Norm
BDG 1979 §43Schlagworte
DienstpflichtverletzungText
DISZIPLINARERKENNTNIS
Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Justiz hat durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichtes Innsbruck Dr. Ingrid Brandstätter als Vorsitzende sowie die weiteren Mitglieder des Disziplinarsenates StA Dr. Erika Wander und CI Martin-Johann Schöpf in der Disziplinarsache gegen Insp *** *** nach der am 15.2.2016 in Anwesenheit des Disziplinaranwaltes StA Dr. Andreas Leo, des Disziplinarbeschuldigten Insp *** ***, seines Verteidigers RA Mag. Matthias Prückler sowie des Schriftführers RiAA MMag. Georg Furtschegger öffentlich durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Der Disziplinarbeschuldigte Insp *** *** wird von dem gegen ihn erhobenen Vorwurf, er habe sich am *** 2014 in *** als Justizwachebeamter in der Diskothek „***“ im alkoholisierten Zustand gegenüber Besuchern des Lokals, nämlich gegenüber *** ***, *** *** und *** *** die Ausübung eines öffentlichen Amtes dadurch angemaßt, dass er sich als „Zivilpolizist der Zivilpolizei ***“ ausgegeben und bei *** *** eine Ausweiskontrolle durchgeführt habe, indem er den Führerschein zu sehen verlangt habe,
und er habe hiedurch gegen seine Dienstpflichten nach § 43 Abs 2 BDG 1979, nämlich in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das
Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt, verstoßen und damit schuldhaft Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen,
gemäß § 118 Abs 1 Z 2 erster Fall BDG 1979
f r e i g e s p r o c h e n .
BEGRÜNDUNG:
Aufgrund der Disziplinaranzeige der Vollzugsdirektion (ON ***), des Bescheides der Generaldirektion samt Unterlagen (S *** in ON ***), der dagegen erhobenen Beschwerde des Disziplinarbeschuldigten (S *** in ON ***), der Schreiben des Disziplinarbeschuldigten (S *** in ON ***), des Urteiles des Bundesverwaltungsgerichtes vom *** (ON ***), der Bezugsbestätigung für *** und *** 2015 (ON ***), der Niederschrift über die mündliche Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht vom *** (ON ***), der Einsicht in den Akt *** U ***/*** des Bezirksgerichtes ***, der Aussagen der Zeugen *** ***, *** ***und *** *** sowie der Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten steht folgender Sachverhalt fest:
Insp *** *** ist als Justizwachebeamter in der Justizanstalt *** beschäftigt, wobei er ein monatliches Durchschnittseinkommen von ca EUR *** netto, dies 14-mal jährlich, erzielt. Er ist ledig und sorgepflichtig für ein Kind. An Vermögen hat er einen PKW der Marke ***, Bj ***, und Schulden in Höhe von ca EUR *** resultierend aus einem Kredit für einen Autokauf und den Kosten für eine ***, wofür ihm monatlich EUR *** mittels Gehaltsexekution abgezogen werden.
In der Nacht vom *** auf den *** hielt sich der Disziplinarbeschuldigte in der Diskothek „***“ in *** auf. Dort saß er an der Bar und konsumierte Alkohol. In der selben Nacht befanden sich auch *** ***, *** ***und *** *** in diesem Lokal. *** ***, der zusammen mit *** ***an einem Tisch saß, schlief dort ein. Dies störte den Disziplinarbeschuldigten, der sich zu *** *** begab und diesem gegen die Schulter tippte, um ihn aufzuwecken. *** ***, der den Disziplinarbeschuldigten zumindest für einen Mitarbeiter einer Securityfirma hielt, weckte seinen Begleiter und verlangte von diesem den Führerschein, welchen er dem Disziplinarbeschuldigten sodann vorzeigte. Es kann nicht mit der für einen Schuldspruch erforderlichen, mit an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass sich Insp *** *** gegenüber *** ***, *** *** und *** *** als Zivilpolizist ausgegeben und unter Vortäuschung dieser Eigenschaft eine Ausweiskontrolle durchgeführt hätte.
Mit Strafantrag der Staatsanwaltschaft *** vom ***, AZ *** BAZ ***/***, wurde Insp *** *** das Vergehen der Amtsanmaßung nach § 314 StGB zur Last gelegt. Danach habe er am *** in *** dadurch, dass er sich gegenüber *** ***, *** *** und *** *** als „Zivilpolizist der Zivilpolizei ***“ ausgab und sie zur Vorweisung eines Ausweises aufforderte, sich die Ausübung eines öffentlichen Amtes angemaßt. In der zu AZ *** U ***/*** des Bezirksgerichtes *** am *** durchgeführten Hauptverhandlung wurde Insp *** ein diversionelles Vorgehen gemäß § 200 StPO angeboten, wobei ihm die Bezahlung der Geldbuße von insgesamt EUR *** in Form einer Ratenzahlung von vier monatlichen Raten zu je EUR *** bewilligt wurde. Nach Bezahlung dieses Betrages wurde das Verfahren mit rechtskräftigem Beschluss des Bezirksgerichtes Grieskirchen vom 31.7.2015 gemäß § 199 iVm § 200 Abs 5 StPO eingestellt.
Mit Bescheid der Generaldirektion für den Strafvollzug und den Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen beim Bundesministerium für Justiz vom ***,
BMJ-***, wurde das mit Insp *** *** eingegangene provisorische Dienstverhältnis gekündigt. Der dagegen vom Disziplinarbeschuldigten erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom *** Folge und hob den angefochtenen Bescheid ersatzlos auf.
Zur Negativfeststellung in Bezug auf die dem Disziplinarbeschuldigten angelasteten Dienstpflichtverletzung gelangte die Disziplinarkommission aufgrund folgender Beweiswürdigung:
Der Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten, der behauptete, lediglich an der Bar gesessen und mit den Zeugen *** ***, *** *** und *** *** gar nicht in Kontakt getreten zu sein, kommt keine Glaubwürdigkeit zu. Daran, dass der Disziplinarbeschuldigte zumindest zum Tisch der Burschen hinging, dort *** *** gegen die Schulter tippte, um diesen aufzuwecken und ihm *** ***den Führerschein des *** *** zeigte, kann aufgrund der Aussagen insbesondere der Zeugen *** ***und *** *** kein Zweifel bestehen. Abgesehen davon, dass es keinen vernünftigen Grund dafür gibt, anzunehmen, die drei Zeugen hätten den Vorfall erfunden und damit den ihnen bis dahin völlig unbekannten Insp *** *** zu Unrecht belastet, passt das von den Zeugen geschilderte Verhalten des Disziplinarbeschuldigten auch zu seiner Erklärung, dass es ihn gestört habe, dass die Burschen seiner Meinung nach betrunken in der Ecke gelegen seien und einer davon sogar geschlafen habe.
Während der Beschuldigte bei seiner Vernehmung bei der Polizei schilderte, er sei im Lokal an der Bar gesessen, habe Wodka-Bull getrunken und sich dort mit einer jungen Frau unterhalten, der er erzählt habe, was er arbeite, wobei er ihr auch seinen Dienstausweis gezeigt habe, erklärte er in der Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht ***, er könne sich nicht erinnern, in der Vorfallsnacht als „Zivilpolizist“ aufgetreten zu sein. Er könne sich auch nicht daran erinnern, anderen Leuten den Dienstausweis gezeigt zu haben, noch dazu mit der Aufforderung, ihm einen Ausweis zu zeigen. Er könne sich das eigentlich auch nicht vorstellen, das sei nicht seine Art.
In der Disziplinarverhandlung wiederum behauptete Insp *** ***, dass er damit gemeint habe, dass er sich nicht als Zivilpolizist ausgegeben habe, was mit den von ihm gewählten Formulierungen vor Gericht, er könne es sich „eigentlich nicht vorstellen“ und er könne sich nicht erinnern, nicht in Einklang zu bringen ist. Gegen den Disziplinarbeschuldigten spricht auch der Inhalt seiner Schreiben in S ***ON ***. So schrieb er an den Justizminister am ***, dass er im letzten Jahr im *** einen Fehler gemacht habe, wofür er die Strafe bezahlt habe. In einem Schreiben an den Bundespräsidenten vom *** erklärte der Disziplinarbeschuldigte, ihm sei im *** 2014 aufgrund privater Probleme ein Missgeschick passiert, für welches er eine gerechte Strafe erhalten habe, die von ihm auch beglichen worden sei. Der Vater des Disziplinarbeschuldigten erklärte in einem Schreiben an den Justizminister am ***, dass sein Sohn eine große Dummheit begangen habe und mit dem, was er getan habe, „schon eine Grenze überschritten“ habe. Seine Erklärung, dass er damit gemeint habe, dass es ein Fehler gewesen sei, betrunken gewesen zu sein und den Ausweis einer jungen Frau gezeigt zu haben, vermag schon aufgrund seiner Behauptung, er sei nur in geringem Maße alkoholisiert gewesen, nicht zu überzeugen.
Andererseits kann allerdings nicht darüber hinweggegangen werden, dass sich die Aussagen der Zeugen teilweise widersprüchlich gestalteten, der Zeuge *** *** den Vorfall in den wesentlichen Details gar nicht selbst wahrgenommen hat, *** *** zum damaligen Zeitpunkt nach eigener Schilderung und nach den Angaben seiner Begleiter nicht unerheblich alkoholisiert war und auch der Zeuge *** ***den exakten Geschehensablauf – im Hinblick darauf, dass der Vorfall bereits weit mehr als ein Jahr zurückliegt, nicht weiter verwunderlich - nicht mehr wiedergeben konnte. Der Zeuge *** ***, der einen durchaus glaubwürdigen Eindruck vermittelte, gab an, der Disziplinarbeschuldigte habe *** *** wortlos aufgeweckt, woraus er - *** - geschlossen habe, dass es sich beim Disziplinarbeschuldigten um einen „Security“ handeln könnte; er habe auch schon öfter gehört, dass diese Personen befugt seien, Ausweise zu kontrollieren. Die Frage, ob der Disziplinarbeschuldigte den Ausweis des Zeugen *** *** verlangt habe bzw habe sehen wollen, wurde vom Zeugen unterschiedlich beantwortet. Damit bleiben trotz der Schilderung des Zeugen *** ***, der Disziplinarbeschuldigte habe seinen Dienstausweis vorgezeigt, was dafür spräche, dass er damit zumindest schlüssig den Eindruck hätte vermitteln wollen, er sei zu Ausweiskontrollen in Ausübung eines öffentlichen Amtes befugt, doch letzte Zweifel daran, ob sich der Disziplinarbeschuldigte tatsächlich als Zivilpolizist ausgegeben und in dieser vorgetäuschten Funktion eine Ausweiskontrolle durchgeführt hat, oder ob *** ihm den Führerschein des *** von sich aus, in der Meinung, einen zur Ausweiskontrolle befugten Security-Mitarbeiter vor sich zu haben, gezeigt hat. Da die Täterschaft des Disziplinarbeschuldigten somit nicht mit der für einen Schuldspruch erforderlichen, mit an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festgestellt werden konnte, war er von dem gegen ihn erhobenen Vorwurf nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ freizusprechen.
RECHTSMITTELBELEHRUNG:
Gegen diesen Bescheid kann binnen vier Wochen nach seiner Zustellung Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden. Die Beschwerde ist schriftlich bei der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Justiz einzubringen. Sie hat den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet und einen begründeten Beschwerdeantrag zu enthalten.
Zuletzt aktualisiert am
20.04.2016