Entscheidungsdatum
27.03.2015Index
81/01 WasserrechtsgesetzNorm
WRG 1959 §63Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seine Richterin Mag. Barbara Glieber über die Beschwerde der P V KG, vertreten durch den unbeschränkt haftenden Gesellschafter D P, dieser vertreten durch Rechtsanwalt, Adresse, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft L vom 17.01.2014, Zahl ****,
zu Recht erkannt:
1. Gemäß § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Bauvollendungsfrist mit 30.11.2015 neu bestimmt wird.
Bei den im Spruch zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat § 32 WRG 1959 zu entfallen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG iVm Art 133 Abs 4 B-VG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft L vom 17.01.2014, Zahl ****, wurde C A die wasserrechtliche Bewilligung für die Oberflächenentwässerungsanlage auf Gst 60 KG R nach Maßgabe der eingereichten Projektunterlagen und unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt. Gleichzeitig wurden die Einwendungen der P V KG als unbegründet abgewiesen und gemäß § 60 Abs 1 lit c, Abs 2 und Abs 3 sowie § 63 lit b WRG 1959 auf Gst 57 KG R die für die Errichtung, den Bestand und den Betrieb des Oberflächenwasserkanales (DA 160) auf einer Länge von 3,0 m erforderlichen Dienstbarkeiten zu Gunsten von Frau C A sowie deren Rechtsnachfolgern zwangsweise eingeräumt und der Grundeigentümerin eine einmalige Entschädigung in Höhe von Euro 209,00 zugesprochen.
In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde führte die rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführerin folgendes aus:
„I.) Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des Gst 57 KG R. Die mitbeteiligte Partei C A ist Eigentümerin des Gst 60, jeweils KG R. Auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin befindet sich ein namenloses Gerinne. Die Bewilligungswerberin suchte um Genehmigung einer Oberflächenentwässerungsanlage für den nördlichen Teil des Gst 60 an, wobei sie darauf reflektiert, das anfallende Oberflächenwasser auf dem Nachbargrund, somit auf die Liegenschaft der Beschwerdeführerin zu entsorgen beziehungsweise abzuleiten. Die Einleitungsmenge wird im Bescheid auf Basis eines fünfjährigen Bemessungsereignisses mit 1,27 l/s festgelegt.
Für die Einleitung liegt aktuell keine Zustimmung der Beschwerdeführerin vor. Die Vergleichsgespräche im Vorfeld sind daran gescheitert, dass die Antragstellerin die berechtigten Forderungen der Beschwerdeführerin nicht erfüllen wollte.
Auf der Liegenschaft der Antragstellerin (Gst 60) ist ein Bauwerk errichtet, sodass die natürlichen Abflussverhältnisse dadurch verändert werden.
Die Tiroler Bauordnung sieht von jeher vor, dass Gebäude nur dann auf Grundstücken errichtet werden dürfen, wenn eine dem vorgesehenen Verwendungszweck entsprechende Wasser- und Energieversorgung sowie Entsorgung der Abwässer und der Niederschlagswässer sichergestellt ist (§ 3 Abs. 4 Tiroler Bauordnung TBO). Weiters sehen auch die Technischen Bauvorschriften (§11) vor, dass bauliche Anlagen unter anderem ihrem Verwendungszweck entsprechend mit Einrichtungen zur Sammlung und Beseitigung der Niederschlagswässer ausgestattet sein müssen. Regelmäßig sehen Baubewilligungen vor, dass Niederschlagswässer auf eigenem Grund und Boden zur Versickerung zu bringen sind.
Mit dem angefochtenen Bescheid erteilt die belangte Behörde dem eingereichten Projekt die beantragte Bewilligung und räumt der Bewilligungswerberin eine Reihe von Zwangsdienstbarkeiten (VIII des Bescheides) auf dem Nachbargrund unter Festlegung einer Entschädigung von € 209,00 (!!) ein.
Der angefochtene Bescheid wurde den Rechtsvertretern der Beschwerdeführerin am 23.01.2014 zugestellt. Die Frist zur Erhebung der Beschwerde ist daher offen.
II.) Gegen den Bescheid der BG L vom 17.01.2014, ****, zugestellt am 23.01.2014 erhebt die Beschwerdeführerin durch ihre ausgewiesenen Vertreter binnen offener Frist
B E S C H W E R D E
an das Landesverwaltungsgericht Tirol und stellt die
A N T R Ä G E ,
a) der Beschwerde Folge zu geben, den bekämpfen Bescheid zu beheben, das Ansuchen der Antragstellerin vollinhaltlich abzuweisen,
b) in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung nach Verfahrensergänzung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen;
c) eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
Der Bescheid wird vollinhaltlich angefochten.
Als Beschwerdegründe werden inhaltliche Rechtswidrigkeit, Verletzung von Verfahrensvorschriften und fehlende Zuständigkeit (Unzuständigkeit) geltend gemacht.
Der angefochtene Bescheid verletzt die Beschwerdeführerin in ihren Rechten auf Eigentum und Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens sowie ausreichende Begründung des Bescheides.
Begründung:
1) Inhaltliche Rechtswidrigkeit:
a) Die Behörde erster Instanz stützt ihre Entscheidung im Spruch des Bescheides auf die §§ 9, 32, 50, 60, 63 lit b, 72, 105, 111, 112, 117 und 118 Wasserrechtsgesetz.
Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung wird auf Seite 12 ausgeführt, dass für die Oberflächenentwässerung des Gst 60 eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht gemäß § 32 iVm § 9 Wasserrechtsgesetz besteht. Gemäß § 32 Wasserrechtsgesetz sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen gelten bis zum Beweis des Gegenteiles nicht als Beeinträchtigung. Insbesondere dürfen unter anderem die Einbringung von Stoffen in festem, flüssigem oder gasförmigem Zustand in Gewässer mit den dafür erforderlichen Anlagen und weiter solche Maßnahmen einer Bewilligung, die zur Folge haben, dass durch Eindringen von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird.
Die Behörde setzt sich überhaupt nicht damit auseinander, warum diese behauptete Bewilligungspflicht bestehen soll.
Die Behörde begnügt sich damit, die eingeholten Stellungnahmen wiederzugeben und ergänzend festzuhalten, dass mittlerweile durch Bescheid der gleichen Behörde vom 04.01.2013 die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung für die vorgenommene Verbauungs- und Regulierungsmaßnahme auf Gst 57 (Eigentum der Beschwerdeführerin) erteilt worden sei. Die Behörde stellt nicht einmal den Sachverhalt fest, vom dem es ausgeht und auf welcher Basis die rechtliche Beurteilung zu erfolgen hat. Schon deshalb ist der Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
Selbst wenn man aber zugunsten der Behörde auf die wiedergegebenen Gutachten abstellen wollte und die beabsichtigte Einleitungsmenge von 1,27 l/s mit bedenkt, die vom beigezogenen Sachverständigen als völlig unbedenklich eingestuft wird (Seite 7, dritter Absatz des Bescheides), muss von Vornherein die Genehmigungspflichtigkeit des Projektes verneint werden. Vor diesem Hintergrund hätte der Antrag auf Genehmigung abgewiesen werden müssen (weil nicht genehmigungsbedürftig). Dementsprechend hätten auch keinerlei Zwangsrechte eingeräumt werden dürfen. Auch insoweit liegt eine inhaltliche Rechtswidrigkeit vor.
b) Nach § 5 Abs. 2 Wasserrechtsgesetz steht die Benutzung der Privatgewässer mit den durch Gesetz oder durch besondere Rechtstitel begründeten Beschränkungen demjenigen zu, dem sie gehören.
Das beantragte Projekt betrifft Baumaßnahmen auf Grund und Boden der Antragstellerin (Gst 60). Lediglich durch ein Rohr soll das so gesammelte Oberflächenwasser in das Privatgewässer der Beschwerdeführerin auf Gst 57 eingespeist werden. Diese Ableitung und Zuleitung des Oberflächenwassers trifft nicht den Genehmigungstatbestand des § 9 Abs. 2 Wasserrechtsgesetz. Diese Bestimmung hat andere Sachverhalte vor Augen:
Die direkte Zuleitung von Wasser richtet sich nach den Vorschriften des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches. Eine solche direkte Zuleitung ist nur dann zulässig, wenn dies das Gesetz oder eine besondere Vereinbarung zwischen den betroffenen Grundeigentümern zulässt. Eine derartige Voraussetzung ist nicht gegeben.
Die Frage der Einleitung in das namenlose Gerinne ist rein privatrechtlich zu prüfen und zu beantworten.
c) Die Antragstellerin beziehungsweise deren Rechtsvorgänger durfte ihr Baugrundstück von Gesetzes wegen (§ 3 TBO) schon nur dann bebauen, wenn sie schon damals für die ausreichende Entsorgung der Niederschlagswässer gesorgt hatte. Das wird dem Bauwerber auch stets im zugehörigen Baubewilligungsbescheid zusätzlich aufgetragen und ist offensichtlich auch bei der Antragstellerin so geschehen. Sie kann sich daher nicht quasi auf einen Notfall berufen, weil sie selbst säumig wurde und die ihr auferlegten Pflichten nicht erfüllte. Eine derartige Vorgangsweise rechtfertigt nicht, den Nachbarn „zwangszubeglücken“, diesen quasi zwangsweise zu enteignen und mit Eigentumsbeschränkungen zu bedenken.
Nach den Ausführungen der beigezogenen Gutachter ist das Erdreich der Baufläche heute nicht geeignet, das anfallende Oberflächengewässer auf eigenem Grund und Boden zur Versickerung zu bringen. Dies deshalb, weil der Großteil der Liegenschaft durch das Gebäude bedeckt und so die Fläche für eine natürliche Versickerung massiv verkleinert ist.
Nur aufgrund des Bauwerkes ist es überhaupt erforderlich, für eine Oberflächenwasserentsorgung Maßnahmen zu treffen. Ohne Bauwerk wären derartige Maßnahmen nicht erforderlich.
Derartige Maßnahmen sind daher Nebenerscheinungen der Bebauung des Grundstückes. Allfällige Rechtseinräumungen und Eigentumsbeschränkungen müsste daher hier der Landesgesetzgeber - wenn schon - vorsehen. Dies als Annex des Bauverfahrens. Nach Artikel 15 Abs. 9 B-VG sind die unbedingt erforderlichen Regelungen des Zivilrechtes als Annex zu den Landesvorschriften zu erlassen. Die Tiroler Bauordnung hat diese Notwendigkeit nicht geregelt und gesehen. Wenn schon müsste aber der Landesgesetzgeber des Landes Tirol dafür Vorsorge treffen. Der Wasserrechtsgesetzgeber ist dafür weder zuständig noch sind die Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes dahingehend auszulegen, dass sie auch diesen Fall umfassen.
Das Sammeln des eigenen Niederschlagswassers und Einleiten in den Nachbargrund stellt keine Nutzung von privaten Tagwässern im Sinne des § 9 Abs. 2 Wasserrechtsgesetz dar. Dies zumindest bei verfassungskonformer Auslegung dieser Gesetzesbestimmung.
d) Enteignungen und dazu zählen auch Eigentumsbeschränkungen im Sinne der Einräumung von Zwangsrechten wie im gegenständlichen Fall, sind nur im allgemeinen Interesse, also im öffentlichen Interesse zulässig. Dieses öffentliche Interesse ist nicht gegeben. Es liegt ein reines privates Interesse der Antragstellerin vor. Bevor die Antragstellerin (beziehungsweise deren Rechtsvorgänger) begonnen hat zu bauen, war sie verpflichtet, für die ausreichende Niederschlagswasserentsorgung Vorsorge zu treffen. Wenn sie diese Voraussetzungen nicht schaffen konnte, war eben eine Bebauung unzulässig. Wenn die Antragstellerin diese Voraussetzungen nachträglich nicht schaffen kann, muss sie die Konsequenzen daraus tragen und notfalls eben das Gebäude abtragen.
Darüber hinaus wurden der Antragstellerin ja auch Vorschläge unterbreitet, wie sie sich finanziell am Projekt der Beschwerdeführerin beteiligen kann. Das wurde von ihr ausgeschlagen, weil sie erhoffte, durch die Einräumung von Zwangsrechten billig davonzukommen.
Gleichermaßen sind andere Wasserrechtsobjekte in Ausarbeitung (Nachbargrundstück W, etc.), wo sich die Antragstellerin ebenfalls entsprechend beteiligen kann. Diese Projekte wurden im Verfahren weder ausreichend dargelegt noch geprüft. Es ist irrelevant, in welchem Ausmaß hier eine bestimmte Länge eines Rohrs oder Grundstückslänge notwendig ist.
Insoweit führt der Projektant (K) in seinem Schreiben vom 15.06.2011 an die Erstbehörde aus, dass einerseits die Möglichkeit bestünde, über die Grundstücke 62 und 63 (W) die Errichtung eines Regenwasserkanals in Aussicht zu nehmen. Dass die Nachbarn angeblich abgesagt haben, ist durch nichts belegt und auch nicht klar, warum allenfalls die Antwort „nein“ lautete. Möglicherweise wollte sich die Antragstellerin wieder einmal kostenmäßig nicht beteiligen.
Auch eine zweite Variante wird angesprochen, nämlich die Ableitung über den Regenwasserkanal, an den die südlichen Dachflächen angeschlossen sind. Dass dieser Kanal wasserrechtlich nicht bewilligt ist, ist kein Grund dafür, diese Variante nicht zu prüfen. Vielmehr wäre die Antragstellerin angehalten, hier eben die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung einzuholen. Auch der bauliche Zustand dieses Kanals müsste eben überprüft werden. So einfach kann es sich die Antragstellerin nicht machen, dass sie einfach nach der einfachsten und für sie billigsten Lösung greift und alle anderen Eventualitäten außer Acht lässt.
Obendrein wurde den Ausführungen des kulturbautechnischen Sachverständigen mit Stellungnahme vom 21.07.2011 entgegengetreten. Trotzdem wurden die notwendigen Zusatzerhebungen unterlassen.
Zu prüfen ist, ob ein öffentliches Interesse vorliegt. Und nur dann, wenn man das entgegen der hier vertretenen Ansicht bejahen würde, ist obendrein zu prüfen, ob und inwieweit eine Zwangsdienstbarkeitseinräumung erforderlich ist, um den verfolgten Zweck zu erreichen. Um diese Erforderlichkeit prüfen zu können, sind die Alternativvarianten im Detail zu erörtern und zu prüfen. Das ist nicht geschehen.
Ein öffentliches Interesse kann auch nicht damit begründet werden, dass - wie die Antragstellerin sinngemäß behauptet - mit der Aufrechterhaltung des jetzigen Zustandes die Gefahr von Hangrutschungen und Überflutungen auch bei den unterliegenden Grundstücken verbunden wäre. Gerade die schweren Unwetter und Regenfälle der letzten Monate haben eindrucksvoll bewiesen, dass derartige Gefahren nicht gegeben sind. Dazu kommt eben noch, dass diese Situation widerrechtlich von der Antragstellerin selbst geschaffen wurde. Auch darauf wurde bereits in der Stellungnahme vom 26.06.2012 verwiesen.
e) Die Behörde erster Instanz übersieht weiters, dass gar keine Kontrolle eingebaut ist, dass maximal die in Aussicht genommene Wassermenge eingespeist wird, nämlich 1,27 l/s. Die Behörde legt hier einfach eine Schätzung auf Basis eines fünfjährigen Bemessungsereignisses zugrunde. Gerade die Erfahrung in den letzten Jahren hat gezeigt, dass die sogenannten Jahrhunderthochwasserereignisse wiederholt und im Zeitraum von vielleicht schon zehn Jahren auftreten. Umso weniger kann dieser Schätzwert einfach zugrunde gelegt werden. Messeinrichtungen und Maßnahmen die verhindern, dass von Vornherein mehr als die zugesagte Wassermenge eingespeist wird, hat die Behörde nicht vorgeschrieben. Auch das belastet den Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
f) Dazukommt, dass die Behörde mit dem Sachverständigen auf Seite 8 des Bescheides festhält, dass die bei einem hundertjährigen Ereignis abfließende Hochwassermenge im Graben zwischen 0,6 m3/s und 0,9 m3/s beträgt. Ob das im Bereich der Grundparzelle 57 (Liegenschaft Beschwerdeführer) vorhandene Grabenprofil imstande ist, diese Wassermenge abzuleiten, wird bezweifelt. Das beim bestehenden Weg (Gst 64) befindliche Rohr (vermutlich DN 300) soll nicht imstande sein, solche Wassermassen abzuführen. Es kommt in diesem Fall zu Überflutungen der Straße und der darunter liegenden Grundstücke.
Selbst wenn objektiv betrachtet eine Einleitungsmenge von 1,27 l/s nicht viel erscheinen mag, ist jede Vermehrung des Wassers zu vermeiden, wenn man schon davon ausgeht, dass die bestehende Anlage die geforderte Wassermenge nicht „schlucken“ kann. Man kann nicht einerseits sagen, die Anlage ist unzureichend ausgestaltet. um darüber hinaus noch zusätzliches Wasser einspeisen zu lassen. Voraussetzung dafür, dass ein Dritter - allenfalls - zusätzlich einleiten darf, ist, dass die ursprünglich bestehende und zu genehmigende Anlage den technischen und gesetzlichen Anforderungen entspricht und noch einen „Puffer“ offen lässt, wonach eine zusätzliche Wassereinspeisung kein Problem darstellt.
Auch das hat die Behörde erster Instanz verkannt.
h) Im Spruch Punkt VIII werden Dienstbarkeiten nach §§ 60 und 63 Wasserrechtsgesetz eingeräumt. Hiezu führt die Behörde aus: „Gemäß § 60 Abs. 1 lit c, Abs. 2 und Abs. 3 sowie § 63 lit b Wasserrechtsgesetz werden auf Gst 57 die für die Errichtung, den Bestand und den Betrieb des Oberflächenwasserkanals (DA 160) auf einer Länge von 3,0 m erforderlichen Dienstbarkeiten zugunsten von Frau C A (sowie deren Rechtsnachfolgern) zwangsweise eingeräumt.“
Die Behörde führt mit keinem Wort aus, welche konkreten Dienstbarkeiten dies sein sollen. Für eine wirksame Dienstbarkeitseinräumung hätten die Dienstbarkeiten nachvollziehbar umschrieben werden müssen.
Dazu kommt, dass die „erforderlichen“ Dienstbarkeiten auf einer Länge von 3 m eingeräumt werden. Betrachtet man dazu das offensichtlich zugehörige Bild auf Seite 10 des Bescheides unten, wird klar, dass diese Dienstbarkeitseinräumung unverständlich ist. Es sollte hier wohl das Einspeisungsrohr gemeint sein, welches aber gar nicht so weit führt. Tatsache ist, dass dann, wenn Wasser zugeleitet wird, dieses jedenfalls nicht nach 3 m „in Luft aufgelöst“ wird, sondern dieses offensichtlich weiter im Gerinne bleibt und abfließt. Dafür steht der Antragstellerin aber weder ein Recht noch ein Zwangsrecht zu. Das Dienstbarkeitsrecht, welches die Behörde eingeräumt hat, ist daher von Vornherein verfehlt, weil nicht notwendig und nicht zielführend.
Dazu kommt, dass das Dienstbarkeitsrecht der Antragstellerin persönlich eingeräumt wird (wenngleich auch für Rechtsnachfolger- welche?). Wenn schon können lediglich dingliche Rechte eingeräumt werden, die an der Liegenschaft haften. Auch das übersieht die erstinstanzliche Entscheidung.
Damit wird auch klar, dass die zugleich im Bescheid festgesetzte Entschädigung keinesfalls einer behaupteten notwendigen Zwangsrechteinräumung gerecht werden könnte, weil der Einfluss auf die belastete Liegenschaft nicht richtig umschrieben ist. Dies sei nur angemerkt. Es ist klar, dass die Entschädigung selbst aufgrund der anderen Zuständigkeitsvorschriften und Rechtsmittelmöglichkeiten bei Gericht zu bekämpfen ist (Spruch Punkt IX des Bescheides). Fällt aber die Dienstbarkeitseinräumung weg, ist zugleich die Entschädigungsleistung zu beseitigen.
h) Wie der Stellungnahme des kulturbautechnischen Amtssachverständigen zu entnehmen ist, ist eine Alternativprüfung im Projekt nicht ausgeführt. Ob dadurch allenfalls mehr Fremdgrund in Anspruch genommen werden müsste, spielt keine Rolle. Faktum ist, dass diese Alternativprüfung fehlt und ohne diese von Vornherein weder eine Bewilligung und noch viel weniger eine Zwangsrechtseinräumung zulässig ist.
2.) Verletzung von Verfahrensvorschriften:
a) Wie schon zu Punkt 1 ausgeführt, hätte die Behörde erster Instanz alternative Projekte prüfen müssen. Wenn der Antrag derartige Alternativprojekte nicht umfasst, hätte die Behörde auf Ergänzung drängen müssen. Bei Einholung dieser Alternativprojekte und deren Prüfung wäre die Behörde zum Ergebnis gekommen, dass das gegenständliche Projekt weder bewilligt noch viel weniger Zwangsrechte eingeräumt werden dürfen.
b) Die Behörde erster Instanz hat sich in keiner Weise damit auseinandergesetzt, was der Baubewilligungsbescheid für das Objekt vorschreibt. Dort müsste die Frage der Entsorgung der Niederschlagswässer geregelt sein. Bei einer Einsichtnahme hätte die Behörde erkannt, dass der Antragstellerin als Eigentümerin dieses Grundstückes aufgetragen ist, die Wässer auf eigenem Grund und Boden zu entsorgen oder durch Abschluss von privatrechtlichen Vereinbarungen über Nachbargrund für eine derartige Entsorgung zu sorgen. Spätestens dann hätte die Behörde erkannt, dass die Genehmigung des Projektes nicht möglich ist und auch die Einräumung von Zwangsrechten ausscheidet.
c) Die Behörde hätte auch überprüfen müssen, warum keine Einigung mit der Beschwerdeführerin und bisher offenbar auch nicht mit den anderen Nachbarn gelungen ist. Diese fehlende Einigung ist Voraussetzung dafür, um überhaupt prüfen zu können, ob allenfalls eine Zwangsrechtseinräumung erforderlich ist. Auch die dabei gebotene Interessensabwägung kann nur dann vorgenommen werden, wenn die wechselseitigen Standpunkte und deren Ablehnung bekannt sind. Hätte sich die Behörde damit auseinandergesetzt, wäre sie wiederum zum Ergebnis gekommen, dass eine Zwangsrechtseinräumung ausscheidet, weil die Antragstellerin zu Unrecht akzeptable Angebote der Beschwerdeführerin und der anderen Nachbarn ausschlug, im Rahmen einer Zivilrechtsvereinbarung zu einer ordnungsgemäßen Entsorgung der Oberflächenwässer zu gelangen.
3) Fehlende Zuständigkeit:
a) Die Behörde stützt ihre Entscheidung unter anderem auf § 32 Wasserrechtsgesetz. Wären die von der Behörde zugrunde gelegten Voraussetzungen erfüllt, wonach keine bis nur geringfügige Einwirkungen vorliegen, hätte es keine Genehmigungspflicht gegeben. Der Behörde fehlt daher für die Bewilligung die Zuständigkeit. Gleichermaßen fehlt dann auch die Zuständigkeit für die Einräumung von Zwangsrechten.
b) Es liegt kein allgemeines oder öffentliches Interesse an der Zwangsrechtseinräumung vor. Es liegt nur das private Interesse der Antragstellerin vor. Sie hat es sich selbst zuzuschreiben, dass sie sich in diese Situation gebracht hat. Es geht nicht an, ein Bauwerk hinzustellen und dann um „Hilfe“ zu schreien. Die Antragstellerin war gehalten, sich an die Vorgaben des Bauverfahrens zu halten. Hätte sie sich daran gehalten, wäre für die ausreichende Oberflächenwasserentsorgung gesorgt. Die Notlage hat sie selbst geschaffen. Hiefür für gibt es keine Möglichkeit, nach dem Wasserrechtsgesetz Zwangsrechte einzuräumen.
c) Es liegt auch kein allgemeines Interesse an der Einräumung dieser Zwangsrechte vor. Auch insoweit fehlt also die Zuständigkeit. Wenn die Antragstellerin nicht in der Lage ist, auf dem Zivilrechtswege die Einbindung zu erwirken, muss sie die Konsequenzen tragen.
d) Auch § 9 Abs. 2 Wasserrechtsgesetz ist für den verfahrensgegenständlichen Antrag nicht maßgeblich.
Wenn schon, müsste die Bauordnung oder ein sonstiges Landesgesetz eine Enteignungsmöglichkeit für die Entsorgung von Niederschlagswässer vorschreiben, die durch Baumaßnahmen veranlasst werden. Derartige Vorschriften sind nicht vorgesehen. Jedenfalls ist aber dafür der Bundesgesetzgeber nicht zuständig. Bei verfassungskonformer Auslegung der Wasserrechtsgesetzes konnte daher weder das Projekt bewilligt noch die Zwangsrechtseinräumung auf Basis dieses Gesetzes erfolgen. Die Wasserrechtsbehörde ist hier unzuständig.“
II. Sachverhalt:
C A beabsichtigt, die Oberflächenentwässerungsanlage für den nördlichen Teil des Gst 60 KG R in der Form neu zu konzipieren, dass die Niederschlagswässer, welche auf den nördlichen Dachflächen (A1, A2 und A3) anfallen, über Rohrleitungen gesammelt und anschließend einem Retentionsbecken mit einem Rückstauvolumen von 3 m3 zugeführt werden. Dieses Retentionsbecken weist einen Drosselschlitz auf, über welchen die gesammelten Niederschlagswässer gedrosselt Richtung Norden in einen Steilgraben abgeleitet werden, der als namenloses Gerinne bezeichnet wird.
Die gedrosselte Einleitungsmenge beträgt 1,27 l/s. Durch diese Einleitung sind keine nennenswerten Änderungen hinsichtlich des Hochwasserabflusses im unbenannten Gerinne zu erwarten.
Durch die Anlage werden Gst 60 (im Eigentum der Antragstellerin) und Gst 57 (im Eigentum der P V KG), beide KG R, berührt. Das Grundstück der Beschwerdeführerin wird durch das Ableitungsrohr DA 160 mit einer Länge von drei Metern im unbedingt erforderlichen Ausmaß von maximal 1 m bis 2 m in Anspruch genommen.
Eine Versickerung der anfallenden Dachwässer auf eigenem Grund ist aufgrund des Bodenaufbaus nicht möglich; jede andere Ableitung ist wesentlich teurer und mit mehr Fremdgrundinanspruchnahme verbunden. Durch die Ableitung der Niederschlagswässer werden Vernässungen der unterhalb gelegenen, steilen und bebauten Grundstücke vermieden.
Eine gütliche Übereinkunft mit der P V KG für die Inanspruchnahme des Gst 57 KG R konnte nicht erzielt werden.
III. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde.
Die Beschwerdeführerin ist den Gutachten der dem behördlichen Verfahren beigezogenen (Amts-)Sachverständigen für Kulturbautechnik und Wildbach- und Lawinenverbauung nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Deren Äußerungen erweisen sich nicht als unschlüssig oder mit Widersprüchen behaftet, sodass sie, auch was die von der Beschwerdeführerin allenfalls geltend gemachte Gefährdung ihres Eigentumsrechts durch eine Verschlechterung hinsichtlich des Hochwasserabflusses anbelangt, den Sachverhaltsfeststellungen zugrunde gelegt werden konnten. Die diesbezügliche Feststellung gründet sich auf das Gutachten des Sachverständigen für Wildbach- und Lawinenverbauung. Dieser hat dazu ausgeführt, dass die beantragte Einleitungsmenge von 1,27 l/s Wasser vom Gst. 60 KG R, mengenmäßig zwischen 1,4 - 2,1 %o der angeschätzten Hochwasserspitze im Graben liegt. Diese zusätzliche Wassermenge ist im Hochwasserfalle für die Unterlieger unbedeutend. Es sind aufgrund dieser beantragten Einleitungsmenge keine nennenswerten Änderungen im Hochwasserabflussverhalten für die Unterlieger zu erwarten. Die Höhe der Hochwasserwelle ändert sich durch die Einleitung der beantragten Wassermenge nicht einmal im mm - Bereich.
Der dem behördlichen Verfahren beigezogene kulturbautechnische Amtssachverständige hat zur beantragten Zwangsrechtseinräumung bereits im Rahmen der Vorbegutachtung ausgeführt, dass aufgrund der Situation vor Ort jede andere Ableitung jedenfalls bautechnisch schwieriger und somit wesentlich teurer zu bewerten sein würde. Weiters wäre die Inanspruchnahme von erheblich mehr Fremdgrund erforderlich. Eine Ableitung vermeidet Vernässungen der unterhalb gelegenen Grundstücke; die Inanspruchnahme fremden Grundeigentums durch das beantragte Vorhaben beschränkt sich auf das unbedingt erforderliche Ausmaß und wird in der Natur durch Anlagenteile maximal 1 bis 2 m betragen.
In der mündlichen Verhandlung hat der kulturbautechnisches Amtssachverständige weiter ausgeführt, dass bei einer Ableitung in Richtung Süden bzw der südlichen Dachteile neben der Installation einer Pumpe samt den entsprechenden isolierten und/oder beheizten Leitungen über die bestehenden Kanäle jedenfalls eine größere Länge an Fremdgrund beansprucht werden müsste. Zudem sind das Einzugsgebiet, vorhandene Zuleitungen und daraus resultierend die Machbarkeit praktisch nicht feststellbar.
Auch diesen gutachterlichen Äußerungen wurde nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Sie sind schlüssig und widerspruchsfrei und konnten daher ebenfalls den Sachverhaltsfeststellungen zugrunde gelegt werden.
Aus dem der wasserrechtlichen Bewilligung zugrundeliegenden Projekt ergibt sich, dass die Einleitungsmenge aufgrund der Drosseleinrichtung 1,27 l/s beträgt.
Die Feststellung, wonach die die beiden möglichen Varianten wesentlich teurer sind als die beantragte Maßnahme, ergibt sich auch aus den von der Antragstellerin vorgelegten Wirtschaftlichkeitsberechnungen.
IV. Rechtsgrundlagen:
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959), BGBL Nr 215, in der Fassung des Gesetzes BGBl I Nr 98/2013, lauten wie folgt:
„Besondere Wasserbenutzung an öffentlichen Gewässern und privaten Tagwässern.
§ 9.
(…)
(2) Die Benutzung der privaten Tagwässer sowie die Errichtung oder Änderung der hiezu dienenden Anlagen bedarf dann einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde, wenn hiedurch auf fremde Rechte oder infolge eines Zusammenhanges mit öffentlichen Gewässern oder fremden Privatgewässern auf das Gefälle, auf den Lauf oder die Beschaffenheit des Wassers, namentlich in gesundheitsschädlicher Weise, oder auf die Höhe des Wasserstandes in diesen Gewässern Einfluß geübt oder eine Gefährdung der Ufer, eine Überschwemmung oder Versumpfung fremder Grundstücke herbeigeführt werden kann.
(…)
Grundsätze für die Bewilligung hinsichtlich öffentlicher Interessen und fremder Rechte.
§ 12.
(1) Das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung ist derart zu bestimmen, daß das öffentliche Interesse (§ 105) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden.
(2) Als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.
(…)
§ 60
(1) Zwangsrechte im Sinne dieses Abschnittes sind:
…
c) die Enteignung (§§ 63 bis 70);
…
(2) Diese Maßnahmen sind nur gegen angemessene Entschädigung (§ 117) und nur dann zulässig, wenn eine gütliche Übereinkunft zwischen den Beteiligten nicht erzielt werden kann.
(…)
Enteignung von Liegenschaften und Bauwerken
§ 63
Um die nutzbringende Verwendung der Gewässer zu fördern, um ihren schädlichen Wirkungen zu begegnen, zur geordneten Beseitigung von Abwässern und zum Schutz der Gewässer kann die Wasserrechtsbehörde in dem Maße als erforderlich
…
b) für Wasserbauvorhaben, deren Errichtung, Erhaltung oder Betrieb im Vergleich zu den Nachteilen von Zwangsrechten überwiegende Vorteile im allgemeinen Interesse erwarten lässt, die notwendigen Dienstbarkeiten einräumen oder entgegenstehende dingliche Rechte einschließlich Nutzungsrechte im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, einschränken oder aufheben, damit die genehmigte Anlage mit den zu ihr gehörigen Werken und Vorrichtungen hergestellt, betrieben und erhalten sowie der Vorschreibung sonstiger Maßnahmen entsprochen werden kann;
…“
V. Rechtliche Beurteilung:
Eine Bewilligungspflicht im Sinne des § 32 WRG 1959 setzt eine Einwirkung auf Gewässer voraus, die geeignet ist, deren natürliche Beschaffenheit in physikalischer, chemischer und biologischer Hinsicht unmittelbar oder mittelbar zu beeinträchtigen. Die Bewilligungspflicht nach dieser Gesetzesstelle ist demnach (nur) dann gegeben, wenn nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer zu rechnen ist.
Im gegenständlichen Fall ist die sich durch eine Drosseleinrichtung ergebende Einleitung von Niederschlagswässern im Ausmaß von 1,27 l/s beantragt. Derartigen Wässern ist keine Verunreinigung immanent, welche geeignet ist, eine Beeinträchtigung im Sinne des § 32 WRG 1959 herbeizuführen; das beantragte Vorhaben stellt daher keine bewilligungspflichtige Maßnahme nach § 32 Abs. 2 lit. a WRG 1959, sondern nach § 9 Abs 2 WRG 1959 dar, da fremde Rechte, nämlich das Grundeigentum der Beschwerdeführerin, berührt werden.
Eine Gefährdung des Grundeigentums der Beschwerdeführerin infolge von Änderungen im Hochwasserabflussverhalten durch die Einleitung von 1,27 l/s Niederschlagswässer in das namenlose Gerinne ist nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen nicht zu besorgen.
Zur Einräumung von Dienstbarkeiten führte der Verwaltungsgerichtshof folgendes aus:
Liegt ein Bedarf („erforderlich“) iSd § 63 lit b WRG 1959 vor, dann hat jemand, zu dessen Lasten ein Zwangsrecht gemäß den §§ 60 ff WRG 1959 eingeräumt werden soll, ein Recht darauf, dass diese nicht ohne eine diese Maßnahme rechtfertigende Interessenabwägung iSd § 63 lit b WRG 1959 begründet wird. Es ist daher festzustellen, ob und in welchem Ausmaß mit einem Wasserbauvorhaben, für das Zwangsrechte eingeräumt werden sollen, Vorteile im allgemeinen (=öffentlichen) Interesse verbunden sind und ob diese Vorteile die Nachteile der Zwangsrechtseinräumung überwiegen (VwGH 28.02.2013, Zahl 2010/07/0010). Ein Zwangsrecht nach § 60 WRG 1959 muss zur Erreichung des im öffentlichen Interesse gelegenen Zieles geeignet (adäquat) sein, darf nach Art und Umfang nicht unverhältnismäßig sein und das angestrebte Ziel darf nicht durch andere - gelindere - Maßnahmen bzw. Rechte zu erreichen sein (VwGH 20.09.2012, 2009/07/0084).
Der Bedarf an einer geordneten Entsorgung der gegenständlichen Niederschlagswässer liegt vor. Eine weiterhin ungeordnete Entsorgung der anfallenden Dachwässer kann zu nachteiligen Auswirkungen auf die unterliegenden Grundstücke in Form von Vernässungen führen. Da diese Grundstücke bebaut sind und durch immer größer werdende/tiefer gehende Vernässungen Instabilitäten in dieser Hanglage ausgelöst werden können, ist die geordnete Entsorgung jedenfalls im öffentlichen Interesse geboten. Die Inanspruchnahme des Grundstücks der Beschwerdeführerin beschränkt sich auf das unbedingt erforderliche Ausmaß von maximal 1 m bis 2 m, sodass der durch die beantragte Maßnahme erzielte Schutz der unterliegenden Grundstücke die Nachteile dieser Grundstücksinanspruchnahme überwiegt. Diese kann im Hinblick auf ihr Ausmaß auch nicht als unverhältnismäßig beurteilt werden; die möglichen Alternativen sind wesentlich (kosten)aufwändiger und stellen somit keine gelinderen Maßnahmen dar.
Nicht nachvollziehbar ist, warum die auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin zwangsweise eingeräumten Dienstbarkeiten nicht ausreichend bestimmt sein sollen. Die Lage des Ableitungskanals ist aufgrund der Projektsunterlagen bestimmt, der Umfang der Dienstbarkeiten im Anlassfall für eine Fachperson ohne weiteres bestimmbar. Eine detaillierte Umschreibung, wie sie die Beschwerdeführerin offenbar vor Augen hat, ist im Vorhinein gar nicht möglich.
Ob im Baubewilligungsbescheid für das gegenständliche Objekt tatsächlich Maßnahmen zur ordnungsgemäßen Entsorgung der anfallenden Oberflächenwässer vorgeschrieben worden sind, welche von der nunmehr beantragten Oberflächenentwässerung abweichen, ist von der Wasserrechtsbehörde nicht zu berücksichtigen.
Insgesamt liegen somit einerseits die Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde und andererseits die Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten wasserrechtlichen Bewilligung und für die Einräumung von Dienstbarkeiten vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Barbara Glieber
(Richterin)
Schlagworte
Einleitung von Niederschlagswässern; wasserrechtliche Bewilligungspflicht; Einräumung von DienstbarkeitenAnmerkung
Mit Beschluss vom 12.06.2015, Z E 1012/2015-4, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 27.03.2015, Z LVwG-2014/19/0748-5 erhobenen Beschwerde ab.European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2015:LVwG.2014.19.0748.5Zuletzt aktualisiert am
30.10.2017