TE Bvwg Erkenntnis 2017/10/20 W236 2164515-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.10.2017
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Entscheidungsdatum

20.10.2017

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §13 Abs2 Z1
AsylG 2005 §13 Abs2 Z2
AsylG 2005 §13 Abs2 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs3a
AsylG 2005 §9 Abs2 Z3
BFA-VG §18 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1a
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W236 2164515-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Lena BINDER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Somalia, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.06.2017, Zl. 15-1051654300/150148043/BMI-BFA_TIROL_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.10.2017 zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 3a und § 9 Abs. 2 Z 3 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 wird festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia nicht zulässig ist.

III. In Erledigung der Beschwerde werden die Spruchpunkte III. bis

VII. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Somalias, reiste am 09.02.2015 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe gab er im Zuge seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 09.02.2015 sowie seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 27.09.2016 im Wesentlichen an, dass er aus Mogadischu stamme und dem Minderheitenclan der Madhiban angehöre. Im Frühjahr 2004 sei er von der Schule nach Hause gekommen und habe sein Elternhaus zerbombt vorgefunden. Seine Eltern und Brüder seien bei diesem Bombenanschlag verstorben. Er sei dann mit den Nachbarn nach Kenia gefahren und habe mit dieser Familie bis 2008 zusammengelebt. Diese Nachbarn seien für ihn wie seine Eltern, diese seien 2008 zurück nach Somalia gegangen; er stehe mit diesen noch in Kontakt. Im Jahr 2012 habe er traditionell geheiratet. Als die Familie seiner Frau erfahren habe, dass er Madhiban sei, habe er mit seinem Schwiegervater und seinem Schwager Probleme bekommen. Sein Schwager sei mit einer Gruppe gekommen, habe ihn geschlagen und verletzt. Als er zu sich gekommen sei, sei er angekettet gewesen. Die Polizei in Kenia habe ihm nicht geholfen, da er kein Geld gehabt habe. Als er das Krankenhaus verlassen habe, habe er sich entschlossen nach Österreich zu fliehen. Kenia habe er schließlich im Jänner 2014 verlassen.

Seine erste Frau lebe mit der gemeinsamen Tochter und dem erst nach seiner Flucht geborenen gemeinsamen Sohn nach wie vor in Kenia. In Österreich habe er noch einmal traditionell geheiratet. Seine zweite "Frau" sei subsidiär Schutzberechtigt und erwarte ein Kind von ihm.

3. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 19.12.2016, GZ: XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der Vergewaltigung gemäß § 201 Abs. 1 StGB und des Vergehens der gefährlichen Drohung gemäß § 107 Abs. 1 und Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten sowie zur Zahlung eines Teilschmerzengeldbetrages in Höhe von EUR 3.000 an das Vergewaltigungsopfer verurteilt. Der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde vom Oberlandesgericht XXXX mit Urteil vom 01.06.2017, GZ: XXXX, nicht Folge gegeben. Der Beschwerdeführer befindet sich seit 01.09.2016 in Haft.

4. Bereits mit Verfahrensanordnung vom 22.09.2016 hatte das Bundesamt dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass er wegen der Verhängung der Untersuchungshaft über ihn, gemäß § 13 Abs. 2 AsylG 2005 sein Aufenthaltsrecht mit dem 02.09.2016 verloren habe.

5. Mit dem o.a. Bescheid vom 27.06.2017, Zl. 15-1051654300/150148043/BMI-BFA_TIROL_RD, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl in Bezug auf den Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.), als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt II.). Dem Beschwerdeführer wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt und gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Das Bundesamt sprach weiters aus, dass der Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 2 Z 1, 2 und 3 AsylG 2005 das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 02.09.2016 verloren habe (Spruchpunkt IV.) und erließ gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein unbefristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt V.). Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 55 Abs. 1a FPG nicht gewährt (Spruchpunkt VI.) und einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 18 Abs. 1 Z "0" BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.). Zur Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer keinerlei Verfolgungstatbestände in Somalia vorgebracht habe. Er habe Somalia bereits im Jahr 2004 verlassen, da es einen Bombenangriff gegeben habe, bei welchem seine Eltern und seine Geschwister getötet worden seien. Sein weiteres Vorbringen habe sich ausschließlich auf Kenia bezogen. Da der Beschwerdeführer jedoch laut eigenen Angaben somalischer Staatsangehöriger sei, sei dieses Vorbringen nicht relevant. Die Behörde gelangte außerdem zu dem Schluss, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, der Beschwerdeführer laufe im Falle einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Somalia Gefahr, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe unterworfen zu werden. Er habe nach wie vor Kontakt zu jener Familie, die mit ihm nach Kenia gegangen sei und die seit 2008 wieder in Somalia lebe. Es sei ihm zumutbar, in Mogadischu wieder Fuß zu fassen. Hinsichtlich der Ausweisung aus dem Bundesgebiet führte das Bundesamt aus, dass sich der Beschwerdeführer erst wenige Monate in Österreich aufhalte, die deutsche Sprache nicht beherrsche und keine Familienangehörigen in Österreich habe. Soweit er angegeben habe, er habe in Österreich traditionell geheiratet und mit dieser Frau nunmehr ein Kind, ist dem entgegen zu halten, dass in der Geburtsurkunde dieses Kindes kein Vater eingetragen sei und für das Bundesamt daher feststehe, dass der Beschwerdeführer nicht Vater dieses Kindes sei. Der Beschwerdeführer verfüge daher weder über ein Privat- noch über ein Familienleben in Österreich. Da er zudem das Verbrechen der Vergewaltigung begangen habe, habe er seit diesem Zeitpunkt das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet verloren. Vor dem Hintergrund der Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten und der sich daraus ergebenden schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit war gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG ein unbefristetes (!) Einreiseverbot zu erlassen. Vor diesem Hintergrund sei auch die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG abzuerkennen und dem Beschwerdeführer keine Frist zur freiwilligen Ausreise zu setzen gewesen.

6. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seinen im Spruch genannten Vertreter fristgerecht am 11.07.2017 Beschwerde in vollem Umfang. Begründend wird darin ausgeführt, dass sich das Bundesamt nicht mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinander gesetzt habe, er gehöre dem Minderheitenclan der Madhiban an. Er habe diesbezüglich ausgeführt, dass er bereits als Kind Diskriminierungen ausgesetzt gewesen sei. Im Falle der Rückkehr würde ihm deswegen eine asylrelevante Verfolgung iSd § 3 AsylG 2005 drohen. Weiters habe sich das Bundesamt nicht ausreichend mit dem Umstand auseinander gesetzt, dass der Beschwerdeführer Somalia bereits mit neun Jahren verlassen habe und es ihm daher unmöglich sei, in ein Land zurückzukehren, wo er keinerlei soziale Anknüpfungspunkte mehr habe und seit seiner Kindheit nicht mehr gewesen sei. Das Bundesamt habe auch die in Somalia herrschende Dürresituation nicht einbezogen und keine auf den Einzelfall des Beschwerdeführers treffenden Länderberichte herangezogen. Der Beschwerdeführer würde im Falle der Abschiebung nach Somalia jedenfalls in seinen gemäß Art. 2 und 3 EMRK geschützten Rechten verletzt werden. Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich außerdem über seine zweite "Ehefrau" und sein neugeborenes Kind, weswegen er in Österreich ein schützenswertes Familienleben habe. Seine Ausweisung verstoße daher gegen Art. 8 EMRK. Vor diesem Hintergrund und dem Umstand, dass der Beschwerdeführer keine schwerwiegende Gefahr für die Sicherheit und Ordnung in Österreich darstelle, hätte das Bundesamt auch kein unbefristetes Einreiseverbot erlassen dürfen.

7. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 17.07.2017 vom Bundesamt vorgelegt. Die aufschiebende Wirkung wurde der Beschwerde nicht zuerkannt.

8. Auf Ersuchen übermittelte das Bundesamt am 29.09.2017 den Asylantrag, den Meldezettel und die Geburtsurkunde jenes Buben, von welchem der Beschwerdeführer behauptete der Vater zu sein. In der Geburtsurkunde des Standesamts XXXX ist lediglich die Mutter jedoch kein Vater eingetragen.

9. Am 05.10.2017 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung im Beisein eines Dolmetschers für die somalische Sprache, des Beschwerdeführers sowie seines Rechtsvertreters statt, in welcher der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen Fluchtgründen aus Somalia und Kenia, seinen Anknüpfungspunkten in Somalia, seinem Familienleben in Österreich und seinem Verhalten in der Haft befragt wurde.

10. Auf Ersuchen um Stellungnahme zum Verhalten des Beschwerdeführers in der Justizanstalt, allfällig bestehender Erkrankungen und der Übermittlung der Besucherliste, langte am 11.10.2017 eine Stellungnahme der Justizanstalt XXXX ein, in welcher mitgeteilt wird, dass beim Beschwerdeführer ein gutes Anstalts- und Sozialverhalten vorliege und er sehr gute Arbeitsleistung in der Anstaltsküche erbringe. Er gehe in der Justizanstalt keiner Ausbildung nach.

Aus der angehängten Besucherliste ergibt sich, dass der Beschwerdeführer zwischen 13.09.2016 und 08.03.2017 insgesamt 16 Mal von seiner Lebensgefährtin in der Justizanstalt besucht wurde. Seit 08.03.2017 scheinen keine Besuche der Lebensgefährtin mehr auf.

Laut Stellungnahme des Anstaltsarztes vom 10.10.2017 gehe aus einem lungenfachärztlichen Befund vom 15.09.2016 eine latente Tuberkuloseerkrankung hervor. Bei positivem IGRA Test sei eine präventive Therapie mit INH 300mg über sechs Monate begonnen worden. Ein in der Justizanstalt durchgeführtes Thorax-Röntgen habe keine Hinweise auf eine Tuberkulose ergeben. Auch der Allgemeinzustand des Beschwerdeführers sei sehr gut; nennenswerte Erkrankungen seien beim Beschwerdeführer nicht bekannt. Folgende Medikamente nehme er regelmäßig ein: Mirtazapin 30mg (0/0/1/0), Quetipapin 200mg (0/0/1/0) und Zolpidem 10mg (0/0/1/0).

11. Auf Aufforderung zur Beantwortung von Fragen zu ihrem Verhältnis und dem Familienleben mit dem Beschwerdeführer, langte am 13.10.2017 eine Stellungnahme der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers ein, in welcher diese im Wesentlichen ausführte, dass der Beschwerdeführer ihr Ehemann - man sei traditionell verheiratet - und der Vater ihres zweiten Kindes sei. Er sei nicht in der Geburtsurkunde eingetragen, da er zum Zeitpunkt der Geburt ihres gemeinsamen Sohnes inhaftiert gewesen sei. Sie wolle den Beschwerdeführer zukünftig jedoch in der Geburtsurkunde eintragen lassen. Bis vor zwei Monaten habe sie den Beschwerdeführer ca. ein bis zwei Mal pro Woche besucht. Seit zwei Monaten habe sie den Beschwerdeführer nicht mehr in der Justizanstalt besucht, da sie ihre Besuchserlaubnis, die sie von der Polizei bekommen hatte, verloren habe und bis dato nicht gewusst habe, dass sie den Beschwerdeführer auch ohne eine solche Bestätigung besuchen dürfe. Vor seiner Inhaftierung habe sie sehr viel Zeit mit dem Beschwerdeführer verbracht, er sei schließlich ihr Ehemann. Wie lange sie genau zusammen sind, könne sie nicht angeben. In einem gemeinsamen Haushalt lebten sie aber nicht. Sie plane mit dem Beschwerdeführer nach dessen Haftentlassung einen gemeinsamen Wohnsitz zu nehmen und ein Familienleben zu führen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Aufgrund des Antrages auf internationalen Schutz vom 09.02.2015, den Einvernahmen des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 09.02.2015 sowie durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 27.09.2016, des Bescheides vom 27.06.2017, der dagegen erhobenen Beschwerde vom 11.07.2017, aufgrund der schriftlichen Stellungnahmen der Justizanstalt XXXX vom 11.10.2017 und der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers vom 13.10.2017, der Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt und die Strafurteile, der Einsichtnahmen in das zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister sowie insbesondere auf Grundlage der vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung am 05.10.2017 werden, die folgenden Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Somalias, seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer stammt aus Mogadischu und gehört dem Clan der Madhiban an. Er verlor im Frühjahr 2004 bei einem Bombenangriff auf sein Elternhaus seine Eltern und Geschwister und lebte fortan in Kenia, von wo aus er im Jänner 2014 seine Reise nach Österreich antrat. Nach Somalia kehrte der Beschwerdeführer nicht mehr zurück.

Der Beschwerdeführer machte für Somalia kein Fluchtvorbringen geltend. Es trifft ihn in Somalia keine aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten. Er ist gesund.

Der Beschwerdeführer heiratete im Jahr 2012 in Kenia zum ersten Mal, aus dieser Ehe stammen eine Tochter und ein Sohn. Dem Beschwerdeführer ist nicht bekannt, wo sich seine erste Frau und die beiden Kinder derzeit aufhalten.

Ob der Beschwerdeführer in Somalia noch über familiäre oder soziale Anknüpfungspunkte verfügt, kann nicht mit der notwendigen Sicherheit festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer ist seit 10.01.2016 traditionell mit XXXX, geb. XXXX, StA. Somalia, verheiratet und hat mit dieser einen Sohn, XXXX, geb. XXXX, StA. Somalia. Sowohl die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers als auch dessen Sohn sind in Österreich subsidiär schutzberechtigt.

Der Beschwerdeführer beherrscht die deutsche Sprache angemessen. Er ist in der Justizanstalt XXXX in der Anstaltsküche beschäftigt und erbringt sehr gute Arbeitsleistung; bei ihm besteht ein gutes Anstalts- und Sozialverhalten.

1.2. Zum Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 09.02.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.06.2017, Zl. 15-1051654300/150148043/BMI-BFA_TIROL_RD, sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zuerkannt und gegen diesen eine Rückkehrentscheidung erlassen. Weiters wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 02.09.2016 verloren habe. Gegen den Beschwerdeführer wurde zudem ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen, ihm eine Frist zur freiwilligen Ausreise nicht gewährt und einer Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

1.3. Zur strafrechtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 19.12.2016, GZ: XXXX, wegen des Verbrechens der Vergewaltigung gemäß § 201 Abs. 1 StGB und des Vergehens der gefährlichen Drohung gemäß § 107 Abs. 1 und Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten sowie zur Zahlung eines Teilschmerzengeldbetrages in Höhe von EUR 3.000 an das Vergewaltigungsopfer verurteilt. Der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde vom Oberlandesgericht XXXX mit Urteil vom 01.06.2017, GZ: XXXX, nicht Folge gegeben. Der Beschwerdeführer wurde für schuldig befunden, am 27.08.2016 in XXXX sein Opfer mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, indem er sie von hinten mit beiden Händen würgte, ihr mit der Faust ins Gesicht schlug und mit den Knien in den Rücken trat, ihr mehrfach ankündigte sie umzubringen, sie ins Schlafzimmer zerrte und auf das Bett stieß, dort mit den Händen niederdrückte und ihr die Hose auszog, während er sie weiterhin mit einer Hand am Hals würgte und ihre Beine gewaltsam auseinander drückte und nachfolgend mit seinem Penis in ihre Vagina eindrang, zur Duldung des Beischlafs genötigt zu haben und im Anschluss an diese Tat durch die Äußerung, er werde jetzt ein Messer holen und sie abstechen, gefährlich mit dem Tod bedroht zu haben, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen. Mildernd schlug der bisherige ordentliche Lebenswandel zu Buche. Erschwerend wirkten sich das Zusammentreffen von einem Verbrechen und einem Vergehen sowie die erlittenen leichten Verletzungen des Opfers aus. Das Oberlandesgericht XXXX wertete zudem als weiteren Erschwerungsgrund, dass die Vergewaltigung sowohl durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben als auch mit Gewalt begangen wurde.

Der Beschwerdeführer war in diesem Strafverfahren nicht geständig.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit 01.09.2016 in Haft, zunächst seit 02.09.2016 in Untersuchungshaft, nunmehr seit 19.12.2016 in Strafhaft.

1.4. Zur maßgeblichen Situation in Somalia:

Folgende Feststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Somalia sind entscheidungsrelevant:

? Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Somalia, Stand April 2016, samt eingefügter Kurzinformation vom 27.06.2017);

? Fact Finding Mission Report Somalia (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl - Schweizerisches Staatssekretariat für Migration SEM):

Sicherheitslage in Somalia, Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, August 2017;

? Fact Finding Mission Report Somalia (Schweizerisches Staatssekretariat für Migration SEM): Cans und Minderheiten, 31.05.2017;

? Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Somalia: Versorgung mit Grundnahrungsmitteln in Mogadischu vom 07.06.2017;

? Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Somalia: Midgan, Madhiban vom 23.04.2010;

? ACCORD Anfragebeantwortung zu Somalia: Informationen zur Lage der Gaboye/Midgan vom 12.06.2015;

? OCHA, Humanitarian Bulletin, Somalia, November 2016 | Issued on 28 November 2016, "Drought worsens humanitarian situation";

? OCHA, Humanitarian Bulletin, December 2016 | Issued on 30 December 2016, "Drought conditions expanding";

? OCHA, Humanitarian Bulletin, February 2017 | Issued on 7 March 2017, "Somalia declares drought a national disaster";

? OCHA, Humanitarian Bulletin, March 2017 | Issued on 31 March 2017, "Drought conditions rapidly worsening";

? OCHA, Humanitarian Bulletin, May 2017 | Issued on 2 June 2017, "Humanitarian situation continues to deteriorate";

? OCHA, Humanitarian Bulletin, June 2017 | Issued on 5 July 2017, "Drought persists amid poor Gu rainfall".

? OCHA, Humanitarian Bulletin, July 2017 | Issued on 31 July 2017, "Drought conditions to continue until Deyr season".

1.4.1. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Somalia, Stand April 2016, samt eingefügter Kurzinformation vom 27.06.2017):

1.4.1.1. Dürre

Situation Ende 2016

Die humanitäre Lage in Somalia bleibt prekär. Etwa 38 Prozent der Bevölkerung sind auf Unterstützung angewiesen, eine Million Menschen können ihren grundlegenden Nahrungsbedarf nicht decken. 305.000 Kinder unter fünf Jahren sind akut unterernährt. Zwischen Jänner und Juni wurden ca. 490.000 Menschen mit Nahrungsmittelhilfe versorgt, 125.000 Kinder konnten wegen akuter Unterernährung behandelt werden (UNSC 6.9.2016). UNOCHA stellt hinsichtlich Nahrungsmittelsicherheit nebenstehende aktuelle Karte zur Verfügung (UNOCHA 9.9.2016).

Das Klimaphänomen El Niño führte in Somaliland und in Puntland zu Dürre. Dort sind 385.000 Menschen akut von Nahrungsmittelunsicherheit bedroht, weitere 1,3 Millionen Menschen sind dem Risiko ausgesetzt, ohne Unterstützung in eine akute Bedrohung abzugleiten (UNSC 6.9.2016; vgl. UNOCHA 1.9.2016). In Süd-/Zentralsomalia brachte El Niño hingegen schwere Regenfälle und teilweise Überschwemmungen (UNOCHA 1.9.2016).

Die Regenzeit Gu (März-Juni) brachte für Puntland und Somaliland zwar eine teilweise Entlastung; doch wird für den Zeitraum Juli-Dezember 2016 wieder eine Erhöhung der Nahrungsmittelunsicherheit erwartet (UNSC 6.9.2016). Für eine nachhaltige Besserung bedarf es mehr als nur einer guten Regenzeit. Prognosen zufolge könnte sich die Situation durch das nachfolgende Wetterphänomen La Niña weiter verschärfen. So bietet auch die Nahrungsmittelsicherheit in Süd-/Zentralsomalia zunehmend Grund zur Sorge. Derzeit sind also - v.a. im Norden - noch die Auswirkungen von El Niño zu spüren, während aufgrund von La Niña eine schlechte Deyr-Regenzeit (Oktober-Dezember) erwartet wird. Die schwere Hungersnot der Jahre 2011/2012 war durch La Niña verursacht worden (UNOCHA 1.9.2016).

Quellen:

? UNOCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (9.9.2016): Somalia - Humanitarian Snapshot, http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Somalia%20Humanitarian%20Snapshot%20-%20September%202016.pdf, Zugriff 20.9.2016 - 49 -

? UNOCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (1.9.2016): Humanitarian Bulletin Somalia, August 2016, http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/August%202016%20Somalia%20Humanitarian%20Bulletin.pdf, Zugriff 20.9.2016

? UNSC - UN Security Council (6.9.2016): Report of the Secretary-General on Somalia [S/2016/763], http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1473923936_n1627603.pdf, Zugriff 20.9.2016

Situation Frühjahr 2017

Nach einer schwachen Gu-Regenzeit im Jahr 2016 blieben auch die Regenfälle der Deyr-Regenzeit Ende 2016 aus. Von der Nahrungsversorgungsunsicherheit am schlimmsten betroffen sind landwirtschaftlich genutzte Gebiete im Süden und nomadisch genutzte Gebiete im Nordosten des Landes (FEWSNET 16.1.2017). Alleine im sogenannten South-West-State sind 820.000 Menschen dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen. Viele suchen in größeren Städten nach Hilfe. Der Gouverneur der Region Bay schätzt, dass bereits rund 3.000 Familien aus ländlichen Gebieten nach Baidoa geflohen sind (UNSOM 16.1.2017). Dabei ziehen Nahrungsmittelpreise an: Der Preis für Mais liegt in Qoryooley 51% über dem Fünfjahresmittel; für Sorghum in Baidoa um 88% darüber (FEWSNET 16.1.2017).

Die humanitäre Situation in Somalia ist zunehmend fragil. Fünf Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen (UNOCHA 12.1.2017; vgl. UNSOM 16.1.2017) und leiden unter Nahrungsversorgungsunsicherheit (FAO 20.12.2016). 3,9 Millionen davon gelten als "stressed", 1,1 Millionen Menschen leiden unter akuter Nahrungsversorgungsunsicherheit (acutely food insecure) (UNOCHA 12.1.2017) und befinden sich auf den IPC-Stufen drei (Krise) und 4 (Not/Emergency). Alleine im zweiten Halbjahr 2016 hat die Zahl um 20% zugenommen. Prognosen lassen erwarten, dass die Zahl der akut Bedrohten im ersten Halbjahr 2017 um eine weitere Viertelmillion zunehmen wird. Ähnliche Bedingungen hatten im Jahr 2011 zu einer Hungersnot und Hungertoten geführt (FAO 20.12.2016). Folglich fahren humanitäre Organisationen ihre lebensrettenden Maßnahmen hoch, angesammelte Fonds werden angezapft (UNOCHA 12.1.2017).

Eine Entschärfung der Situation ist in rein nomadisch genutzten Gebieten nicht für Mai/Juni zu erwarten; in agro-pastoral genutzten Gebieten nicht vor Juni/Juli. Im schlimmsten anzunehmenden Szenario bleibt auch die Gu-Regenzeit des Jahres 2017 - wie gegenwärtig prognostiziert - schwach und in der Folge sinkt die Kaufkraft auf das Niveau der Jahre 2010/2011. Reicht dann die humanitäre Hilfe nicht aus, wird eine Hungersnot (IPC 5) die Folge sein (FEWSNET 16.1.2017). Bereits jetzt werden vereinzelt Hungertote aus den Regionen Bay (UNSOM 16.1.2017) und Gedo gemeldet (SMN 15.1.2017).

Quellen:

-

FAO - Food and Agriculture Organization of the United Nations (20.12.2016): With continued drought, Horn of Africa braces for another hunger season,

http://reliefweb.int/report/somalia/continued-drought-horn-africa-braces-another-hunger-season, Zugriff 19.1.2017

-

FEWSNET - Famine Early Warning Systems Network (16.1.2017): Severe drought, rising prices, continued access limitations, and dry forecasts suggest Famine is possible in 2017, http://www.fews.net/east-africa/somalia/alert/january-16-2017, Zugriff 19.1.2017

-

SMN - Shabelle Media Network (15.1.2017): A Mother and her kids die of hunger in Gedo,

http://allafrica.com/stories/201701160709.html, Zugriff 19.1.2017

-

UNOCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (12.1.2017): Somalia: Humanitarian Snapshot (as of 12 January 2017), http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/somalia_humanitarian_snapshot_-_january_2017.pdf, Zugriff 19.1.2017

-

UNSOM - UN Assistance Mission to Somalia (16.1.2017): Deputy SRSG de Clercq assesses humanitarian crisis in Somalia's South West state,

http://reliefweb.int/report/somalia/deputy-srsg-de-clercq-assesses-humanitarian-crisis-somalia-s-south-west-state, Zugriff 19.1.2017

Situation Juni 2017

Nachdem über zwei Jahre beide Regenzeiten (Deyr und Gu) ausgeblieben sind, hat sich in Somalia eine humanitäre Katastrophe entwickelt. Das System von Subsistenz-Landwirtschaften in den Flussgebieten von Shabelle und Juba ist teilweise zusammengebrochen; die Preise für Grundnahrungsmittel haben sich verdoppelt; und Millionen Stück Vieh sind verendet (ICG 9.5.2017). Die Behörden Somalilands sprechen von 80% Verlusten beim Viehbestand (BBC 11.5.2017; vgl. TG 24.5.2017), andere Schätzungen sprechen von 50%. Der Außenminister Somalilands gibt an: "Es gab hier schon immer Dürreperioden, aber nur alle zehn Jahre. Jetzt haben wir sie schon alle zwei Jahre. Und die Dürre in diesem Jahr ist die schlimmste Dürre, die wir in Ostafrika jemals hatten." (TG 24.5.2017)

In vielen Städten Süd-/Zentralsomalias sind Nahrungsmittel für IDPs und sehr arme Bevölkerungsteile kaum mehr leistbar (ICG 9.5.2017). Die Dürresituation hält vor allem im Südwesten Somalias weiter an, dort bleibt die Angst vor einer Hungersnot bestehen. In den nördlichen und zentralen Teilen des Landes hat der teils durchschnittliche, teils überdurchschnittliche Regen im Jahr 2017 zur verbesserten Weide- und Wasserlage beigetragen (UNFPA 14.6.2017).

Dafür ist eine massive Hilfsoperation angelaufen, an der zahlreiche ausländische und lokale NGOs beteiligt sind (ICG 9.5.2017). Dank der großzügigen Ressourcen, die von Gebern zur Verfügung gestellt worden sind, konnten nationale und internationale NGOs sowie UN-Agenturen ihre humanitäre Unterstützung in ganz Somalia massiv nach oben fahren. Dabei wird mit den Behörden zusammengearbeitet. In Mogadischu, Baidoa und Garoowe wurden Koordinierungszentren eingerichtet (UNSC 9.5.2017). Koordinierung und Management der Operationen sind angesichts der Fehler in der Vergangenheit (2011) stark verbessert worden (ICG 9.5.2017). Die internationale Unterstützung erfolgte relativ rasch, die Anstrengungen sind besser koordiniert. Auch auf nationaler Ebene wurde reagiert und geholfen. Die Regierung hat Anstrengungen unternommen, selbst Studenten wurden ermutigt, jeweils 10 USD zu spenden. Firmen und Wirtschaftstreibende haben signifikant zu den Hilfskampagnen beigetragen (ICG 9.5.2017).

Die Zahl der Menschen, die durch die Operationen zur Verbesserung des Zugangs zu Nahrungsmitteln erreicht werden, hat sich von 1,1 Millionen im Februar 2017 auf 1,7 Millionen erhöht. Alleine im März konnten 332.000 Kinder von Ernährungsleistungen profitieren. Darunter waren 69.000 schwer unterernährte Kinder unter 5 Jahren. Auch die Versorgung mit sicherem Trinkwasser wurde hochgefahren. Dabei wurden zwischen Jänner und März 2017 knapp 1.150.000 Menschen erreicht. Allein im Februar hat sich die Zahl der Erreichten verdoppelt (UNSC 9.5.2017).

Rund 50% der gewährleisteten Hilfe wurde in Geld geleistet. Damit werden Märkte stabilisiert, wurde das schnelle Hochfahren der Unterstützung gewährleistet, wurden Menschen auch in entlegenen Gebieten erreicht und wurde das Risiko der Plünderung von humanitären Hilfsgütern minimiert (UNSC 9.5.2017). Außerdem ist diese Form der Hilfeleistung billiger. Gelder werden über Mobilfunksysteme ausbezahlt (ICG 9.5.2017).

Trotz aller Bemühungen wurden die gesetzten Ziele aber nicht erreicht, die humanitäre Lage verschlechtert sich weiter. Das Risiko einer Hungersnot besteht weiterhin. 6,2 Millionen Menschen sind akut von Nahrungsmittelknappheit betroffen, 3 Millionen brauchen lebenserhaltende Unterstützung (UNSC 9.5.2017). Seit November 2016 verließen über 740.000 Menschen aufgrund der Dürre ihre Heimatgebiete, darunter 480.000 unter 18jährige (UNHCR 31.5.2017). Aus manchen Regionen wurden Hungertote gemeldet - etwa aus Bay (BBC 4.3.2017).

Einige Schwierigkeiten, die schon im Jahr 2011 vorherrschten, bestehen auch weiterhin. Unsicherheit und mangelnder Zugang zu Hilfsgütern sind problematisch (ICG 9.5.2017). Vor allem in Süd-/Zentralsomalia hindert die schlechte Sicherheitslage Menschen manchmal am Zugang zu humanitärer Hilfe (UNSC 9.5.2017). Dabei ist Süd-/Zentralsomalia wieder das Epizentrum der humanitären Krise. Diese wird dort durch lokale Clan-Konflikte und al Shabaab noch verschärft (ICG 9.5.2017).

Dahingegen waren zwar auch Teile ("pockets") von Somaliland und Puntland schwer von der Dürre betroffen. Dort ist die Situation aber bei weitem weniger schlecht als im Süden (ICG 9.5.2017).

Überhaupt variiert die Abdeckung mit internationaler humanitärer Unterstützung regional. Die meisten Gebiete in Somaliland und Puntland sind besser abgedeckt, die Möglichkeiten in Süd-/Zentralsomalia mehr eingeschränkt (ICG 9.5.2017).

Quellen:

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BBC (11.5.2017): How do you solve a problem like Somalia? http://www.bbc.com/news/world-africa-39855735, Zugriff 27.6.2017

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BBC (4.3.2017): Somalia drought - More than 100 die from hunger in one region, http://www.bbc.com/news/world-africa-39166746, Zugriff 27.6.2017

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ICG - International Crisis Group (): Instruments of Pain (III) - Conflict and Famine in Somalia, https://www.crisisgroup.org/africa/horn-africa/somalia/b125-instruments-pain-iii-conflict-and-famine-somalia, Zugriff 27.6.2017

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The Guardian (24.5.2017): Somaliland's hunger crisis: 'The world doesn't respond until children are dying', https://www.theguardian.com/global-development/2017/may/24/somaliland-hunger-crisis-world-doesnt-respond-until-children-are-dying-foreign-minister-saad-ali-shire, Zugriff 27.6.2017

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UNFPA - UN Population Fund (14.6.2017): UNFPA Situation Report 26th May to 16th June 2017,

http://somalia.unfpa.org/sites/default/files/pub-pdf/Somalia%20SitRep%20%23011%2026th%20May%20-%2016th%20June%202017.pdf, Zugriff 27.6.2017

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UNHCR (31.5.2017): PRMN Drought Displacements, http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/57361.pdf, Zugriff 27.6.2017

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UNSC - UN Security Council (9.5.2017): Report of the Secretary-General on Somalia,

http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/N1712363.pdf, Zugriff 27.6.2017

1.4.1.2. Sicherheitslage

Gemäß der auch von EASO zitierten Analyse der Staatendokumentation zur Sicherheitslage in Somalia hat sich die Situation im Zeitraum 7.2014-6.2015 in folgenden Bezirken verschlechtert: Dhusamareb und Ceel Buur (Galgaduud); Belet Weyne und Bulo Burte (Hiiraan); Wanla Weyne, Afgooye, Qoryooley, Merka und Baraawe (Lower Shabelle);

Baidoa und Burhakaba (Bay); Xudur, Waajid und Rab Dhuure (Bakool);

Bulo Xawo (Gedo); Kismayo (Lower Jubba). Die Situation in folgenden Bezirken hat sich im gleichen Zeitraum verbessert: Ceel Waaq und Luuq (Gedo). In den anderen Bezirken sind keine relevanten Änderungen eingetreten (BFA 10.2015; vgl. EASO 2.2016).

Zwischen Nord- und Süd-/Zentralsomalia sind gravierende Unterschiede bei den Zahlen zu Gewalttaten zu verzeichnen. Dies ist einerseits bei der Verteilung terroristischer Aktivitäten im urbanen Raum zu erkennen, andererseits bei der Anzahl bewaffneter Auseinandersetzungen je Bezirk (BFA 10.2015).

Quellen:

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BFA - BFA Staatendokumentation (10.2015): Analyse zu Somalia:

Lagekarten zur Sicherheitslage, http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329638_soma-analyse-lagekarten-2015-10-12-endversion.pdf, Zugriff 23.3.2016

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EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016

aa) Süd-/Zentralsomalia

Seit Beginn des Bürgerkrieges 1991 gab es in weiten Landesteilen kaum wirksamen Schutz

gegen Übergriffe durch Clan- und andere Milizen sowie bewaffnete kriminelle Banden. In Süd-/Zentralsomalia herrscht weiterhin in vielen Gebieten Bürgerkrieg. Die somalischen Sicherheitskräfte kämpfen mit Unterstützung der Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) gegen die radikalislamistische Miliz al Shabaab. Die Gebiete sind teilweise unter der Kontrolle der Regierung, teilweise unter der Kontrolle der al Shabaab oder anderer Milizen (AA 1.12.2015; vgl. ÖB 10.2015) oder sind von AMISOM Offensiven betroffen (ÖB 10.2015). Al Shabaab führt weiterhin Angriffe auf Stellungen der AMISOM und der somalischen Armee sowie auf zivile Ziele durch (UNSC 8.1.2016). Zivilisten kommen im Kreuzfeuer, durch Sprengsätze oder Handgranaten ums Leben oder werden verwundet (AI 24.2.2016). Aus verschiedenen Garnisonsstädten heraus werden Vorstöße tief ins Gebiet der al Shabaab unternommen. Diese werden teilweise von Luftschlägen begleitet (BFA 10.2015). Al Shabaab betreibt auch asymmetrische Kriegsführung (EASO 2.2016; vgl. UNHRC 28.10.2015), gekennzeichnet durch Sprengstoffanschläge und komplexe Angriffe, von welchen Zivilisten überproportional betroffen sind. Daneben führt al Shabaab auch gezielte Attentate (UNHCR 28.10.2015; vgl. UKHO 15.3.2016) und sogenannte hit-and-run-Angriffe aus (DIS 9.2015).

Die Unsicherheit in den von der Regierung kontrollierten Gebieten, einschließlich Mogadischu, sowie politische Machtkämpfe behindern Fortschritte im Bereich der Justiz und die Reform des Sicherheitssektors (ÖB 10.2015). Politische Anstrengungen zur Etablierung von Bundesländern verstärkten die Clankämpfe in einigen Bereichen (ÖB 10.2015; vgl. BS 2016, USDOS 13.4.2016). Dabei kam es auch zu zahlreichen Todesopfern und Vertreibungen, z.B. zwischen Dir und Hawadle im Jänner 2015 (USDOS 13.4.2016).

Auch Regierungstruppen und Clanmilizen geraten regelmäßig aneinander. Dadurch werden viele Zivilisten schwerverletzt bzw. getötet und deren Eigentum wird zerstört. In solchen Fällen bleibt Zivilisten nichts andres übrig als die Flucht zu ergreifen, da weder Clan- noch staatlicher Schutz gegeben ist (ÖB 10.2015). Neben den Kampfhandlungen gegen al Shabaab gibt es aus dem ganzen Land auch Berichte über Inter- und Intra-Clankonflikte um Land und Wasserressourcen (EASO 2.2016).

AMISOM hat al Shabaab weitgehend zurückgedrängt (ÖB 10.2015). Bei gemeinsamen Offensiven mit der somalischen Armee wurde al Shabaab aus Städten in Hiiraan, Bay, Bakool, Gedo und Lower Shabelle vertrieben (AI 24.2.2016). Bei den beiden jüngeren Offensiven (Operation Indian Ocean, Operation Jubba Corridor) trafen AMISOM und Regierungskräfte aufgrund taktischer Rückzüge der al Shabaab nur auf wenig Widerstand. Eingenommen wurde die letzte Bastion der al Shabaab in der Region Gedo - Baardheere - und Diinsoor in der Region Bay. Der al Shabaab wurde zwar die Kontrolle über diese Städte entzogen, doch ist sie ansonsten nicht relevant geschwächt worden. Dahingegen kann AMISOM aufgrund einer Überdehnung der zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht mehr in jeder Stadt und in jedem Dorf eine Präsenz aufrecht halten (EASO 2.2016). Auch die Haupttransportrouten werden von al Shabaab kontrolliert (HRW 27.1.2016).

In der Folge kam es zu schweren Angriffen der al Shabaab auf Janaale (am 1.9.2015) (UNSC 8.1.2016) und Leego (am 26.6.2015) mit insgesamt rund 100 Toten Soldaten der AMISOM und zahlreichen Vermissten (BFA 10.2015; vgl. UNSC 8.1.2016, EASO 2.2016). Als Reaktion auf diese Angriffe begann AMISOM mit einer Umgruppierung, wobei einige Städte und Ortschaften geräumt wurden, darunter Kurtunwarey, Ceel Saliini, Cambarey, Golweyne und Busley (Lower Shabelle); Buq-Aqabla und Xarar-Lugoole in Hiiraan; und Fidow an der Grenze zu Middle Shabelle. Al Shabaab hat all diese Orte unmittelbar besetzt (UNSC 8.1.2016). Auch Qoryooley und Wanla Weyne blieben über Tage ohne permanente Truppen der AMISOM (allerdings mit Besatzungen der somalischen Armee). Insgesamt ist einzelnen, exponierten und schwach besetzten Außenposten ein permanenter Status abzusprechen. Spätestens seit dem Angriff der al Shabaab auf den AMISOM-Stützpunkt in Leego werden einzelne Orte zugunsten einer Konzentration von Truppen in größeren Stützpunkten aufgegeben, teilweise wurde der Schutz an die - nur eingeschränkt widerstandsfähige - somalische Armee übertragen (BFA 10.2015

Es ist nicht möglich, zu definieren, wie weit der Einfluss oder die Kontrolle von AMISOM und somalischer Armee von einer Stadt hinausreicht. Der Übergang zum Gebiet der al Shabaab ist fließend und unübersichtlich. Im Umfeld (Vororte, Randbezirke) der meisten Städte unter Kontrolle von AMISOM und Regierung in Süd-/Zentralsomalia verfügt al Shabaab über eine verdeckte Präsenz, in den meisten Städten selbst über Schläfer (DIS 9.2015). Manche Städte unter Kontrolle von AMISOM und Regierung können als Inseln auf dem Gebiet der al Shabaab umschrieben werden (BFA 10.2015; vgl. DIS 9.2015). Jedenfalls verfügt al Shabaab über ausreichend Kapazitäten, um in Städten unter Kontrolle von AMISOM und Regierung asymmetrische Kriegsführung (hit-and-run-Angriffe, Sprengstoffanschläge, gezielte Attentate) anzuwenden. Es gibt in allen Regionen in Süd-/Zentralsomalia Gebiete, wo al Shabaab Präsenz und Einfluss hat, und wo sie die lokale Bevölkerung zu Steuerzahlungen zwingt. Die Bastion der al Shabaab ist dabei die Region Middle Juba (DIS 9.2015).

Die Sicherheitslage in von der Regierung kontrollierten Städten bleibt also volatil (HRW 27.1.2016). Al Shabaab ist nach wie vor in der Lage, auch auf die am schwersten bewachten Teile von Mogadischu oder anderer Städte tödliche Angriffe zu führen (AI 24.2.2016). Bei aller Fragilität der Lage hat aber auch UNHCR festgestellt, dass es Zeichen zunehmender Stabilität gibt (UNHRC 28.10.2015). Seitens der Regierung, AMISOM und der internationalen Gemeinde gibt es Anstrengungen, die neu eroberten Bezirke zu stabilisieren. So wurden etwa nach Diinsoor unmittelbar Verwaltungsbeamte entsendet (UNSC 11.9.2015). Dass al Shabaab unter den gegenwärtigen Umständen Städte zurückerobert, in denen starke Garnisonen ("strongholds") der AMISOM stationiert sind, ist sehr unwahrscheinlich (EASO 2.2016; vgl. DIS 9.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

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AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/319738/445108_en.html, Zugriff 22.3.2016

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BFA - BFA Staatendokumentation (10.2015): Analyse zu Somalia:

Lagekarten zur Sicherheitslage, http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329638_soma-analyse-lagekarten-2015-10-12-endversion.pdf, Zugriff 23.3.2016

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 24.3.2016

-

EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016

-

HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/318350/443530_en.html, Zugriff 22.3.2016

-

ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (10.2015):

Asylländerbericht Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

-

UNHRC - UN Human Rights Council (28.10.2015): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, Bahame Tom Nyanduga,

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016

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UNSC - UN Security Council (8.1.2016): Report of the Secretary-General on Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf, Zugriff 1.4.2016

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UNSC - UN Security Council (11.9.2015): Report of the Secretary - General on Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1443010894_n1527126.pdf, Zugriff 23.3.2016

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2015&dlid=252727, Zugriff 14.4.2016

bb) Mogadischu

Mogadischu bleibt weiterhin unter Kontrolle von Regierung und AMISOM (AI 24.2.2016). Es ist höchst unwahrscheinlich, dass al Shabaab wieder die Kontrolle über Mogadischu erlangt (DIS 9.2015; vgl. UKUT 3.10.2014, EASO 2.2016). Der Rückzug der formalen Präsenz der al Shabaab aus Mogadischu ist dauerhaft. Es gibt in der Stadt auch kein Risiko mehr, von der al Shabaab zwangsrekrutiert zu werden. Es gibt in Mogadischu keine Clanmilizen und keine Clangewalt (UKUT 3.10.2014; vgl. EGMR 10.9.2015), auch wenn einzelne Clans angeblich noch in der Lage

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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