Entscheidungsdatum
18.10.2017Norm
BBG §42Spruch
W266 2163477-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stephan WAGNER über den Antrag des XXXX , geb. am XXXX , auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien vom 19.5.2017, OB XXXX , beschlossen:
A) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG abgewiesen und die Verfahrenshilfe nicht bewilligt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid vom 19.5.2017 hat das Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, den Antrag des Verfahrenshilfewerbers vom 17.03.2017 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid möchte der Verfahrenshilfewerber Beschwerde erheben und hat hiezu den gegenständlichen Antrag auf Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer Beschwerde im erforderlichen Umfang, jedenfalls aber durch Beigabe eines Rechtsanwaltes gestellt. Weiters beantragt er die einstweilige Befreiung von
* den Gerichtsgebühren und anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen
Gebühren
* den Kosten von Amtshandlungen außerhalb des Gerichts
* den Gebühren der Zeugen, Sachverständigen, Dolmetscher, Übersetzer und Beisitzer
* den notwendigen Barauslagen, die von dem vom Gericht bestellten gesetzlichen
Vertreter oder von dem der Partei beigegebenen Rechtsanwalt oder Vertreter
gemacht worden sind
* den Reisekosten (Anreise zur mündlichen Verhandlung)
* den Kosten für die Vertretung durch einen Rechtsanwalt
und legte ein ausgefülltes und unterschriebenes Vermögensbekenntnis vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Feststellungen:
Der Verfahrenshilfewerber ist am XXXX geboren, an der Adresse XXXX Wien, XXXX , XXXX ,- obdachlos gemeldet und bezieht von der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) eine monatliche Berufsunfähigkeitspension in Höhe von € 1.055,64.
Er verfügt über kein Vermögen und hat keine Unterhaltsansprüche oder –pflichten.
Beweiswürdigung:
Die Feststellungen beruhen auf den im Verwaltungsakt befindlichen Unterlagen insbesondere auf den glaubhaften Angaben des Verfahrenshilfewerbers auf dem Antragsformular und dem Vermögensverzeichnis sowie auf einem amtswegig eingeholten aktuellen Auszug aus dem zentralen Melderegister.
Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Gewährung der Verfahrenshilfe
§ 8a Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) lautet:
"(1) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ist einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Juristischen Personen ist Verfahrenshilfe sinngemäß mit der Maßgabe zu bewilligen, dass an die Stelle des Bestreitens der Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts das Aufbringen der zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel durch die Partei oder die an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten tritt.
(2) Soweit in diesem Paragraphen nicht anderes bestimmt ist, sind die Voraussetzungen und die Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung – ZPO, RGBl. Nr. 113/1895, zu beurteilen. Die Bewilligung der Verfahrenshilfe schließt das Recht ein, dass der Partei ohne weiteres Begehren zur Abfassung und Einbringung der Beschwerde, des Vorlageantrags, des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder zur Vertretung bei der Verhandlung ein Rechtsanwalt beigegeben wird.
(3) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist schriftlich zu stellen. Er ist bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. Für Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG ist der Antrag unmittelbar beim Verwaltungsgericht einzubringen.
(4) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe kann ab Erlassung des Bescheides bzw. ab dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, gestellt werden. Wird die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer Säumnisbeschwerde beantragt, kann dieser Antrag erst nach Ablauf der Entscheidungsfrist gestellt werden. Sobald eine Partei Säumnisbeschwerde erhoben hat, kann der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe auch von den anderen Parteien gestellt werden.
(5) In dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist die Rechtssache bestimmt zu bezeichnen, für die die Bewilligung der Verfahrenshilfe begehrt wird.
(6) Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und die Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Hat das Verwaltungsgericht die Bewilligung der Verfahrenshilfe beschlossen, so hat es den Ausschuss der zuständigen Rechtsanwaltskammer zu benachrichtigen, damit der Ausschuss einen Rechtsanwalt zum Vertreter bestelle. Dabei hat der Ausschuss Wünschen der Partei zur Auswahl der Person des Vertreters im Einvernehmen mit dem namhaft gemachten Rechtsanwalt nach Möglichkeit zu entsprechen.
(7) Hat die Partei innerhalb der Beschwerdefrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt, so beginnt für sie die Beschwerdefrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Beschluss über die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter und der anzufechtende Bescheid diesem zugestellt sind. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag abgewiesen, so beginnt die Beschwerdefrist mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an die Partei zu laufen. Entsprechendes gilt für die Fristen, die sich auf die sonstigen in Abs. 2 genannten Anträge beziehen.
(8) Die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter erlischt mit dem Einschreiten eines Bevollmächtigten.
(9) In Verfahrenshilfesachen ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zulässig.
(10) Der Aufwand ist von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen das Verwaltungsgericht in der Angelegenheit handelt."
Gemäß § 14 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) stehen dem Bundesverwaltungsgericht in den Fällen des Art. 131 Abs. 2 erster Satz und Abs. 4 Z 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, die im Bereich der Vollziehung des Bundes tätigen Amtssachverständigen zur Verfügung.
Gemäß § 51 (Bundesbehindertengesetz) BBG sind alle zur Durchführung dieses Bundesgesetzes erforderlichen Amtshandlungen, Eingaben, Vollmachten, Zeugnisse, Urkunden über Rechtsgeschäfte sowie Vermögensübertragungen von bundesgesetzlich geregelten Gebühren, Verkehrssteuern und Verwaltungsabgaben befreit. Die Befreiung gilt auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, dem Verwaltungsgerichtshof und dem Verfassungsgerichtshof.
Daraus folgt:
Gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG ist Verfahrenshilfe einer Partei zu gewähren, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 EMRK oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist. Durch den Verweis auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC ist sichergestellt, dass die Verfahrenshilfe im verwaltungsgerichtlichen Verfahren den Anforderungen des Europäischen Menschenrechtsschutzes entspricht (vgl. VwGH vom 31.08.2017 Ro 2017/21/0013 und in Bezug auf Schubhaft im Sinne der Rückführungs-RL VwGH vom 03.09.2015, Zl. Ro 2015/21/0032).
Art. 6 EMRK garantiert die Verfahrensgrundrechte für alle Verfahren, in denen entweder über zivilrechtliche Streitigkeiten ("civil rights") oder über die Stichhaltigkeit einer strafrechtlichen Anklage ("criminal charge") entschieden wird.
Der Begriff umfasst nicht nur zivilrechtliche Streitigkeiten zwischen Parteien im engeren Sinn, sondern bestimmte öffentlich rechtliche Verfahren, welche Auswirkungen auf Vertragsbeziehungen oder vermögensbezogene Positionen haben. (Ehlers, EuGR, 3. Aufl., 2009, § 6 Rz 36 und Rz 37)
Nicht in den Schutzbereich fallen von vornherein Streitigkeiten aus dem Kernbereich des öffentlichen Rechts. (Ehlers, EuGR, 3. Aufl., 2009, § 6 Rz 39)
Im Anwendungsbereich von Art. 6 EMRK hat Art. 47 Abs. 2 GRC die gleiche Tragweite und Bedeutung wie jener. Jenseits dessen gelten die Garantien des Art. 6 EMRK für den Anwendungsbereich des Art. 47 Abs. 2 GRC entsprechend. (VfGH vom 14.03.2012, U466/11)
Inhalte von Verfahren nach dem Bundesbehindertengesetzes fallen in den Kernbereich des öffentlichen Rechts. Auswirkungen auf vermögensbezogene Positionen entstehen durch getroffene Entscheidungen keine - insbesondere nicht durch Entscheidungen über Anträge auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung".
Mit der Zusatzeintragung sind zwar diverse Vorteile finanzieller Art verbunden (wie zB. die Gratis Autobahnvignette, der Parkausweis gem. §29b StVO, Mitgliedsbeitragsermäßigungen bei ARBÖ und ÖAMTC, Euro-Key für Behinderten-WC-Anlagen ua.) jedoch werden keine wirtschaftlich signifikanten Rechte im Sinne eines "civil rights" berührt, welche in die Existenzgrundlage der Partei eingreifen würden.
Zu prüfen ist die Gewährung der Verfahrenshilfe weiters unter dem Blickwinkel des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, gemäß dessen Abs. 3 Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, Prozesskostenhilfe bewilligt wird, soweit diese Hilfe erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten ist. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Gewährung von Verfahrenshilfe auf Grundlage der Charta der Europäischen Union (Art. 47) in jenen Fällen geboten, in denen ein Bezug zum Unionsrecht besteht (vgl. VwGH vom 03.09.2015, Ro 2015/21/0032).
Der im gegenständlichen Fall erlassene Bescheid der belangten Behörde erging auf Basis von §§ 42 und 45 BBG. Dabei handelt es sich um innerstaatliche Normen, die nicht auf eine unionsrechtliche Richtlinie oder Verordnung gestützt sind. Damit ist der zu prüfende Bescheid nicht "in Durchführung des Rechts der Union" im Sinn des Art. 51 Abs. 1 GRC ergangen, weshalb der Anwendungsbereich der GRC - und damit insbesondere der hier in Frage stehende Art. 47 Abs. 3 GRC - nicht eröffnet ist. Die Verfahrenshilfe kann daher auch nicht auf Basis von Art. 47 Abs. 3 GRC gewährt werden. Schon alleine aus diesen Gründen ist daher der Antrag auf Verfahrenshilfe abzuweisen.
Darüber hinaus wäre er jedoch auch aufgrund der folgenden Überlegungen abzuweisen: Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ist es nicht erforderlich, Verfahrenshilfe in allen erdenklichen Verfahren zu gewähren. Vielmehr bedarf es einer Prüfung im Einzelfall. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Prüfungsbeschluss, der zur Aufhebung des § 40 VwGVG führte, die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte dahingehend zusammengefasst, dass der "Zugang zu einem Gericht nicht bloß theoretisch und illusorisch, sondern effektiv gewährleistet sein müsse"; in jenen Fällen, in denen es "unentbehrlich sei, dass der Partei eines Verfahrens ein unentgeltlicher Verfahrenshelfer beigestellt werde," müsse ein solcher beigestellt werden.
Für diese Beurteilung sind verschiedene Kriterien maßgeblich. Das sind zum einen Kriterien, die sich auf die Person der Parteien beziehen, nämlich ihre Vermögensverhältnisse oder ihre Fähigkeiten im Verkehr mit Behörden; zum anderen auch Kriterien, die in Zusammenhang mit der Rechtssache stehen, nämlich die Erfolgsaussichten, die Komplexität des Falles oder die Bedeutung der Angelegenheit für die Parteien (siehe 1255 der Beilagen XXV. GP – Regierungsvorlage – Erläuterungen zu § 8a VwGVG).
Im konkreten Fall erfüllt der Antragsteller unstrittig das in § 8a Abs. 1 VwGVG als Voraussetzung festgehaltene persönliche Kriterium der geringen Einkommens- und Vermögensverhältnisse, da er, wie festgestellt, nur über ein Einkommen in Höhe von € 1.055,64 verfügt und das Existenzminimum im Jahr 2017 bei einem Nettoeinkommen zwischen € 1.040,00 und € 1.059,99, € 934,30 beträgt.
Hinweise, auf eine mangelnde Fähigkeit des Antragstellers im Verkehr mit Behörden gibt es jedoch keine. Der Verfahrenshilfewerber hat eigenständig einen vollständig ausgefüllten Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gestellt. Auch der vollständige Verfahrenshilfeantrag lässt nicht den Schluss zu, dass der Antragssteller im weiteren Verfahren nicht in der Lage ist eine Beschwerde zu erheben, eine etwaige mündliche Verhandlung zu folgen oder allfällige Einwendungen im Rahmen eines gewährten Parteiengehörs zu erheben.
Ob die vom Verfahrenshilfewerber angestrebte Rechtsverfolgung mutwillig bzw. aussichtslos ist, kann mangels einer eingebrachten Beschwerde nur anhand des vorgelegten Verwaltungsaktes beurteilt werden. Angesichts des medizinischen Charakters von Verfahren betreffend die Vornahme der Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass kann im Gegenstand – soweit derzeit beurteilbar – nicht von Mutwilligkeit oder Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung ausgegangen werden, wiewohl zu betonen ist, dass über die Erfolgsaussichten keine Aussagen getätigt werden (können).
Das gegenständliche Verfahren hat für den Verfahrenshilfewerber zweifellos eine maßgebliche Bedeutung, wobei jedoch auszuführen ist, dass im konkreten Fall die Bedeutung des Verfahrens für sich alleine genommen, mangels gravierender Eingriffe in Grundrechte (wie z.B. Haft oder Enteignung), objektiv betrachtet nicht für die Gewährung der Verfahrenshilfe ausreicht. Die bereits oben genannten mit der Zusatzeintragung einhergehenden finanziellen Vorteile sind des Weiteren nicht von erheblicher Bedeutung für die Lebensführung des Antragsstellers.
Weiters ist Verfahrenshilfe gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG nur dann vorgesehen, wenn beide Voraussetzungen, nämlich dass
1. die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten und
2. die Verfahrenshilfe – im konkreten Verfahren – geboten ist,
kumulativ vorliegen.
Bei Verfahren nach dem Bundesbehindertengesetz handelt es sich grundsätzlich nicht um Verfahren besonders komplexer Natur und sind auch die Anforderungen an die Beschwerde – vor allem im Bereich des Sozialrechtes – nicht dergestalt, dass es hierfür der Beigabe eines Rechtsanwaltes bedarf. Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung sind die Art, das Ausmaß und die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher von der belangten Behörde ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Es sind sohin einerseits Tatsachenfragen zu klären. Andererseits ist die Rechtsfrage zu beurteilen, ob dem Antragsteller die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist. Besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten, die eine Beigebung eines Rechtsanwaltes erforderlich machen, sind nicht zu erkennen.
In einer allfälligen Beschwerde sollte, neben den formalen Punkten, die der Rechtsmittelbelehrung des verfahrensgegenständlichen Bescheides zu entnehmen sind, ausgeführt werden, warum (aus Sicht des Verfahrenshilfewerbers) der angefochtene Bescheid nicht korrekt ist. Für den konkreten Fall müsste daher der Verfahrenshilfewerber angeben, warum (aufgrund welcher Krankheitsbilder bzw. welcher Einschränkungen) aus seiner Sicht die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel für ihn – entgegen der Ansicht der belangten Behörde – nicht zumutbar ist und dies auch mit entsprechenden Beweismitteln (Befunden) belegen.
HINWEIS:
Die Beschwerde gegen den Bescheid des SMS ist bei diesem einzubringen und allfällige Beweismittel (z.B. Befunde) sollten gemeinsam mit der Beschwerde eingebracht werden, da nach dem Einlangen der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht gemäß § 46 BBG keine neue Tatsachen und Beweismittel mehr vorgebracht werden dürfen.
Im konkreten Fall sind, aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes für die Einbringung der Beschwerde keine rechtlichen Kenntnisse – weder des Verfahrensrechts noch des Materiegesetzes – notwendig und beruht das gegenständliche Verfahren maßgeblich auf medizinischen Beweismitteln. Da seitens des Bundesverwaltungsgerichtes auch an der Fähigkeit des Verfahrenshilfewerbers, mit Behörden bzw. Gerichten zu kommunizieren, nicht gezweifelt wird, bedarf es nach Abwägung aller Kriterien, wie oben bereits dargetan, keiner Beigabe eines Rechtsanwaltes zur Verfassung und Einbringung einer Beschwerde. Daher ist Verfahrenshilfe auch aus diesem Grund nicht geboten und sind sohin nicht alle Voraussetzungen für die Verfahrenshilfe erfüllt.
Die weiteren vom Verfahrenshilfewerber gestellten Anträge auf einstweilige Befreiung von diversen Gebühren bzw. Kosten werden aus folgenden Gründen abgewiesen:
Gemäß § 51 BBG sind alle zur Durchführung dieses Bundesgesetzes erforderlichen Amtshandlungen, Eingaben, Vollmachten, Zeugnisse, Urkunden über Rechtsgeschäfte sowie Vermögensübertragungen von bundesgesetzlich geregelten Gebühren, Verkehrssteuern und Verwaltungsabgaben befreit. Dem Bundesverwaltungsgericht stehen gemäß § 14 BVwGG im Gegenstand, die im Bereich der Vollziehung des Bundes – konkret die für das SMS – tätigen Amtssachverständigen zur Verfügung; daher entstehen grundsätzlich für den Verfahrenshilfewerber keine Kosten. und sind auch Amtshandlungen außerhalb des Gerichtes nicht zu erwarten. Im Hinblick auf eine allfällige mündliche Verhandlung ist auszuführen, dass der Verfahrenshilfewerber im Falle der Durchführung einer Verhandlung, bei der er einvernommen wird, Anspruch auf Gebühren für die Anreise hätte. Die entsprechenden Anträge sind daher abzuweisen.
Da der Antrag auf Beigabe eines solchen abgewiesen wird, ist auch der Antrag auf einstweilige Befreiung von Barauslagen eines Vertreters bzw. den Kosten eines beigegebenen Rechtsanwaltes abzuweisen.
Insgesamt war daher der gegenständliche Antrag auf Verfahrenshilfe im vollen Umfang abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Zulässigkeit der Revision
Gem. Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 8a VwGVG insbesondere in Hinblick auf Art 6 EMRK und Art. 47 GRC iVm dem Bundesbehindertengesetz fehlt.
WICHTIG:
Gemäß § 8a Abs. 7 VwGVG beginnt die Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid des SMS vom 19.5.2017 mit der Zustellung dieses Beschlusses an den Verfahrenshilfewerber zu laufen.
Schlagworte
Revision zulässig, VerfahrenshilfeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:W266.2163477.1.00Zuletzt aktualisiert am
31.10.2017