TE Dok 2016/2/23 5-DK-14

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.02.2016
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Norm

BDG 1979 §43 Abs2
BDG 1979 §44 Abs1

Schlagworte

missbräuchliche Verwendung dienstlicher Applikationen

Text

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres hat in der durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I)

N.N. ist schuldig,

1.  (des ergänzenden Einleitungsbescheides ) er habe während seines Dienstes über Ersuchen eines Bekannten im PAD eine „Personen-Suche bezüglich ihm selbst und einer weiteren Person geführt, da der Bekannte wissen wollte, ob gegen ihn eine Anzeige erstattet wurde. Dies ohne dienstlichen Grund und ohne entsprechende Dokumentation,

2.   (des ergänzenden Einleitungsbescheides) er habe nach seiner obigen Nachschau im PAD seinem Bekannten per SMS-Nachricht mitgeteilt, dass keine Anzeige vorliegen würde,

4.   (des ergänzenden Einleitungsbescheides) er habe eine weitere EKIS Anfrage getätigt, dies ohne jegliche Dokumentation,

5.   (des ergänzenden Einleitungsbescheides) er habe eine EKIS Anfrage, nämlich eine ZMR-Suchanfrage bzgl. einer Adresse getätigt, wobei als Anfragegrund „AKT“ eingegeben wurde und als Treffer ua. ein Name und das Geburtsdatum einer Person angeführt wurde, dies ohne dienstlichen Grund und ohne ordnungsgemäße Dokumentation,

4.   (des Einleitungsbescheides) er habe eine EKIS/ZMR-Anfrage betreffend einer Person getätigt, dies ohne Berechtigung, ohne dienstlichen Grund und ohne die erforderliche Dokumentation,

5.   (des Einleitungsbescheides) er habe weitere EKIS-Anfragen, Suchanfragen, Öffnen und Einsichtnahme von Akten im PAD ohne Berechtigung, zum Teil ohne dienstlichen Grund, teilweise zwar mit dienstlichem Grund, jedoch ohne Dokumentation bzw. falscher Dokumentation getätigt, und zwar:

?    Suchanfrage und Einsichtnahme zu einer Person

?     eine Suchanfrage bzgl. einer Firma sowie

?     eine EKIS/KZR-Anfrage bzgl. Firma, es wurde keine Aktenzahl angegeben, sondern lediglich „Akt“ angeführt.

?     2 Suchanfragen bzgl. einer sowie Einsichtnahme zum Akt des PK „Sachbeschädigung bzgl. einer Firma“

?     Suchanfragen bzgl. div. Firmen

?     Kfz-Suche bzgl. des Kennzeichens

?     KZR-Anfragen sowie eine ZMR-Anfrage betreffend „einer Person. Im Bezug wurde „ V/2“ angeführt.

?     Anfrage (ZMR-Suche) betreffend einer weiteren Person. Im Bezug wurde „EAH“ angeführt.

?     KZR-Anfragen betreffend „Person Im Bezug wurde „ V/73“ angeführt.

?     Anfragen (PFI, SIS) betreffend diverser Personen. Im Bezug wurde „ Test“ angeführt.

6.   Er habe weitere „PAD-Akten“ geöffnet und Einsicht genommen sowie Suchanfragen im PAD getätigt, ohne dazu berechtigt zu sein und ohne erforderliche Dokumentation, und zwar:

?    zum Akt des PK – „Abgängigkeit

2 Suchanfragen bzgl. einer Person, sowie Einsichtnahme

?    Zum Akt des PK – KV zw. 2 Personen:

Suchanfrage und Einsichtnahme

?    Zum Akt des PK – „Fahrlässige KV im Straßenverkehr, Einsichtnahme

?    zum Akt des PK – „Schwere KV “: Einsichtnahme

?    zum Akt des LKA „Vergewaltigung“: Einsichtnahme

?    zum Akt des LKA „Gefährliche Drohung “: 3 Suchanfragen bzgl. „Person und Einsichtnahme

?    zum Akt des PK „Zustellung Waffenverbot“: 3 Suchanfragen bzgl. Person und Einsichtnahme mehrere EKIS-Anfragen (PFI, EKA, SIS, ZMR) bzgl. Person. Im Bezug wurde „Intervention“ angeführt.

?    Zum Akt des PK „Verlustanzeige Kennzeichentafel“: Suchanfragen und Einsichtnahme

?     Suchanfrage Person

?     KZR-Anfrage betreffend Person Im Bezug wurde „Unfall“ angeführt.

?     KZR-Anfrage betreffend Person, Im Bezug wurde „Unfall“ angeführt.

?     KZR-Anfrage betreffend Person. Im Bezug wurde „Unfall“ angeführt.

?     ZMR-Suche betreffend Person. Im Bezug wurde „EAH“ angeführt.

 

?    am ZMR-Suche betreffend Person. Im Bezug wurde „EAH“ angeführt.

er habe somit Dienstpflichtverletzungen gemäß §§ 43 Abs. 2, 44 Abs. 1 BDG i.V.m. der Dienstanweisung vom 19.01.2007 „Datenschutzgesetz 2000, Durchführungsbestimmungen“, GZ; 32444/2007, P 34/27/r/06, „Allgemeine Polizeidienstrichtlinie Punkt 2.3 Dokumentation vom 28.12.2010 zu GZ: P4/427802/2010 sowie § 2 der Dienstordnung vom 23.01.2013, GZ: P4/444849/1/2012, „Verhalten der Polizeibediensteten“ i.V.m. § 91 BDG 1979 i.d.g.F. begangen.

Über den Beschuldigten wird gemäß § 92 Abs. 1 Zi. 3 BDG die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von € 2.700,-- (in Worten: zweitausendsiebenhundert) verhängt.

II)

Hingegen wird der Beschuldigte von den Vorwürfen,

1.   (des Einleitungsbescheides ) er habe vor ca. 1 Jahr (nähere Umstände sind zurzeit nicht bekannt) zwei Handys - ein I-Phone und ein Samsung – von Passanten entgegengenommen und diese nicht als Fund deklariert und in die Fundbox gegeben, sondern zur eigenen Verwendung an sich genommen. Die Handys wurden in weiterer Folge von seiner Ehegattin und seiner Tochter benützt,

2.   er habe seit einiger Zeit den beteiligten Pkw-Lenkern bei Verkehrsunfällen eine ihm bekannte Kfz Werkstatt vermittelt und von dieser Firma dafür auch Provisionen erhalten,

3.   des er habe in einem noch zu klärendem Zeitraum bei aufgefunden Leichen in Wohnungen sowohl die Leichen nach Geld als auch die Wohnung nach Geld und Wertgegenständen durchsucht,

4.   er habe eine Person am Telefon zu einer Verwaltungsübertretung angestiftet, indem er ihm erklärte, das Auto trotz abgefahrener Reifen in der Nacht wegzuschaffen und bei Anfragen zu erklären, er hätte das Fahrzeug selbst abgeschleppt und bei der Fa. N.N. neue Reifen montiert bekommen,

er habe somit Dienstpflichtverletzungen gemäß § 43 Abs. 2 i.V.m. § 91 BDG 1979 i.d.g.F. begangen,

gemäß § 126 Abs. 2 BDG i.V.m. § 118 Abs. 1 Zi 2 BDG freigesprochen.

Dem Beschuldigten erwachsen keine Kosten aus dem Verfahren gemäß § 117 BDG.

Seitens des Beschuldigten wurde gemäß § 127 BDG eine Ratenzahlung im Ausmaß von 36 Monatsraten à € 75,- beantragt und seitens des Senates bewilligt.

BEGRÜNDUNG

Der Verdacht, Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben, ergibt sich aus der Disziplinaranzeig sowie den Nachtragsanzeigen der Dienstbehörde sowie den Erhebungen des Referates für Besondere Ermittlungen.

Im Zuge eines Strafverfahrens gegen den Beschuldigten wegen Verdachtes nach §§ 12. 2 Fall, 83, 207, 288 StGB bei der StA wurden durch die Ehegattin ohne Wissen des Beschuldigten mehrere Video/Audiodateien mit ihrem Handy aufgenommen.

Dabei handelt es sich um Vorfälle während seines Dienstes und es wurde deshalb der Vorgang vom LKA an das Referat Besondere Ermittlungen übermittelt.

Es wurde der Personalabteilung vom RBE die erste Beschuldigtenvernehmung des Beschuligten übermittelt.

Aufgrund des derzeitigen Sachverhaltes wird dem Beschuldigten angelastet:

Faktum 1)

Videodatei 1150:

Bei diesem Gespräch geht es inhaltlich darum, dass der Beschuldigte 2 Mobiltelefone (1 Handy Marke Samsung und 1 IPhone) während seines Dienstes (keine näheren Umstände, wie Datum udgl. bekannt) von Passanten entgegen genommen und nicht abgeführt bzw. in die Fundbox gegeben hat. Laut niederschriftlicher Aussage der Ehegattin habe der EB das Mobiltelefon IPhone vor ca. 1 Jahr nach Hause mitgebracht und es sei von ihr verwendet worden. Das Mobiltelefon Samsung sei von ihrer Tochter verwendet worden. Bei beiden Mobiltelefonen seien keine Sim-Karten in den Geräten gewesen.

Faktum 2)

Videodatei 1137:

a)  Geldeinbußen/Unfälle:

Bei diesem Gespräch geht es inhaltlich darum, dass der Beschuldigte wegen Krankenständen bzw. Innendienstverwendung Geldeinbußen erleide und deshalb z.B. bei Verkehrsunfällen den beteiligten Pkw-Lenkern eine ihm bekannte Kfz Werkstatt vermittle. Von dieser Firma habe ihr Ehegatte eine Provision erhalten.

a)   Geldeinbußen/Leichen:

Die Ehegattin des Beschuldigten gibt an, dass ihr Ehegatte bei aufgefunden Leichen in Wohnungen sowohl die Leichen nach Geld als auch die Wohnung nach Geld und Wertgegenständen durchsuche. Einmal habe er € 20.000,00 in einem Kuvert vorgefunden, jedoch sich nicht getraut, das Geld an sich zu nehmen. Diese Handlungen könne er nur durchführen, wenn die „richtigen Kollegen“ dabei wären oder er die Möglichkeit habe, in einem unbeobachteten Augenblick Geld an sich zu nehmen.

Faktum 3)

Videodatei 1059 und 1169:

Bei den Gesprächen geht es inhaltlich um eine illegale ZMR Anfrage. Weiters beschreibt der EB in den Gesprächen auf Nachfrage seiner Ehegattin, dass er Anfragen offiziell nicht für sich selbst, sondern für den Funkwagen tätige.

Der Beschuldigte habe ihr erzählt, dass er eine ehemalige Mitarbeiterin der Fa. gesucht habe. Aufgrund seiner dienstlichen Tätigkeit sei ihm bekannt gewesen, dass gegen diese ein Exekutionstitel bestehe. Da noch aus seiner Geschäftsverbindung mit der Firma ca. € 10.000,00 ausständig seien, habe er diese Anfrage im PAD getätigt.

Faktum 4)

Auswertungen im PAD/EKIS

Öffnen, Suchanfragen, Einsichtnahme in „PAD-Akten“, Anfragen EKIS:

Siehe Anlastungen

 

a)  

Verantwortung:

Niederschriftliche Einvernahme des Beschuldigten:

Zu Faktum 1)

Der EB gibt an, dass dies alles erlogen sei.

Zu Faktum 2)

a) Der EB gibt an, dass sich die „Geldeinbußen“ von € 1.500,-- einerseits darauf beziehen, dass er Gehaltspfändungen habe, weil seine Frau Bestellbetrügereien auf seinen Namen begangen habe und deshalb sein Lohn monatlich in einer Höhe von ca. € 1.075,-- gepfändet werde. Andererseits meine er, dass er auf Grund des anhängigen Verfahrens keine zusätzlichen Hauptdienste (12 Stundenschichten) auf Überstunden machen dürfe.

„Bei den € 500.-, die ich privat meinem Bekannten bringe“, handle es sich lediglich um eine einmalige Zahlung von € 500,-- die ihm sein Bekannter im Rahmen seiner anhängigen Scheidung, glaublich im Sommer (Ende Juli, Anfang August) des heurigen Jahres, einmal freiwillig gegeben habe. Sein Bekannter sei ein langjähriger Bekannter von ihm, der eine Werkstätte für Kfz-Reparaturen betreibe. Wenn er im Rahmen seines Dienstes zu Verkehrsunfällen gerufen werde und sich dabei herausstelle, dass – insbesondere am Wochenende – Leute darüber klagen, dass sie keine Werkstätte oder kein Leihauto finden, dann habe er den Leuten seinen Bekannten empfohlen. Dieser sei als verlässlicher und seriöser Gewerbetreiber bekannt. Auch mehrere Kollegen habe er schon zu ihm geschickt. Er selbst habe mit der Abwicklung nichts zu tun, er nenne nur den Namen und die Adresse der Firma..

b) Der EB gibt an, dass er seiner Gattin einmal von einer „Leichenamtshandlung“ – Mord und Selbstmord – erzählt habe. Von € 20.000.- habe er nie etwas erzählen können, weil es das Geld ja nie gegeben habe. Er habe nie Geld oder Wertgegenstände an sich genommen.

Die Aussagen seiner Gattin mit den „richtigen Kollegen“ könne er sich nicht erklären.

Auf die Frage, ob er die Wohnung der verstorben Person (Anmerkung: Der Fall wurde vom EB bearbeitet) aufgesucht und dort nach Geld und Wertgestände gesucht habe, gibt er an, dass er nie in der Wohnung gewesen sei.

Zu Faktum 3 und Faktum 4/a)

Der EB gibt an, dass er gegen eine Bekannte einen Exekutionstitel habe. Seine Ehegattin habe ihm angeboten, über ihren Rechtsanwalt die Exekutionssache zu erledigen. Dazu wären die Meldedaten notwendig gewesen. Er habe die Anfrage durchgeführt, einen Ausdruck angefertigt und seiner Ehegattin gezeigt. Die Personensuche im PAD erfolgte wegen einer allfälligen Telefonnummer der Bekannten.

Zu Faktum 4/b)

Ein Freund habe ihm fernmündlich mitgeteilt, dass er eine Anzeige wegen Sachbeschädigung erstattet und keine Bestätigung erhalten habe. Deshalb habe er Anfragen getätigt bzw. Einsicht genommen.

Zu Faktum 4/c)

Es handelt sich um den Exgatten seiner Frau. Er habe über ihr Ersuchen die Anfragen durchgeführt, da dieser ihr noch Geld schulde.

Zu Faktum 4/d)

Seine Gattin sei ausgezogen und habe ihren gemeinsamen Sohn mitgenommen. Er habe sich große Sorgen gemacht und deshalb die Anfrage durchgeführt.

Zu Faktum 4/e)

Er könne sich an den Grund der Anfrage nicht mehr erinnern.

Zu Faktum 4/f)

Er habe die Anfragen deshalb durchgeführt, da er wissen wollte, ob seine Ehegattin bereits vor der Eheschließung diese kriminelle Energie gehabt habe.

 

Zu Faktum 5 a) bis m)

gibt der Beschuldigte an, dass es sich um dienstliche Angelegenheiten gehandelt habe.

Abschließend gibt der Beschuldigte an, dass es eine einzige Ausnahme gegeben habe. Er habe eine ZMR-Anfrage betreffend die Person mit dem Vornamen N.N., wohnhaft in N.N. in der N.N., getätigt. Er wollte diese Person als Entlastungszeugin im anhängigen Verfahren (näheres derzeit nicht bekannt, die Ermittlungen werden derzeit vom RBE geführt) ausforschen.

Nachtragsdisziplinaranzeige:

Sachlage:

Gegen den Beschuldigten wurde eine Disziplinaranzeige an die DK beim BMI wegen mehrerer Dienstpflichtverletzungen erstattet.

Es langte in der Personalabteilung ein weiterer Sachverhalt des Referates Besondere Ermittlungen ein.

Seitens des RBE wurden die im Rahmen der Telefonüberwachungen geführten Gespräche des Beschuldigten im einem bestimmten Zeitraum ausgewertet. Weiters erfolgte eine Überprüfung der EKIS-Anfragen im Zeitraum N.N.

Der Beschuligte wurde zu folgenden Fakten niederschriftlich befragt:

Kontakte zu N.N.

In einem Telefongespräch wurde der Beschuldigte von N.N. angerufen. Er gab an, dass er Probleme habe, von einem anderen eine offene Geldsumme von € 50.000,-- zu bekommen. Seitens des EB wurde versprochen „nachzuschauen“.

Dazu gibt der EB an, dass er zwar gesagt habe, er werde „nachzuschauen“. Er wollte damit den Anrufer „abwimmeln.“ Um welche Person es sich gehandelt habe, wisse er nicht mehr. Er habe jedenfalls nie Daten an diesen Anrufer weitergegeben.

Zu einem späteren Zeitpunkt ruft N.N. den EB an, damit dieser ihm „nachschauen“ soll. Der Beschuldigte teilt dem Anrufer mit, dass er um „Elfe“ wieder anrufen soll.

Dazu gibt der EB an, dass er diesen Anrufer lediglich „abwimmeln“ wollte.

N.N. ruft neuerlich den EB an. N.N. ersucht um Nachschau, ob er von einer bestimmten Person angezeigt worden sei.

Dazu gibt der EB an, dass er sich an das Gespräch nicht mehr konkret erinnern könne.

Laut Auswertung wurde vom Beschuldigten im PAD eine „Personen-Suche bezüglich N.N. und N.N. geführt.

Dazu gibt der EB an, dass er sich nicht mehr konkret erinnern könne. Er Ich habe jedenfalls sicherlich keine genauen Daten mitgeteilt.

Seitens des Beschuldigten wurde eine SMS Nachricht an den Anrufer mit den Wortlaut gesendet: „kann nicht reden, aber es scheint keine Anzeige auf! LG“.

Dazu gibt der EB an, dass er keine Daten weitergegeben hat. Ergänzend führt der EB an, dass er dies eher als quasi dienstliche Auskunft gemeint habe. Er habe den Anrufer dahin „abgewimmelt“ bzw. mitgeteilt, dass er nicht angezeigt worden sei. in Wirklichkeit lag aber eine Anzeige gegen diesen (Gefährliche Drohung und Körperverletzung) vor. Der EB wollte damit zum Ausdruck bringen, dass er somit bestrebt gewesen sei, keine Daten oder Akteninhalte weiter zu geben.

Ein weiterer Anruf der Person beim EB hatte zum Anlass dass er eine Ladung wegen Gefährlicher Drohung bekommen hätte. Der Beschuldigte teilt ihm mit: „morgen noch mal hinein zu schauen“. Weiters teilte der EB dem Anrufer mit, dass er zwar den Akt nicht „mitnehmen“ könne, meinte dann aber: „i schau man an, i ruf dich morgen an“.

Dazu gibt der EB an, dass ihm das Gespräch nicht mehr erinnerlich sei. Er glaube nicht, dass er „hineingeschaut“ habe.

Ein neuerlicher Anruf des Bekannten an Beschuligten, wo er dem Anrufer verspricht mit einer Person zu sprechen und sich den Akt wegen Körperverletzung anzuschauen.

Dazu gibt der EB an, dass er sich an das Gespräch erinnern könne. Bei dieser Person mit der er sprechen wollte, handelt es sich um den Kriminalsachbearbeiter der PI. Dieser sei der Sachbearbeiter bezüglich des Aktes der oa. gefährlichen Drohung gewesen. Er habe jedoch niemals dem Kollegen bezüglich des Aktes gesprochen bzw. Einsicht genommen.

Ein weiterer Anruf dieser Persom beim den EB worin er ihm mitteilt , eine gewissen Person zu kennen. Dieser sei „eh leiwand“.

Dazu gibt der EB an, dass dies seine private Meinung über den Kollegen gewesen sei.

Neuerlicher Anruf des Bekannten des EB worin er diesen mitteilt dass seine Einvernahme bevorstehe. Der BEschuldigte teilt dem Anrufer mit, dass es eine Beschuldigtenvernehmung sei und „wenn die deppert“ wären, solle er die Angaben verweigern und einen Anwalt verlangen.

Dazu gibt der EB an, dass ihm das Gespräch nicht mehr erinnerlich sei. Es dürfte sich um eine Rechtsauskunft gehandelt haben.

Kontakt zu N.N.

Anruf des N.N. beim EB an, wo der Anrufer mitteilte, dass er sein Auto, welches er seinem Onkel geliehen habe, nicht bewegen dürfe, weil die Reifen abgefahren seien. Der EB gibt dem Anrufer den Rat, das Auto über Nacht wegzuschaffen und dann zu sagen, er selbst hätte ihn abgeschleppt und er hätte neue Reifen bei der Fa. bekommen.

Dazu gibt der EB an, dass ihm das Gespräch nicht erinnerlich sei. Es dürfte sich eher um eine private Auskunft gehandelt haben. Der Name N.N. sei ihm nicht bekannt.

EKIS Anfrage (ZMR Suche) betreffend einer Person.

Dazu verweist der EB auf seine Einvernahme.

EKIS Anfragen bezüglich einer weiteren Person.

Dazu gibt der EB an, dass ihm die Anfragen nicht mehr erinnerlich seien. Vermutlich haben die Anfragen einen dienstlichen Hintergrund, da er zu diesem Zeitpunkt als Arrestantenposten eingesetzt gewesen sei.

EKIS Anfrage (ZMR-Suchanfrage bzgl Adresse). Als Anfragegrund wurde „AKT“ eingegeben. Als Treffer wurde ua. auch der Name und Geburtsdatum von der angefragten Person angeführt.

Dazu verweist der EB auf seine Einvernahme

Abschließend gibt der EB an, dass er niemals Daten weitergegeben und auch keinerlei Ausdrucke angefertigt habe (mit einer Ausnahme betreffend N.N.

Die Anfragen bezüglich. seiner Gattin, deren Ex-Gatten und seines Sohnes die er im „PAD“ oder „EKIS“ durchgeführt habe, tun ihm leid. Er würde solche Anfrage nie wieder tun. Er habe diese Daten aber auch keinesfalls Dritten weitergegeben.

Die Anfragen bezüglich Ex-Gatten seiner Frau sei auf mehrmalige Anregung seiner Gattin erfolgt.

Trotzdem habe er ihr allerdings bezüglich dieser erhaltenen Auskünfte keinerlei konkrete Angaben über die erhaltenen Informationen gemacht. Er habe seiner Gattin diesbezüglich so „abgewimmelt“, dass er sinngemäß gemeint habe: „da hat sich eh nichts geändert“.

Der einvernommene Zeuge gibt an, dass er viele Polizeibeamte als Kunden durch seine Autowerkstatt habe. Dadurch habe er auch den Beschuldigten kennengelernt. Bezüglich der Telefonate bzw. seiner Anliegen gegenüber dem EB habe er nicht gewusst, dass Anfragen bzw. die Erteilung solcher Auskunft rechtswidrig seien.

Die Gattin des Beschuldigten gibt an, dass sie niemals ihren Gatten angestiftet habe, Anfragen zu tätigen.

Gerichtsverfahren:

Der Beamte wurde seitens des LG wegen Amtsmissbrauchs in mehreren Fällen zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt, eine eingebrachte Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde seitens des Beamten wurde abgewiesen und das 2. instanzliche Urteil bestätigt, in anderen Bereichen wurde das Verfahren seitens der StA eingestellt.

Die Disziplinarkommission hat dazu erwogen:

Rechtsgrundlagen:

§ 43 Abs. 2 BDG: Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Dienstanweisung GZ 32444/2007: Diese Dienstanweisung beinhaltet zunächst, zu welchen Zwecken Anfragen getätigt werden dürfen und wie diese zu dokumentieren sind. Weiters besagt diese DA, dass man selbst in Fällen unberechtigter Anfragen zum Stillschweigen hinsichtlich des Ergebnisses derselben verpflichtet ist.

Zur Schuldfrage:

Der Senat ist nach Durchführung des Beweisverfahrens einstimmig zu dem Erkenntnis gelangt, dass der Beschuldigte die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen zu den oben angeführten Punkten unter I) schuldhaft begangen hat. Der Senat hat die Schuld des Beschuldigten aus folgenden Gründen angenommen:

Der Beamte wurde vom Landesgericht wegen § 302 StGB in mehreren Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, bedingt auf drei Jahre und verurteilt. Nach Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde wurde obgenanntes Urteil jedoch vom OLG bestätigt, die Nichtigkeitsbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen.

Der rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung liegt zugrunde, dass der Beschuldigte als Polizeibeamter mit dem Vorsatz, den Staat an seinem konkreten Recht auf Verwendung der von ihm verarbeiteten Daten lediglich aus dienstlich berechtigtem Anlass sowie die jeweils Berechtigten in ihrem Grundrecht auf Datenschutz seine Befugnisse, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht hat, indem er die angeführten Anfragen aus dem PAD tätigte sowie EKIS und ZMR Anfragen durchführte und dies aus rein privatem Interesse.

Hinsichtlich dieser Punkte legte der Beschuldigte in der mündlichen Verhandlung ein reumütiges Geständnis ab.

Gemäß § 95 Abs. 2 BDG ist die Disziplinarkommission an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils zugrunde gelegte Tatsachenfeststellung gebunden. Dem Urteil liegt auch zugrunde, dass das Gericht festgestellt hat, dass der Beamte einen untadeliger Lebenswandel aufweist, auf der anderen Seite jedoch ein massives Fehlverhalten vorliege und als erschwerend jedoch die Vielzahl an Fakten bewertet wurde. Der Milderungsgrund des allumfassenden reumütigen Geständnisses konnte jedoch nicht zugebilligt werden, weil der Beamte die Abfragen zwar faktisch zugestand, sich jedoch vor Gericht als Opfer widriger Umstände darzustellen versuchte.

Es darf weiters darauf hingewiesen werden, dass hinsichtlich der EKIS -Anfrage bereits die missbräuchliche Abfrage ohne konkretes dienstliches Interesse als vollendetes Verbrechen zu beurteilen ist.

Zum Vorliegen des disziplinären Überhanges wird ausgeführt, dass in den Fällen, in denen eine Ahndung gemäß § 43 Abs. 2 BDG in Betracht kommt, ein disziplinärer Überhang immer vorliegen wird. Gerade diese Bestimmung enthält nämlich mit ihrem Abstellen auf das „Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben“ einen spezifisch dienstrechtlichen Aspekt, der von keinem Tatbestand eines anderen Strafrechtsbereiches wahrgenommen ist. Auch der VwGH vertritt diese Ansicht, dass der Gesichtspunkt der Vertrauenswahrung ein spezifisch dienstrechtlicher ist und daher sogar bei einer gerichtlichen Verurteilung nicht berücksichtigt wird.

Die seitens des Beschuldigten begangenen Delikte sind gravierende Dienstpflichtverletzungen, weil er als Exekutivbeamter, zu dessen Aufgaben die weisungskonforme Tätigung von EKIS und PAD -http://ris.bka.intra.gv.at/images/leer.gifAnfragenhttp://ris.bka.intra.gv.at/images/leer.gif gehört, im Kernbereich seiner Dienstpflichten ein pflichtwidriges Verhalten gesetzt hat, dem nur mit der Verhängung einer empfindlichen Disziplinarstrafe angemessen entsprochen werden kann.

Der Beamte hat auch, wie angeführt, seine Anfragen - nicht wie vorgesehen – dokumentiert, sodass er auch gegen die Dienstvorschriften verstoßen hat.

In diesem Zusammenhang darf aber angemerkt werden, dass Beamte im Zuge der Ausbildung nicht nur betreffend Datenschutz geschult werden, sondern auch über das Verbot der Weitergabe von Daten, als auch über die Dokumentation allfälliger Anfragen.

Zum Freispruch:

Die Punkte 1-3 des 1. Einleitungsbescheides und Punkt 3 des 2. Einleitungsbescheides konnten nicht nachgewiesen werden und wurden diese auch seitens der StA aufgrund § 190 Z 2 StPO nach 1- jährigen Ermittlungen eingestellt, da laut dem zuständigen Staatsanwalt kein tatsächlicher Grund für die weitere gerichtliche Verfolgung besteht, zumal sich nach Durchführung sämtlicher Erhebungen sowie zahlreicher Zeugenbefragungen keine weiteren Ermittlungsansätze für ein strafrechtsrelevantes Verhalten des Beschuldigten ergeben haben, sodass das Strafverfahren einzustellen war.

Die Disziplinarkommission ist zwar gemäß § 95 Abs. 2 BDG rechtlich an eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft gemäß § 190 Z 2 StPO nicht gebunden, hat jedoch in der Praxis faktisch diese jeweilige Entscheidung entsprechend zu werten bzw. zu berücksichtigen.

Nachdem die Staatsanwaltschaft bei Wertung der vorliegenden Beweise offensichtlich keine Veranlassung gesehen hat, gegen den Beamten ein Strafverfahren zu führen, widerspricht es unter Berücksichtigung der amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit im gerichtlichen Strafverfahren den Denkgesetzen, die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft - die ohnehin 1 Jahr angedauert hat, anzuzweifeln und ohne weitere - über das Ermittlungsergebnis hinausgehende - Anhaltspunkte ein ordentliches Disziplinarverfahren im Glauben durchzuführen, nunmehr ein strafbares Verhalten und somit eine Dienstpflichtverletzung des Beschuldigten nachweisen zu können.

 

Strafbemessungsgründe gemäß § 93 BDG:

Gemäß § 93 Abs. 1 BDG ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist jedoch darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von weiteren Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Zu berücksichtigen sind außerdem die bisherigen dienstlichen Leistungen, sowie sein Verhalten im Dienststand und die Qualität der bisherigen Dienstleistungen.

Nach der jüngsten Judikatur des VwGH hat sich der Senat zudem ein umfassendes Bild des Beschuldigten zu machen und dann eine Prognose zu stellen, inwieweit und in welchem Ausmaß eine Bestrafung notwendig erscheint.

Eine Bestrafung muss grundsätzlich in einem angemessenen Verhältnis zum Unrechtsgehalt der Verfehlungen stehen und muss spezial-und generalpräventiv erforderlich sein.

Der Beamte hat mehrfach EKIS-Anfragen getätigt und PAD-Akte ohne Dokumentation geöffnet, wodurch er nicht nur mehrfach das gerichtlich strafbare Delikt des Amtsmissbrauchs begangen hat, sondern auch gegen die einschlägige Dienstanweisung betreffend Datenschutz verstoßen hat.

 

Als mildernd konnte die disziplinarrechtliche Unbescholtenheit, 12 Belobigungen und das reumütige Geständnis herangezogen werden, sowie der Umstand, dass eine finanzielle Notlage vorliegt und das gesamte private Umfeld sehr angespannt ist.

Erschwerend war der Umstand zu werten, dass Amtsmissbrauch in mehreren Fällen vorgelegen ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zuletzt aktualisiert am

17.11.2016
Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
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