TE Bvwg Erkenntnis 2017/10/23 W166 2164887-1

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Veröffentlicht am 23.10.2017
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Entscheidungsdatum

23.10.2017

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W166 2164887-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER als Vorsitzende und die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER sowie den fachkundigen Laienrichter Prof. Dr. Gerd GRUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX vertreten durch den Rechtsanwalt XXXX gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom XXXX betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben.

Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass liegen vor.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin ist seit 21.09.1992 im Besitz eines Behindertenpasses und wurde der Grad ihrer Behinderung mit Bescheid vom 20.09.2005 mit Wirksamkeit ab dem 01.07.2005 auf 90 v.H. festgesetzt.

Am 24.02.2017 stellte die Beschwerdeführerin beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (kurz: Sozialministeriumservice und in weiterer Folge auch belangte Behörde genannt) einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass, und legte ein ärztliches Sachverständigengutachten vom 20.01.1994 einen Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 05.10.2009, einen augenärztlichen Befund vom 17.02.2017 sowie ein Verständigungsblatt der Pensionsversicherungsanstalt über die Leistungshöhe zum 1. Jänner 2017, woraus ersichtlich ist, dass die Beschwerdeführerin Pflegegeld der Stufe 3 bezieht.

In dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten Dris. Brigitte Schipfer, einer Fachärztin für Augenheilkunde vom 07.04.2017, basierend auf der Aktenlage, wurde als Funktionseinschränkung "Frühgeborenenretinopathie beidseits, Zustand nach Grauer Star Op beidseits und Netzhauablösung Op links, Sehverminderung rechts auf Handbewegung und links auf 0,3" angeführt und schätzte die medizinische Sachverständige diese/s Leiden, eingestuft unter die Positionsnummer 11.02.01 der Einschätzungsverordnung nach der dortigen Tabelle Kolonne 9 Zeile 4 mit einem Grad der Behinderung von insgesamt 70 v.H. ein. Zu den – aus der Tabelle abgelesenen – 60 v.H. rechnete die Sachverständige den mit 10 v.H. bewerteten Zustand nach Grauer Star Op beidseits hinzu. Zur beantragten Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde im Wesentlichen nachfolgendes ausgeführt:

"Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Fusionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sichere Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

keine, die objektivierbare Sehminderung erreicht nicht ein derartiges Ausmaß (GdB 70 vH), welches zu einer erheblichen Erschwernis der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel führen würde"

Mit Schreiben vom 19.04.2017 wurde der Beschwerdeführerin von der belangten Behörde die Möglichkeit eingeräumt, im Rahmen des Parteiengehörs eine Stellungnahme zum Gutachten vom 07.04.2017 abzugeben. Das genannte Gutachten wurde ihr als Beilage dieses Schreibens übermittelt.

In weiterer Folge langte keine Stellungnahme der Beschwerdeführerin ein und wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 30.05.2017 ihren Antrag vom 24.02.2017 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass ab.

Begründend stützte sich die belangte Behörde auf das eingeholte Sachverständigengutachten der Fachärztin für Augenheilkunde vom 07.04.2017, wonach die Voraussetzungen für die begehrte Zusatzeintragung nicht vorliegen würden. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, die einen Bestandteil der Begründung bilde und mit dem Bescheid neuerlich übermittelt werde, zu entnehmen, so die belangte Behörde in ihrer Begründung.

Die Beschwerdeführerin, vertreten durch den Rechtsanwalt XXXX , brachte am 12.07.2017 das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den Bescheid vom 30.05.2017 bei der belangten Behörde ein und führte darin aus, dass durch den augenärztlichen Befund vom 17.02.2017 die Leidenszustände Astigmatismus, Hyperopie, Myopie und Presbyopie objektiviert seien. Das eingeholte Gutachten der belangten Behörde stehe dazu in krassem Widerspruch. Dieses Gutachten erwecke den Eindruck, dass bei der Beschwerdeführerin nahezu keine Funktionseinschränkungen vorliegen würden. So beschreibe die Sachverständige, dass ein Grad der Behinderung von 70 v.H. im Hinblick auf die Absenkung der Augen zu diagnostizieren wäre, dies aber zu keiner erheblichen Erschwernis der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel führe. Aus dem Befund vom 17.02.2017 gehe aber hervor, dass das Gesichtsfeld der Beschwerdeführerin eingeschränkt ist. Bereits aufgrund dieser Diagnose wäre ihrem Antrag stattzugeben gewesen.

Die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 20.07.2017 vorgelegt.

Zur Überprüfung der Einwendungen der Beschwerdeführerin wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Auftragsschreiben vom 24.07.2017 ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin, eingeholt.

Die beauftragte medizinische Sachverständige wurde ersucht zu beantworten, ob bei der Beschwerdeführerin eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen vorliegt. Diese Frage erfolgte unter dem Hinweis, dass die Eintragung "Der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist taubblind" vorzunehmen ist, wenn die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Mindesteinstufung im Sinne des § 4a Abs. 6 BPGG vorliegen.

Darüber hinaus wurde die Sachverständige ersucht zu den Einwendungen der Beschwerdeführerin, die sie in ihrer Beschwerde erhob, Stellung zu nehmen.

In dem zweiten medizinischen Sachverständigengutachten der erstinstanzlich betrauten Fachärztin für Augenheilkunde vom 08.09.2017, führt diese im Wesentlichen Folgendes aus:

" [ ]

Diagnose:

Frühgeborenenretinopathie beidseits, Zust. nach Op eines angeborenen Grauen Star beidseits, Zust. nach Netzhautablösung Op und Linsenluxation Op links

Sehverminderung rechts auf Handbewegung und links auf 0,3

Pos. 11.02.01 GdB 70%

Tabelle Kolonne 9 Zeile 4

Grauer Star Op beideseits + 10% inkl.

Gesichtsausfall links

Pos. 11.02.15 GdB 20%

Augen Gesamt GdB 90%

Zum (aktenmäßigen) Vorgutachten vom 7.4.2017 Abl. 10-11 Anhebung des Augen GdB von 70% auf 90% infolge Berücksichtigung des Gesichtsfeldausfalls.

Es liegt eine hochgradige Sehbehinderung nach dem BPGG vor, daher auch die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel

Dauerzustand."

Mit Schreiben vom 16.10.2017 wurde die Beschwerdeführerin, vertreten durch ihren Rechtsanwalt, und die belangte Behörde gemäß § 45 Abs. 3 AVG über das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in Kenntnis gesetzt und ihnen die Möglichkeit eingeräumt, dazu innerhalb einer Frist von einer Woche ab Zustellung dieses Schreibens eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.

Die Beschwerdeführerin führte in einem Schreiben vom 17.10.2017, vertreten durch ihren Rechtsanwalt, aus, dass sie mit den Schlussfolgerungen des Sachverständigengutachtens XXXX übereinstimme und ihren Antrag vollinhaltlich aufrecht halte.

Die belangte Behörde erstattete keine Stellungnahme.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland.

Die Beschwerdeführerin stellte am 24.02.2017 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass.

Der Beschwerdeführerin wurde am 21.09.1992 ein Behindertenpass ausgestellt und beträgt ihr festgestellter Grad der Behinderung seit 01.07.2005 90 v.H.

Bei der Beschwerdeführerin liegen folgende Funktionseinschränkungen vor:

1 Frühgeborenenretinopathie beidseits, Zustand nach Grauer Star Operation beidseits und Netzhauablösung Operation links, Sehverminderung rechts auf Handbewegung und links auf 0,3

2 Gesichtsfeldausfall links

Bei den genannten Funktionseinschränkungen handelt es sich um einen Dauerzustand.

Die Beschwerdeführerin bezieht Pflegegeld der Stufe 3.

Die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Mindesteinstufung im Sinne des § 4a Abs. 4 Bundespflegegeldgesetz (BPGG) liegen vor. Bei der Beschwerdeführerin liegt eine hochgradige Sehbehinderung vor.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Behindertenpass und zur Antragstellung ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen der bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Funktionseinschränkungen gründen auf dem bundesverwaltungsgerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten der Fachärztin für Augenheilkunde vom 08.09.2017. Die Beschwerdeführerin war bei der Sachverständigen für Augenheilkunde zur persönlichen Untersuchung geladen und erstellte diese auf Basis der Ananmeseerhebung sowie des von der Beschwerdeführerin bereits mit dem Antrag vorgelegten medizinischen Beweismittels vom 17.02.2017 einen Befund und erstattete daraufhin die entsprechende Diagnose. Dass bei der Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Mindesteinstufung im Sinne des § 4a Abs. 4 BPGG vorliegen, gründet ebenso auf dem Gutachten der fachärztlichen Sachverständigen vom 08.09.2017. Dies wird zusätzlich von dem Umstand gestützt, dass die Beschwerdeführerin Bezieherin der Pflegegeldstufe 3 ist, wobei sich diese Feststellung aus der von ihr vorgelegten Verständigung über die Höhe der Leistung durch die Pensionsversicherungsanstalt von Jänner 2017 ergibt.

Zu einer diesbezüglich näheren Erläuterung, insbesondere betreffend das Bundespflegegeldgesetz wird auf die rechtliche Beurteilung verwiesen.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, und Vollständigkeit des vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachtens vom 08.09.2017 und wird dieses daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013, idgF (BVWGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990, idgF (BBG), hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I 33/2013 idgF (VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 leg. cit. nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Zur Frage der Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel:

Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013 idgF wird der Behindertenpass als Karte aus Polyvinylchlorid hergestellt. Seine Gesamtabmessungen haben 53,98 mm in der Höhe und 85,60 mm in der Breite zu betragen. Gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen hat der Behindertenpass auf der Vorderseite zu enthalten:

1. die Bezeichnung "Behindertenpass" in deutscher, englischer und französischer Sprache;

2. den Familien- oder Nachnamen, den Vorname(n), akademischen Grad oder Standesbezeichnung des Menschen mit Behinderung;

3. das Geburtsdatum;

4. den Verfahrensordnungsbegriff;

5. den Grad der Behinderung oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit;

6. das Antragsdatum;

7. das Ausstellungsdatum;

8. die ausstellende Behörde;

9. eine allfällige Befristung;

10. eine Braillezeile mit dem Ausdruck "Behindertenpass";

11. ein Hologramm in Form des Bundeswappens mit dem Schriftzug "Sozialministeriumservice" im Hintergrund;

12. das Logo des Sozialministeriumservice;

13. einen QR-Code, mit dem auf der Homepage des Sozialministeriumservice nähere Informationen zum Behindertenpass und den einzelnen Zusatzeintragungen abgerufen werden können sowie

14. ein der Bestimmung des § 4 der Passgesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 223/2006, entsprechendes Lichtbild.

Gemäß § 1 Abs. 4 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen:

1. die Art der Behinderung, etwa, dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes

[ ]

b) blind oder hochgradig sehbehindert ist;

diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Mindesteinstufung im Sinne des § 4a Abs. 4 oder 5 BPGG vorliegen

[ ]

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

[ ]

- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

Entscheidend für die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist, wie sich eine bestehende Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH vom 20.10.2011, Zl. 2009/11/0032).

Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (nunmehr § 1 Abs. 4 Z 3) wird ausgeführt:

"Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

[ ]

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapiefraktion – das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen – ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

[ ]"

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).

Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hierbei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).

§ 1 Abs. 1 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen listet beispielhafte Fälle auf, denen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar ist. Darunter fallen Personen, die an einer hochgradigen Sehbehinderung, Blindheit oder Taubheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d fallen. Nach Abs. 4 Z 1 lit. b liegt eine Sehbehinderung, Blindheit oder Taubheit vor, wenn die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Mindesteinstufung im Sinne des § 4a Abs. 4 oder 5 Bundespflegegeldgesetz (BPGG) vorliegen. Somit verweist der Abs. 4 Z 1 lit. b der genannten Verordnung auf eine Bestimmung im BPGG (im konkreten Fall ist § 4a Abs. 4 BPGG schlagend), wonach bei hochgradig sehbehinderten Personen ein Pflegebedarf mindestens eines Ausmaßes entsprechend der Stufe 3 anzunehmen ist.

Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine solche Person.

Wie in der Beweiswürdigung bereits dargelegt stützt die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin Bezieherin von Pflegegeld Stufe 3 ist, die Feststellung, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine hochgradig sehbehinderte Person handelt. Andererseits stellte die im gegenständlichen Verfahren bestellte medizinische Sachverständige für Augenheilkunde in ihrem Gutachten vom 08.09.2017 fest, dass bei der Beschwerdeführerin eine hochgradige Sehbehinderung nach dem Bundespflegegeldgesetz vorliegt.

Darüber hinaus handelt es sich bei der Beschwerdeführerin um einen Dauerzustand, demnach ist die Voraussetzung, dass die Funktionseinschränkungen für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten vorliegen, erfüllt.

Schlussfolgernd liegt bei der Beschwerdeführerin der Fall des § 1 Abs. 1 Z 3 fünfter Teilstrich der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen vor und ist in einem solchen Fall die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist, in den Behindertenpass einzutragen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarere verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs.4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall wurde zur Klärung des Sachverhaltes ein augenfachärztliches Sachverständigengutachten eingeholt, den Einwendungen der Beschwerdeführerin konnte gefolgt werden, und der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist als geklärt anzusehen, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behindertenpass, Sachverständigengutachten, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:W166.2164887.1.00

Zuletzt aktualisiert am

31.10.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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