TE Vwgh Beschluss 2000/9/12 AW 2000/03/0052

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Veröffentlicht am 12.09.2000
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3L E13103020;
E3L E13206000;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
91/01 Fernmeldewesen;

Norm

31997L0033 Telekommunikationsmarkt-RL Art1;
31997L0033 Telekommunikationsmarkt-RL Art12 Abs5 idF 31998L0061;
31997L0033 Telekommunikationsmarkt-RL Art12 Abs7 idF 31998L0061;
31997L0033 Telekommunikationsmarkt-RL Erwägungsgrund15;
EURallg;
TKG 1997 §1;
TKG 1997 §111 Z6;
TKG 1997 §41 Abs3;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der T AG in Wien, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt, der gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 9. Mai 2000, Zl. Z 26/99-85, betreffend Zusammenschaltungsanordnung (mitbeteiligte Partei: B GmbH in Wien, vertreten durch Dr. C , Rechtsanwalt,), erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen Bescheid ordnete die belangte Behörde gemäß § 41 Abs. 3 in Verbindung mit § 111 Z 6 des Telekommunikationsgesetzes, BGBl. I Nr. 100/1997 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 188/1999 (im Folgenden: TKG) für die Zusammenschaltung des öffentlichen mobilen Telekomminikationsnetzes der mitbeteiligten Partei mit dem öffentlichen Telekommunikationsnetz der Beschwerdeführerin ergänzend zur früheren näher genannten Zusammenschaltungsanordnungen weitere Zusammenschaltungsbedingungen an, die Regelungen betreffend die wechselseitigen technischen und betrieblichen Abläufe zur Gewährleistung der Portabilität von Diensterufnummern bestimmter Rufnummernbereiche zum Gegenstand haben. Die Anordnung enthält in diesem Zusammenhang, insbesondere auch Bestimmungen bezüglich der Kostentragung (Spruchpunkt A.5.) und bezüglich Informationspflichten (Spruchpunkt C.6.6.). Diesem Bescheid liegt ein Antrag der mitbeteiligten Partei zugrunde, der teilweise schon durch den Bescheid der belangten Behörde vom 3. April 2000, Z. 26/99-77, erledigt wurde. Dem mit ihrer Beschwerde (zur Zl. 2000/03/0141) gegen den zuletzt genannten Bescheid verbundenen Antrag der Beschwerdeführerin, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wurde mit hg. Beschluss vom 3. Juli 2000, Zl. AW 2000/03/0036, nicht stattgegeben.

2. Durch den vorliegenden Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Entscheidung durch die zuständige Behörde sowie in ihrem Recht auf kostenorientierte Festlegung der Entgelte für die Entrichtung der Nummernportierung verletzt und beantragt gleichzeitig, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Es drohe ihr auf Grund der mit dem angefochtenen Bescheid getroffenen Entgeltanordnungen ein Einnahmenausfall in der Höhe von rund S 80 Mio. Ein diesem Verlust entsprechender gleichartiger Vorteil der mitbeteiligten Partei, anderer Festnetzbetreiber oder gar der Endkunden sei nicht ersichtlich. Die Nummernportabilität bilde nur einen weiteren Baustein zur Vervollständigung der bereits bestehenden wettbewerblichen Struktur im österreichischen Telekommunikationsmarkt. Die negativen Auswirkungen des angefochtenen Bescheides dagegen würden zunächst vor allem die Beschwerdeführerin treffen, da ein Großteil der Teilnehmeranschlüsse bei ihr realisiert seien. Die Abwägung sämtlicher Interessen bringe daher das Ergebnis, dass der Nachteil der Beschwerdeführerin ein unzumutbarer und gegenüber den allenfalls eintretenden Vorteilen der mitbeteiligten Partei bzw. der Endkunden auch unverhältnismäßig sei. Dies umsomehr, als die Beschwerdeführerin - "wie auch allen Medien zu entnehmen ist" - 1999 eine Halbierung der Ergebnisse zum Vorjahr hinnehmen habe müssen. Weiters mangle es vor dem Hintergrund des - gerade in Anbetracht der Teilnahme durch die mitbeteiligte Partei - ohnehin funktionierenden Marktes an jeglichem zwingenden öffentlichen Interesse an einem sofortigen Vollzug des angefochtenen Bescheides; vielmehr bestehe ein öffentliches Interesse daran, dass der wettbewerbsintensive österreichische Telekommunikationsmarkt nicht "durch behördliche Fehlsteuerungen in seinem Funktionieren beeinträchtigt" werde.

3. Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, soweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat der Verwaltungsgerichtshof die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu prüfen (vgl. den hg. Beschluss vom 3. Juli 2000, Zl. AW 2000/03/0036, mwH).

4. In ihrer Stellungnahme vom 31. Juli 2000 zu dem eingangs genannten Antrag tritt die belangte Behörde den diesen Antrag stützenden Ausführungen der beschwerdeführenden Partei - unter anderem unter Hinweis auf die Rechtslage nach dem Gemeinschaftsrecht - im einzelnen entgegen. Gleiches gilt für die Stellungnahme der mitbeteiligten Partei vom 9. August 2000.

5. In der Begründung des angefochtenen Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, dass es sich bei der beschwerdeführenden Partei um ein marktbeherrschendes Unternehmen handle und dass die Zusammenschaltungsentgelte nach dem gemäß § 41 Abs. 3 letzter Satz TKG bei der Festlegung der Höhe der Entgelte von marktbeherrschenden Unternehmen Anwendung findenden Grundsatz der Kostenorientiertheit entsprechend der Richtlinie 97/33/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates festgelegt worden seien. Die Darlegung der Kosten der beschwerdeführenden Partei und der daraus abgeleiteten Entgelte für die Nummernportierung ergebe sich aus den schlüssigen und widerspruchsfreien Gutachten zweier namentlich angeführter Sachverständiger; die Plausibilität der von den Sachverständigen ermittelten Kosten werde auch durch den internationalen Vergleich bestätigt. Diese Annahmen sind nicht von vornherein als unzutreffend zu erkennen.

Die die Telekommunikation regelnden Rechtsvorschriften haben den Zweck, das ordnungsgemäße Funktionieren des Marktes für Telekommunikationsdienstleistungen durch Sicherstellung eines chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbes zu gewährleisten (vgl. insbesondere Art. 1 der Richtlinie 97/33/EG sowie §§ 1 und 32 TKG). Im Erwägungsgrund 15 der Richtlinie 97/33/EG wird unter anderem ausgeführt, dass die Numerierung ein Schlüsselelement für den gleichberechtigten Zugang sei. Die Übertragbarkeit von Nummern ("Portabilität") sei ein wichtiges Leistungsmerkmal für Benützer, sie sollte eingeführt werden, sobald dies realisierbar sei. Nach Art. 12 Abs. 5 der Richtlinie 97/33/EG (in der Fassung der Richtlinie 98/61/EG) fördern die nationalen Regulierungsbehörden die frühestmögliche Einführung der Übertragbarkeit von Nummern, bei der der Teilnehmer auf Antrag seine Nummer(n) im festen öffentlichen Telefonnetz und dem diensteintegrierenden digitalen Fernmeldenetz (ISDN) - im Fall geographisch gebundener Nummern an einem bestimmten Standort und im Fall aller anderen Nummern an einem beliebigen Standort - beibehalten kann, und zwar unabhängig von der Organisation, die den Dienst erbringt. Sie stellen sicher, dass dieses Leistungsmerkmal spätestens ab dem 1. Januar 2000 oder, in denjenigen Ländern, denen eine zusätzliche Übergangsfrist eingeräumt wurde, sobald wie möglich danach, spätestens jedoch zwei Jahre nach einem für die vollständige Liberalisierung der Sprachtelefondienste vereinbarten späteren Zeitpunkt, zur Verfügung steht. Nach Art. 12 Abs. 7 letzter Satz der genannten Richtlinie sorgen die nationalen Regulierungsbehörden dafür, dass für die Zusammenschaltung im Zusammenhang mit der Erbringung dieser Dienstleistung eine Gebühr festgelegt wird, die den tatsächlichen Kosten entspricht, und dass etwaige direkte Gebühren für die Verbraucher diese nicht davon abhalten, die betreffende Dienstleistung in Anspruch zu nehmen.

Daraus ist abzuleiten, dass die mit dem angefochtenen Bescheid getroffenen Regelungen betreffend die wechselseitigen Bedingungen für das Funktionieren der Portierung von Diensterufnummern im öffentlichen Interesse liegen; dieses ist im Hinblick auf die Wichtigkeit solcher Maßnahmen für die Herstellung eines funktionsfähigen Marktes als zwingend im Sinne des § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG anzusehen. Es steht im Beschwerdefall der Zuerkennung der beantragten aufschiebenden Wirkung entgegen (vgl. den schon angeführten hg. Beschluss vom 3. Juli 2000).

6. In einem solchen Fall ist eine Interessenabwägung nicht vorzunehmen.

7. Dem Aufschiebungsantrag war daher nicht stattzugeben.

Wien, am 12. September 2000

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4 Zwingende öffentliche Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:AW2000030052.A00

Im RIS seit

21.12.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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