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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art7 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde des 1980 geborenen SA in Türkei, vertreten durch Dr. S, Dr. D und Dr. K, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 26. Mai 1999, Zl. III 69-8/99, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Über den Beschwerdeführer wurde mit einem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 5. Februar 1997 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Mit einem im Instanzenzug ergangenen Bescheid derselben Behörde vom 9. Juni 1998 wurde dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 114 Abs. 3 in Verbindung mit § 38 Abs. 1 Z. 3 und 4 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) aufgehoben.
Mit einer am 13. August 1998 bei der österreichischen Botschaft in Ankara überreichten Eingabe beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung. Als derzeitigen Wohnsitz gab er eine Adresse in der Türkei an. Als Aufenthaltszwecke gab er den der beabsichtigten Aufnahme einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit und den der Familiengemeinschaft mit seinen in Österreich lebenden Eltern an. Den Verwaltungsakten ist die Kopie eines Bescheides der Tiroler Landesregierung vom 11. Jänner 1999 beigeschlossen, mit welchem der Mutter des Beschwerdeführers die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen wurde.
Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 7. Mai 1999 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 13. August 1998 auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 47 Abs. 2 in Verbindung mit § 49 Abs. 1 FrG 1997 abgewiesen.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 26. Mai 1999 wurde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe zuletzt eine Aufenthaltsbewilligung mit Geltungsdauer bis 31. Oktober 1996 besessen. Am 21. Februar 1997 sei der Beschwerdeführer aus Österreich abgeschoben worden. Sein Antrag sei zu Recht als Erstantrag bezeichnet worden. Die Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung gemäß § 23 Abs. 1 FrG 1997 komme im Falle des Beschwerdeführers nicht in Betracht. Die Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung hätte nämlich vorausgesetzt, dass der Beschwerdeführer nach Ablauf der ihm zuletzt erteilten Aufenthaltsbewilligung auf Dauer im Bundesgebiet niedergelassen geblieben wäre. Hiezu reiche nicht die bloße Absicht, niedergelassen zu bleiben, hin. Voraussetzung sei vielmehr auch die physische Anwesenheit des Fremden im Bundesgebiet. Diese sei jedoch beim Beschwerdeführer nicht gegeben gewesen. Die Aufhebung des über den Beschwerdeführer verhängten Aufenthaltsverbotes gemäß § 114 Abs. 3 FrG 1997 habe nicht im Sinne eines Automatismus zur Folge, dass seinem Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung jedenfalls stattzugeben wäre. Vielmehr setzte die Erteilung der beantragten Niederlassungsbewilligung an den Beschwerdeführer als Angehörigem einer Österreicherin gemäß § 47 Abs. 2 und 3 in Verbindung mit § 49 Abs. 1 FrG 1997 voraus, dass sein Aufenthalt nicht die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet. Eine derartige Gefährdung sei aber im Falle des Beschwerdeführers aus folgenden Erwägungen anzunehmen:
Der Beschwerdeführer sei durch das Landesgericht Innsbruck am 31. Mai 1996 für schuldig erkannt worden, er habe in Innsbruck am 4. Februar 1996 die B mit schwerer, gegen sie gerichteter Gewalt sowie gegen sie gerichtete Drohung mit gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib oder Leben zur Duldung des Beischlafes genötigt, indem er sie in ihrer Wohnung eingesperrt, sie mit dem Umbringen bedroht, ihr ein Küchenmesser am Hals angesetzt, sie mit einem Pullover an den Handgelenken gefesselt und mit ihr den Geschlechtsverkehr gegen ihren Willen durchgeführt habe; er habe der B fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in Höhe von
S 500,-- durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er ihr ein Küchenmesser vorgehalten und ihr gedroht habe "Wenn du mir nicht sofort das Geld gibst, dann passiert noch etwas Schlimmeres!", wobei er den Raub unter Anwendung einer Waffe begangen habe; er habe die B durch die Äußerung "Ich habe Kollegen bei der Mafia und hier in Innsbruck, wenn du irgendwas mit der Polizei machst, dann werde ich dafür sorgen, dass deine Wohnung geplündert und dir ein Ende gesetzt wird", mithin durch gefährliche Drohung mit dem Tode, zur Unterlassung der Anzeige wegen der oben angeführten Taten zu nötigen versucht; er habe anderen fremde bewegliche Sachen in einem
S 25.000,-- nicht übersteigenden Wert mit dem Vorsatz, sich oder andere durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen bzw. wegzunehmen versucht, und zwar
"1. am 25./26.12.1995 einem Verfügungsberechtigten der Z Schützenkompanie
a) zusammen mit den außer Verfolgung gesetzten G und W einige Flaschen Bier unerhobenen Wertes durch Eindringen in ein Gebäude (Hauptschule des Olympischen Dorfes) mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel,
b) zusammen mit den außer Verfolgung gesetzten G, W und M Lebkuchen und Getränke unerhobenen Wertes durch Eindringen in ein Gebäude (Hauptschule des Olympischen Dorfes) mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel;
2. In der Zeit zwischen 29.12.1995 und 01.01.1996 zusammen mit den außer Verfolgung gesetzten G, W und M Verfügungsberechtigten der Z Schützenkompanie sowie der Stadtmusikkapelle Z cirka 25 Packungen Zigaretten unerhobenen Wertes, 2 Handkassen mit Bargeld in Höhe von cirka S 4.000,--, ein nicht vinkuliertes Sparbuch mit einer Einlage in Höhe von S 3.934,--, 30 Flaschen Bier unerhobenen Wertes sowie diverse Tombolapreise im Gesamtwert von cirka S 8.545,-- durch Eindringen in ein Gebäude (Hauptschule Olympisches Dorf) mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel;
3. in der Zeit zwischen 18.12.1995 und 08.01.1996 zusammen mit dem außer Verfolgung gesetzten G
a) einem Verfügungsberechtigten der Z Schützenkompanie einige Flaschen Bier und eine Flasche Eierlikör,
b) einem Verfügungsberechtigten des Sportvereines Bargeld in Höhe von cirka S 300,-- nach Aufbrechen eines Behältnisses (Handkasse) sowie nach Eindringen in ein Gebäude (Hauptschule Olympisches Dorf) mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel;
4. am 01./02.03.1996 zusammen mit den abgesondert verfolgten W und Z a) drei unbekannten Schrebergarteneigentümern (Schrebergartenmietern) 2 Feuerzeuge und ein Brecheisen unerhobenen Wertes jeweils durch Einbruch in ein Gebäude (Schrebergartenhütten, F.1 in ON 18),
b) zu erbeutende Wertgegenstände unerhobenen Wertes, und zwar
aa) dem RE durch Einbruch in ein Gebäude (Gartenhütte am B - weg),
bb) drei unbekannten Schrebergarteneigentümern (Schrebergartenmietern) durch Einbruch in Gebäude (Schrebergartenhütten in der E-Straße),
cc) dem E durch Einbruch in ein Gebäude (Schrebergartenhütte) (Versuch F.1 in ON 18);
5. in der Zeit von Jänner 1996 bis März 1996 einer unbekannten Frau Bargeld in Höhe von cirka S 300,-- aus dem Gepäckskorb eines Fahrrades (F.2 in ON 18);
6. im Jänner/Feber 1996 einer unbekannten Frau eine Geldtasche mit Bargeld in Höhe von cirka S 200,-- aus einem Kinderwagen im Beselepark (F.3 in ON 18);
7. im Jänner/Feber 1996 einem Unbekannten eine Geldtasche mit Bargeld in Höhe von cirka S 800,--, wobei er die Tat beging unter Ausnützung eines Zustandes des Bestohlenen, der ihn hilflos machte (betrunken und zu Boden gestürzt, F.4 in ON 18);"
Schließlich habe er am 25./26. Dezember 1995 eine fremde Sache beschädigt, indem er eine Turnmatte mit seinen Exkrementen verschmutzt habe.
Der Beschwerdeführer habe hiedurch das Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 1 StGB, das Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 zweiter Fall StGB, das Verbrechen der versuchten schweren Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z. 1 StGB, das Verbrechen des teils versuchten, teils vollendeten schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 1, 129 Z. 1 und 2, 15 StGB und das Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB begangen. Er sei hiefür zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt worden, von der ein Teil von 21 Monaten unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen worden sei. Auf Grund des diesen Verurteilungen zu Grunde liegenden Fehlverhaltens wäre durch die Anwesenheit des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit gefährdet. Angesichts der Vielzahl und der Schwere der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Straftaten sei die Zeit seines Wohlverhaltens seit 1996 zu kurz, um jetzt schon davon sprechen zu können, vom Beschwerdeführer gehe keine Gefahr mehr für die öffentliche Sicherheit aus.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 8 Abs. 1 und 3, § 10 Abs. 2 Z. 3, § 23 Abs. 1, § 38 Abs. 1 Z. 3 und 4, § 47 Abs. 2 und 3, § 49 Abs. 1 und § 114 Abs. 3 FrG 1997 lauten (auszugsweise):
"§ 8. (1) Einreise- und Aufenthaltstitel können Fremden auf Antrag erteilt werden, sofern diese ein gültiges Reisedokument besitzen und kein Versagungsgrund wirksam wird (§§ 10 bis 12). ...
...
(3) Die Behörde hat bei der Ausübung des in Abs. 1 eingeräumten Ermessens jeweils vom Zweck sowie von der Dauer des geplanten Aufenthaltes des Fremden ausgehend
1. auf seine persönlichen Verhältnisse, insbesondere seine familiären Bindungen, seine finanzielle Situation und die Dauer seines bisherigen Aufenthaltes,
2. auf öffentliche Interessen, insbesondere die sicherheitspolizeilichen und wirtschaftlichen Belange, die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes und die Volksgesundheit und
3. auf die besonderen Verhältnisse in dem Land des beabsichtigten Aufenthaltes
Bedacht zu nehmen.
...
§ 10. ...
(2) Die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels kann wegen Gefährdung öffentlicher Interessen (§ 8 Abs. 3 Z 2) insbesondere versagt werden, wenn
...
3. der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;
...
§ 23. (1) Fremden, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ihrer Niederlassungsbewilligung auf Dauer niedergelassen bleiben, ist - sofern die Voraussetzungen des 2. Abschnittes weiterhin gesichert scheinen - auf Antrag eine weitere Niederlassungsbewilligung mit demselben Zweckumfang zu erteilen. ...
...
§ 38. (1) Ein Aufenthaltsverbot darf nicht erlassen werden, wenn
...
3. dem Fremden vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, der Fremde wäre wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung rechtskräftig zu mehr als zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden;
4. der Fremde von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.
...
§ 47. ...
(2) Sofern die EWR-Bürger zur Niederlassung berechtigt sind, genießen begünstigte Drittstaatsangehörige (Abs. 3) Niederlassungsfreiheit; ihnen ist eine Niederlassungsbewilligung auszustellen, wenn ihr Aufenthalt nicht die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet. ...
(3) Begünstigte Drittstaatsangehörige sind folgende Angehörige eines EWR-Bürgers:
...
2. Verwandte in absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus sofern ihnen Unterhalt gewährt wird;
...
§ 49. (1) Angehörige von Österreichern gemäß § 47 Abs. 3, die Staatsangehörige eines Drittstaates sind, genießen Niederlassungsfreiheit; für sie gelten, sofern im Folgenden nicht anderes gesagt wird, die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige nach dem 1. Abschnitt. ...
...
§ 114. ...
...
(3) Aufenthaltsverbote, deren Gültigkeitsdauer bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen sind, gelten als nach diesem Bundesgesetz erlassene Aufenthaltsverbote mit derselben Gültigkeitsdauer. Solche Aufenthaltsverbote sind auf Antrag oder - wenn sich aus anderen Gründen ein Anlass für die Behörde ergibt, sich mit der Angelegenheit zu befassen - von Amts wegen aufzuheben, wenn sie nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht erlassen hätten werden können."
Der Beschwerdeführer vertritt zunächst die Auffassung, sein Antrag wäre richtigerweise als solcher auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung zu werten gewesen. Die belangte Behörde irre, wenn sie die Auffassung vertrete, die physische Anwesenheit des Fremden im Bundesgebiet sei zur Aufrechterhaltung einer dauernden Niederlassung im Sinne des § 23 Abs. 1 FrG 1997 unumgänglich. Der Gesetzgeber habe eben nicht die Worte "niedergelassen bleiben", sondern "auf Dauer niedergelassen bleiben" verwendet. Dies könne nur im Sinne des
"animus domiciliandi" verstanden werden, also als Aufrechterhaltung des Lebensmittelpunktes in Österreich, wobei der Ablauf einer Bewilligung in diesem Zusammenhang nicht schade.
Diesen Ausführungen ist Folgendes entgegenzuhalten:
Die Voraussetzungen für die Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung gemäß § 23 Abs. 1 FrG 1997 liegen nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht schon dann vor, wenn ein Fremder irgendwann über eine Berechtigung zur Niederlassung verfügte. Für die Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung ist vielmehr Voraussetzung, dass der Fremde nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der ihm erteilten Niederlassungsbewilligung weiterhin - wenn auch unter Umständen unrechtmäßig - auf Dauer niedergelassen bleibt. Das Erfordernis der Fortsetzung einer ununterbrochenen Niederlassung im Anschluss an den Ablauf der zuletzt erteilten Berechtigung zur Niederlassung ergibt sich insbesondere deutlich aus den Erläuterungen zu § 23 FrG 1997, wonach es nicht mehr dazu kommen werde, "dass wegen einer Fristversäumung eine Antragstellung aus dem Ausland erforderlich ist, da der Fremde ununterbrochen niedergelassen war". Es mag durchaus zutreffen, dass eine dauernde Niederlassung im Bundesgebiet durch kurzfristige Ausreisen bei zwischenzeitiger Aufrechterhaltung des Lebensmittelpunktes in Österreich nicht verloren geht; jedoch kann ein Fremder nicht durch bloße Aufrechterhaltung seines Niederlassungswillens eine Niederlassung im Bundesgebiet auf Dauer beibehalten. Maßgebend ist vielmehr, dass er seine tatsächliche Niederlassung, sei es auch mit kurzfristigen Unterbrechungen seiner körperlichen Anwesenheit, aufrechterhält (vgl. zu all dem das hg. Erkenntnis vom 5. Mai 2000, Zl. 99/19/0166).
Im Falle des Beschwerdeführers kann aber von einer solchen Aufrechterhaltung der Niederlassung auf Dauer keine Rede sein, wurde er doch - wie er selbst nicht bestreitet - Anfang 1997 abgeschoben und begründete - wie er selbst in seinem Bewilligungsantrag vorbrachte - einen Wohnsitz in der Türkei. Anhaltspunkte dafür, dass er sich zwischen seiner Abschiebung und der Erlassung des angefochtenen Bescheides am 31. Mai 1999 (Datum der Zustellung) in Österreich aufgehalten hätte, bestehen nicht. Der Umstand, dass auch nach dieser Abschiebung familiäre und persönliche Interessen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet weiter bestanden haben, vermag bei einer solchen Fallkonstellation für sich allein genommen nicht die Annahme begründen, der Beschwerdeführer sei auf Dauer niedergelassen geblieben.
Auch das Sachlichkeitsgebot erzwingt keine gegenteilige Interpretation:
Dem Beschwerdeführer ist zwar zuzubilligen, dass die Regelung des § 23 Abs. 1 FrG 1997 zu dem Ergebnis führt, dass Fremde, die trotz eines verhängten Aufenthaltsverbotes im Bundesgebiet auf Dauer niedergelassen bleiben, insofern besser gestellt werden, als sie nach Aufhebung des über sie verhängten Aufenthaltsverbotes eine weitere Niederlassungsbewilligung beantragen können. Bei typisierender Betrachtung kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Durchsetzung rechtskräftiger Aufenthaltsverbote ohne zwingenden Grund unterbleibt. Es ist daher zumindest im Regelfall anzunehmen, dass nur solche Fremde auch nach Verhängung eines Aufenthaltsverbotes in Österreich auf Dauer niedergelassen bleiben konnten, bei denen der Vollstreckung dieser aufenthaltsbeendenden Maßnahme rechtliche Hindernisse entgegenstanden. In Ansehung von Aufenthaltsverboten, die nach dem FrG 1992 erlassen wurden, lag ein solches Hindernis insbesondere vor, wenn die in § 37 FrG 1992 umschriebenen Voraussetzungen gegeben waren. Weil die Integration eines Fremden, der trotz eines Aufenthaltsverbotes, wenn auch rechtswidrig, auf Dauer niedergelassen blieb, typisierend betrachtet, zumindest de facto stärker ist als jene eines Fremden, der - wie der Beschwerdeführer - abgeschoben wurde, liegt es im Gestaltungsspielraum des einfachen Gesetzgebers, die Zulässigkeit der Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung an die, wenn auch rechtswidrige, Aufrechterhaltung der Niederlassung im Inland auf Dauer anzuknüpfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. September 1999, Zl. 98/19/0291, und das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 5. Mai 2000).
Der Beschwerdeführer vertritt weiters die Auffassung, ihm sei die beantragte Niederlassungsbewilligung schon allein deshalb auszustellen, weil das über ihn verhängte Aufenthaltsverbot gemäß § 114 Abs. 3 FrG 1997 aufgehoben wurde. Die zuletzt zitierte Bestimmung bezwecke eine Gleichbehandlung von Fremden, gegen die ein Aufenthaltsverbot auf Grund der Rechtslage nach dem FrG 1992 verhängt worden war, mit jenen Fremden, bei denen sich die Frage der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes erst nach dem 1. Jänner 1998 stelle.
Diese nicht näher begründete Rechtsauffassung des Beschwerdeführers vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen. Wie er bereits in dem zitierten Erkenntnis vom 10. September 1999 ausführte, bezweckt die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 114 Abs. 3 FrG 1997 nämlich - anders als der Beschwerdeführer meint - nicht schlechthin einem Fremden einen neuerlichen Aufenthaltstitel zu verschaffen, sie beseitigt vielmehr lediglich ein Hindernis dafür, nämlich den in § 10 Abs. 1 Z. 1 FrG 1997 umschriebenen Versagungsgrund. Im Übrigen hat der Fremde aber auch alle sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zu erfüllen. Ist der Fremde nach Ablauf der ihm zuletzt erteilten Berechtigung zur dauernden Niederlassung nicht auf Dauer niedergelassen geblieben, so kann ihm eine Niederlassungsbewilligung nur dann erteilt werden, wenn er sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung erbringt. Die von § 114 Abs. 3 FrG 1997 bezweckte "Gleichbehandlung" bezieht sich daher ausschließlich auf die Frage, ob das gegen den Fremden verhängte Aufenthaltsverbot selbst aufrecht zu bleiben hat oder nicht. Demgegenüber kann dem § 114 Abs. 3 FrG 1997 nicht entnommen werden, dass nach Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nach dieser Bestimmung auch sämtliche nachteilige Wirkungen, die aus dem seinerzeitigen Vollzug desselben resultieren, gleichsam rückgängig zu machen sind. Insbesondere fehlt - anders als bei gemäß § 114 Abs. 4 FrG 1997 außer Kraft getretenen Aufenthaltsverboten - für nach § 114 Abs. 3 FrG 1997 aufgehobene Aufenthaltsverbote eine dem § 114 Abs. 7 letzter Satz FrG 1997 entsprechende Regelung, wonach derartigen Aufenthaltsverboten (für Entscheidungen, die nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes getroffen werden sollen) keine nachteilige Wirkung zukommen solle (vgl. auch hiezu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 10. September 1999).
Der Beschwerdeführer ist begünstigter Drittstaatsangehöriger gemäß § 47 Abs. 3 Z. 2 in Verbindung mit § 49 Abs. 1 FrG 1997. Der dieser Personengruppe gemäß § 47 Abs. 2 in Verbindung mit § 49 Abs. 1 FrG 1997 eingeräumte Rechtsanspruch auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung setzt voraus, dass der Aufenthalt solcher Personen nicht die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde. Der Beschwerdeführer tritt der im angefochtenen Bescheid getroffenen Beurteilung, eine solche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit sei auf Grund des seiner strafrechtlichen Verurteilung zu Grunde liegenden Fehlverhaltens anzunehmen, nicht entgegen. Diese Beurteilung ist auch vom Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf die Schwere der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Verfehlungen nicht zu beanstanden. Zwar wurde der Großteil der über den Beschwerdeführer verhängten Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen, doch gelangten die Strafgerichte (vgl. das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 31. Mai 1996 und das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 18. September 1996) zur Auffassung, dass die verhängte (teilbedingte) Freiheitsstrafe nur dann ausreichen würde, um den Beschwerdeführer von der Begehung neuerlicher Straftaten abzuhalten, wenn der Beschwerdeführer Kontakt mit seinem Bewährungshelfer halte und sich einer psychotherapeutischen Behandlung unterziehe. Dafür, dass dies im konkreten Fall ungeachtet der Abschiebung des Beschwerdeführers der Fall gewesen wäre, bestehen keine Anhaltspunkte.
Der Beschwerdeführer ist jedoch der Auffassung, ihm wäre trotz der von ihm ausgehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Wege einer Ermessensentscheidung gemäß § 8 FrG 1997 (in Verbindung mit § 19 FrG 1997) eine Bewilligung zu erteilen gewesen. Das Vorliegen des Versagungsgrundes nach § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG 1997 stünde dem nicht zwingend entgegen, sieht diese Norm doch lediglich die Möglichkeit der Versagung der Erteilung eines Aufenthaltstitels vor. Die belangte Behörde hätte in diesem Zusammenhang insbesondere Folgendes feststellen müssen: Der Beschwerdeführer sei am 23. Februar 1980 in Innsbruck geboren, seine Eltern hätten sich schon Jahre zuvor in Österreich niedergelassen. Der Beschwerdeführer sei in der Zeit zwischen 30. September 1980 und 9. September 1983 an inländischen Wohnsitzen aufhältig gewesen. Er sei in der Folge in die Türkei gebracht worden, wo er bei seiner Großmutter gelebt habe. Im Herbst 1985 sei er wieder nach Österreich gekommen und habe durchgehend und rechtmäßig seit damals bei seinen Eltern bzw. in der Folge nur bei seiner Mutter in Österreich gelebt. Er habe in Österreich die Volksschule sowie vier Jahre lang die Hauptschule besucht. Er besitze einen Befreiungsschein mit Geltungsdauer bis 30. August 2000. Er sei von Juni 1996 bis zu seiner Abschiebung im Jänner 1997 im Inland beschäftigt gewesen.
Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer jedoch, selbst wenn es zutreffen sollte, schon aus folgenden Erwägungen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen:
Wie der Beschwerdeführer selbst erkennt, lagen in seinem Fall (auch) die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG 1997 vor. Selbst wenn, wie der Beschwerdeführer voraussetzt, auch für begünstigte Drittstaatsangehörige die Erteilung einer Bewilligung in Anwendung des § 8 Abs. 1 FrG 1997 in Betracht käme, würde dies voraussetzen, dass kein Versagungsgrund wirksam geworden ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 14. Mai 1999, Zl. 97/19/0651, mit näherer Begründung ausgeführt hat, ist der Ausdruck "kann" in § 10 Abs. 2 FrG 1997 dahingehend zu verstehen, dass die Behörde bei Anwendung eines der dort angeführten Versagungsgründe zu prüfen hat, ob ein durch diese Anwendung erfolgter Eingriff in ein durch Art. 8 MRK geschütztes Recht des Antragstellers aus den in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Gründen gerechtfertigt ist. Wie der Verwaltungsgerichtshof (vgl. das Erkenntnis vom 12. März 1999, Zl. 96/19/3206) unter Bezugnahme auf die Judikatur des EGMR ausgesprochen hat, genießt das Familienleben eines Fremden mit österreichischen Staatsangehörigen einen erhöhten Schutz. Die dafür erforderliche Voraussetzung, dass die familiären Beziehungen zu einem Zeitpunkt begründet wurden, als der Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war und mit der Erteilung weiterer Bewilligungen rechnen durfte, ist - auf Basis der Beschwerdebehauptungen - im Falle des Beschwerdeführers gegeben. Allerdings ist in seinem Fall auch mitzubedenken, dass der Beschwerdeführer nach seiner Abschiebung bereits seit über zwei Jahren nicht mehr in Österreich aufhältig war, sondern in seinem Heimatstaat gelebt hat.
Unter Berücksichtigung der besonderen Schwere des dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Fehlverhaltens und der aus seiner (dem oben wiedergegebenen Urteil zu entnehmenden) Gewaltbereitschaft resultierenden unbestritten nach wie vor aufrechten Gefahr für die öffentliche Sicherheit wäre ein Eingriff in ein durch Art. 8 MRK geschütztes Recht des nach österreichischem Recht volljährigen Beschwerdeführers auf neuerliche Einwanderung zum Zweck des Familiennachzuges vorliegendenfalls im Interesse der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK auch im Falle des Zutreffens des in der Beschwerde behaupteten Sachverhaltes gerechtfertigt.
Diese Beurteilung dürfte im Übrigen auch der Verfassungsgerichtshof geteilt haben, welcher die Behandlung einer Parallelbeschwerde des Beschwerdeführers gegen den angefochtenen Bescheid mit Beschluss vom 6. Oktober 1999, B 1045/99-3, abgelehnt hat.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 8. September 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999190119.X00Im RIS seit
04.12.2000