Entscheidungsdatum
19.10.2017Norm
AsylG 2005 §24 Abs2aSpruch
W165 2148549-1/14E
W165 2148549-2/2E
W165 2148606-1/12E
W165 2148606-2/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1. XXXX, geb. XXXX und 2. Umar XXXX, geb. XXXX, beide StA. Russische Föderation, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.01.2017, Zl. 1126445502-161128757/EASt-Ost (1.) und Zl. 1126446303-161128790/BMI-EASt-Ost (2), beschlossen:
A)
I. Die Asylverfahren werden gemäß § 24 Abs. 2a erster Satz AsylG 2005 idgF eingestellt.
II. Die Verfahren betreffend die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 33 VwGVG werden gemäß den §§ 28 Abs. 1 und 31 Abs. 1 VwGVG als gegenstandslos eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Die Erstbeschwerdeführerin und der im Zeitpunkt der Asylantragstellung in Österreich minderjährige, mittlerweile volljährige Sohn der Erstbeschwerdeführerin (Zweitbeschwerdeführer), reisten in das Bundesgebiet ein und stellten am 15.08.2016 Anträge auf internationalen Schutz in Österreich.
Den Beschwerdeführern waren von der italienischen Vertretungsbehörde in Moskau Schengenvisa mit dem Gültigkeitszeitraum 06.08.2016 bis 13.08.2016 ausgestellt worden.
Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien für die Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz gemäß Art. 12 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Die Bescheide wurden den Beschwerdeführern (dem zum damaligen Zeitpunkt noch minderjährigen Zweitbeschwerdeführer durch Zustellung an die Erstbeschwerdeführerin als dessen gesetzliche Vertreterin) nachweislich und rechtswirksam am 01.02.2017 zugestellt.
Gegen die Bescheide brachten die Beschwerdeführer am 16.02.2017 mittels E-Mails Beschwerden ein.
Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.03.2017 wurde den Beschwerdeführern durch Zustellung an den im Beschwerdeverfahren mit der Vertretung bevollmächtigten Rechtsberater ein Verspätungsvorhalt zugestellt. Hierzu wurde eine Stellungnahmefrist von einer Woche ab Zustellung eingeräumt.
Mit Schriftsatz vom 30.03.2017 brachten die Beschwerdeführer durch ihren vertretungsbefugten Rechtsberater Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Sinne des § 33 VwGVG ein.
Laut den dem Bundesverwaltungsgericht mit E-Mail des BFA vom 09.10.2017 übermittelten Ausreisebestätigungen der International Organization for Migration (IOM) vom 03.10.2017 sind die Beschwerdeführer am 02.10.2017 unter Gewährung von Rückkehrhilfe aus dem Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgereist.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.
Nach § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A) :
a) Einstellung der Asylverfahren:
Gemäß § 24 Abs. 2a erster Satz AsylG 2005 ist bei freiwilliger Abreise des Fremden in den Herkunftsstaat das Asylverfahren mit seiner Ausreise einzustellen, es sei denn, der Sachverhalt ist entscheidungsreif.
Die Beschwerdeführer sind am 02.10.2017 unter Gewährung von Rückkehrhilfe freiwillig aus dem Bundesgebiet in den Herkunftsstaat ausgereist. Der Sachverhalt ist noch nicht entscheidungsreif, da noch Ermittlungen zur privaten und persönlichen Situation der Beschwerdeführer in Österreich erforderlich wären. Die gegenständlichen Asylverfahren waren somit einzustellen.
b) Einstellung der Verfahren auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde kann analog zu § 33 VwGG eine Einstellung auch bei Klaglosstellung des Beschwerdeführers (Wegfall der Beschwer) in Betracht kommen. Dies grundsätzlich sowohl bei formeller Klaglosstellung wegen Beseitigung des für den Beschwerdeführer belastenden Abspruchs als auch bei materieller Klaglosstellung wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses (Art. 132 B-VG) (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5 und vgl. mutatis mutandis VwGH, 20.09.2012, 2011/06/0132).
Mit der freiwilligen Ausreise in den Herkunftsstaat haben die Beschwerdeführer ein geschwundenes rechtliches Interesse an einer Sachentscheidung kundgetan. Gemäß § 24 Abs. 2a erster Satz AsylG 2005 waren die Asylverfahren einzustellen. Damit ist auch kein rechtliches Interesse an einer Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist mehr erkennbar. Die Verfahren zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand waren demnach ebenfalls einzustellen.
Zu B):
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt.
Die gegenständliche Entscheidung weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer solchen. Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen und es liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Einstellung, freiwillige Ausreise, RückkehrhilfeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:W165.2148606.1.01Zuletzt aktualisiert am
31.10.2017