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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §56;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2000/19/0112 2000/19/0113Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde 1.) der 1977 geborenen H A, 2.) des 1993 geborenen B A und 3.) des 1997 geborenen S A, alle in Reuthe, alle vertreten durch Mag. B, Rechtsanwalt in Feldkirch, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 19. Juni 2000,
1.) zu Zl. 126.906/2-III/11/00 (betreffend die Erstbeschwerdeführerin), 2.) zu Zl. 126.906/3-III/11/00 (betreffend den Zweitbeschwerdeführer) und 3.) zu Zl. 126.906/4-III/11/00 (betreffend den Drittbeschwerdeführer), jeweils betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die Erstbeschwerdeführerin ist Mutter der übrigen Beschwerdeführer. Mit im Instanzenzug ergangenen Bescheiden jeweils vom 19. Juni 2000 wies der Bundesminister für Inneres als Anträge auf Erteilung von Erstniederlassungsbewilligungen gewertete Anträge der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) ab. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres aus, die Beschwerdeführer hätten am 24. Juni 1999 "über die ÖB Ankara" bei der Bezirkshauptmannschaft Bregenz Anträge auf Erteilung von Erstniederlassungsbewilligungen gestellt, welche von dieser Behörde mit Bescheid vom 4. April 2000 abgewiesen worden seien. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 17. Mai 2000 seien die Beschwerdeführer aufgefordert worden, ihren derzeitigen Aufenthaltsort bekannt zu geben. Für den Fall dass sie sich in Österreich aufhalten würden, sollten sie angeben, auf Grund welchen Rechtstitels sie dies täten. Zudem sollten sie die ihnen von der Österreichischen Botschaft in Ankara erteilten Schengen-Visa in Kopie vorlegen. Feststehe "nunmehr", dass die Beschwerdeführer mit vom 5. September 1999 bis zum 5. November 1999 gültigen Visa "C" der Österreichischen Botschaft in Ankara nach Österreich eingereist seien. Seither hielten sie sich im Bundesgebiet auf. Diese Tatsache werde von ihnen nicht bestritten. Zudem gehe aus der von ihnen vorgelegten Meldebestätigung der Gemeinde Reuthe vom 5. Juni 2000 hervor, dass sie seit 5. Oktober 1999 in Reuthe mit Hauptwohnsitz gemeldet seien. Aus den angeführten Gründen liege ein zwingender Versagungsgrund gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 vor. Im Hinblick auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Februar 1999, Zl. 98/19/0238, erübrige sich das Eingehen auf eventuelle private und familiäre Interessen, weil das Vorliegen des § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 einen zulässigen Eingriff in das durch Art. 8 MRK geschützte Grundrecht darstelle.
Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch die angefochtenen Bescheide in ihren Rechten "auf Aufenthalt in Österreich, auf fehlerfreie Handhabe der Verwaltungsgesetze und im Recht auf fehlerfreie und richtige Ermessensentscheidung verletzt".
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die maßgeblichen Bestimmungen des FrG 1997 lauten:
"§ 6. (1) Die Einreisetitel (Visa) werden als
...
3. Reisevisum (Visum für den kurzfristigen Aufenthalt, Visum C) oder
...
erteilt.
...
(5) ... Reisevisa berechtigen zu einem Aufenthalt bis zu drei Monaten in Vertragstaaten und Österreich. ...
...
§ 10. (1) Die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn
...
2. der Aufenthaltstitel zeitlich an den durch ein Reise- oder Durchreisevisum ermöglichten Aufenthalt anschließen und nach der Einreise erteilt werden soll;
...
(4) Die Behörde kann Fremden trotz Vorliegens eines Versagungsgrundes gemäß Abs. 1 Z 2, 3 und 4 ... in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auf humanitären Gründen von Amts wegen eine Aufenthaltserlaubnis erteilen.
..."
Die Beschwerdeführer behaupten nicht, jemals über einen Aufenthaltstitel verfügt zu haben. Die Rechtsauffassung der belangten Behörde, die Anträge der Beschwerdeführer seien als solche auf Erteilung von Erstniederlassungsbewilligungen zu werten gewesen, kann nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Die Beschwerdeführer bestreiten auch nicht die maßgebliche Feststellung der belangten Behörde, sie hielten sich im Anschluss an ihre Einreise mit einem Reisevisum (Visum C) im Herbst 1999 weiterhin im Bundesgebiet auf. In der Beschwerde werden die diesbezüglichen Bescheidfeststellungen sogar ausdrücklich bestätigt. Auf der Basis dieser unstrittigen Bescheidfeststellungen erweisen sich die angefochtenen Bescheide jedoch nicht als rechtswidrig. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12. Februar 1999, Zl. 98/19/0238, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausführte, ist für die Verwirklichung des Versagungsgrundes nach § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 allein maßgebend, dass sich ein Fremder im Anschluss an eine mit einem Reise- oder Durchreisevisum nach dem FrG 1997 erfolgte Einreise im Zeitpunkt der Bescheiderlassung im Bundesgebiet aufhält (ohne dass er zwischenzeitig eine Berechtigung zum Aufenthalt auf Grund eines gewöhnlichen Sichtvermerkes, einer Aufenthaltsbewilligung, oder aber eines Aufenthaltstitels bzw. eines Aufenthaltsvisums nach dem FrG 1997 erlangt hätte). Der Versagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 war demnach im Falle der Beschwerdeführer - entgegen dem Beschwerdevorbringen - verwirklicht.
Dieser Beurteilung stehen auch die von den Beschwerdeführern ins Treffen geführte Gründe (Erdbebenkatastrophe in der Türkei) für ihre Einreise nach Österreich nach ihrer Antragstellung nicht entgegen. Liegen entsprechende, besonders berücksichtigungswürdige Umstände vor, so besteht gemäß § 10 Abs. 4 FrG 1997 die Möglichkeit, unter näher umschriebenen Voraussetzungen trotz Vorliegens des in Rede stehenden Versagungsgrundes von Amts wegen aus humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Ein subjektives Recht eines Fremden auf Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels besteht allerdings nicht (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1999, Zl. 98/19/0229).
Die Erteilung von Niederlassungsbewilligungen auf Grund der gegenständlichen Anträge der Beschwerdeführer war nach dem Vorgesagten ausgeschlossen.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat die belangte Behörde zu Recht die Auffassung vertreten, dass bei einer auf § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 gestützten Entscheidung die privaten und familiären Verhältnisse eines Fremden im Sinne des Art. 8 MRK - im Hinblick auf die im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1993, Slg. Nr. 13497, dargelegten Gründe - nicht zu berücksichtigen sind (vgl. aus der mittlerweile ständigen hg. Rechtsprechung z.B. die hg. Erkenntnisse vom 12. Februar 1999, Zl. 98/19/0238 bzw. Zl. 98/19/0193).
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die Beschwerdeführer durch die angefochtenen Bescheide in den geltend gemachten Rechten nicht verletzt worden sind, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Verwaltungsgerichtshof wolle der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkennen.
Wien, am 8. September 2000
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000190111.X00Im RIS seit
11.07.2001