Entscheidungsdatum
17.10.2017Norm
ASVG §113 Abs1 Z1Spruch
W209 2138123-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, XXXX, XXXX, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse vom 01.09.2016, VA/ED-FP-0210/2016, vertreten durch Dr. Hugo MLEJNEK, Steuerberater in 1010 Wien, Herrengasse 6-8/1/1/11, betreffend Vorschreibung eines Beitragszuschlages gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG in der Höhe von € 1.300,00 wegen Unterlassung der Anmeldung der Dienstnehmerin XXXX, VSNR XXXX, vor Arbeitsantritt zur Sozialversicherung nach Beschwerdevorentscheidung vom 23.09.2016, GZ: VA/ED-FP-0210/2016, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 01.09.2016, VA/ED-FP-0210/2016, schrieb die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse (im Folgenden die belangte Behörde) dem Beschwerdeführer gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG einen Beitragszuschlag in der Höhe von € 1.300,00 vor, weil er es unterlassen habe, die Dienstnehmerin XXXX, VSNR XXXX, vor Arbeitsantritt zur Sozialversicherung zu melden. Begründend führte sie aus, dass im Rahmen einer am 20.06.2016 durchgeführten Kontrolle der Finanzpolizei im Betrieb des Beschwerdeführers festgestellt worden sei, dass für die oben angeführte Dienstnehmerin die Anmeldung vor Arbeitsantritt nicht erstatten worden sei. Der vorgeschriebene Beitragszuschlag setze sich aus dem Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung in Höhe von € 500,00 und dem Teilbetrag für den Prüfeinsatz in Höhe von € 800,00 zusammen.
2. Mit Schreiben vom 08.09.2016 erhob der Steuerberater des Beschwerdeführers binnen offener Rechtsmittelfrist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, die er damit begründete, dass die Betretene nicht im Unternehmen beschäftigt sei, sondern in einem familiären Naheverhältnis zum Eigentümer stehe. Sie sei nicht an fixe Dienstzeiten gebunden, nicht weisungsgebunden, erhalte keine Entlohnung und sei in keiner Weise in den Geschäftsbetrieb des Unternehmens eingebunden. Wie jedes andere Familienmitglied komme sie auf Besuch, spreche als Alt-Chefin mit den Gästen und gehe nach Belieben. Da kein Dienstverhältnis vorliege, könne auch kein Meldeverstoß vorliegen.
3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 23.09.2016, GZ: VA/ED-FP-0210/2016, wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass die Betretene bei der Kontrolle als Küchenhilfskraft arbeitend angetroffen worden sei. Bei der in Rede stehenden Tätigkeit handle es sich um eine einfache manuelle Tätigkeit, die üblicherweise in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlaube. Bei einfachen manuellen Tätigkeiten könne bei einer Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden. Das Beschwerdevorbringen, dass die Tätigkeit im Rahmen familienhafter Mitarbeit ausgeübt worden sei und somit keine Meldepflicht nach sich ziehe, sei nicht nachvollziehbar und als Schutzbehauptung zu werten.
4. Auf Grund des rechtzeitigen Vorlageantrages des Beschwerdeführers legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsakten am 27.10.2016 einlangend dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt:
Im Zuge einer aufgrund einer anonymen Anzeige durchgeführten Kontrolle am 20.06.2016 durch Organe der Finanzpolizei Team 01 im Betrieb des Beschwerdeführers wurde XXXX, VSNR XXXX, mit einer Schürze bekleidet in der Küche beim Anrichten von Speisen arbeitend angetroffen, ohne vorher zur Sozialversicherung gemeldet worden zu sein.
Die Betretene war in der Zeit vom 01.04.2013 bis 31.10.2013 beim Beschwerdeführer als Dienstnehmerin zur Pflichtversicherung gemeldet und bezieht seit 01.10.2014 eine Berufsunfähigkeitspension.
Bei der Betretenen handelt es sich um die Lebensgefährtin des verstorbenen Vaters des Beschwerdeführers, von dem der Beschwerdeführer den Betrieb übernommen hat.
Sie hat fallweise beim Beschwerdeführer ausgeholfen und dafür - neben freien Mahlzeiten sowie unentgeltlichen Getränken - Trinkgelder erhalten.
Zuletzt ist sie ca. einmal pro Woche von ca. 14.30 Uhr bis 21.30 Uhr aushilfsweise im Betrieb des Beschwerdeführers tätig geworden.
Es handelt sich um den ersten gleichartigen Meldeverstoß des Beschwerdeführers.
2. Beweiswürdigung:
Die Betretung, die (erstmalige) Nichtmeldung zur Sozialversicherung sowie die frühere Beschäftigung stehen auf Grund der Aktenlage als unstrittig fest.
Der Bezug einer Berufsunfähigkeitspension ist in dem seitens der belangten Behörde von Amts wegen eingeholten Versicherungsdatenauszug der Betretenen dokumentiert.
Das Beschwerdevorbringen, dass es sich bei der Betretenen um die Lebensgefährtin des verstorbenen Vaters des Beschwerdeführers handelt, wird den Feststellungen zugrunde gelegt, ohne dessen Richtigkeit überprüft zu haben.
Die Zurverfügungstellung freier Mahlzeiten sowie unentgeltlicher Getränke wurde nicht bestritten. Der Erhalt von Trinkgeldern wurde von der Betretenen gegenüber den Kontrollorganen der Finanzpolizei im "Personalblatt" eingeräumt. Die niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers, dass dies unrichtig sei, sind nicht glaubwürdig und als Schutzbehauptung zu werten, weil nicht nachvollziehbar erscheint, wieso die Betretene gegenüber den Kontrollorganen der Finanzpolizei den Erhalt von Trinkgeldern einräumen sollte, wenn dies nicht der Fall gewesen ist.
Das festgestellte Beschäftigungsausmaß entspricht ebenfalls den Angaben der Betretenen im Personalblatt, die so weit vom Beschwerdeführer unbestritten blieben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch einen Senat vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind.
Im vorliegenden Fall stellt die Frage der Versicherungspflicht eine Vorfrage dar und liegt somit eine Angelegenheit vor, die auf Antrag eine Senatszuständigkeit unter Beteiligung fachkundiger Laienrichter begründet. Mangels Stellung eines entsprechenden Antrages hat die Entscheidung jedoch mittels Einzelrichter zu erfolgen.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 ASVG von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 ASVG nur eine Teilversicherung begründet.
Gemäß § 4 Abs. 2 1. Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.
Unter Entgelt sind die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält (§ 49 ASVG).
Für die Beurteilung von Sachverhalten nach dem ASVG ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a ASVG).
Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.
Gemäß § 35 Abs. 1 1. Satz ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne des ASVG unter anderem derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 ASVG pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.
Gemäß § 113 Abs. 1 ASVG können unter anderem Dienstgebern Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn
1. die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde oder
2. die vollständige Anmeldung zur Pflichtversicherung nach § 33 Abs. 1a Z 2 nicht oder verspätet erstattet wurde oder
3. das Entgelt nicht oder verspätet gemeldet wurde oder
4. ein zu niedriges Entgelt gemeldet wurde.
Der Beitragszuschlag setzt sich gemäß § 113 Abs. 2 ASVG im Fall des Abs. 1 Z 1 nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a [Abgabenbehörden des Bundes, deren Prüforgane Personen betreten haben] aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf € 500,00 je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf € 800,00. Bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen kann der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf € 400,00 herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.
Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
a) Zum Vorliegen eines Dienstverhältnisses
Im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist als Vorfrage zu klären, ob eine gemäß § 33 ASVG meldepflichtige Beschäftigung der Betretenen vorlag und der Beschwerdeführer als Dienstgeber verpflichtet gewesen wäre, diese vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.
Wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, dann ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinne auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen. Durfte die Behörde daher von einem solchen Dienstverhältnis ausgehen, dann ergibt sich der Entgeltanspruch - sofern dieser nicht ohnehin in Kollektivverträgen oder Mindestlohntarifen geregelt ist - im Zweifel aus § 1152 ABGB. (vgl. VwGH 27.04.2011, 2010/08/0091, hinsichtlich der Tätigkeit einer Kellnerin in einem Gastwirtschaftsbetrieb).
Die betretene Dienstnehmerin wurde im Zuge einer Kontrolle durch die Finanzpolizei in der Küche der Kellerschenke des Beschwerdeführers mit einer Schürze bekleidet beim Anrichten von Speisen angetroffen. Dabei handelt es sich zweifellos um eine Tätigkeit unter solchen Umständen, die im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung die Annahme eines entgeltlichen Dienstverhältnisses rechtfertigen, sofern nicht atypische Umstände gegen eine solche Deutung sprechen.
Die Beschwerde macht das Vorliegen einer unentgeltlichen familienhaften Mitarbeit im Betrieb geltend. Darunter sind kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Gefälligkeitsdienste naher Angehöriger zu verstehen, die vom Leistenden auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsempfänger erbracht werden und die einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung stand halten (vgl. VwGH 19.12.2012, 2012/08/0165, mwN).
Im vorliegenden Fall kann der Behörde jedoch nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie allein auf Grund der Behauptung, dass es sich bei der Beschäftigten um die ehemalige Lebensgefährtin des Vaters des Beschwerdeführers handelt, keine spezifische Bindung oder Nahebeziehung abgeleitet hat, die ein für die Erbringung von Freundschafts- oder Gefälligkeitsdiensten nachvollziehbares Motiv bilden könnte. Auch von der Lebensgefährtin des ehemaligen Betriebsinhabers ist im Regelfall - ohne das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände - nicht zu erwarten, dass sie im Rahmen eines Gewerbebetriebes Gefälligkeitsdienste für den daraus Gewinn ziehenden Unternehmer leistet (vgl. VwGH 19.12.2012, 2012/08/0165).
Andere Motive, die die Erbringung von Freundschafts- oder Gefälligkeitsdiensten in wirtschaftlicher, sozialer und emotionaler Sicht nachvollziehbar erscheinen lassen, hat der Beschwerdeführer nicht genannt und sind im gegenständlichen Fall auch nicht ersichtlich, zumal die Betretene in der Zeit vom 01.04.2013 bis 31.10.2013 beim Beschwerdeführer als Dienstnehmerin zur Pflichtversicherung gemeldet war und somit nicht nachvollziehbar erscheint, wieso sie nunmehr unentgeltlich tätig geworden sein soll.
Darüber hinaus ist die Betretene den Feststellungen zufolge nicht nur kurzfristig, sondern regelmäßig im Ausmaß von mehreren Stunden für den Beschwerdeführer tätig geworden, was der Annahme von Freundschafts- oder Gefälligkeitsdiensten entgegensteht.
Auch die geforderte Entgeltlichkeit der Dienste ist gegeben. Für das Vorliegen der Entgeltlichkeit kommt es nicht darauf an, ob ausdrücklich ein Entgelt (allenfalls in einer bestimmten Höhe) vereinbart wurde oder eine solche Vereinbarung unterblieb. Im Zweifel gilt für die Erbringung von Dienstleistungen ein angemessenes Entgelt als bedungen (vgl. § 1152 ABGB). Wurde die Höhe des Entgelts nicht festgelegt, so ist ein angemessener Lohn zu zahlen. Demnach ist Unentgeltlichkeit der Verwendung nicht schon bei Fehlen einer Entgeltvereinbarung zu vermuten, sondern diese muss ausdrücklich und erwiesenermaßen - wenigstens nach den Umständen konkludent - vereinbart worden sein und einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhalten. Dies ist gegenständlich jedoch auszuschließen, weil die Betretene den Feststellungen zufolge Trinkgelder bezogen hat, die als beitragspflichtiges Entgelt gelten und daher der (schlüssigen) Vereinbarung einer unentgeltlichen Tätigkeit entgegenstehen.
Demensprechend ist die belangte Behörde zu Recht vom Bestehen eines meldepflichtigen Dienstverhältnisses zum Beschwerdeführer als Dienstgeber ausgegangen.
Das Beschwerdevorbringen, dass die betretene Dienstnehmerin weder an fixe Dienstzeiten gebunden noch weisungsgebunden und in keiner Weise in den Geschäftsbetrieb des Unternehmens eingebunden gewesen sei, geht ins Leere, weil auch die Vereinbarung von Dienstleistungen in persönlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit (§ 4 Abs. 4 ASVG) der Meldepflicht gemäß § 33 ASVG unterliegt.
b) Zur Höhe des Beitragszuschlages
Nach der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 10.07.2013, Zl. 2013/08/0117) sowie des Verfassungsgerichtshofes (VfGH 07.03.2017, G407/2016 u.a.) ist die Vorschreibung eines Beitragszuschlages nicht als Verwaltungsstrafe zu werten, sondern als eine wegen des durch die Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwandes sachlich gerechtfertigte weitere Sanktion für die Nichteinhaltung der Meldepflicht und damit als ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung. Somit ist die Frage des subjektiven Verschuldens am Meldeverstoß unmaßgeblich. Entscheidend ist, dass objektiv ein Meldeverstoß verwirklich wurde, gleichgültig aus welchen Gründen. Die Frage des subjektiven Verschuldens ist aus diesem Grunde auch nicht näher zu untersuchen.
Der Beschwerdeführer hat es als Dienstgeber unterlassen, die betretene Dienstnehmerin vor Arbeitsantritt zur Sozialversicherung anzumelden, und wurde dabei von Prüforganen der Abgabenbehörde des Bundes betreten. Es wurde daher der Tatbestand des § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG verwirklicht, weswegen die Vorschreibung eines Beitragszuschlages dem Grunde nach zu Recht erfolgte.
Gemäß § 113 Abs. 2 ASVG kann bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf € 400 herabgesetzt werden. Unbedeutende Folgen liegen nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann nicht vor, wenn die Anmeldung des Dienstnehmers zum Zeitpunkt der Kontrolle noch nicht nachgeholt worden ist, sodass das typische Bild eines Meldeverstoßes vorliegt (VwGH 11.07.2012, 2010/08/0137). Es kann daher der Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Folgen des Meldeverstoßes - trotz Erstmaligkeit - nicht als unbedeutend erkannt hat, da im gegenständlichen Fall (bis dato) unstrittig keine Meldung zur Sozialversicherung erstattet wurde.
Die Beschwerde hat auch keine die rechtzeitige Meldung hindernden Umstände aufgezeigt, die den Fall als besonders berücksichtigungswürdig iSd § 113 Abs. 2 vierter Satz ASVG erscheinen lassen könnten.
Dementsprechend erfolgte die Vorschreibung des Beitragszuschlages auch der Höhe nach zu Recht, weswegen die Beschwerde dagegen als unbegründet abzuweisen ist.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Der Beschwerdeführer hat einen solchen Antrag auf mündliche Verhandlung nicht gestellt. Der erkennende Senat erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich, weil der festgestellte Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt erschien und durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war. Da somit auch keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten konnten, stehen dem Entfall der Verhandlung auch weder Artikel 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (vgl. Beschluss des VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0140).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Beitragszuschlag, Dienstverhältnis, MeldeverstoßEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:W209.2138123.1.00Zuletzt aktualisiert am
31.10.2017