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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AufG 1992 §9 Abs3;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):98/19/0164 98/19/0163Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde 1.) der 1962 geborenen N M, 2.) des 1981 geborenen I M und 3.) des 1984 geborenen G M, alle vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 27. Mai 1998, 1.) zu Zl. 308.788/2-III/11/98 (betreffend die Erstbeschwerdeführerin), 2.) zu Zl. 308.788/8-III/11/98 (betreffend den Zweitbeschwerdeführer) und 3.) zu Zl. 308.788/7-III/11/98 (betreffend den Drittbeschwerdeführer), jeweils betreffend Übergang der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit des Fremdengesetzes 1997, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Erstbeschwerdeführerin ist Mutter der übrigen Beschwerdeführer. Mit Schreiben ihres Rechtsvertreters vom 15. Juli 1997, eingelangt beim Magistrat der Stadt Wien am 22. Juli 1997, stellten die Beschwerdeführer Anträge auf Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen.
Mit Schreiben ihres Rechtsvertreters vom 26. Jänner 1998 (Poststempel 27. Jänner 1998) stellten die Beschwerdeführer beim Bundesminister für Inneres Anträge auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung auf den Bundesminister für Inneres als die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde. Sie begründete dies damit, dass der Landeshauptmann von Wien bis zum 26. Jänner 1998 keine Bescheide "in der Frist des § 73 AVG erlassen" hätte. Das alleinige Verschulden an der Nichterledigung liege bei der Verwaltungsbehörde.
Mit jeweils gleich lautenden Bescheiden vom 27. Mai 1998 wurden diese Anträge auf Übergang der Entscheidungspflicht vom Bundesminister für Inneres gemäß § 73 Abs. 1 und 2 AVG in Verbindung mit § 22 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) "abgewiesen". In der Begründung führte der Bundesminister aus, die Beschwerdeführer hätten durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter mit Schriftsatz vom 15. Juli 1997 postalisch Anträge auf Erteilung von Aufenthaltsberechtigungen gestellt, die am 22. Juli 1997 beim Magistrat der Stadt Wien eingelangt seien. Diese Anträge seien im Wesentlichen mit dem Zweck Familiengemeinschaft mit dem in Österreich lebenden Ehegatten bzw. Vater begründet worden. Am 28. Jänner 1998 sei durch den rechtsfreundlichen Vertreter der Beschwerdeführer für diese beim Bundesminister für Inneres jeweils ein Devolutionsantrag eingebracht worden. Gemäß § 22 FrG 1997 dürfe eine quotenpflichtige Erstniederlassungsbewilligung nur erteilt werden, wenn die für den Fremden samt dem Familiennachzug nach § 21 Abs. 2 FrG 1997 erforderlichen Bewilligungen in dem Land der beabsichtigten Niederlassung nach der Niederlassungsverordnung noch zur Verfügung stehen. Werde die Erstniederlassungsbewilligung erteilt, so vermindere sich diese Zahl entsprechend. Sei die Zahl bereits ausgeschöpft, so sei die Entscheidung über die zu diesem Zeitpunkt anhängigen und über die danach einlangenden Anträge, denen im Falle noch zur Verfügung stehender Bewilligungen stattzugeben wäre, so lange aufzuschieben, bis in einer nachfolgenden Niederlassungsverordnung auf sie Bedacht genommen werden kann. § 73 AVG und § 27 VwGG seien nur insoweit anwendbar, als die Zeit des zulässigen Aufschubes überschritten wird. Da zum Zeitpunkt der Antragstellung die Quote für das Bundesland Wien bereits ausgeschöpft gewesen sei und die Frist des § 73 Abs. 1 AVG somit erst mit 1. Jänner 1998 zu laufen begonnen habe, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, über die der Verwaltungsgerichtshof, nach ihrer Verbindung zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung auf Grund ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges, erwogen hat:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes (AufG) lauteten zuletzt (auszugsweise):
"§ 2. (1) Die Bundesregierung hat, im Einvernahmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates, für jeweils ein Jahr mit Verordnung die Anzahl der Bewilligungen festzulegen, die höchstens erteilt werden dürfen. ...
(2) Die Bundesregierung hat in dieser Verordnung im Interesse einer den Möglichkeiten und Erfordernissen (Abs. 1) der einzelnen Länder entsprechenden Verteilung von Fremden im Bundesgebiet die Bewilligungen auf die Länder aufzuteilen. ...
(3) Die Bundesregierung kann in dieser Verordnung insbesondere
... unter Bedachtnahme auf Abs. 1 eine besondere Zahl für
Bewilligungen für den Familiennachzug gemäß § 3 Abs. 1 Z 2
festlegen,
...
§ 3. (1) Ehelichen und außerehelichen minderjährigen Kindern
und Ehegatten
...
2. von Fremden, die auf Grund einer Bewilligung ... rechtmäßig
seit mehr als zwei Jahren ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben, ist nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 Z 3 und 4 eine Bewilligung zu erteilen, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5 Abs. 1) vorliegt.
(2) Die Erteilung einer Bewilligung gemäß Abs. 1 für Ehegatten setzt voraus, dass die Ehe zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits mindestens ein halbes Jahr besteht.
...
§ 9.
...
(3) Sobald die gemäß § 2 Abs. 1 festgelegte Anzahl von Bewilligungen für eine in der Verordnung bestimmte Gruppe erreicht ist, dürfen für solche Personen keine weiteren Bewilligungen erteilt werden. Die Entscheidung über die zu diesem Zeitpunkt anhängigen und danach einlangenden Anträge ist bis zum Inkrafttreten einer nachfolgenden Verordnung gemäß § 2 aufzuschieben, die für solche Personen eine neue Zahl von Bewilligungen vorsieht. § 73 AVG und § 27 VwGG ist in diesem Fall nicht anwendbar."
§ 1 der am 13. Dezember 1996 ausgegebenen Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1997, BGBl. Nr. 707/1996, lautete (auszugsweise):
"§ 1. (1) Im Jahr 1997 dürfen - außerhalb der in § 2 festgelegten Zahl von Bewilligungen - höchstens
17.320 Bewilligungen erteilt werden.
(2) Die Anzahl dieser Bewilligungen wird in folgendem
Verhältnis auf die Länder aufgeteilt:
...
Wien: insgesamt höchstens 5.400 Bewilligungen, aufgeteilt auf
...
höchstens 2.600 Bewilligungen für den Familiennachzug (§ 1 Z 3 der Verordnung BGBl. Nr. 395/1995),
..."
Nach der Aktenlage verfügte der Ehegatte bzw. Vater der Beschwerdeführer zuletzt über Aufenthaltsbewilligungen gültig vom 1. Februar 1994 bis zum 1. Februar 1996 sowie vom 2. Februar 1996 bis zum 30. November 1997 (vgl. OZ. 16 und 59 des die Erstbeschwerdeführerin betreffenden Verwaltungsaktes). Die Ehe der Erstbeschwerdeführerin mit ihrem Ehegatten wurde nach der Aktenlage am 16. Oktober 1982 geschlossen (vgl. OZ. 97 des erwähnten Verwaltungsaktes). Im Zeitpunkt der Antragseinbringung hatten demnach die Beschwerdeführer, die zuvor noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung oder einen vor dem 1. Juli 1993 ausgestellten Sichtvermerk verfügten, sofern kein Ausschließungsgrund vorlag, grundsätzlich einen Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 AufG. Voraussetzung für die Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen war aber, dass die gemäß § 2 Abs. 1 AufG festgelegte Anzahl von Bewilligungen für die in der Verordnung BGBl. Nr. 707/1996 bestimmte Gruppe - im Falle der Beschwerdeführer: Familiennachzug - nicht bereits erreicht war.
Gemäß § 9 Abs. 3 letzter Satz AufG findet § 73 AVG während Zeiten geschlossener Quote keine Anwendung (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 13. Juni 1997, Zl. 96/19/2208). Wäre die Quote im Zeitpunkt der Antragstellung der Beschwerdeführer bereits "erschöpft" gewesen, so hätte die Frist des § 73 Abs. 1 AVG nicht zu laufen begonnen, was zur Konsequenz hätte, dass für den Landeshauptmann von Wien bis zum Inkrafttreten der Niederlassungsverordnung für das Jahr 1998 auf Grund des Fremdengesetzes 1997 (mit 1. Jänner 1998) keine Entscheidungspflicht bestand.
Die belangte Behörde stützte die angefochtenen Bescheide ausschließlich auf den Umstand, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung die Quote für das Bundesland Wien bereits ausgeschöpft gewesen sei und die Frist des § 73 Abs. 1 AVG somit erst mit 1. Jänner 1998 zu laufen begonnen hätte. Aus dieser Begründung ergibt sich, dass die belangte Behörde die Zulässigkeit des Devolutionsantrages verneint, weshalb ungeachtet des Wortlautes des angefochtenen Bescheides davon auszugehen ist, dass die belangte Behörde den Devolutionsantrag des Beschwerdeführers nicht abgewiesen, sondern als unzulässig zurückgewiesen hat.
Die Beschwerdeführer bestreiten die maßgebliche Feststellung der belangten Behörde, die Quote für das Jahr 1997 für das Bundesland Wien sei bereits im Zeitpunkt der Antragstellung erschöpft gewesen, nicht mit konkretem Vorbringen. Auch wenn sie zu Recht darauf hinweisen, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, ihnen zu ihrer Annahme der Quotenerschöpfung Parteiengehör einzuräumen, gelingt es ihnen mangels konkreter Bestreitung der Feststellung der belangten Behörde mit ihrem Vorbringen, sie hätten für den Fall der Einräumung des Parteiengehörs die Angabe einer konkreten Höchstzahl bereits erteilter Bewilligungen verlangt, nicht aufzuzeigen, wie die Behörde bei Vermeidung des dargestellten Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können. Soweit die Beschwerdeführer mit ihrem Vorbringen zum Ausdruck bringen wollen, dass ihnen weder im Zeitpunkt der Antragstellung im Jahr 1997 noch anlässlich der Stellung ihrer Devolutionsanträge die Zahl der im Bundesland Wien bereits erteilten Bewilligungen bekannt gewesen ist, sind sie darauf zu verweisen, dass es ihnen jeweils offen gestanden wäre, von den Aufenthalts- bzw. Niederlassungsbehörden im Rahmen deren Auskunftspflicht gemäß Art. 20 Abs. 4 B-VG diesbezügliche Information zu erlangen.
Wurden die Anträge der Beschwerdeführer aber zu einem Zeitpunkt gestellt, in dem die Quote für das Bundesland Wien bereits erschöpft war, so begann die Entscheidungspflicht der Behörde erster Instanz nicht vor dem 1. Jänner 1998 zu laufen. Die bereits am 27. Jänner 1998 zur Post gegebenen Devolutionsanträge erweisen sich daher als verfrüht. Die auf diesen Umstand gestützten angefochtenen Bescheide können daher auch nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Aus diesen Erwägungen waren die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 8. September 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1998190162.X00Im RIS seit
02.05.2001Zuletzt aktualisiert am
26.06.2017