Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 5. September 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wukovits, LL.M., als Schriftführerin in der Strafvollzugssache des Verurteilten Werner N***** über dessen Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers nach Einsichtnahme der Generalprokuratur in die Akten in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Antrag wird abgewiesen.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit Schreiben vom 26. Mai 2017 beantragt der Strafgefangene Werner N***** die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers zur Einbringung eines Antrags auf Erneuerung des Verfahrens nach § 363a StPO, weil er durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien als Vollzugssenat (§ 16a StVG) vom 18. November 2016, AZ 33 Bs 256/16p, in seinem Grundrecht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit nach Art 11 MRK verletzt worden sei.
In ständiger Rechtsprechung gewährt der Oberste Gerichtshof Grundrechtsschutz in Anwendung des § 363a StPO auch ohne vorangegangenes Erkenntnis des EGMR, wenn ein Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens eine Verletzung der MRK oder eines ihrer Zusatzprotokolle durch eine Entscheidung oder Verfügung eines (untergeordneten) Strafgerichts behauptet (RIS-Justiz RS0122228).
Dem vorliegenden Antrag liegt eine Beschwerde des Werner N***** gegen ein Verhalten des Anstaltsleiters zugrunde (§§ 120 Abs 1, 121 Abs 1 StVG). Gerichtlicher Rechtsschutz wird in solchen Angelegenheiten seit Inkrafttreten des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetzes-Justiz (BGBl I 2013/190) zunächst vom Vollzugsgericht am Sitz des Oberlandesgerichts, in dessen Sprengel die Freiheitsstrafe vollzogen wird (§ 16 Abs 3 StVG), und in letzter Instanz – auch in Betreff behaupteter Grundrechtsverletzungen (vgl Art 13 MRK) – für das gesamte Bundesgebiet vom Oberlandesgericht Wien (§ 16a StVG) gewährt. Nach dem in den Materialien unmissverständlich zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers sollte damit – als Ausnahme von der Verwaltungsgerichtsbarkeit (Art 130 Abs 1 iVm Art 94 Abs 2 B-VG) – ein Rechtszug von der Vollzugsbehörde an ordentliche Gerichte geschaffen und das Oberlandesgericht Wien als bundeseinheitliches Höchstgericht (ohne Möglichkeit eines weiteren innerstaatlichen Instanzenzugs) eingerichtet werden (EBRV 2357 BlgNR 24. GP 19 ff; vgl VfGH B 181/2014; VwGH Ro 2014/03/0045). Lückenschließung im Sinn der zitierten oberstgerichtlichen Rechtsprechung durch Anwendung des § 363a StPO kommt daher bei derartigen Strafvollzugssachen nicht in Betracht.
Für unzulässige oder von vornherein offenkundig aussichtslose Anträge ist Verfahrenshilfe nicht zu gewähren (RIS-Justiz RS0127077), weshalb der darauf abzielende Antrag abzuweisen war.
Schlagworte
StrafrechtTextnummer
E119658European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2017:0140NS00037.17B.0905.000Im RIS seit
30.10.2017Zuletzt aktualisiert am
30.10.2017