TE Pvak 2017/2/13 B 2-PVAB/17

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Veröffentlicht am 13.02.2017
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Norm

PVG §9 Abs4 lita
PVG §10
PVG §10 Abs4
PVG §10 Abs5
PVG §10 Abs6
PVG §10 Abs7

Schlagworte

Anträge; Anregungen; Vorschläge; Herstellung des Einvernehmens; Mitwirkungspflicht von DL und DA; keine Verpflichtung zu Beratung; Beratung dennoch sinnvoll und zweckmäßig; begründete Ablehnung durch DL; Zweck der Begründungspflicht des DL; Eingehen auf Argumentation des DA bei Begründung der Ablehnung durch DL

Text

B 2-PVAB/17

Prüfungsergebnis

Die Personalvertretungsaufsichtsbehörde hat durch ihre Mitglieder Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI als Vorsitzende sowie Dr.in Anita PLEYER als Vertreterin des Dienstgebers und Mag. Walter HIRSCH als Vertreter der Dienstnehmer/innen die im Wege des Zentralausschusses beim Bundesministerium für Justiz (ZA) gemäß § 41 Abs. 5 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes, BGBl. Nr. 133/1967, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 119/2016, eingebrachte Beschwerde des Dienststellenausschusses *** (DA) gegen den Leiter der Dienststelle A (DL) wegen behaupteter Verletzung des PVG gemäß § 41 Abs. 4 PVG mit folgendem Ergebnis geprüft:

DL A hat das Bundes-Personalvertretungsgesetz (PVG) in der in Beschwerde gezogenen Angelegenheit verletzt, indem er den Antrag des DA vom 28. November 2016, die Departementleitungen von Insassen zu evaluieren und bestimmte Bedienstete mit sofortiger Wirkung von den Aufgaben der Departementleitungen zu entheben, ohne Angabe von Gründen abgelehnt hat.

Begründung

Mit Schreiben vom 19. Jänner 2017 brachte der ZA die Beschwerde des DA bei der PVAB ein. Der in Beschwerde gezogene Fall ereignete sich im Dezember 2016.

Nach § 41 Abs. 4 PVG kann sich ein Organ der Personalvertretung (PVO) bei der PVAB wegen behaupteter Verletzung des PVG innerhalb des letzten Jahres durch ein Organ des Dienstgebers beschweren.

Der DA fasste seinen Beschluss, dem ZA seine Beschwerde zur Weiterleitung an die PVAB vorzulegen, am 11. Jänner 2017. Der relevante Zeitraum liegt somit zwischen 11. Jänner 2016 und dem 11. Jänner 2017. Die Beschwerdelegitimation ist gegeben. Die Beschwerde wurde rechtzeitig und gemäß § 41 Abs. 5 PVG im Wege des ZA der PVAB übermittelt.

Der Beschwerde liegt lt. Beschwerdevorbringen folgender Sachverhalt zugrunde:

Nach Beschlussfassung in seiner Sitzung vom 28. November 2016 beantragte der DA mit Schreiben vom selben Tag beim DL, die Departementleitungen von Insassen zu evaluieren und bestimmte Bedienstete mit sofortiger Wirkung von den Aufgaben der Departementleitungen zu entheben.

Mit Schreiben vom 5. Dezember 2016 teilte der DL dem DA mit, dass die Regelung der Departementleitungen beibehalten bleibe und ersuchte den DA unter einem um Mitteilung, falls vom DA ein Vorlageantrag an die Zentralstelle gewünscht werde.

Der DA forderte daraufhin mit E-Mail vom 5. Dezember 2016 eine ausführliche Begründung des DL, warum dem Antrag des DA nicht gefolgt werden könne. Mit Schreiben vom 7. Dezember 2016 verwies der DL auf sein Schreiben vom 5. Dezember 2016 und teilte ergänzend mit, dass auch nach Rücksprache mit Departementleiter B derzeit kein Änderungsbedarf besteht.

Mit E-Mail vom 14. Dezember 2016 ersuchte DA-Vorsitzender C neuerlich um eine ausführliche Begründung, warum dem Antrag des DA vom 28. November 2016 nicht gefolgt werde, weil dies für die weitere Vorgangsweise des Gremiums (z.B. Vorlage an die Generaldirektion oder Verhandlungsgrundlage nach den Bestimmungen des § 10 PVG) von entscheidender Bedeutung wäre. Mit Schreiben vom 28. Dezember 2016 teilte der DL dem DA unter Verweis auf seine Schreiben vom 5. und 7. Dezember 2016 mit, dass er als Anstaltsleiter keine Veranlassung sehe, seine Entscheidung genauer zu begründen.

Dem DL wurde die Beschwerde samt Anlagen mit Schriftsatz vom 19. Jänner 2017 übermittelt, um ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zum Beschwerdevorbringen zu geben. In seiner fristgerecht übermittelten Stellungnahme vom 23. Jänner 2017 bestritt der DL das Beschwerdevorbringen nicht, führte jedoch aus, dass er dem DA in drei Schreiben mitgeteilt habe, keinen Anlass zur Änderung der bestehenden Regelung zu sehen. Im Schreiben vom 7. Dezember habe er dem DA ergänzend auch die Meinung des Departementleiters B, der gleichfalls keinen Änderungsbedarf der bestehenden Regelung erkennen könne, zur Kenntnis gebracht. Weiters sei der DA schon in seinem Schreiben vom 5. Dezember 2016 aufgefordert worden, schriftlich mitzuteilen, ob eine Vorlage an die Zentralstelle gewünscht werde, worauf der DA jedoch nicht eingegangen sei. Der DL könne daher aus den genannten Gründen in der in Beschwerde gezogenen Angelegenheit kein rechtswidriges Verhalten seinerseits erkennen.

Der ZA hatte die Beschwerde weitergeleitet, ohne sich inhaltlich dazu zu äußern, weshalb seine Einbindung nicht geboten war.

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht somit unbestritten fest.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 9 Abs. 4 lit. a PVG obliegt es dem DA, beim DL Anregungen zu geben und Vorschläge zu erstatten, mit dem Ziele, zum allgemeinen Nutzen und im Interesse der Bediensteten den Dienstbetrieb zu fördern.

Gemäß § 10 Abs. 4 PVG hat sich der DL auf Verlangen des DA mit diesem über Anträge, Anregungen und Vorschläge binnen zwei Wochen zu beraten. Das Beratungsergebnis ist vom DL in Form einer Niederschrift festzuhalten.

Glaubt der DL, schriftlich eingebrachten Anträgen, Anregungen und Vorschlägen des DA (§ 9 Abs. 4 lit. a PVG) nicht nachkommen zu können, so hat er dies dem DA nach § 10 Abs. 5 PVG unter Angabe der Gründe ohne unnötigen Aufschub schriftlich bekanntzugeben.

Verlangt es der DA in solchen Fällen innerhalb einer Frist von zwei Wochen, ist die Angelegenheit im Dienstweg der sachlich übergeordneten Dienststelle, bei der ein für die Angelegenheit zuständiger Fachausschuss (FA) errichtet ist, wenn eine solche Dienststelle nicht besteht, der Zentralstelle binnen zwei Wochen vorzulegen, wobei eine schriftliche Äußerung des DA dem Vorlageakt anzuschließen ist.

Letztlich hat der/die Leiterin der Zentralstelle nach persönlicher Beratung der Angelegenheit mit dem Zentralausschuss (ZA) eine Entscheidung zu treffen.

Nach der Systematik des PVG ist dessen oberstes Ziel das Einvernehmen zwischen Dienstgeberseite und Personalvertretung. Folgerichtig geht auch Schragel (PVG, § 10, Rz 29 und Rz 20) davon aus:

„Die Formulierung des § 10 Abs. 5 erster Satz PVG lässt erkennen, dass auch dann, wenn über eine vom DL beabsichtigte Maßnahme zunächst keine Willensübereinstimmung mit der PV erzielt wurde, immer noch eine Verständigung bzw. die Herstellung des Einvernehmens angestrebt werden soll. Das gilt auch für Anträge, Anregungen und Vorschläge der PV und damit auch für dem § 9 Abs. 3 PVG zu unterstellende Fälle. Dass das Gesetz allgemein die Herstellung des Einvernehmens als Hauptziel betrachtet, ist aus § 10 Abs. 6 letzter Satz und Abs. 7 erster Satz PVG zu erkennen, wo nur mehr das Wort ‚Einvernehmen‘ verwendet wird, auch wenn nicht Fälle des § 9 Abs. 2 PVG Gegenstand des Verfahrens sind. § 10 Abs. 5 erster Satz PVG ist auch so formuliert, dass er dem DL, der nicht gewillt ist, sogleich den Vorstellungen der PV zu entsprechen, nahelegt, vor Einleitung eines formellen Verfahrens mit der PV noch eine Beratung durchzuführen, auch wenn § 10 Abs. 5 erster Satz PVG nur gebietet, dass schriftliche Eingaben der PV nur mit schriftlichen Gegengründen beantwortet werden müssen.“

Aus dem Gesagten folgt, dass beide Seiten, DL und DA, durch das PVG dazu verpflichtet sind, im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben alles daranzusetzen, um in der jeweils strittigen Personalvertretungsangelegenheit Einvernehmen zu erzielen.

Es ist zwar richtig, dass der DA nicht verpflichtet ist, ein Beratungsgespräch zu verlangen, doch geht die Systematik des PVG davon aus, dass Beratungen sinnvoll und zweckmäßig sind, um gemeinsam ein Ergebnis zu erzielen. Auch aus diesem Grund hat der Gesetzgeber die Regelungen über das Beratungsgespräch den Vorgaben zum Vorlageantrag vorgelagert.

Der DA hat im vorliegenden Fall zwar einerseits vom DL eine „ausführliche Begründung“ dessen ablehnender Haltung zum Antrag vom 28. November 2016 verlangt, andererseits aber den vom Gesetzgeber im PVG vorgezeichneten Weg, zunächst im Wege der Beratung zu versuchen, zu einer Einigung zu kommen, nicht eingeschlagen, obwohl eine Beratung im persönlichen Gespräch zwischen DL und DA ohne Zweifel wesentlich besser dazu geeignet gewesen wäre, die Argumente des DL im Einzelnen kennenzulernen und das Anliegen des DA im Meinungsaustausch zwischen DL und DA umsetzen zu können.

Dem DA ist trotzdem darin beizupflichten, dass der DL, wenn er nicht gewillt ist, dem Anliegen des DA Rechnung zu tragen, dazu verpflichtet ist, das Anliegen der PV formal abzulehnen und seine klare Entscheidung schriftlich zu begründen, wobei in der Begründung auf die Argumente des DA einzugehen ist. Eine darüber hinausgehende „ausführliche Begründung“ verlangt der Gesetzgeber jedoch nicht.

Der DA begründet sein Verlangen nach „ausführlicher Begründung“ der Ablehnung des DL damit, dass er diese kennen müsse, um darüber entscheiden zu können, ob eine Beratung verlangt oder sofort ein Vorlageantrag gestellt werden soll.

Diese Begründung vermag die PVAB nicht nachzuvollziehen, weil ja gerade das im PVG vorgesehene Beratungsgespräch ermöglichen soll, die gegenseitigen Standpunkte kennen zu lernen und darüber mit dem Ziel, letztlich das Einvernehmen herzustellen, zu verhandeln (Schragel, PVG, § 10, Rz 30), wobei eine nur schriftliche Begründung ohne jeden Zweifel diesem Zweck nicht im selben Umfang dienlich sein kann.

Die Begründung der ablehnenden Haltung des DL ist vielmehr deshalb von wesentlicher Bedeutung für den DA, um sich entweder dem Standpunkt des DL anzuschließen oder im weiteren Verfahren auf die Argumente des DL eingehen zu können.

Obgleich, wie bereits erwähnt, beide Seiten durch das PVG dazu verpflichtet sind, im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben alles daranzusetzen, um in der jeweils strittigen Personalvertretungsangelegenheit Einvernehmen zu erzielen, hat der DA durch seinen Verzicht auf ein Beratungsverlangen nach § 10 Abs. 5 PVG diesem erklärten Ziel des PVG-Verfahrens nicht Rechnung getragen.

Dennoch hätte der DL seine Ablehnung des Antrags des DA vom 28. November 2016 begründen müssen, indem er, wenngleich nur im erforderlichen Ausmaß, auf die Argumentation des DA, die Aufgaben der von ihm genannten Bediensteten in einer so großen Justizanstalt seien derartig umfangreich, dass es aus der Sicht des DA nicht möglich sei und auch nicht zu deren Aufgaben gehöre (siehe VZO), Departementleitungen auszuüben, weshalb sich diese Bediensteten auf die Aufgaben konzentrieren sollten/müssten, die lt. Arbeitsplatzbeschreibungen zu erfüllen seien.

Dass der DL in seiner schriftlichen Ablehnung des Antrags des DA nicht auf diese Argumentation des DA eingegangen ist, verletzt aus den genannten Gründen das PVG.

Wien, am 13. Februar 2017

Die Vorsitzende:

Sektionschefin i.R. Prof.in Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:PVAB:2017:B.2.PVAB.17

Zuletzt aktualisiert am

22.02.2017
Quelle: Personalvertretungsaufsichtsbehörde Pvab, https://www.bundeskanzleramt.gv.at/personalvertretungsaufsichtsbehorde
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