TE Vfgh Beschluss 2007/10/10 B1159/07

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Veröffentlicht am 10.10.2007
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §85 Abs2 / Allg

Leitsatz

Keine Folge für einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligenAnordnung; keine Kompetenz des VfGH zur Erlassung einer einstweiligenAnordnung, auch nicht auf Grund des Gemeinschaftsrechts

Spruch

Dem gestellten Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung wird k e i n e F o l g e gegeben.

Begründung

Begründung:

I. 1. Der Antragsteller, ein ägyptischer Staatsangehöriger, hält sich seit 2. Februar 2004 im österreichischen Bundesgebiet auf.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Hernals vom 26. September 2005 wurde der volljährige Antragsteller von einem österreichischen Staatsangehörigen adoptiert.

Sein am 11. November 2005 gestellter Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung für den Zweck begünstigter Drittstaatsangehöriger wurde - nach in Kraft Treten des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes am 1. Jänner 2006, das keine Übergangsbestimmungen enthält, - als Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung "Angehöriger" gewertet und mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 23. August 2006 abgewiesen.

Dagegen erhob der Antragsteller Berufung, die mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. April 2007 im Wesentlichen unter Hinweis darauf abgewiesen wurde, dass der Aufenthalt des Antragstellers dem öffentlichen Interesse widerstreite und der Versagungsgrund einer unzulässigen Inlandsantragstellung vorläge. Weiters lägen keine humanitären Gründe zur Erteilung eines Aufenthaltstitels vor.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander sowie auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter behauptet und die Erlassung einer einstweiligen Anordnung beantragt wird.

Dazu bringt der Antragsteller vor, die belangte Behörde spreche ihm mit dem angefochtenen Bescheid die Rechtsposition als Familienangehöriger eines Österreichers, der sein Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen habe, ab, sodass ein weiterer Aufenthalt seitens der fremdenpolizeilichen Behörden als unrechtmäßig eingestuft und daher aufenthaltsbeendende Maßnahmen erlassen bzw. durchgesetzt werden könnten. Außerdem würde er auf Grund des angefochtenen Bescheides den Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt verlieren, obwohl sich für ihn ein Aufenthaltstitel direkt aus dem Gemeinschaftsrecht ergebe. Die Durchsetzung seines gemeinschaftsrechtlichen Aufenthaltsrechtes gebiete, in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, die Erlassung einer einstweiligen Anordnung.

3. Die belangte Behörde spricht sich gegen die Erlassung der einstweiligen Anordnung aus, weil keine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Erlassung einer einstweiligen Anordnung auf Grund des Gemeinschaftsrechts bestehe.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Weder die Bundesverfassung noch eine andere Verfassungsbestimmung noch auch das Verfassungsgerichtshofgesetz oder die im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof nach §35 Verfassungsgerichtshofgesetz sinngemäß anzuwendenden Bestimmungen der Zivilprozessordnung und des Einführungsgesetzes zur Zivilprozessordnung enthalten eine Regelung, die die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Erlassung einstweiligen Rechtsschutzes, wie sie der Beschwerdeführer begehrt, begründen könnte.

Selbst unter der Annahme, dass der Verfassungsgerichtshof zur Erlassung entsprechender einstweiliger Anordnungen zur Sicherung von gemeinschaftsrechtlich begründeten Rechtspositionen auch ohne innerstaatliche gesetzliche Kompetenzzuweisung allein kraft Gemeinschaftsrechts berufen sein sollte, würde es im vorliegenden Fall an einer wesentlichen Voraussetzung für die Erlassung einer einstweiligen Anordnung des vom Beschwerdeführer begehrten Inhalts fehlen.

2. Im vorliegenden Verfahren geht es nämlich nicht um die (vorläufige) Sicherung eines sich für den Beschwerdeführer aus einer unmittelbar anwendbaren Vorschrift des Gemeinschaftsrechts ergebenden Rechtes (worauf es nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache EuGH 19.6.1990, Rs. C-213/89, Factortame, Slg. 1990, I-2433, ankommt), sondern um die Sicherung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten und die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der angewandten generellen Rechtsnormen. Hiefür kann - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen abgesehen - aber aus dem Gemeinschaftsrecht keine Kompetenz zur Erlassung von Beschlüssen durch den Verfassungsgerichtshof abgeleitet werden, die auf einstweiligen Rechtsschutz abzielen (vgl. VfSlg. 16.943/2003, 16.677/2002, 16.133/2001, 15.982/2000, 15.788/2000 und 15.057/1997).

Dem auf die Erlassung einer einstweiligen Anordnung durch den Verfassungsgerichtshof abzielenden Antrag war daher schon aus diesem Grunde keine Folge zu geben.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Verfügung einstweilige, EU-Recht, Fremdenrecht,Aufenthaltsrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2007:B1159.2007

Zuletzt aktualisiert am

30.01.2009
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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