TE Bvwg Erkenntnis 2017/10/16 W196 2128757-2

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Veröffentlicht am 16.10.2017
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Entscheidungsdatum

16.10.2017

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W196 1429019-5/3E

W196 1429020-5/3E

W196 1429021-5/3E

W196 2014276-2/3E

W196 2128757-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX XXXX , alias XXXX XXXX , alias XXXX XXXX , geb. am XXXX , 2.) XXXX XXXX ,

geb. am XXXX , 3.) XXXX XXXX , geb. am XXXX , 4.) XXXX XXXX XXXX ,

geb. am XXXX und 5.) XXXX XXXX , geb. am XXXX , alle StA. XXXX XXXX , 3.) bis 5.) vertreten durch 1.) und 2.), alle vertreten durch RA Mag. Susanne SINGER, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 18.07.2017, Zlen. 1.) 567667500/170733447, 2.) 567667609/170733404, 3.) 831712203/170733471, 4.) 1002323007/170733463 und 5.) 1107913602/170733528, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 VwGVG iVm §§ 55, 58 Abs. 10 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation und verheiratet. Die Dritt-, Viert- und Fünftbeschwerdeführer sind ihre im Bundesgebiet geborenen minderjährigen Kinder.

1. Erstes Verfahren

Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer reisten gemeinsam illegal in das Bundesgebiet ein und stellten am 08.10.2011 erstmals Anträge auf internationalen Schutz.

Am 28.10.2011 wurde der Drittbeschwerdeführer im Bundesgebiet geboren, für welchen die Zweitbeschwerdeführerin als seine gesetzliche Vertreterin am 02.11.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat.

Mit Bescheiden des Bundesasylamtes wurden die Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Weiters wurden die Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Asylgerichtshof mit Erkenntnissen vom 24.09.2012, Zlen. 429019-1/2012/3E, 429020-1/2012/3E und 429021-1/2012/3E, als unbegründet abgewiesen.

2. Zweites Verfahren

Am 18.10.2012 wurden die Beschwerdeführer im Rahmen des Dubliner Übereinkommens aus Tschechien von Österreich rückübernommen und stellten sie am selben Tag erneut Anträge auf internationalen Schutz.

Mit den angefochtenen Bescheiden vom 12.11.2012 wurde der (zweite) Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführer gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und die Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.

Gegen diese Bescheide wurde fristgerecht Beschwerde an den Asylgerichtshof erhoben und wurde diese mit Erkenntnis vom 05.12.2012, Zlen. D14 429019-2/2012, D14 429020-2/2012 und D14 429021-2/2012, als unbegründet abgewiesen.

3. Drittes Verfahren

Am 19.11.2013 wurden die Beschwerdeführer im Rahmen des Dubliner Übereinkommens aus Deutschland von Österreich rückübernommen und stellten am 20.11.2013 erneut Anträge auf internationalen Schutz.

Mit Bescheiden des Bundesasylamtes wurden die (dritten) Anträge auf internationalen Schutz der Beschwerdeführer gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und die Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt II.). Die Ausweisungsentscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass auch die zugleich gestellten Anträge aller Familienmitglieder zurückgewiesen werden, keine besondere Integrationsverfestigung vorliege und die Beschwerdeführerin auch eine freiwillige Rückkehr in den Herkunftsstaat beantragt hätten.

Mit Schreiben vom 19.12.2013 wurde vom Erstbeschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen die angeführten Bescheide im Rahmen des Familienverfahrens eingebracht und wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.01.2014, Zl. W111 1429020-3/3Z, dieser Beschwerde gemäß § 17 Abs. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.02.2014 wurde die Beschwerde gegen die Bescheide des Bundesasylamtes gemäß § 68 Abs. 1 AVG als unbegründet abgewiesen. Mangels Vorliegens einer Änderung der maßgeblichen Sachlage habe das Bundesasylamt zu Recht den Folgeasylantrag der Beschwerdeführer wegen entschiedener Sache iSd. § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen. Gemäß § 75 Abs. 20 1. Satz, 2. Fall und 2. Satz AsylG 2005 wurde das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen, da nach Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichtes die Unzulässigkeit der Ausweisung der Beschwerdeführer auf Dauer nicht ausgesprochen werden könne.

Am 19.02.2014 wurde der Viertbeschwerdeführer im Bundesgebiet geboren und wurde für diesen am 27.02.2014 durch seine gesetzlichen Vertreter ein Antrag auf internationalen Schutz im Rahmen eines Familienverfahrens gestellt.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.10.2014 wurde dieser Antrag auf internationalen Schutz sowohl gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkte I. und II.), dem Viertbeschwerdeführer gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, festgestellt, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig sei und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt III.).

Mit Bescheiden vom 09.10.2014 des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, wurde den Erst- bis Drittbeschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 jeweils nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die Erst- bis Drittbeschwerdeführer Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Unter einem wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt. Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass im Falle der Erst- bis Drittbeschwerdeführer keine Umstände erkennbar gewesen seien, die auf eine außergewöhnliche und schützenswerte Integration schließen ließen und gesamtbetrachtend das öffentliche Interesse an einer Außerlandesschaffung überwiege.

Gegen diese Bescheide wurde mit für die Erst- bis Viertbeschwerdeführender gleichlautendem Schriftsatz vom 27.10.2014 fristgerecht Beschwerde erhoben. In dieser wurde beantragt, die Bescheide dahingehend abzuändern, dass ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 erteilt werde sowie festzustellen, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig und die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation nicht zulässig sei; in eventu die bekämpften Bescheide aufzuheben und an die Behörde zurückzuverweisen sowie eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen. Begründend wurde eine unrichtige rechtliche Beurteilung moniert: Die Arbeitsfähigkeit und der Arbeitswille des Erstbeschwerdeführers sowie die soziale Verankerung der Beschwerdeführer seien nicht hinreichend berücksichtigt worden. Außerdem könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Familie des Erstbeschwerdeführers in Tschetschenien die Beschwerdeführer wieder aufnehmen bzw. unterstützen würde, zumal diese aufgrund der Aktivitäten des Erstbeschwerdeführers selbst Probleme habe. Im Übrigen habe die belangte Behörde keine inhaltlich fundierte Begründung dafür abgegeben, weshalb kein geänderter Sachverhalt im Vergleich zur Ausweisungsentscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht vorliegen sollte.

Am 04.02.2016 wurde die Fünftbeschwerdeführerin im Bundesgebiet geboren und wurde für diese am 25.02.2016 durch die ihre gesetzlichen Vertreter einen Antrag auf internationalen Schutz im Rahmen des Familienverfahrens gestellt.

Nach niederschriftlicher Einvernahme des Erstbeschwerdeführers als gesetzlichen Vertreter der Fünftbeschwerdeführerin wurde mit dem ebenfalls angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.05.2016 der Antrag auf internationalen Schutz der Fünftbeschwerdeführerin sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch der subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen (Spruchpunkte I. und II.), der Minderjährigen kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, gegen sie eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt III.) Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).

Die rechtsfreundliche Vertreterin gab per E-Mail am 16.06.2016 bekannt, dass die Beschwerde des Viertbeschwerdeführers hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheids vom 09.10.2014 zurückgezogen werde und wurde gleichzeitig Beschwerde für die Fünftbeschwerdeführerin Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt III. des Bescheides vom 31.05.2016 erhoben.

Am 18.05.2016 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt und gaben die Beschwerdeführer an, dass sie im Bundesgebiet bleiben wollen und nicht in die Heimat zurückkehren können würden. Festgehalten wurde, dass mit dem Erstbeschwerdeführer lediglich eine rudimentäre Verständigung auf Deutsch möglich sei. Die Beschwerdeführer würden von Leistungen aus der Grundversorgung leben und helfe der Erstbeschwerdeführer Bekannten in seinem Umfeld ehrenamtlich aus. Die Zweitbeschwerdeführerin gab weiters an, dass sie in Österreich sehr glücklich sei und ihre Kinder eine Ausbildung bekommen sollen. Festgehalten wurde, dass mit ihr eine Verständigung auf Deutsch lediglich auf eine äußerst einfache Ebene möglich sei.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.10.2016 wurde zur Zl. W111 2014276-1/6E beschlossen, dass das Verfahren wegen Zurückziehung der Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides gemäß §§ 28 Abs. 1, 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt wird. Weiters wurde die Beschwerde zu den Zlen. W111 1429019-4/10E, W111 1429020-4/11E, W111 1429021-4/8E, W111 2014276-1/6E und W111 2128757-1/3E gemäß §§ 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 Asylgesetz 2005 iVm § 9 BFA-VG iVm § 52 Abs. 2 Z 2, Abs. 9, § 46 und § 55 Abs. 1 bis 3 FPG als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte das Gericht aus, dass Verfahren im Falle der Zurückziehung der Beschwerde einzustellen seien. Zum Spruchpunkt II. wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführer zwar untereinander ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK führen würden, jedoch allesamt im gleichen Ausmaß von der aufenthaltsbeendenden Maßnahmen bedroht seien. Die Cousine des Erstbeschwerdeführers und ein Onkel der Zweitbeschwerdeführerin, zu denen Kontakt bestehe, würden im Bundesgebiet leben, jedoch nicht in einem gemeinsamen Haushalt mit den Beschwerdeführern. Ein besonderes Nahe- oder ein persönliches bzw. finanzielles Abhängigkeitsverhältnis, welches über die zwischen Verwandten dieser Art üblicherweise bestehende Beziehung hinausginge, sei im Verfahren jedoch nicht ersichtlich. Mangels gemeinsamer Haushaltsführung und eines besonderen Abhängigkeitsverhältnisses bestehe in Bezug auf diese Verwandten somit kein schützenswertes Familienleben. Darüber hinaus würden keine familiären Bezugspunkte im Bundesgebiet bestehen. Eine Rückkehrentscheidung stelle demnach für alle Familienmitglieder zeitgleich vollzogen keinen Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens dar und bedürfe es daher auch keiner Abwägung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK. Zum Privatleben der Beschwerdeführer wurde ausgeführt, dass sich die Erst- und Zweitbeschwerdeführer seit ihrer irregulären Einreise im Oktober 2011, die minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer seit ihren Geburten im Oktober 2011, Februar 2014 und Februar 2016 im Bundesgebiet befänden. Der bisherige Aufenthalt der Beschwerdeführer sei ein lediglich aufgrund ihrer Verfahren auf internationalen Schutz vorübergehend berechtigter gewesen und sei somit das Gewicht eines zwischenzeitig entstandenen Privatlebens schon dadurch gemindert, dass sich die Beschwerdeführer nicht darauf verlassen hätten können, ihr Leben auch nach Beendigung des Asylverfahrens in Österreich fortzuführen, sich also zum Zeitpunkt, in dem das Privatleben entstanden sei, des unsicheren Aufenthaltsstatus hätten bewusst sein müssen. Auch hätten sie ihren Lebensunterhalt während ihres rund fünfjährigen Aufenthaltes überwiegend aus staatlichen Unterstützungsleistungen bestritten. Der unbescholtene Erstbeschwerdeführer habe sich durch den Besuch von Deutschkursen Grundkenntnisse der deutschen Sprache angeeignet und sich zu Hilfsleistungen in seiner Heimatgemeinde bereit gezeigt, bemühe sich um einen Arbeitsplatz und habe zuletzt eine geringfügige Beschäftigung aufgenommen. Er verfüge über eine Einstellungszusage als Hilfsarbeiter in einem Bauunternehmen auf Vollzeitbasis ab August 2016. Die unbescholtene Zweitbeschwerdeführerin gehe keiner regelmäßigen Erwerbstätigkeit nach und verfüge auch über keine Beschäftigungszusage, sondern kümmere sich um ihre minderjährigen Kinder. Sie habe einen Deutschkurs besucht, könne sich auf äußerst einfacher Ebene in deutscher Sprache verständigen und nehme regelmäßig an einem Treffen in ihrer Heimatgemeinde teil. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer seien nicht in Vereinen oder Organisationen aktiv. Sie stünden in Kontakt zu ihren beiden oben erwähnten, in Österreich lebenden Verwandten und hätten einige Bekannte in ihrer Heimatgemeinde. Im Verfahren hätten sich darüber hinaus jedoch keine Hinweise auf das Vorliegen einer außergewöhnlichen Integrationsverfestigung bzw. das Vorliegen von engen Bindungen zu Österreich ergeben. Auch wenn sich die Beschwerdeführer - wie den vorgelegten Empfehlungsschreiben zu entnehmen sei - um die soziale Integration in ihrer Heimatgemeinde bemüht zeigen würden, der Erstbeschwerdeführer nunmehr einer Erwerbstätigkeit nachgehe und sohin eine beginnende Integration erkannt werden könne, haben sie gesamtbetrachtend vor dem Hintergrund ihrer erst relativ kurzen Aufenthaltsdauer ein besonderes Maß an sozialer und wirtschaftlicher Integration nicht dargetan. Das Bundesverwaltungsgericht könne auch sonst keine unzumutbaren Härten in einer Rückkehr der Beschwerdeführer in die Russische Föderation erkennen. Die Beziehungen der Beschwerdeführer zu Österreich seien zum Entscheidungszeitpunkt verhältnismäßig schwach ausgeprägt, während sie in ihrem Herkunftsstaat, in welchem die Erst- und Zweitbeschwerdeführer den überwiegenden und prägenden Teil ihres Lebens verbracht haben, noch über zahlreiche Familienangehörige verfügen würden, von denen der Großteil einer Erwerbstätigkeit nachgehe. Des Weiteren verfügen der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin über russische und tschetschenische Sprachkenntnisse und eine Schuldbildung. Der Erstbeschwerdeführer sei berufstätig gewesen und sei ihm als jungen, gesunden Mann die Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit jedenfalls zumutbar. Aus diesen Erwägungen werde es den Beschwerdeführern möglich sein, wieder im Herkunftsstaat Fuß zu fassen. Ferner seien im vorliegenden Fall zwar die Kinder im österreichischen Bundesgebiet geboren worden, jedoch hätten sie aufgrund ihres sehr jungen Lebensalters noch keine nennenswerten sozialen Beziehungen in Österreich entwickeln können und würden sich ihre Interessen hauptsächlich auf ihre Eltern, von deren Unterstützung sie abhängig seien und auf ihre Geschwister beschränken. Durch die gemeinsame Rückführung der Beschwerdeführer würden sich die privaten Interessen der Minderjährigen am Verbleib im österreichischen Bundesgebiet wesentlich relativieren. Außerdem seien sie in der Landessprache ihres Herkunftsstaates, Russisch, erzogen worden, hätten im Bundesgebiet wegen ihres geringen Alters noch keine Schulbildung absolviert und würden sich in einem mit einer hohen Anpassungs- und Lernfähigkeit verbundenen Alter befinden. Wie ihre Eltern verfügen auch die minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer in ihrem Herkunftsstaat über zahlreiche familiäre Anknüpfungspunkte, die ihnen bei ihrer sozialen Eingliederung unterstützend zur Seite stehen können würden. Im Falle der minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer seien sohin keine unüberwindlichen Schwierigkeiten oder unzumutbare Härten im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation zu erblicken. Die Interessen der Republik Österreich an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens als Teil der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, des wirtschaftlichen Wohls des Landes durch Vermeidung unkontrollierter Zuwanderung würden im gegenständlichen Fall insgesamt höher wiegen als die persönlichen Interessen der Beschwerdeführer an einem Verbleib im Bundesgebiet. Insbesondere müsse dabei im Rahmen der vorzunehmenden Interessensabwägung zu Lasten der Erst- und Zweitbeschwerdeführer gewertet werden, dass ihr mehrjähriger Aufenthalt auf einem nur durch zwei Folgeanträge begründeten unsicheren Aufenthaltsstatus basiert habe. Allein ein durch die beharrliche Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt könne nämlich keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber sich rechtstreu Verhaltenden führen (VfGH 12. 6. 2010, U 613/10-10, vgl. idS VwGH 11. 12. 2003, 2003/07/0007). Im Ergebnis sei das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts der Beschwerdeführer im Bundesgebiet das persönliche Interesse der Familie am Verbleib im Bundesgebiet überwiege und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliege. Es seien somit keine hinreichenden Anhaltspunkte hervorgekommen, die im gegenständlichen Fall den Ausspruch, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei, rechtfertigen würden. Ferner seien die Anträge der Beschwerdeführer sowohl in Bezug auf den Status des Asylberechtigten als auch in Bezug auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten rechtskräftig abgewiesen worden, weshalb die Zulässigkeit ihrer Abschiebung grundsätzlich zu bejahen sei. Unabhängig davon hätten sich im konkreten Fall keinerlei Anhaltspunkte auf eine zwischenzeitliche maßgebliche Änderung der Lage im Herkunftsstaat ergeben. Ebenso wenig habe sich der gesundheitliche Zustand der Beschwerdeführer verändert bzw. verschlechtert. Zudem sei auch keine Verletzung der durch Art. 2 und 3 EMRK sowie in den Zusatzprotokollen Nr. 6 und 13 gewährleisteten Rechte zu erkennen, insbesondere im Hinblick auf die zahlreichen im Herkunftsstaat noch lebenden und erwerbstätigen Angehörigen der Beschwerdeführer. Schließlich könne auch nicht festgestellt werden, dass in der Russischen Föderation respektive Tschetschenien derzeit eine "extreme Gefahrenlage" (vgl. etwa VwGH 16. 4. 2002, 2000/20/0131) im Sinne einer dermaßen schlechten wirtschaftlichen oder allgemeinen (politischen) Situation herrschen würde, die für sich genommen bereits die Zulässigkeit der Abschiebung als unrechtmäßig erscheinen ließe.

4. Gegenständliches Verfahren

Am 29.03.2017 wurde durch die rechtsfreundliche Vertretung der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Kärnten, der gegenständliche Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikels 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 für die Beschwerdeführer eingebracht.

Am 06.07.2017 wurden die Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen und eingangs darauf hingewiesen, dass für die Fünftbeschwerdeführerin kein Antrag gestellt worden sei. So stellte der Erstbeschwerdeführer als ihr gesetzlicher Vertreter für diese einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005. Weiters gab der Erstbeschwerdeführer befragt an, dass er gesund sei und keine Medikamente benötige. Auch gab er an, dass er Österreich seit dem letzten Antrag auf internationalen Schutz vom 20.11.2013 nicht mehr verlassen habe. Die Frage, ob sich seit dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.10.2016 etwas am Privat- und Familienleben geändert habe, verneinte der Erstbeschwerdeführer. Abgesehen von den im Verfahren bekannten Familienmitgliedern gäbe es keine weiteren Familienangehörigen im Bundesgebiet. In der Russischen Föderation würden sich noch seine Verwandten sowie welche der Zweitbeschwerdeführerin befinden. Im Verfahren seien bereits die Geburtsurkunde sowie der Pass der Erst- und Zweitbeschwerdeführer vorgelegt worden. Nachgefragt, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreiten würden gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er und seine Frau jeweils 180,- Euro und für jedes Kind 80,- Euro in der Grundversorgung beziehen würden und werde die Wohnung vom Sozialamt bezahlt. Nachgefragt, wie hoch die monatlichen Ausgaben seien führte er an, keine Fixkosten zu haben. Bis auf seine Familie habe er auch keine Unterhaltspflichten. Zur Integration gab er an, dass er sich in Österreich integriert und sehr wohl fühle. Er habe bereits das Niveau A2 abgeschlossen und besuche noch weitere Deutschkurse. Auch könne seine Frau etwas Deutsch, jedoch besuche sie momentan keinen Kurs. Ferner habe sich der Erstbeschwerdeführer einer Firma vorgestellt, bei welcher er auch einen Vorvertrag habe. Befragt zu den ausgeübten Berufen in der Heimat führte er aus, dass er als Maurer gearbeitet habe und seine Frau niemals einer Beschäftigung nachgegangen sei. Hier in Österreich hätten er und seine Frau einige Bekannte aus der Ortschaft, wo sie leben würden. Auf die Frage, ob er jemals Probleme mit der Polizei gehabt habe gab er an, dass er einmal mit Drogen von der Polizei erwischt worden sei.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.07.2017 wurden die Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückgewiesen.

Festgestellt wurde, dass sich die Familie seit dem rechtskräftigen Abschluss ihrer Asylverfahren rechtswidrig im Bundesgebiet aufhalten würden. Zuvor hätten sie zwei weitere Anträge auf internationalen Schutz gestellt, die ebenfalls rechtskräftig negativ entschieden worden seien. Das Aufenthaltsrecht der Beschwerdeführer gründe sich somit nur auf die Stellung von drei unbegründeten und unzulässigen Anträgen auf internationalen Schutz und sei somit nur vorübergehend. Zuletzt sei mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.10.2016 festgestellt worden, dass keine privaten Anbindungen vorliegen würden, die Rückkehrentscheidung rechtmäßig sei und Aufenthaltstitel gemäß §§ 55, 57 AsylG 2005 nicht zu gewähren seien. Ferner lebe die restliche Familie der Beschwerdeführer in der Russischen Föderation. Eine maßgebliche Sachverhaltsänderung sei nicht eingetreten. So liege zwischen dem Zeitpunkt der aktuellen Bescheiderlassung und der bereits dritten, rechtskräftig negativen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.10.2016 nur ein sehr kurzer Zeitraum, sodass sich auch der Inlandsaufenthalt nicht wesentlich verlängert habe. Zwar sei eine Einstellungszusage vom 30.11.2016 vorgelegt worden und arbeite der Erstbeschwerdeführer offensichtlich an seinen Sprachkenntnissen, allerdings in dem Wissen, dass der Aufenthalt im Bundesgebiet illegal sei. Hingegen habe die Zweitbeschwerdeführerin noch keinen Deutschkurs oder sonstige Kurse absolviert und gehe auch keiner legalen Erwerbstätigkeit nach. Die familiären Umstände seien unverändert und sei seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eine umfassende Interessensabwägung vorgenommen und letztlich begründet worden, dass die gegen die Beschwerdeführer erlassene Rückkehrentscheidung zu verfügen gewesen sei. Dabei handle es sich um keinen Eingriff in das Familienleben, da diese für die ganze Familie getroffen worden sei und die Familie geschlossen nach Russland auszureisen habe. Eine Neubeurteilung im Sinne des Artikels 8 EMRK erachte die erkennende Behörde als nicht erforderlich, da dem Anbringen kein maßgeblich geänderter Sachverhalt entnommen werden könne. Lediglich der Aufenthalt im Bundesgebiet, welcher ein unrechtmäßiger sei, habe sich verlängert, was jedoch im Wesentlichen auf die Weigerung der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung Folge zu leisten basiere. Zudem hätten die Beschwerdeführer durch die zweimalige freiwillige Ausreise (2012 nach Tschechien und 2013 nach Deutschland) nachhaltig bewiesen, dass ein Aufenthalt zur Aufrechterhaltung des Familienlebens in Österreich nicht erforderlich sei. So seien sie nicht aus familiären oder sonstigen privaten Gründen freiwillig nach Österreich zurückgekehrt, sondern jeweils unter Zwang im Zuge einer Dublin Rücküberstellung. Somit hätten sie nachweislich, auch unter bewusster Verwendung falscher Identitäten, mittlerweile fünf Asylanträge in drei verschiedenen Ländern gestellt und könne man im Falle der Beschwerdeführer offensichtlich von "Asyltourismus" sprechen, da sie nach der ersten negativen, rechtskräftigen Entscheidung der österreichischen Behörden nach Tschechien und nach der zweiten negativen, rechtskräftigen Entscheidung der österreichischen Behörden nach Deutschland ausgereist seien, jeweils um erneut Asylanträge zu stellen. Die erkennende Behörde stelle, bedingt durch die nachweisliche und zweimalige freiwillige Ausreise, den durchgehenden Aufenthalt der Beschwerdeführer erst mit dem Datum der letztmaligen Dublin-Rücküberstellung von Deutschland, dem 19.11.2013, fest. Die Beschwerdeführer seien in Österreich zwar unbescholten, jedoch sei gegen den Erstbeschwerdeführer am 29.03.2017 Anzeige wegen eines Vergehens nach § 27 Abs. 2 SMG erstattet worden und sei die Staatsanwaltschaft Klagenfurt vorläufig gemäß § 35 Abs. 9 SMG von der Verfolgung zurückgetreten, endgültige Erledigung sei mit 20.06.2017 erfolgt. Unter Bedachtnahme all dieser genannten Faktoren könne nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Sachverhalt seit der letzten Rückkehrentscheidung derart wesentlich geändert hätte, dass eine erneute Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich wäre. Da im gegenständlichen Fall weiterhin eine aufrechte Rückkehrentscheidung vorliege, sei gemäß § 59 Abs. 5 FPG die Erlassung einer neuerlichen Rückkehrentscheidung nicht notwendig.

Am 03.08.2017 wurde in einem gemeinsamen Schriftsatz für alle Beschwerdeführer Beschwerde erhoben und die Bescheide des Bundesamtes bekämpft. Begründend wurde ausgeführt, dass Erstbeschwerdeführer – mit kurzen Unterbrechungen – seit knapp sechs Jahren im Bundesgebiet aufhältig sei und sich trotz der Folgeanträge sehr gut integriert habe. Wenn die Behörde den zurückweisenden Bescheid damit begründe, dass die Familie nicht selbsterhaltungsfähig sei, sei dem zu entgegnen, dass es dem Erstbeschwerdeführer eben aufgrund des Aufenthaltsstatus nicht möglich gewesen sei, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Dafür habe er aber soziale Kontakte sowie Freundschaften geknüpft und dadurch mehrere verbindliche Einstellungszusagen im Verfahren vorlegen können. Dies sei auch auf sein freiwilliges Engagement zurückzuführen. Die Beschwerdeführer würden sich in Österreich eine Existenz aufbauen wollen und hätte bei richtiger rechtlicher Beurteilung keine zurückweisende Entscheidung ergehen dürfen. Beantrag wurde die Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung; die Bescheide inhaltlich zu behandeln; die Bescheide zu beheben und die Angelegenheit zwecks Erlassung neuer Bescheide an die Behörde zurückzuverweisen.

Im Verfahren vorgelegt wurden:

* Besuchsbestätigung Deutschkurs Grundbildungskurs "Besser Lesen, Schreiben und Rechnen BLS Sommer 14-30" der Kärntner Volkshochschulen vom 09.08.2014;

* Arbeitsbestätigung des Gemeindeamtes Scharnitz, Tirol, über die Tätigkeiten bei der Müllabfuhr;

* Diverse Empfehlungs- und Unterstützungsschreiben;

* Bestätigung der Anmeldung für einen Deutschkurs A2+ beim Projekt "Mellon" von ASPIS vom 02.12.2016;

* Einstellungszusage der Fa. "Zimmerei ZMK GmbH", Klagenfurt, vom 30.11.2016;

* Teilnahmebestätigung Deutschkurs "Alphabetisierung – und Grundkurs, GER Kompetenzstufen (A1, A2, A2+)" des Vereins ASPIS, vom 22.05.2016;

* Beglaubigte Kopien der Geburtsurkunde und Apostille;

* ÖSD Karte Deutsch A2 abgeschlossen, Nr.: ZA21701572.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation und gehören der tschetschenischen Volksgruppe an. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer sind verheiratet und reisten eigenen Angaben zufolge am 08.10.2011 gemeinsam erstmals illegal in das Bundesgebiet ein. Die Beschwerdeführer haben das Bundesgebiet zwischenzeitig verlassen und wurden sie am 18.10.2012 von Tschechien und am 19.11.2013 von Deutschland im Rahmen von Dublin-Rücküberstellungen von Österreich übernommen.

Es liegen bereits vier vorangegangene, rechtskräftige Entscheidungen im Asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren betreffend die Beschwerdeführer vor (Erkenntnisse des Asylgerichtshofs vom 24.09.2011 und 05.12.2012, sowie des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.02.2014 und vom 27.10.2016).

Die Beschwerdeführer bestreiten ihren Lebensunterhalt überwiegend durch staatliche Sozialleistungen (Grundversorgung) und leben gemeinsam in einer Unterkunft. Den Beschwerdeführern kam zu keinem Zeitpunkt ihres Aufenthaltes in Österreich ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zu. Seit endgültigem Abschluss ihres dritten Verfahrens durch das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.10.2016 halten sich die Beschwerdeführer unrechtmäßig in Österreich auf. Ihrer Ausreiseverpflichtung kamen sie nicht nach.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Der Erstbeschwerdeführer besuchte Deutschkurse und kann sich rudimentär in deutscher Sprache verständigen. Er zeigte sich auch weiterhin zu Hilfsleistung an ältere Einwohner seiner Heimatgemeinde bereit jedoch gehen weder er, noch die Zweitbeschwerdeführerin einer legalen Erwerbstätigkeit nach. Der Erstbeschwerdeführer verfügt über eine Einstellungszusage, über eine solche verfügt die Zweitbeschwerdeführerin nicht. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind nicht in Vereinen oder Organisationen aktiv. Sie haben einige österreichische Bekannte. Eine Cousine des Erstbeschwerdeführers und ein Onkel der Zweitbeschwerdeführerin, zu denen Kontakt besteht, leben im Bundesgebiet (Graz und Linz). Zu den Genannten liegt jedoch auch weiterhin kein besonderes Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis vor.

Darüber hinaus verfügen die beschwerdeführenden Parteien auch weiterhin über keine nennenswerten sozialen oder wirtschaftlichen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet.

Im Herkunftsstaat verfügen die beschwerdeführenden Parteien nach wie vor über enge familiäre Anknüpfungspunkte. Die Mutter, der Vater, zwei Schwestern und vier Brüder des Erstbeschwerdeführers sowie die Mutter, zwei Schwestern und zwei Brüder der Zweitbeschwerdeführerin leben in ihrem Heimatstaat. Mit Ausnahme der jüngsten zwei Geschwister des Erstbeschwerdeführers sowie der Mutter der Zweitbeschwerdeführerin gehen all diese Verwandten im Herkunftsstaat einer Erwerbstätigkeit nach. Im Falle einer Rückkehr könnten die Beschwerdeführer bei der Familie des Erstbeschwerdeführers wohnen. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sprechen die tschetschenische und russische Sprache. Der Drittbeschwerdeführer spricht Russisch, die Muttersprache des Viertbeschwerdeführers ist Russisch. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin verfügen über eine Schulbildung. Während der Erstbeschwerdeführer in seiner Heimat berufstätig war, erlernte die Zweitbeschwerdeführerin in ihrem Heimatland keinen Beruf.

Die Beschwerdeführer sind gesund und leiden jeweils an keinen schwerwiegenden Erkrankungen.

Es kann kein geänderter Sachverhalt in Bezug auf das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers seit der rechtskräftig negativen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.10.2016, Zlen. W111 1429019-4/10E, W111 1429020-4/11E, W111 1429021-4/8E, W111 2014276-1/6E und W111 2128757-1/3E, festgestellt werden. Es besteht in Österreich kein schützenswertes Privat- oder Familienleben im Sinne des Artikels 8 EMRK.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung zur Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer ergibt sich aus den im Verfahren vorgelegten identitätsbezogenen Dokumenten. Die Feststellungen zur ihrer Volksgruppenzugehörigkeit, zu den Familienangehörigen sowie zum Gesundheitszustand und zu ihrem Leben in Österreich ergeben sich aus den bezüglich dieser Feststellungen widerspruchsfreien und daher glaubwürdigen Vorbringen der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Bundesamt, sowie aus den Verwaltungsakten. Darüber hinaus ergibt sich die Feststellung zu den illegalen Einreisen nach Österreich, den Aufenthalten in Tschechien und Deutschland, sowie zur Antragstellung zweifelsfrei aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zur Integration der Beschwerdeführer in Österreich und zum Nichtvorliegen eines geänderten Sachverhaltes seit dem rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.10.2016, ergeben sich ebenso aus dem Akteninhalt sowie aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, sowie aus den Verwaltungsakten. Die Feststellungen zum sozialen Leben in Österreich bzw. zu ihrem Privatleben sowie zu den Sprachkenntnissen gründen sich auf ihre eigenen Angaben und den vorgelegten Unterlagen. Dass die Beschwerdeführer Leistungen aus der Grundversorgung beziehen ergibt sich aus aktuellen Auszügen aus dem österreichischen Grundversorgungssystem.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit der Beschwerdeführer beruht auf einem aktuellen Strafregisterauszug.

3. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG, und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Zum Spruchteil A)

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Z 1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird (Z 2). Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere zu berücksichtigen:

die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8), die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9).

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere zu berücksichtigen:

die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8), die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9).

Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 14a Abs. 4 NAG erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige einen Deutsch-Integrationskurs besucht und einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses vorlegt (Z 1), einen allgemein anerkannten Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 vorlegt (Z 2), über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des UG 2002 oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht (Z 3) oder einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt (Z 4).

Ziel des Deutsch-Integrationskurses (Modul 1 der Integrationsvereinbarung) ist gemäß § 7 Abs. 1 IV-V die Erreichung des A2-Niveaus des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen. Den Abschluss des Deutsch-Integrationskurses bildet gemäß Abs. 2 leg.cit. eine Abschlussprüfung, zumindest auf dem A2-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, durch den ÖIF.

Als Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse im Sinne des § 14a Abs. 4 Z 2 und § 14b Abs. 2 Z 2 NAG gelten gemäß § 9 Abs. 1 IV-V allgemein anerkannte Sprachdiplome oder Kurszeugnisse, insbesondere des Österreichischen Sprachdiploms Deutsch (Z 1), des Goethe-Institut e.V. (Z 2), oder der Telc GmbH (Z 3). Jede Einrichtung hat gemäß Abs. 2 leg.cit. in dem von ihr auszustellenden Sprachdiplom oder Kurszeugnis gemäß Abs. 1 schriftlich zu bestätigen, dass der betreffende Fremde über Kenntnisse der deutschen Sprache zumindest auf A2-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (Z 1) oder auf B1-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (Z 2) verfügt. Fehlt eine Bestätigung nach Abs. 2, gilt der Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse auf der entsprechenden Niveaustufe gemäß Abs. 3 leg.cit. als nicht erbracht. Als Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß §§ 14a Abs. 4 Z 2 oder 14b Abs. 2 Z 1 gelten gemäß Abs. 4 leg.cit. Zeugnisse des ÖIF nach erfolgreichem Abschluss einer Prüfung auf A2-Niveau oder B1-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

Gemäß § 58 Abs. 5 AsylG 2005 sind Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen. Im Antrag ist gemäß § 58 Abs. 6 AsylG 2005 der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt gemäß § 58 Abs. 8 AsylG 2005 darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Anträge gemäß § 55 AsylG 2005 sind gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 begründen gemäß § 58 Abs. 13 AsylG 2005 kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten.

3.2. § 58 Abs. 10 AsylG 2005 entspricht § 44b Abs. 1 NAG aF, zu dem der Verwaltungsgerichtshof ausführte, dass die Wesentlichkeit der Sachverhaltsänderung nach der Wertung zu beurteilen ist, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen Entscheidung erfahren hat. Bei dieser Prognose sind die nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände jedenfalls soweit einzubeziehen, als zu beurteilen ist, ob es angesichts dieser Umstände nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann, dass im Hinblick auf früher maßgebliche Erwägungen eine andere Beurteilung nach Art. 8 EMRK unter Bedachtnahme auf den gesamten vorliegenden Sachverhalt nunmehr geboten sein könnte. Eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK muss sich zumindest als möglich darstellen (vgl. VwGH 10.4.2014, 2011/22/0286; 10.4.2014, 2013/22/0198; 11.11.2013, 2013/22/0252).

Es stellt sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als verfassungswidrig dar, wenn die Zulässigkeit eines Antrages nur an das Vorliegen eines für die Beurteilung nach Art. 8 EMRK maßgeblich geänderten Sachverhalts geknüpft wird und nicht jede Änderung im Tatsächlichen bereits die Zulässigkeit einer Antragstellung herbeiführt. Auch einer Antragszurückweisung hat nämlich eine Beurteilung im Hinblick auf Art. 8 EMRK voranzugehen. Dies ist zwar nur im Rahmen der Prognose, ob die seit Erlassung der rechtskräftigen Ausweisung eingetretenen Sachverhaltsänderungen eine andere Beurteilung nicht als ausgeschlossen erscheinen lassen, vorzunehmen. Bei dieser Prognose sind aber die nach Art. 8 MRK relevanten Umstände jedenfalls soweit einzubeziehen, als im Rahmen der Prognose zu beurteilen ist, ob diese Umstände dergestalt sind, sodass nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann, dass im Hinblick auf früher maßgebliche Erwägungen eine andere Beurteilung nach Art. 8 EMRK nunmehr geboten sein könnte. Mit anderen Worten:

eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK muss sich zumindest als möglich darstellen. Auch eine solche Beurteilung ist letztlich nur unter Bedachtnahme auf den gesamten vorliegenden Sachverhalt möglich (vgl. VwGH 20.08.2013, 2012/22/0119). Die Überprüfung der im Asylverfahren ergangenen Ausweisung ist nicht Gegenstand des Verfahrens (vgl. VwGH 17.04.2013, 2013/22/0051).

Maßgeblich für eine Zurückweisung ist jener Sachverhalt, der der rechtskräftigen (und nicht bloß der nicht rechtskräftigen erstinstanzlichen) Ausweisungsentscheidung zu Grunde lag, und es ist zu prüfen, ob sich dieser bis zum Zeitpunkt der in erster Instanz vorgenommenen Zurückweisung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Hinblick auf Art. 8 EMRK maßgeblich geändert hat (vgl. VwGH 26.06.2013, 2011/22/0319; 29.05.2013, 2011/22/0167). Nach der Erlassung der erstinstanzlichen Entscheidung eingetretene Umstände haben keinen Einfluss auf die Beurteilung, ob die Antragszurückweisung von der Erstbehörde zu Recht vorgenommen wurde (vgl. VwGH 29.05.2013, 2011/22/0277).

3.3. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

3.4. Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Fall Sisojeva ua., Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung für die öffentlichen Interessen.

Nach ständiger Rechtssprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art 8 Abs 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. VfSlg. 18.224/2007, 18.135/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Beschwerdeführer in Österreich über schützenswertes Privatleben verfügen, spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da – abseits familiärer Umstände – eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht bei einem dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer aus (vgl. Chvosta, ÖJZ 2007/74 unter Hinweis auf die VwGH 8.3.2005, 2004/18/0354; 27.3.2007, 2005/21/0378), und stellt im Erkenntnis vom 26.6.2007, 2007/10/0479, fest, "dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte" (zum fünfjährigen Aufenthalt vgl. VwGH 15.03.2016, Ra 2016/19/0031).

Im Falle einer bloß auf die Stellung eines Asylantrags gestützten Aufenthalts wurde in der Entscheidung des EGMR (N. gegen United Kingdom vom 27.05.2008, Nr. 26565/05) auch ein Aufenthalt in der Dauer von zehn Jahren nicht als allfälliger Hinderungsgrund gegen eine Ausweisung unter dem Aspekt einer Verletzung von Art. 8 EMRK thematisiert.

In seiner davor erfolgten Entscheidung Nnyanzi gegen United Kingdom vom 08.04.2008 (Nr. 21878/06) kommt der EGMR zu dem Ergebnis, dass bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesse eine unterschiedliche Behandlung von Asylwerbern, denen der Aufenthalt bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber zukommt, und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt gerechtfertigt sei, da der Aufenthalt eines Asylwerbers auch während eines jahrelangen Asylverfahrens nie sicher ist. So spricht der EGMR in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass ein Asylweber nicht das garantierte Recht hat, in ein Land einzureisen und sich dort niederzulassen. Eine Abschiebung ist daher immer dann gerechtfertigt, wenn diese im Einklang mit dem Gesetz steht und auf einem in Art 8 Abs 2 EMRK angeführten Grund beruht. Insbesondere ist nach Ansicht des EGMR das öffentliche Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher als das Privatleben eines Asylwerbers; auch dann, wenn der Asylwerber im Aufnahmestaat ein Studium betreibt, sozial integriert ist und schon 10 Jahre im Aufnahmestaat lebte.

3.5. Die Beschwerdeführer haben im gegenständlichen Verfahren keine Sachverhaltsänderung vorgebracht, die geeignet wäre, eine anderslautende Beurteilung betreffend ihres Privat- und Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK herbeiführen zu können.

Die Beschwerdeführer hielten sich erstmals zwischen spätestens 08.10.2011 und dem Ausgang ihres rechtskräftig negativem Asylverfahrens mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 24.09.2012, Zlen. 429019-1/2012/3E, 429020-1/2012/3E und 429021-1/2012/3E, in Österreich auf. Nach nicht einmal nur einen Monat wurden sie im Rahmen einer Dublin-Überstellung aus Tschechien von Österreich rückübernommen und stellten einen Folgeantrag, welcher ebenfalls mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes Erkenntnis vom 05.12.2012, Zlen. D14 429019-2/2012, D14 429020-2/2012 und D14 429021-2/2012 negativ entschieden wurde. Am 19.11.2013 wurden die Beschwerdeführer im Rahmen des Dubliner Übereinkommens aus Deutschland erneut von Österreich rückübernommen und blieben trotz der letzten, insgesamt fünften gerichtlichen Entscheidung vom 27.10.2016 illegal im Bundesgebiet. Zum Zeitpunkt dieser Entscheidung waren die Beschwerdeführer, mit mehreren Unterbrechungen, ungefähr fünf Jahre im Bundesgebiet. Dies aber nur aufgrund der missbräuchlichen Asylantragsstellungen. Zwischen der Erlassung der letzten Rückkehrentscheidung und der Nichterteilung des Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 verging knapp ein Jahr (anders als in VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101; vgl. auch VwGH 28.01.2016, Ra 2015/21/0191), in denen sich die Beschwerdeführer rechtswidrig entgegen einer aufrechten Rückkehrentscheidung und entgegen der Verpflichtung zur Ausreise in Österreich aufhielten. Die Schutzwürdigkeit des Privatlebens der Beschwerdeführer ist dadurch als deutlich gemindert anzusehen (vgl. VwGH 15.03.2016, Ra 2015/21/0180), zumal der Aufenthalt der Beschwerdeführer auch nicht geduldet war.

Da die Beschwerdeführer auch weiterhin gleichermaßen von der aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen sind konnte kein Eingriff in ihr Familienleben festgestellt werden. Zu ihren Verwandten im Bundesgebiet konnte auch weiterhin keine besondere Abhängigkeit festgestellt werden, weshalb auch im Hinblick dessen kein geänderter Sachverhalt festgestellt werden konnte.

Auch im Hinblick auf das Privatleben der Beschwerdeführer liegt kein maßgeblich geänderter Sachverhalt vor. Wenngleich die Beschwerdeführer seit Abschluss ihres letzten Verfahrens beharrlich im Bundesgebiet verblieben sind und sich hauptsächlich nur der Erstbeschwerdeführer weitere Kenntnisse der deutschen Sprache aneignete und gemeinnützig engagiert, geht er in Österreich immer noch keiner Erwerbstätigkeit nach, ist nicht selbsterhaltungsfähig und lebt von der Grundversorgung. Die Zweitbeschwerdeführerin spricht – mangels Vorlage konträrer Integrationsnachweise im gegenständlichen Verfahren – auch weiterhin kaum Deutsch, geht auch keiner Beschäftigung nach und kümmert sich um die minderjährigen Kinder. Die Beschwerdeführer sind nicht Mitglieder in einem Verein oder in einer sonstigen Organisation und vermochten die im Verfahren vorgelegten Unterstützungsschreiben sowie die Zukunftsvorstellungen der Beschwerdeführer nichts an der Tatsache ändern, dass sie am Arbeitsmarkt nicht integriert und weiterhin von staatlichen Leistungen abhängig sind. Die Ausführungen in dem Beschwerdeschriftsatz, wonach die Erst- und Zweitbeschwerdeführer um das Erlernen der deutschen Sprache sehr bemüht und engagiert seien, geht vor dem Hintergrund der kaum vorhandenen Sprachkenntnisse trotz über dem mittlerweile vierjährigen und ständigen Aufenthaltes im Bundesgebiet ins Leere. Im rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.10.2016 wurde auch bereits auf die noch starken Beziehungen der Beschwerdeführer zum und zu ihren Verwandten im Herkunftsstaat hingewiesen und haben sie im gegenständlichen Verfahren auch nichts Gegenteiliges vorgebracht. So verneinte der Erstbeschwerdeführer in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 06.07.2017 eindeutig die Frage, ob sich seit dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.10.2016 etwas am Privat- und Familienleben geändert habe. Ferner kann vor dem Hintergrund der starken Beziehungen der volljährigen Erst- un

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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