zudem in einem Karateclub aktiv. Die BF1-BF4 würden im Inland über ein großes Netz an Freunden und Bekannten verfügen. Im Herkunftsland würden die BF1 – BF4 über keine Bezugspunkte mehr verfügen.

Dem Antrag beigefügt war ein Konvolut an Empfehlungs- und Bestätigungsschreiben sowie diverse Dokumente, die überwiegend bereits in den vorhergehenden Verfahren vorgelegt wurden. Neu vorgelegt wurden ein ÖSD-Zertifikat vom 04.04.2016, wonach die BF2 die Prüfung über B2 nicht bestanden habe, ein Versicherungsdatenauszug hinsichtlich der BF2 vom 24.08.2016, der keine gemeldeten Beschäftigungszeiten aufweist und Krankenversicherungszeiten als Asylweberin und Flüchtling nachweist; ein Bestätigung des XXXX hinsichtlich der BF2 über monatliche Sozialstunden ( XXXX ) vom 18.07.2016 sowie entsprechende undatierte Unterstützungsschreiben von ehrenamtlichen XXXX ; ein Schreiben des BF1 über von ihm hergestellte Kinderfahrzeuge aus recycelten Material mit dem Ersuchen, dass man ihm diesbezüglich die Möglichkeit gebe, in Österreich ein kleines Produktionsunternehmen zu eröffnen, sowie entsprechende Fotografien der Kinderfahrzeuge; Schulbesuchsbestätigung über das Schuljahr 2014/2015 sowie 2015/2016, wonach der BF3 zuletzt die zweite Klasse einer Volksschule besuche, wobei für das Schuljahr 2015/2016 eine Beurteilung der schulischen Leistungen "wegen mangelnder Sprachkenntnisse" nicht erfolgt sei; Schulbesuchsbestätigung über das Schuljahr 2015/2016, wonach die BF4 die erste Klasse einer Volksschule besuche, wobei für das Schuljahr 2015/2016 u.a. ausgeführt wird, dass die BF4 schon sehr viel verstehe, im Gebrauch der deutschen Sprache noch sehr unsicher sei; eine Besuchsbestätigung eines Schülerhortes hinsichtlich des BF3 und der BF4 vom 22.09.2015; eine Bestätigung eines Pfarramtes, wonach der BF3 und die B4 bei den wöchentlichen Kinderchorproben teilgenommen haben; eine Bestätigung eines Obmannes eines Karate-Vereins vom Mai 2015, wonach der BF3 regelmäßig zum Training komme;

Eine Einvernahme beim Bundesamt am 20.12.2016 mit dem BF1 musste aufgrund Verständigungsschwierigkeiten in Deutsch - der BF1 gab dazu an, nicht so gut Deutsch zu verstehen - abgebrochen werden.

In einer Einvernahme beim Bundesamt am 28.12.2016 brachte der BF1 zur Situation in seinem Herkunftsstaat im Wesentlichen vor, dass seine Mutter und vier Schwestern mit ihren Familien sowie Tanten noch alle im Herkunftsland leben würden. Seine Mutter habe zuletzt vor mehr als einem Jahr angerufen, mit seinen Schwestern habe er keinen Kontakt. Vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat habe er ein Haus mit sechs Zimmern sowie eine Wohnung gehabt. Er habe bei einem Freund gearbeitet und sei es ihnen nicht schlecht gegangen. In Österreich würden sich außer seiner Frau und den Kindern keine Familienangehörigen aufhalten. Er habe jedoch viele Freunde und Bekannte. Auf die Frage, wie er seinen Lebensunterhalt finanziere, gab er an, dass Freunde ihm helfen würden. Auf Nachfragen, wer die Freunde seien und wie viel er von diesen bekommen würde, gab der BF1 ausweichende Antworten an und war auch nach Zusicherung, dass daraus für die Freunde keine Probleme entstehen würden, nicht bereit, dazu nähere Angaben zu machen. Er wohne immer bei verschiedenen Freunden. Er helfe alten Menschen, sei aber offiziell bei keiner Organisation. Er wolle eine Firma gründen und habe dazu eine Vision. Er lebe nicht von der Grundversorgung, sondern versorge sich schon seit sechs Jahren selbst. Der BF habe keine gesundheitlichen Probleme. Wenn er ausgewiesen werde, würde er das nicht überleben.

Die BF2 brachte zur Situation in ihrem Herkunftsstaat im Wesentlichen vor, dass ihre Mutter und zwei Brüder (mit Familien) nach Aserbaidschan übersiedelt seien, wobei ihre Mutter mittlerweile ein Pflegefall sei. Vor ihrer Ausreise aus dem Herkunftsstaat haben die BF2 und ihre zwei Kinder bei ihrer Mutter gelebt. Sie hätten von ihrer Rente gelebt und habe die BF2 zum Schluss auch im Kindergarten, den der BF3 besucht habe, mitgearbeitet. Befragt, ob sie Kontakt zu ihren Verwandten hätte, gab die BF2 an, dass sie ab und zu telefonieren würden. Dazu befragt, wie sich ihre Lebensumstände im Inland nach Abschluss des letzten Verfahrens auf Antrag auf internationalen Schutz geändert haben, brachte sie im Wesentlichen vor, dass sie nach wie vor in der Grundversorgung sei, derzeit ihre Prüfung für B2 positiv zum Abschluss zu bringen versuche und beim XXXX nach wie vor in der Unfallambulanz als Hilfskraft arbeite. Sie dolmetsche viel für die Heimleitung und mache auch in ihrer Unterkunft Reinigungsarbeiten oder male auch Zimmer aus. Bei der Caritas arbeite sie nicht mehr. Auf die Frage, warum ihr Ehegatte, der BF1, an einem anderen Wohnort gemeldet sei und nicht mit ihr zusammenlebe, gab die BF2 an, dass sie gemeinsam leben hätten wollen, aber es ihnen nicht erlaubt worden sei. Die BF2 habe keine gesundheitlichen Probleme. Gegen sie existiere seit November 2014 eine rechtskräftige Ausweisung, der sie bis zum heutigen Tag nicht Folge geleistet habe und gegen ihre Zusicherung auch nicht ausgereist sei, da sie in Russland keine Zukunft habe.

In einer Einvernahme beim Bundesamt am 28.03.2017 gab die BF2 auf die Frage, warum Sie mit ihren Gatten nicht im gemeinsamen Haushalt wohne, im Wesentlichen an, dass dieser bereits zweimal einen negativen Asylbescheid erhalten habe, bevor sie nach Österreich gekommen sei. Er sei bereits illegal in Österreich gewesen und habe die Sozialarbeiterin der BF2 versucht, für Mann und sie und die Kinder eine gemeinsame Unterkunft zu bekommen. Es sei allerdings gesagt worden, dass es nicht gehen würde, da ihr Mann nicht mehr legal im Bundesgebiet sei. Auch später sei einen gemeinsamen Wohnsitz seitens der Behörde nicht zugestimmt worden. Die BF sei aktuell schwanger, wobei der voraussichtliche Geburtstermin im Mai 2017 sei.

Von der BF2 wurden ua. Unterstützungsschreiben von Inländerinnen, ein Unterstützungsschreiben der Klassenlehrerin des BF3 vom Jänner 2017 sowie eine Bestätigung des XXXX vom 09.01.2017, wonach die BF2 das XXXX als Mitarbeiterin mit 20 Stunden im Monat unterstütze, vorgelegt.

2.2. Mit den im Spruch genannten Bescheiden des Bundesamtes wurden die Anträge der BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005 idgF abgewiesen. Dazu wurde vorweg festgestellt, dass die BF in Österreich mit der Kernfamilie leben würden.

Hinsichtlich des BF1 wurde festgestellt, dass er am 12.03.2009 rechtswidrig in das Bundesgebiet eingereist sei, seinen Aufenthalt lediglich durch Stellung mehrerer schlussendlich unbegründeter Asylanträge vorübergehend legalisieren habe können, in Österreich unterstandslos sei und nur über eine Zustelladresse verfüge. Er sei nicht erwerbstätig und somit nicht selbsterhaltungsfähig. Es könne nicht festgestellt werden, dass eine besondere Integrationsverfestigung seiner Person in Österreich bestehe. Er beherrsche die deutsche Sprache nicht.

Beweiswürdigend wurde hinsichtlich des BF1 u.a. ausgeführt, dass er durch das Stellen immer neuer und schlussendlich aussichtsloser Anträge seinen Aufenthalt mutwillig zu verlängern versuche und mit diesem Verhalten aufgezeigt habe, dass er nicht gewillt sei, sich an die österreichische Rechtsordnung und die geltenden Gesetze zu halten, sondern durch mutwilliges Verharren ihren Aufenthalt zu erzwingen versuche. Nicht unerwähnt bleiben könne, dass er mit der BF1 seit Mai 2009 nicht in gemeinsamen Haushalt lebe. Eine schlüssige Antwort auf eine diesbezügliche Befragung sei er schuldig geblieben. Behördeneigene Recherchen beim XXXX hätten jedoch ergeben, dass er sich auch nicht um einen gemeinsamen Wohnsitz bemüht habe.

In der rechtlichen Beurteilung wurde zum BF1 im Wesentlichen ausgeführt, dass die familiären Beziehungen in Österreich die Angehörigen seiner Kernfamilie umfassen, wobei diese von den selben aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen seien wie er selbst, weshalb durch eine potentielle Außerlandesbringung auch keine Verletzung des Familienlebens vorliege. Der BF1 habe sein Privatleben zu einem Zeitpunkt begründet, als der Aufenthalt durch Bestellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisiert worden sei. Die vorgelegten Unterstützungserklärungen und Empfehlungsschreiben verschiedener Privatpersonen würden ebenfalls nichts an den unzureichenden Voraussetzungen für den Verbleib in Österreich etwas zu ändern vermögen und seien, so mit einen Datum versehen, bereits großteils aus dem Jahr 2014 und somit bereits in der Entscheidung des vorherigen Verfahrens eingeflossen. Vertiefende freundschaftliche Kontakte und wie sich diese im konkreten gestalten würden, sei vom BF1 bei seiner Befragung nicht dargetan worden. Zu diesen bestehenden privaten Anknüpfungspunkten in Österreich sei auch festzuhalten, dass der BF1 diese durch das Verlassen des Bundesgebietes nicht gänzlich abbrechen müsse, sondern stehe es ihm etwa frei, diese brieflich, telefonisch, elektronisch bzw. im Wege gegenseitiger Besuche aufrechtzuerhalten. Festzuhalten sei, dass er illegal in das Bundesgebiet eingereist sei und seit März 2009 in Österreich aufhältig sei. Zwischen Juni 2009 und März 2010 sei sein Aufenthalt nicht bekannt gewesen, wobei er in dieser Zeit für die Behörde nicht auffindbar gewesen sei und sich so einer Überstellung nach Polen entzogen habe. Er habe hier keine nachweisbaren Deutschkenntnisse in Form eines Zertifikats erworben und beherrsche die deutsche Sprache bis heute nur unzureichend. Auch sonst seien keine Umstände erkennbar, die auf eine außergewöhnliche Integration schließen lassen würden. Der BF1 sei nicht selbsterhaltungsfähig und habe während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet vorerst Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch genommen. Er verfüge über keinen festen Wohnsitz, nächtige bei verschiedenen Personen und werde nun angeblich auch von diesem finanziell unterstützt. Es sei auch nicht möglich, den Besuch seiner Kinder vom Kindergarten bzw. Schule als fortgeschrittene Integration zu werten, da die Schulpflicht und das verpflichtende Kindergartenjahr gesetzliche Vorgaben seien und somit nicht auf seine Eigeninitiative zurückzuführen seien. Daraus resultierende Kontakte würden über die sich ergebende Notwendigkeit nicht hinausgehen und seien vom BF1 auch nicht dargetan worden. Der BF1 habe den überwiegenden Teil seines Lebens im Herkunftsland verbracht, sei dort sozialisiert und spreche die dortige Mehrheitssprache auf Muttersprachenniveau. Ebenso sei davon auszugehen, dass im Herkunftsland mit seiner Mutter und Geschwistern und weiteren Verwandten Bezugspersonen existieren, auf deren Unterstützung und Hilfe er zurückgreifen könne.

Hinsichtlich der BF2 wurde festgestellt, dass sie seit September 2012 durchgehend in Österreich aufhältig sei. Ihr zweites Asylverfahren sei im Oktober 2013 mit einer durchsetzbaren Ausweisungsentscheidung rechtskräftig abgewiesen worden. Seitdem sei ihr Aufenthalt in Österreich illegal. Die Beweiswürdigung deckt sich im Wesentlichen mit der hinsichtlich des BF1. In der rechtlichen Beurteilung wurde zur BF2 ebenfalls dargetan, dass Angehörigen ihrer Kernfamilie von denselben aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen seien wie sie selbst, weshalb durch eine potentielle Außerlandesbringung auch keine Verletzung des Familienlebens vorliege. Sie wohne gemeinsam mit ihren Kindern, ihr Gatte sei in einer anderen Stadt gemeldet, wohne aber bei verschiedenen Freunden. Die Ausführungen zu den vorgelegten Unterstützungserklärungen und Empfehlungsschreiben verschiedener Privatpersonen sowie zu ihren sozialen und freundschaftlichen Kontakten decken sich im Wesentlichen gleichfalls mit jenen hinsichtlich des BF1. Die BF2 habe nachweisbare Deutschkenntnisse in Form eines Zertifikats erworben und beherrsche die deutsche Sprache. Sie sei nur unzureichend selbsterhaltungsfähig und habe während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet laufend Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch genommen. Es könne nicht festgestellt werden, dass die BF2, wenn auch mangels der Möglichkeit eine Beschäftigungsbewilligung zu erhalten, selbsterhaltungsfähig wäre. Sie sei lediglich aufgrund der Asylantragstellung vorübergehend zum Aufenthalt berechtigt gewesen. Die Schwangerschaft und Geburt ihres letzten Kindes habe neuerlich ihre Außerlandesbringung verzögert. Sie habe den überwiegenden Teil ihres Lebens im Herkunftsstadt verbracht, sei dort sozialisiert und spreche die dortige Mehrheitssprache auf Muttersprachenniveau. Ebenso sei davon auszugehen, dass im Herkunftsland mit ihrer Mutter und Geschwistern und weiteren Verwandten Bezugspersonen existieren, auf deren Unterstützung und Hilfe sie zurückgreifen könne. Sie sei bereits im Jahr 2009 in ihrer Heimat zurückgekehrt und habe dort bis 2012 gelebt. Es sei daher davon auszugehen, dass es bei der Rückkehr möglich sei, sich in die dortige Gesellschaft neu zu integrieren. Es werde zwar die Tatsache der Deutschkenntnisse der BF2 gewürdigt, aber auch, dass die vorhandenen Integrationsmerkmale letztlich ausschließlich aufgrund der nachhaltigen Weigerung, der rechtskräftigen Ausweisung Folge zu leisten, geschaffen worden seien, wobei diese keinesfalls als derart schwerwiegend angesehen werden könnten, dass die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels geboten wäre.

Hinsichtlich des BF3 und der BF4 wurde festgestellt, dass ersterer im Herkunftsland geboren worden sei und sich beide seit September 2012 durchgehend in Österreich aufhalten würden. Ihr zweites Asylverfahren sei im Oktober 2013 mit einer durchsetzbaren Ausweisungsentscheidung rechtskräftig abgewiesen worden. Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass Sie einen Übungskindergarten und derzeit die Volksschule besuchen würden. Aus der Schulnachricht vom Februar 2016 über den Besuch der zweiten Klasse Volksschule gehe hinsichtlich des BF3 hervor, dass aufgrund der mangelnden Deutschkenntnisse keine Beurteilung erfolgen habe können; aus den Schulnachrichten hinsichtlich der BF4 gehe hervor, dass ihre Deutschkenntnisse noch sehr eingeschränkt seien. Der Verdacht liege daher nahe, dass beide zum weitaus überwiegenden Teil mit der russischen Sprache aufwachsen würden. Der BF3 und die BF4 hätten nachweisbare Deutschkenntnisse erworben, würden die deutsche Sprache aber nur unzureichend beherrschen. Sie seien nicht selbsterhaltungsfähig und seien auf die Unterstützung ihrer Eltern angewiesen. Diese hätten während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet laufend Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch genommen. Es sei auch nicht möglich, den Besuch von Kindergarten bzw. Schule als fortgeschrittene Integration zu werten, da die Schulpflicht und das verpflichtende Kindergartenjahr gesetzliche Vorgaben seien und somit nicht auf ihre Eigeninitiative zurückzuführen seien. Daraus resultierende Kontakte würden über die sich ergebende Notwendigkeit nicht hinausgehen. Diese könnten daher einen Verbleib der Familie in Österreich nicht rechtfertigen, weil auch zu berücksichtigen sei, dass die Kinder in einem anpassungsfähigen Alter seien, und insbesondere in Begleitung ihrer Eltern in den Herkunftsstaat zurückkehren, wodurch ihnen die neuerliche Eingliederung in den Herkunftsstaat erleichtert werde. Sie würden die Sprache ihres Heimatlandes beherrschen. Ebenso sei davon auszugehen, dass sie in ihrem Herkunftsland durch ihre noch dort lebenden Verwandten sogleich soziale Anknüpfungspunkte hätten und nicht in völliger sozialer Isolation leben müssten. Es deute nichts daraufhin, dass es ihnen bei einer Rückkehr nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.

Letztlich sei festzustellen gewesen, dass eine Gegenüberstellung der von den BF in ihrem Herkunftsstaat vorzufindenden Verhältnissen mit jenen in Österreich im Rahmen einer Interessenabwägung zu keinem Überwiegen privater Interessen am Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen am Verlassen des Bundesgebietes führen würde.

Da im Fall der BF1-BF4 weiterhin aufrechte Rückkehrentscheidungen vorliegen würden, sei gemäß 59 Abs. 5 FPG die Erlassung einer neuerlichen Rückkehrentscheidung nicht zu prüfen gewesen.

2.3. Gegen die Bescheide wurden binnen offener Frist Beschwerden erhoben. Darin wurde unter anderem ausgeführt, dass die belangte Behörde relevante Tatsachen äußerst oberflächlich und mangelhaft ermittelt habe. Insbesondere die Ermittlungen zum Privatleben der BF3 bis BF4 würden sich absolut unzureichend darstellen. So sei beispielsweise das Jahreszeugnis vom Juli 2017 des BF3 in keinster Weise gewürdigt worden, wobei der BF3 in allen Fächern beurteilt und zum Aufstieg in die vierte Schulstufe berechtigt worden sei. Die Behörde habe keinerlei Ermittlungen zur Integration der BF in Österreich angestellt und weiters keinerlei Ermittlungen zum nichtvorhandenen familiären und sozialen Netzwerk in ihrem Herkunftsstaat. Die BF2 sei sehr gut in die österreichische Gesellschaft integriert, habe es geschafft, obwohl sie die Erziehung von drei Kindern übernehme, sehr gut Deutsch zu lernen. Sie zeige sich ehrenamtlich sehr engagiert wie auch die bereits vorgelegten Bestätigungen der XXXX und des XXXX belegen. Der BF1 spreche Deutsch und bemühe sich nach Kräften sich in Österreich zu integrieren. Die BF3 und B4 seinen in Österreich aufgewachsen und würden ihrem Alter entsprechend Deutsch sprechen. Sie würden die Schule besuchen und seien sehr gut in Österreich integriert, wie dies auch die vorgelegten Empfehlungsschreiben zeigen würden. Die Beweiswürdigung im Bescheid der BF2 bestehe in weiten Teilen in einer Wiedergabe ihrer Befragung. Schließlich würden noch Recherchen beim XXXX angeführt, die für die BF in keinster Weise nachprüfbar seien. Die belangte Behörde handle hier rechtswidrig. Der BF1 und die BF2 würden sich seit acht Jahren in Österreich befinden. Insbesondere für die BF3 – BF5 bestehe ein besonders schutzwürdiges Privatleben in Österreich, da diese in Österreich aufgewachsen und sozialisiert sein. Sie würden in Österreich zur Schule gehen und hätten kaum noch eine Bindung zum Herkunftsstaat ihrer Eltern. Sie seien strafgerichtlich unbescholten und auch Ordnungsverstöße würden ihnen keine zur Last gelegt. Die Dauer des bisherigen Aufenthalts der BF sei in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet. Die BF hätten in sämtliche Verfahren ihre Mitwirkungspflicht erfüllt und zu keiner Zeit mutwillig das Verfahren verzögert. Die überlange Verfahrensdauer sei den Behörden zuzurechnen.

Unter einem wurde den BF ein Rechtsberater beigegeben.

3. Im XXXX 2017 wurde der Fünftbeschwerdeführer (im Folgenden: BF5), ein Sohn des BF1 von der BF2, im Bundesgebiet geboren.

Gleichzeitig mit den die BF1 – BF4 betreffenden Bescheiden wurde dem BF5 mit Bescheid des Bundesamtes vom 14.09.2017, Zl. 1163725004/170937603/BMI-BFA_STM_RD, gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gegen ihn gemäß § 10 Abs. 3 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 iVm § 50 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt IV.), wobei gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt wurde (Spruchpunkt I.). Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung aberkannt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF im XXXX 2017 im Bundesgebiet geboren sei, er Staatsangehöriger der Russischen Föderation sei, nicht selbsterhaltungfähig sei, sein Aufenthalt wie auch jener seiner Eltern und gesetzlichen Vertreter illegal sei und auch keine Anträge für ihn gestellt worden seien. Weiters sei davon auszugehen, dass er im Herkunftsland durch seine noch dort lebenden Großeltern und weitere Verwandte sogleich soziale Anknüpfungspunkte hätte. Seine gesetzlichen Vertreter hätten aussichtslose Asylanträge gestellt und seien ihren Ausreiseverpflichtungen bis dato nicht nachgekommen,

Durch ihr beharrliches Verbleiben im Bundesgebiet würden diese zeigen, dass sie nicht bereit seien, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Den gesetzlichen Vertretern hätte klar sein müssen, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung der eigenen Anträge auch für den BF nur ein vorübergehender sein könne. Die Geburt des BF5 im Inland impliziere kein Bleiberecht seiner Person. Letztlich sei festzustellen, dass eine Gegenüberstellung der Interessenslagen im Rahmen einer Interessensabwägung zu keinen Überwiegen der privaten Interessen des BF5 an einem Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen an einem Verlassen des Bundesgebietes durch den BF5 führe. Im Bescheid wurden aktuelle Feststellungen zur Situation im Herkunftsland der BF getroffen.

Dem BF1 und der BF2 wurde der Bescheid vom 14.09.2017, Zl. 1163725004/170937603/BMI-BFA_STM_RD, als gesetzlichen VertreterInnen samt der darin enthaltenen aktuellen Feststellungen zur Situation im Herkunftsland über die Mutter zugestellt.

Gegen den Bescheid wurde die bereits unter Punkt I.2.3 ihrem wesentlichen Inhalt nach wiedergegebene Beschwerde erhoben und ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Gegen die BF1 bis BF4 bestehen seit 13.11.2014 rechtskräftige Rückkehrentscheidungen. Am 19.08.2016 wurden beim Bundesamt die gegenständlichen Anträge der BF1 – BF4 eingebracht.

Die BF, ein Ehepaar und ihre drei minderjährigen Kinder im Alter von noch nicht ganz 10 Jahren, 8 Jahren sowie 4 Monaten sind Staatsangehörige der Russischen Föderation. Sie haben noch nie über ein Aufenthaltsrecht für Österreich außerhalb des Asylverfahrens verfügt.

Die BF befinden sich nicht in einem Verfahren nach dem NAG, verfügen über kein Aufenthaltsrecht nach dem NAG, verfügen über keinen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten und sind nicht zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt.

2.1. Der BF1 hielt sich von März bis Juni 2009 und März 2010 bis Mai 2012 als Asylwerber in Österreich auf. Von Juni 2009 bis März 2010 lebte er im Herkunftsstaat. Seit Abschluss des (zweiten) Asylverfahrens durch Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 07.05.2012, mit dem auch eine rechtskräftige Ausweisung gegen ihn ausgesprochen wurde, hält er sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Der Ausreiseverpflichtung ist er bis dato nicht nachgekommen. Er ist seit der Beendigung des Asylverfahrens unsteten Aufenthalts und entzieht sich dadurch der Durchsetzung der rechtskräftigen Ausweisung. Seit 14.06.2012 verfügt er über keinen gemeldet Wohnsitz. Seither war er im Bundesgebiet nicht bzw. obdachlos gemeldet. Zuletzt ist er seit November 2016 an einer Adresse in Graz obdachlos gemeldet. Laut seiner Angaben lebt er abwechselnd bei diversen "Freunden".

Er ist strafgerichtlich unbescholten. Er hat grundlegende Deutschkenntnisse (A1). Darüber hinaus konnte er keine Deutschkenntnisse nachweisen. Er hat eine mehrjährige Schulbildung im Herkunftsstaat absolviert. In Österreich hat er keine Bildungsangebote abgesehen von einem Deutschkurs in Anspruch genommen. Er war noch nie in Österreich legal erwerbstätig, leistet keine offizielle ehrenamtliche Tätigkeit und ist nicht Mitglied in Vereinen. Er verfügt über einen gewissen Freundes- und Bekanntenkreis im Inland, der ihn finanziell unterstützt und bei sich wohnen lässt; er hilft älteren Damen im Haushalt. Er legte eine mit Jänner 2014 datierte Einstellungszusage als Hilfsarbeiter im halben Beschäftigungsausmaß aufschiebend bedingt für den Fall der Erteilung einer Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung vor.

Er ist mit der BF2 standesamtlich verheiratet und Vater des BF3, der BF4 sowie des jüngsten im XXXX 2017 geborenen Sohnes. Er lebt mit seinen Familienmitgliedern nicht im Familienverband, seit diese Österreich 2009 verließen. Darüber hinaus verfügt er nur über weitschichtige Verwandte im Bundesgebiet, zu denen kein Abhängigkeitsverhältnis besteht. Die Mutter, die er während seines Aufenthalts in Dagestan regelmäßig besuchte, sowie vier Schwestern des BF1 leben in Tschetschenien, die Tante, bei der er zwischen den beiden Asylverfahren in Österreich gelebt hat, in Dagestan. Die Mutter ist Pensionistin und verfügt über eine eigene Wohnung in XXXX , die Schwester studierte an der Universität XXXX . Er hat sich zuletzt zwischen Juni 2009 und März 2010 im Herkunftsstaat aufgehalten, wo er abgesehen von der Zeit, die er in Österreich verbracht hat und von der Ableistung des Wehrdienstes in der Ukraine, sein gesamtes Leben verbracht hat, wo er sozialisiert wurde und zu dem er eine starke emotionale Verbindung hat.

Er nimmt in Österreich weder psychotherapeutische noch medizinische Hilfe in Anspruch; er leidet an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung.

Es ist daher davon auszugehen, dass der BF1 im Falle seiner Rückkehr wieder bei seiner Familie, sei es seiner Tante, sei es seiner Mutter, wohnen wird können. Davon abgesehen gibt der BF1 an, arbeitsfähig und –willig zu sein. Er verfügt über eine mehrjährige Ausbildung und Arbeitserfahrung. Er spricht russisch und tschetschenisch und war im Herkunftsstaat als Hilfsarbeiter tätig. Zwischen den beiden Asylverfahren in Österreich hat er in Dagestan bei seiner Tante gelebt und am Markt gearbeitet. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF1 im Falle seiner Rückkehr in die Russische Föderation in eine seine Existenz gefährdende Notlage geraten würde.

Das Vorbringen des BF1 zu den Gründen für die zweimalige Ausreise aus seinem Herkunftsstaat wurden mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 07.05.2012 rechtskräftig für unglaubwürdig erachtet. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF1 in der Russischen Föderation einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt war oder sein wird. Ebenso wenig können stichhaltige Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der BF1 im Falle seiner Abschiebung in die Russische Föderation einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe oder sonst einer konkreten individuellen Gefahr ausgesetzt sein würde.

Ein Antrag des BF1 vom 07.02.2014 gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK wurde zuletzt mit rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.11.2014 (zugestellt am 13.11.2014), Zl. W112 1406139-4/10E, zurückgewiesen und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen. Der BF ist bis dato der (neuerlichen) Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen.

2.2. Die BF2 hielt sich nach illegaler Einreise von März bis Juni 2009 in Österreich als Asylwerberin auf. Von Juni 2009 bis Oktober 2009 lebte sie in Polen, von Oktober 2009 bis September 2012 lebte sie im Herkunftsstaat. Seit September 2012 hält sie sich nach illegaler Einreise wieder in Österreich auf. Von September 2012 bis Oktober 2013 und von Dezember 2014 bis November 2015 hielt sie sich aufgrund von zwei unbegründeten Anträgen auf internationalen Schutz und darüber hinaus illegal im Bundesgebiet auf, wobei gegen sie seit Oktober 2013 eine rechtskräftige Ausweisung besteht. Zwischenzeitig wurde auch ein Antrag der BF2 vom 07.02.2014 gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK zuletzt mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.11.2014 (zugestellt am 13.11.2014), Zl. W112 1406138-3/11E, rechtskräftig zurückgewiesen und gegen sie (neuerlich) eine Rückkehrentscheidung erlassen. Die BF2 ist bis dato den Ausreiseverpflichtungen nicht nachgekommen.

Sie ist mit dem BF1 standesamtlich verheiratet und Mutter des BF3, der BF4 und des jüngsten im XXXX 2017 im Bundesgebiet geborenen Sohnes, mit denen sie im gemeinsamen Haushalt lebt. Sie lebt mit ihrem Gatten nicht im Familienverband, seit sie 2009 nach Polen abgeschoben wurde. Darüber hinaus hat sie keine Verwandten im Bundesgebiet, zu welchen ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis besteht.

Die BF2 ist strafgerichtlich unbescholten. Sie ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig, bezieht Grundversorgung und lebt in einem Quartier der Grundversorgung. Sie war in Österreich noch nie legal erwerbstätig. Die BF2 hat ehrenamtlich zwei Halbtage pro Woche bei der XXXX gearbeitet, aktuell arbeitet sie ehrenamtlich im Ausmaß von 20 Stunden im Monat beim XXXX bzw. unterstützt ihren Unterkunftsgeber durch Hilfstätigkeiten. Sie spricht Deutsch auf dem Niveau B1; die entsprechende Prüfung hat sie im Mai 2013 abgelegt. Sie hat im Zeitraum Jänner-April 2014 einen Kurs im Rahmen des Basisbildungsangebotes iHv 60 Stunden besucht. Sie ist in die Kindergartenaktivitäten ihrer Kinder involviert. Sie verfügt über einen Freundes- und Bekanntenkreis im Inland.

Sie kehrte 2009 nach Tschetschenien zurück, weil sie nach dem Tod ihres Vaters ihre Mutter gepflegt hat. Zwischen Oktober 2009 und September 2012 hat sie sich im Herkunftsstaat bei ihrer Familie in XXXX aufgehalten. Wegen der Pflege der Mutter und der Kinder hat sie in der Zeit nicht arbeiten können. Ihr Lebensunterhalt war aber durch das Kindergeld, das sie bezogen hat, die Pension der Mutter, die Erträge des Gemüsegartens und den Familienzusammenhalt gesichert. Die BF2 hat 13 Jahre lang die Schule und sechs Jahre lang die Universität besucht. Sie hat Philologie, Tschetschenisch, Russisch und Literatur studiert. Sie war 2003-2007 als Bürokraft bzw. Bürohilfskraft an der staatlichen Universität bzw. dem Büro für staatliche Förderungen beschäftigt, zuletzt hat sie als Sozialarbeiterin gearbeitet.

Das Vorbringen der BF2 zu ihren drei Asylanträgen wurde jeweils rechtskräftig für unglaubwürdig befunden, zuletzt mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.11.2015, Zlen. W171 1406138-4/4E. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF2 und ihre beiden älteren Kinder in der Russischen Föderation einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt waren oder sein werden. Ebenso wenig können stichhaltige Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass die BF1 mit ihren Kindern im Falle einer Abschiebung in die Russische Föderation einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe oder sonst einer konkreten individuellen Gefahr ausgesetzt sein würde.

Es ist davon auszugehen, dass die BF2 mit ihren Kindern im Falle ihrer Rückkehr bei Familienangehörigen – seien es eigene oder Angehörige der Familie ihres Gatten - wird wohnen können. Davon abgesehen gibt sie an, arbeitsfähig und –willig zu sein. Sie ist gesund. Sie verfügt über eine mehrjährige Schul- und Universitätsbildung sowie Arbeitserfahrung im Herkunftsstaat und Erfahrung in ehrenamtlicher Arbeit in Österreich; überdies hat sie neben Deutschkenntnissen auf dem Niveau B1 Russisch und Tschetschenisch studiert. Sie war im Herkunftsstaat zuletzt als Sozialarbeiterin tätig. Zwischen den beiden Asylverfahren in Österreich hat sie in Tschetschenien gelebt und ihre Mutter gepflegt, wobei ihr Auskommen durch Kindergeld, die Pension ihrer Mutter, den Gemüsegarten und den Familienzusammenhalt gesichert war. Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF2 und ihre Kinder im Falle ihrer Rückkehr in die Russische Föderation in eine ihre Existenz gefährdende Notlage geraten würde.

2.3. Der in wenigen Tagen 10-jährige BF3, die 8-jährige BF4 sowie der 4-monatige BF5 sind die minderjährigen Kinder des BF1 und der BF2.

Der BF3 reiste im März 2009 und im September 2012 mit seinen Eltern bzw. mit seiner Mutter illegal ins Bundesgebiet ein. Zu seinen Aufenthaltsstatus bzw. seinen bisherigen Asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren gilt das bereits unter Punkt II.1.2.2 zu seiner Mutter Ausgeführte. Er lebt mit seiner Mutter und seinen beiden Geschwistern, nicht aber mit seinem Vater im Familienverband, seit er 2009 mit seiner Mutter und seiner Schwester nach Polen abgeschoben wurde. Er hat keine Verwandten in Österreich außerhalb der Kernfamilie. Er verfügt über Verwandte im Herkunftsstaat, wobei er vor der Ausreise 2012 mit der Großmutter und den Onkeln mütterlicherseits im gemeinsamen Haushalt lebte. Er hat somit Bindung zu seiner Familie im Herkunftsstaat, wo er sich von Oktober 2007 bis März 2009 und zwischen Oktober 2009 und September 2012 aufgehalten hat. Es ist davon auszugehen, dass der BF3 im Falle seiner Rückkehr bei seinen Verwandten mütterlicher- bzw. väterlicherseits wird wohnen können und dass der Lebensunterhalt im Familienverband mit den Eltern sichergestellt ist. Der BF3 spricht deutsch und tschetschenisch. Er ist gesund. Der BF3 hat zuletzt in Österreich die dritte Schulstufe in einer Volksschule abgeschlossen und ist davon auszugehen, dass er aktuell die vierte Klasse Volksschule besucht. Er ist in einem Chor sowie in einen Karate-Verein aktiv. Er verfügt über einen entsprechenden Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich.

Die BF4 wurde in Österreich geboren und reiste im September 2012 mit ihrer Mutter illegal ins Bundesgebiet ein. Zu ihren Aufenthaltsstatus bzw. ihren bisherigen Asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren gilt das bereits unter Punkt II.1.2.2 zu ihrer Mutter Ausgeführte. Sie lebt mit ihrer Mutter und ihren beiden Geschwistern, nicht aber mit ihrem Vater im Familienverband, seit sie 2009 mit ihrer Mutter und ihrem Bruder nach Polen abgeschoben wurde. Sie hat keine Verwandten in Österreich außerhalb der Kernfamilie. Sie verfügt über Verwandte im Herkunftsstaat, wobei sie vor der Ausreise 2012 mit der Großmutter und den Onkeln mütterlicherseits im gemeinsamen Haushalt lebte. Sie hat somit Bindung zu ihrer Familie im Herkunftsstaat, wo sie sich zwischen Oktober 2009 und September 2012 aufgehalten hat. Es ist davon auszugehen, dass die BF4 im Falle ihrer Rückkehr wieder bei ihren Verwandten mütterlicher- bzw. väterlicherseits wird wohnen können und dass der Lebensunterhalt im Familienverband sichergestellt ist. Die BF4 spricht deutsch und tschetschenisch. Sie ist gesund. Es ist davon auszugehen, dass sie aktuell die dritte Klasse Volksschule besucht. Sie ist in einem Chor aktiv. Sie verfügt über einen entsprechenden Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich.

Der BF5 wurde im XXXX 2017 im Bundesgebiet geboren und lebt im Familienverband mit der Mutter und den Geschwistern. Es liegen keine Anhaltspunkte für erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen des BF5 vor.

Die BF3 – BF5 hatten keine eigenen Fluchtgründe. Die Fluchtgründe ihrer Eltern sind rechtskräftig für unglaubwürdig erklärt worden. Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF in der Russischen Föderation einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt waren oder sein werden. Ebenso wenig können stichhaltige Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass die BF im Falle ihrer Abschiebung in die Russische Föderation einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe oder sonst einer konkreten individuellen Gefahr ausgesetzt sein würden.

2.4. Es liegen keine Hinweise dafür vor, dass im Herkunftsland zwischenzeitig eine derart exzeptionelle, prekäre allgemeine Sicherheitslage eingetreten ist, dass schon die bloße Anwesenheit in der Russischen Föderation bzw

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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