Norm
BDG 1979 §43 Abs2Schlagworte
Dienstpflichtverletzung, Missbrauch der Amtsgewalt, Befangenheit, Weisung missachtetText
-DOKNR-
DKTE_BMF_20160513_02065_6_DK_14
-ORGAN-
BM für Finanzen
-DOKTYP-
WORD
-DATUM-
20160513
-GZ-
02065/6-DK/14
-NORM-
BDG §43 Abs2
BDG §44 Abs1
BDG §47
StGB §302 Abs1
-SW-
Dienstpflichtverletzung, Missbrauch der Amtsgewalt, Befangenheit, Weisung missachtet
-TEXT-
SPRUCH
Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen, Senat II, hat nach durchgeführter mündlicher Verhandlung am XX.2016 in XX durch
HR Mag. Wolfgang Puchleitner als Senatsvorsitzenden sowie HR Dr. Renate Windbichler und RR AD Michael Krall als weitere Mitglieder des Disziplinarsenats gegen Beschuldigten (B) Beamter des Finanzamtes XY, in Anwesenheit des Disziplinarbeschuldigten und im Beisein seines Verteidigers Rechtsanwalt XX sowie in Anwesenheit des Disziplinaranwaltes HR Dr. Andreas Hasiba und der Schriftführerin AD Martina Mikhail zu Recht erkannt: B ist schuldig,
1) im XX 2014 die Veranlassung der Überrechnung eines Steuerguthabens in Höhe von € 15.233,54 von der Fa. XY auf das Abgabenkonto des XX veranlasst und dadurch gegen die Dienstpflicht des § 47 BDG 1979 schuldhaft verstoßen zu haben; B ist weiters schuldig, 2) gegen die Dienstpflicht des § 44 Abs. 1 BDG 1979 schuldhaft verstoßen zu haben, indem er, entgegen ausdrücklicher schriftlicher Dienstanweisungen, im Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung ohne dienstliche Veranlassung auf Daten der in der Folge dargestellten Personen zugegriffen hat: Liste mit 261 Zugriffen. B ist weiters schuldig, 3) gegen die Dienstpflicht des § 43 Abs. 2 BDG 1979 (Allgemeine Dienstpflichten) schuldhaft verstoßen zu haben, indem er, wie vom Landesgericht für Strafsachen XX im Urteil vom XX.2015 zu GZ XX festgestellt, das Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt begangen hat. B hat dadurch Dienstpflichtverletzungen gem. § 91 BDG 1979 bewirkt. Es wird daher über B gemäß § 126 Abs. 2 BDG 1979 iVm § 92 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von einem Monatsbezug, das sind Euro 4.121,57 (in Worten) viertausend einhundert und einundzwanzig Euro verhängt. Es werden keine Kosten festgesetzt. B wird gem. § 118 Abs. 1 Z 1 BDG 1979 vom Vorwurf freigesprochen, er habe durch dienstlich nicht veranlasste Zugriffe im AIS auf Daten von 22 Personen, diese Personen in ihrem Recht auf Datenschutz geschädigt, und durch die Verwirklichung eines dadurch begründeten strafrechtlichen Tatbestandes seine Dienstpflichten gem. § 43 Abs. 1 BDG 1979 verletzt.
Begründung
Verwendete Abkürzungen:
AIS: Abgabeninformationssystem des Bundes
AD: Amtsdirektor
AS: Aktenseite
BDG 1979: Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979
BIA: Büro für Interne Angelegenheiten im BMF
BMF: Bundesministerium für Finanzen
FA: Finanzamt
FA DLV : Finanzamt Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg
FKM: Führungskräftemeeting
FOI: Fachoberinspektor
I Beweismittel
Angeführt werden jene Beweismittel, die gem. § 126 Abs. 1 BDG 1979 Gegenstand des Beweisverfahrens der mündlichen Verhandlung waren und die den in der Folge als erwiesen festgestellten Sachverhalt begründen:
? Disziplinaranzeige vom XX.2014 (AS 2-20),
? Bericht des BIA vom XX.2014 (AS 21-75)
? Disziplinarverfügung betreffend B vom XX.2005 (AS 76-80)
? Niederschrift über die Vernehmung von XX durch das BIA vom XX.2014 (A85-86)
? Niederschrift über die Vernehmung von XX durch das BIA vom XX .2014 (AS 87-88)
? Niederschrift über die Vernehmung von XX durch das BIA vom XX.2014 (AS 89-90)
? Niederschrift über die Vernehmung von XX durch das BIA vom XX.2014 (AS 91-92)
? Niederschrift über die Vernehmung von XX durch das BIA vom XX.2014 (AS 93-94)
? Niederschrift über die Vernehmung von XX durch das BIA vom XX.2014 (AS 95-96)
? Niederschrift über die Vernehmung von XX durch das BIA vom XX.2014 (AS 97-98)
? Niederschrift über die Vernehmung von XX durch das BIA vom XX.2014 (AS 99-100)
? Niederschrift über die Vernehmung von XX durch das BIA vom XX.2014 (AS101-105)
? Niederschrift über die Vernehmung von XX durch das BIA vom XX.2014 (AS 106-116)
? Niederschrift über die Vernehmung von XX durch das BIA vom XX.2014 (AS 117-119)
? Niederschrift über die Vernehmung des B durch das BIA vom XX.2014 (AS 120-136)
? Niederschrift über die Vernehmung des B durch das BIA vom XX.2014 (AS 137-163)
? Handschriftlicher Vermerk von XX vom XX.2011 (AS 164)
? Niederschrift über die Vernehmung von XX durch das BIA vom XX.2014 (AS 165-168)
? Niederschrift über die Vernehmung von XX durch das BIA vom XX.2014 (AS 169-175)
? Niederschrift über die Vernehmung von XX durch das BIA vom XX.2014 (AS 176-183)
? Niederschrift über die Vernehmung von XX durch das BIA vom XX.2014 (AS 184-192)
? Zustimmung des DAUS gem. § 28 PVG vom XX.2014 (AS 84)
? BMF GZ. 66 1009/30-VI/6/00 vom 30. Oktober 2000 (AS 196)
? BMF GZ. 66 1009/19-VI/6/01 vom 13. Juni 2001 (AS 197)
? BMF GZ. 66 1009/20-VI/6/01 vom 20. Juni 2001 (AS 198-200)
? BMF GZ. 16 1270/1-I/20/04 vom 19. März 2004 (AS 201)
? BMF GZ. 320700/0001-I/20/2004 vom 16.11.2004 (AS 202-208)
? Anzeige an die Staatsanwaltschaft vom XX.2014 (AS 237-239)
? Urteil des OGH vom XX.2015 (AS 241-246)
? Urteil des LG für Strafsachen vom XX.2015 (AS 250-260)
? Verhandlungsschrift vom XX.2016 (AS 270-282)
? Ergebnisprotokoll 2. FKM am XX.2012 (AS 283-289)
? Ergebnisprotokoll 1. FKM am XX.2013 (AS 290-298)
? Ergebnisprotokoll 4. FKM am XX.2013 (AS 299-301)
? Protokoll über das Team-Jourfixe vom XX.2012 (AS 302-303)
? Protokoll über das Team-Jourfixe vom XX.2013 (AS 304-305)
? Protokoll über das Team-Jourfixe vom XX.2013 (AS 366)
II Sachverhalt
Als erwiesener Sachverhalt wird festgestellt: B ist Beamter der österreichischen Finanzverwaltung und war bis XX.2014 Teamleiter im FA XY. Mit XX.2014 wurde er von der Funktion als Teamleiter abberufen und an das Finanzamt XY versetzt. Die Dienstbehörde hat dies mit dem Vertrauensverlust begründet, der bei der Dienstbehörde eingetreten war, nachdem gegen B der Verdacht strafrechtlicher und disziplinarrechtlicher Verfehlungen erhoben wurde (AS 3). Folgende Sachverhalte wurden festgestellt:
Faktum 1
B hat in seiner Eigenschaft als Teamleiter seine Teammitarbeiterin XX am XX.2014 angewiesen, den Antrag auf Überrechnung eines Steuerguthabens der
Fa. XY in Höhe von € 15.233,54 auf das Abgabenkonto des XX im Sinne des Antragstellers zu bearbeiten. Frau XX hat die Überrechnung sodann am XX.2014 im AIS freizugeben.
Diesem Vorgang lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
a) Der steuerliche Sachverhalt:
? Der Unternehmer XX verpachtete den Gasthof „XY“ in XX an Herrn XX bzw. ab 2010 an die Fa. XY.
? Die Verpachtung erfolgte unter Bezug auf § 6 Abs. 1 Z 16 USG umsatzsteuerfrei, d.h. Umsatzsteuer durfte in den Rechnungen über die Verpachtung nicht ausgewiesen werden und war durch den Verpächter XX daher auch nicht zu entrichten. Folglich hatte der Pächter, die Fa. XY, auch keinen Anspruch auf Abzug einer Vorsteuer aus dem für die Pacht geleisteten Entgelt.
? Beim Unternehmer XX erfolgte im Jahr 2013 durch den Betriebsprüfer XX im Auftrag des Finanzamt XY eine Betriebsprüfung.
? Herr XX hat die steuerlichen Folgen des Pachtvertrages untersucht. Dabei hat er festgestellt, dass durch die Fa. XY entgegen dem steuerlichen Sachverhalt (Rechnungen ohne Umsatzsteuerausweis, Inanspruchnahme einer steuerfreien Verpachtung, kein Anspruch auf Vorsteuerabzug beim Pächter) Vorsteuer in Anspruch genommen wurde, indem die in der Rechnung nicht ausgewiesene Vorsteuer errechnet wurde und mit dem FA gegen die zu zahlende Umsatzsteuer gegenverrechnet wurde (pro Monat € 400,00).
? Aufgrund dieser Feststellung des Betriebsprüfers machte die Fa. XY die Inanspruchnahme der steuerfreien Verpachtung (§ 6 Abs. 1 Z 16 UStG) im Jahr 2013 rückgängig und erstellte für den gesamten Pachtzeitraum berichtigte Rechnungen, in denen die Umsatzsteuer nunmehr offen ausgewiesen wurde.
? Dies führte zu einer Steuernachforderung bei der Fa. XY in Höhe von € 20.000,00. Der Betrag ergab sich wie folgt: Nachverrechnung für 50 Monate zu a € 400,00 = € 20.000,00.
? Durch die Berichtigung der Rechnungen und die Entstehung der Steuerschuld bei der Fa. XY wäre der bisher zu Unrecht geltend gemachte Vorsteueranspruch durch die Fa. XY saniert gewesen.
? Tatsächlich hat die Fa. XY die Umsatzsteuer aufgrund der berichtigten Rechnungen zu Unrecht ein zweites Mal als Vorsteuer abgezogen (gegenüber dem FA verrechnet), wodurch am Steuerkonto der Fa. XY ein Steuerguthaben entstand.
? Durch die Fa. XY wurde beim FA XY der Antrag gestellt, dieses (zu Unrecht entstandene) Guthaben auf das Steuerkonto der Fa. XY zu überrechnen. Der Überrechnungsantrag sollte die aufgrund der berichtigten Rechnungen entstandene Steuerschuld bei der Fa. XY wiederum beseitigen.
? Am XX.2014 nahm B in seiner Eigenschaft als Teamleiter mit seiner Teammitarbeiterin XX Kontakt auf (AS 5), um die Überrechnung (im Betrag von € 15.233,54 = Guthabenstand am Abgabenkonto der Fa. XY) auf das Steuerkonto der Fa. XY zu veranlassen (AS 107-108, 139).
b) Der verfahrensrechtliche Sachverhalt
? B hat gegenüber der Dienstbehörde im Zuge disziplinarrechtlicher Maßnahmen gegen ihn bereits im Jahr 2005 erklärt, dass Herr XY ein Bekannter sei, der auch fallweise wegen diverser Auskünfte zu ihm komme. B wurde unter anderem wegen dienstlich nicht veranlasster Datenbankzugriffe auf das Abgabenkonto des XY mit einer Disziplinarverfügung belegt (AS 4, 7, 8).
? Frau XX, Ehegattin des B, tritt neben der Steuerberaterkanzlei XY für die Fa. XY als steuerliche Vertreterin gegenüber dem FA XY auf.
? B nahm im Hinblick auf die Anweisung an Frau XX darauf Bezug, dass er vom oben dargestellten steuerlichen Sachverhalt durch die Tätigkeit seiner Ehegattin als selbständige Buchhalterin für die Fa. XY Kenntnis hatte. Er gab an, dass er die der Überrechnung zugrunde liegende Rechnung bei seiner Ehegattin im Büro gesehen hatte (AS 139). Über das für die Fa. XY entstandene Vorsteuerproblem wusste er durch seine Ehegattin (AS 139).
? Die Fa. XY wurde bis XX.2013 durch die Steuerberatung X und X vertreten. Innerhalb dieser Steuerberatungsfirma war die Ehegattin als Angestellte bis Jahresende 2013 für die laufenden Buchungen der Fa. XY zuständig, ehe sie aus dieser Kanzlei als Dienstnehmerin ausschied (AS 12, 139).
? B wurde durch seine Mitarbeiterin XX im Zusammenhang mit der Überrechnung aufgefordert, das zu unterlassen (AS 25).
Dieser Sachverhalt ist durch die Aussagen des Bin der mündlicher Verhandlung bestätigt, in der er angab, dass ihm selbst eine Bearbeitung des Überrechnungsansuchens der Fa. XY nicht möglich war, weil er befangen war. Seine Befangenheit war durch die Tatsache begründet, dass seine Ehegattin um Rahmen ihrer beruflichen Aufgaben mit Buchhaltungsaufgaben der Fa. XY betraut war und auch die Jahreserklärungen dieses Unternehmens vorbereitet habe. Davon hatte er Kenntnis. Er hatte auch vom Sachverhalt Kenntnis, der dem Überrechnungsansuchen zu Grunde lag. Den Sachverhalt habe er durch die Ergebnisse des Prüfers XX gekannt. Das Originaldokument (die berichtigte Rechnung), die Grundlage des Überrechnungsantrages, habe er im Büro seiner Ehegattin gesehen. Er sei davon ausgegangen, dass der Überrechnungsantrag durchzuführen sei. Da seine Mitarbeiterin Frau XX, Teamexpertin im Team BV des FA XY, sehr langsam gearbeitet hätte, habe er sie unterstützt. Er habe an Frau XX keinen Auftrag erteilt, die Überrechnung durchzuführen, weil er das im konkreten Fall aufgrund seiner Befangenheit nicht konnte. Er habe nur die Aussage gemacht, dass der Betrag, der zur Überrechnung beantragt wurde, rechtmäßig sei. Aus seiner Sicht sei es gedanklich ausreichend gewesen, die Befangenheit nicht der Dienstvorgesetzten zu melden sondern seine Mitarbeiterin darauf hinzuweisen, diesen Fall zu bearbeiten. Die Vorständin des FA XY gab als Zeugin an, dass sie bei der Aufnahme der niederschriftlich festgehaltenen Aussage von Frau XX anwesend war und dass die Aussage von Frau XX im Protokoll richtig aufgenommen ist. Hinsichtlich der Befangenheit von Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern in ihrem FA sei sie darauf angewiesen, dass ihr eine Befangenheit angezeigt werde, zumal sie über die Freundschafts- und Verwandtschaftsverhältnisse ihrer Bediensteten nicht informiert sei, es sei denn, diese seien offenkundig.
Faktum 2
B hat auf Daten in den Abgabenkonten der im Spruch dieser Entscheidung unter Punkt 2 bezeichneten Personen zugegriffen. Eine Analyse dieser Datenbankzugriffe durch das BIA ergab, dass Zugriffe erfolgten, die durch die Dienstbehörde als nicht dienstlich veranlasst bewertet wurden und in der Disziplinaranzeige wie folgt gruppiert wurden:
? Zugriffe auf Abgabenkonten von Personen, auf die auch schon in den Jahren 1995-2003 (wie in einem Disziplinarverfahren 2005 festgestellt) ohne dienstliche Veranlassung zugegriffen wurde, und für die auch in den Folgejahren ein dienstliches Interesse des B nicht feststellbar ist;
? Zugriffe auf Abgabenkonten von Personen, die durch die Ehegattin des B als selbständige Buchhalterin betreut werden;
? Zugriffe auf Abgabenkonten von Personen, die dem Mitarbeiterinnen/Mitarbeiterstand des Teams BV des FA XY angehören, in dem der B im Tatzeitraum die Funktion des Teamleiters inne hatte;
? Zugriffe auf Abgabenkonten von sonstigen Bediensteten des FA XY;
? Zugriffe auf Abgabenkonten von Personen, mit denen B familiär bzw. verwandtschaftlich verbunden ist.
In der mündlichen Verhandlung führte B dazu aus, dass er sich hinsichtlich dieser Abfragen für schuldig bekenne, eine Dienstpflichtverletzung begangen zu haben. Seine Verantwortung aus dem Untersuchungsverfahren, wonach einzelne Abfragen möglicherweise doch dienstlich begründet waren, hat B nicht aufrechterhalten. Er gab im Weiteren an, dass ihm die einschlägigen Erlässe des BMF bekannt seien, wonach Abfragen im AIS nur bei dienstlicher Veranlassung durchgeführt werden dürfen. Die Vorständin des Finanzamtes führte als Zeugin in der mündlichen Verhandlung aus, dass der Zugriff auf das AIS wiederholt Gegenstand von Dienstbesprechungen war und legte Protokolle aus den Jahren 2012 und 2013 vor, aus denen zweimal die Besprechung der Berichte des BIA ersichtlich war. In einem FKM hatte ein Vortrag des Personalbetreuers der Region Süd zum Thema „richtiger Umgang mit Datenbankabfragen“ stattgefunden. Die Zeugin gab an, dass sie auch die Weitergabe dieser Informationen an die Bediensteten überprüft hat. Zum Nachweis, dass B die im FKM besprochenen Inhalte zum Thema Datenbankabfragen weitergeleitet hatte, legte die Zeugin Protokolle der Team Jour fixe des Teams von B vor, die bestätigen, dass er das Thema an seine Bediensteten weiter vermittelt hat. B hat diese Aussagen der Zeugin bestätigt.
III Rechtslage
§ 47 BDG 1979: Der Beamte hat sich der Ausübung seines Amtes zu enthalten und seine Vertretung zu veranlassen, wenn wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unbefangenheit in Zweifel zu setzen. Bei Gefahr im Verzug hat, wenn die Vertretung durch ein anderes Organ nicht sogleich bewirkt werden kann, auch der befangene Beamte die unaufschiebbaren Amtshandlungen selbst vorzunehmen. § 7 des AVG und sonstige die Befangenheit regelnde Verfahrensvorschriften bleiben unberührt.
§ 76 BAO: Abs. 1 Organe der Abgabenbehörden haben sich der Ausübung ihres Amtes wegen Befangenheit zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen,
a) wenn es sich um ihre eigenen Abgabenangelegenheiten oder um jene eines ihrer Angehörigen (§ 25), oder um jene eines ihrer Pflegebefohlenen handelt;
b) wenn sie als Vertreter einer Partei (§ 78) noch bestellt sind oder bestellt waren;
c) wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen;
§ 7 AVG Abs. 1: Verwaltungsorgane haben sich der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen: 1. in Sachen, an denen sie selbst, einer ihrer Angehörigen (§ 36a) oder einer ihrer Pflegebefohlenen beteiligt sind; 2. in Sachen, in denen sie als Bevollmächtigte einer Partei bestellt waren oder noch bestellt sind; 3. wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen;
4. im Berufungsverfahren, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheides oder der Berufungsvorentscheidung (§ 64a) mitgewirkt haben.
Abs. 2: Bei Gefahr im Verzug hat, wenn die Vertretung durch ein anderes Verwaltungsorgan nicht sogleich bewirkt werden kann, auch das befangene Organ die unaufschiebbaren Amtshandlungen selbst vorzunehmen.
§ 44 Abs. 1 BDG 1979: Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.
Erlässe des BMF, die im Sinne des § 44 Abs. 1 BDG 1979 zu beachten sind: BMF GZ. 66 1009/30-VI/6/00 vom 30. Oktober 2000 (Auszug) „Die Eingabe oder Abfrage von Daten im AIS oder im DB7A bzw. DB7B ist nur dann zulässig, wenn eine dienstliche Veranlassung vorliegt. Werden Eingaben oder Abfragen ohne solche Begründung durchgeführt, ist zumindest ein dienstrechtlich relevanter Sachverhalt gegeben“
BMF GZ. 66 1009/19-VI/6/01 vom 13. Juni 2001 (Auszug) „Um die Bediensteten entsprechend zu informieren und damit weitere Fehlverhalten von Bediensteten der Finanzverwaltung möglichst zu vermeiden, sind in allen Dienststellen Dienstbesprechungen abzuhalten. Dabei sind insbesondere folgende Inhalte zu vermitteln: 1. … 2. Erlass O 299 vom 30.10.2000, BMF GZ. 66 1009/30-VI/6/00“
BMF GZ. 16 1270/1-I/20/04 vom 19. März 2004 (Auszug) „Aus gegebenem Anlass werden den Bediensteten des Finanzressorts die Erlässe…vom 30.10.2009, GZ 66 1009/30-VI/6/00, über die illegale Abfrage von internen Datenbanken in Erinnerung gerufen.“
BMF GZ. – 320700/0001-I/20/2004 vom 16.11.2004 (Auszug) „Der Dienstgeber hat seit dem Jahr 2000 wiederholt und nachdrücklich darauf hingewiesen, dass die Verwendung (das Abfragen) des Datenbestandes der österreichischen Finanzverwaltung ausschließlich im dienstlichen Interesse zulässig ist.“ „Dem beim Bundesministerium für Finanzen eingerichteten Büro für interne Angelegenheiten…obliegt unter anderem auch die Überwachung der Rechtmäßigkeit von Zugriffen auf das AIS für das gesamte Ressort.“
§ 43 Abs. 2 BDG 1979: Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
IV Rechtliche Würdigung
Zu Faktum1
Der Disziplinarsenat stellt als erwiesen fest, dass sich B bei der Durchführung des Überrechnungsantrages von der Fa. XY auf das Steuerkonto der Fa. XY seines Amtes nicht enthalten hat. Er hat mittels Telefonanruf seiner Mitarbeiterin XX mitgeteilt, dass die Durchführung des Überrechnungsantrages rechtmäßig sei und hat ihr den Begründungstext für die Entscheidung diktiert. Dies folgt aus den Ausführungen der Mitarbeiterin XX, die das in Gegenwart der als Zeugin vernommenen Vorständin des FA XY geäußert hatte. Auch
B selbst hat sein Mitwirken bei dem vorzunehmenden Amtsgeschäft dargelegt und mit seiner Absicht begründet, er habe die langsam arbeitende Mitarbeiterin unterstützen wollen. Im Weiteren stellt der Disziplinarsenat fest, dass B befangen war. Die Befangenheit ergab sich durch das ihm bekannte Mitwirken seiner Ehegattin bei der Buchhaltung der Fa. XY. Wie B ausführte, hat er von jener Rechnung, die dem Überrechnungsantrag zugrunde lag, bewusst im Büro der Ehegattin Kenntnis genommen. Dadurch aber war jede Form der einer Mitwirkung an der Bezug habenden amtlichen Tätigkeit ausgeschlossen, konkret gem. § 76 Abs. 1 Z. c BAO, weil sonstige wichtige Gründe vorgelegen sind, die geeignet waren, die volle Unbefangenheit des B in Zweifel zu ziehen. Ebenso ist auf § 47 BDG 1979 zu verweisen, wonach sich der Beamte der Ausübung seines Amtes zu enthalten hat, wenn wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unbefangenheit in Zweifel zu setzen. Wenn das Gesetz von Beamtinnen und Beamten fordert, im Falle der Befangenheit ihre Vertretung zu veranlassen, wird darunter in erster Linie die Information der/des Dienstvorgesetzten zu verstehen sein, die/der dafür zu sorgen hat, dass das Amtsgeschäft verfahrensrechtlich einer Erledigung zugeführt wird, die über den Verdacht einer -auch nur denkbaren- Einflussnahme durch befangene Beamtinnen/Beamte erhaben ist. Es entspricht nicht der Wahrnehmung der Befangenheit, wenn die Beachtung der Befangenheit nur dem Anschein nach dokumentiert wird, weil befangene Beamtinnen/Beamte offiziell nicht als Sachbearbeiterinnen/Sachbearbeiter oder Genehmigerinnen/Genehmiger aufscheinen, tatsächlich aber im Hintergrund an der Entscheidung mitwirken. Darüber hinaus war die Initiierung der Erledigung des Überrechnungsantrages durch B im Wege über seine Mitarbeiterin, die ihm gegenüber weisungsgebunden war, geeignet, auch bei der Mitarbeiterin Befangenheit zu erzeugen. Zum einen wusste die Mitarbeiterin, dass die Ehegattin ihres Vorgesetzten die Buchhalterin des Unternehmers war, der den Antrag auf Überrechnung eingebracht hatte und durfte daher auch begründet vermuten, dass die Ehegattin des B diesen Antrag auf Überrechnung konzipiert hatte. Zum anderen hatte Frau XX gegen die Durchführung der Überrechnung rechtliche Bedenken gehabt, da diese Überrechnung rechtswidrig war, nachdem derselbe Steuerbetrag ein zweites Mal als Gutschrift beantragt wurde. Diese Bedenken hat Frau XX ihrem Teamleiter auch mitgeteilt. Die Überrechnung eines Steuerguthabens, dessen Entstehung nach dem Umsatzsteuergesetz rechtswidrig war, ist auch ursächlich dafür, dass die vom B nicht wahrgenommene Befangenheit überhaupt offenkundig geworden ist.
Zu Faktum 2
Der Disziplinarsenat stellt als erwiesen fest, dass die im Spruch dargestellten Datenzugriffe auf das AIS dienstlich nicht begründet waren. In diesem Sinn ist zunächst die Aussage der Behördenleiterin zu würdigen, die diesen Datenabfragen nach Überprüfung durch das BIA eine dienstliche Veranlassung nicht beimessen konnte und daher Disziplinaranzeige erstattet hat. Sodann ist anzuführen, dass bei Zugriffen auf Abgabenkonten von Personen, auf die schon in den Jahren 1995-2003 zugegriffen wurden und die danach Gegenstand eines Disziplinarverfahren im Jahr 2005 gewesen sind, eine dienstliche Veranlassung objektiv ausscheidet. Soweit sich die Zugriffe im AIS auf Dateien von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Finanzverwaltung beziehen, ist eine dienstliche Veranlassung nicht festzustellen. Die Bearbeitung von Steuerfällen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines FA bedürfen eines besonderen Arbeitsauftrages durch die Behördenleiterin und könnten nur dadurch gerechtfertigt werden. Ein diesbezüglicher Auftrag an B wurde nicht erteilt. Dazu ist auch auszuführen, dass das AIS nicht der Administration der Bediensteten der Finanzverwaltung dient, sondern ausschließlich der Abgabenerhebung. Schließlich ist noch auf Zugriffe auf Abgabenkonten von Personen Bezug zu nehmen, mit denen B familiär bzw. verwandtschaftlich und freundschaftlich verbunden ist. Derartige Abfragen können schon aus Gründen der Wahrnehmung der Befangenheit niemals dienstlich veranlasst sein, genau so wenig wie Zugriffe auf Abgabenkonten von Personen, die durch die Ehegattin des B als selbständige Buchhalterin betreut wurden, weil es dadurch zu einer Überschneidung privater und beruflicher Interessen kommt. Beamtinnen und Beamte haben sich in einem solchen Fall stets der Ausübung des Amtes zu enthalten.
Zu Faktum 3
Der Disziplinarsenat ist an die Entscheidung eines Strafgerichts gem. § 95 Abs. 2 BDG 1979 gebunden und hat gem. § 95 Abs. 1 BDG 1979 nur den disziplinarrechtlichen Überhang zu beurteilen. Dieser liegt beim Amtsmissbrauch im Verlust des Vertrauens der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben durch den Beamten. Dieser Aspekt ist nicht Gegenstand des Gerichtsverfahrens. Der Disziplinarsenat erachtet den Vertrauensverlust in B durch den zu beurteilenden Datenmissbrauch als besonders gravierend. Das BMF garantiert in der Publikation der Charta der österreichischen Finanzverwaltung (zuletzt neu aufgelegt im Jahr 2012) den Bürgerinnen und Bürgern den Datenschutz. Wörtlich heißt es: „Wir führen die Steuerakten mit Hilfe elektronischer Datenverarbeitung und garantieren Ihnen dabei selbstverständlich die Einhaltung sämtlicher Datenschutzbestimmungen“. Dazu ist zu erläutern, dass auch Kolleginnen und Kollegen der Finanzverwaltung zu den Bürgerinnen und Bürgern gehören, deren Rechte auf Schutz ihrer Daten zu respektieren sind. Zum Verstoß gegen die Dienstpflichten des § 43 Abs. 2 BDG 1979 mit Bezug auf eine Verurteilung gem. § 302 StGB hat das BVwG in seiner Entscheidung GZ W208 2002916-1/3Z vom 15.04.2014 ausgeführt, dass „die (hier sogar besonders häufige) missbräuchliche Abfrage personenbezogener Daten aus – der Finanzverwaltung zur Verfügung stehenden – Datenbanken“ geeignet ist, „das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche und rechtstreue Dienstverrichtung nachhaltig zu erschüttern…“. Weiter wurde ausgeführt: „Die Motive der Abfrage spielen hinsichtlich des Vertrauensverlustes in § 43 Abs. 2 BDG keine Rolle, es reicht aus, dass die Abfragen dienstlich nicht veranlasst waren, weil personenbezogene Daten nach den §§ 1 iVm 14 DSG 2000 eben nur im dienstlichen Auftrag verwendet werden dürfen“. Diese Ausführungen werden vom Disziplinarsenat begründend im Hinblick auf eine Verletzung der Dienstpflicht des § 43 Abs. 2 BDG 1979 übernommen.
V Verschulden
§ 5 StGB Abs. 1: Vorsätzlich handelt, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, daß der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet. Abs. 2: Der Täter handelt absichtlich, wenn es ihm darauf ankommt, den Umstand oder Erfolg zu verwirklichen, für den das Gesetz absichtliches Handeln voraussetzt. Abs. 3: Der Täter handelt wissentlich, wenn er den Umstand oder Erfolg, für den das Gesetz Wissentlichkeit voraussetzt, nicht bloß für möglich hält, sondern sein Vorliegen oder Eintreten für gewiß hält.
§ 6 StGB Abs. 1: Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer acht läßt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, daß er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Abs. 2: Fahrlässig handelt auch, wer es für möglich hält, daß er einen solchen Sachverhalt verwirkliche, ihn aber nicht herbeiführen will. Abs. 3: Grob fahrlässig handelt, wer ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig handelt, sodass der Eintritt eines dem gesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhaltes als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar war.
Faktum 1
Der Disziplinarsenat stellt hinsichtlich der Nichtbeachtung der Befangenheit zu Faktum 1 ein schuldhaftes Verhalten fest. B war seine Befangenheit auch durchaus bewusst. Als Folge seiner Befangenheit hat er im Wege über seine weisungsgebundene Mitarbeiterin in das Verfahren bestimmend eingegriffen. Dieses Verhalten erkennt der Disziplinarsenat als zumindest grob fahrlässig, da es ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig ist. Im Zweifel bzw. bei berechtigter Sorge um eine zeitnahe und rechtsrichtige Erledigung des Ansuchens durch seine Mitarbeiterin war es für ihn als Teamleiter verpflichtend bzw. zumutbar, seine Dienstvorgesetzte über den Sachverhalt zu informieren. Möglicherweise hatte er eine falsche Vorstellung über seine gesetzliche Verpflichtung, wie bei eingetretener Befangenheit seine Vertretung zu veranlassen sei. Hinsichtlich dieses (allfälligen) Rechtsirrtums hat er aber den Schuldvorwurf der groben Fahrlässigkeit zu vertreten, sodass ihm insgesamt zumindest ein grob fahrlässiges Verhalten zuzurechnen ist.
Faktum 2
Der Disziplinarsenat stellt als erwiesen fest, dass B, soweit er im AIS der Finanzverwaltung ohne dienstliche Veranlassung auf Daten zugegriffen hat, mit Bezug auf die Verletzung der Dienstpflichten gem. § 44 BDG 1979 ein vorsätzliches Verschulden trifft. Das Wissen um die Verletzung einer Dienstpflicht ist B deshalb zuzurechnen, weil ihm
? mehrfach und wiederholt durch die unter Punkt III (Rechtslage) zitierten Anweisungen der Erlässe des BMF bekannt gemacht wurden, weil er
? im Jahr 2005 wegen Nichtbeachtung dieser Erlässe mit einer Disziplinarverfügung belegt wurde und weil er
? im Jahr 2012 und 2013 nachweislich mit dieser Thematik im Rahmen von FKM konfrontiert wurde bzw. dieses Thema auch selbst in Team Jour fixe weiterbearbeitet hat.
Faktum 3
Aus den unter Faktum 2 angeführten Gründen verantwortet B auch das vorsätzliche Verschulden im Hinblick auf die Tatbestandsverwirklichung des § 43 Abs. 2 BDG 1979, weil er wissen musste, dass mit der dienstlich nicht veranlassten Abfrage in der Abgabendatenbank auch eine Verletzung des Datenschutzes verbunden sein kann, die einen erheblichen Vertrauensverlust zu begründen vermag. Einem Beamten ist grundsätzlich das Wissen um die einschlägigen Bestimmungen des Datenschutzgesetzes zuzurechnen, da dieses Wissen bindende Voraussetzung der Beamtentätigkeit ist und in der Grundausbildung gelehrt und der berufsbegleitenden Fortbildung eines Finanzbeamten gepflegt wird. Darüber hinaus hat gerade der Datenschutz im Werben um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürgern eine erhöhte Aktualität und Bedeutung, wie es B nicht nur aus der Charta der österreichischen Finanzverwaltung, um ein besonderes Beispiel zu zitieren, bekannt sein musste.
VI Strafbemessung
§ 93 Abs. 1 BDG 1979: Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.
§ 93 Absatz 2 BDG 1979: Hat der Beamte durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen und wird über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt, so ist nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.
§ 92. Abs. 1 BDG 1979 (Disziplinarstrafen)
1. der Verweis,
2. die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges
3. die Geldstrafe in der Höhe von einem Monatsbezug bis zu fünf Monatsbezügen
4. die Entlassung.
Abs. 2: In den Fällen des Abs. 1 Z 2 und 3 ist von dem Monatsbezug auszugehen, der dem Beamten auf Grund seiner besoldungsrechtlichen Stellung im Zeitpunkt der Fällung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses beziehungsweise im Zeitpunkt der Verhängung der Disziplinarverfügung gebührt. Allfällige Kürzungen des Monatsbezuges sind bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen. Unter Bezugnahme auf § 93 Abs. 2 BDG 1979 stellt der Disziplinarsenat fest, dass die Dienstpflichtverletzung gem. § 44 Abs. 1 BDG 1979 als die schwerste der vorliegenden Dienstpflichtverletzungen erachtet wird. Dazu ist auszuführen, dass die Befolgung von Weisungen den vornehmsten Pflichten des Beamten zuzurechnen ist. B hat die einschlägigen Weisungen, Daten nur unter dienstlicher Veranlassung abzufragen, trotz der Verhängung einer Disziplinarverfügung im Jahr 2005 (wegen Begehung derselben Dienstpflichtverletzung) weiterhin nicht befolgt. Die Schwere der Tat ist durch die zum Ausdruck gebrachte Gleichgültigkeit gegenüber den bestehenden Dienstanweisungen dokumentiert. Da auch nach der Verhängung der Disziplinarverfügung Abfragen im AIS ohne dienstliche Veranlassung durchgeführt wurden, fällt B hinsichtlich dieser Datenzugriffe die Eigenschaft eines Wiederholungstäters zu. Die Disziplinarstrafe ist daher nach der Dienstpflichtverletzung wegen § 44 Abs. 1 BDG 1979 zu bemessen und die übrigen Dienstpflichtverletzungen sind als erschwerend zu berücksichtigen. In Interpretation des § 93 BDG 1979 hat der VwGH zuletzt am 12.11.2013 unter VwGH Zl. 2013/09/0045 wörtlich ausgeführt: „Gem. § 93 Abs. 1 erster Satz BDG 1979 ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung als Maß für die Höhe der Strafe festgelegt. Dieser Maßstab richtet sich nach dem Ausmaß der Schuld im Sinne der Strafbemessungsschuld des Strafrechts. Für die Strafbemessung ist daher sowohl das objektive Gewicht der Tat maßgebend wie auch der Grad des Verschuldens (vgl. die ErläutRV zur Vorgängerbestimmung des § 93 BDG 1979 im BDG 1977, 500 Blg. Nr. 14 GP 83). Das objektive Gewicht der Tat (der Unrechtsgehalt) wird dabei in jedem konkreten Einzelfall - in Ermangelung eines typisierten Straftatbestandskatalogs im Sinne etwa des StGB – wesentlich durch die objektive Schwere der in jedem Einzelfall konkret festzustellenden Rechtsgutbeeinträchtigung bestimmt.“
Der Disziplinarsenat misst dem Unrechtsgehalt der vorliegenden Dienstpflichtverletzung der Weisungsverletzung, wie bereits ausgeführt, nicht zuletzt deshalb eine besondere Schwere bei, da auch seine Schuld als sehr schwerwiegend erachtet wird, nachdem die Verhängung einer Disziplinarverfügung im Jahr 2005 nicht geeignet war, B vor der abermaligen Verletzung derselben Dienstplicht abzuhalten und darüber hinaus weitere Dienstpflichtverletzungen zu verwirklichen. Der Disziplinarsenat hat die Festsetzung einer Geldstrafe als zutreffende Sanktion erachtet, da der Verhängung der Geldstrafe die höchstmögliche Wirkung zugebilligt wird, B zukünftig von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Gem. § 92 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 ist die Geldstrafe in der Höhe von einem Monatsbezug bis zu fünf Monatsbezügen festzusetzen. Der Disziplinarsenat hat erwogen, dass mit dem geringsten Ausmaß in Höhe von einem Monatsbezug das Auslangen zu finden ist. Die Ausmessung in dieser Höhe ist zu begründen durch das zuletzt abgelegte reumütige Geständnis und das einsichtige Verhalten wodurch Anhaltspunkte gegeben sind, dass B in Zukunft seine Dienstpflichten mit der gebotenen Sorgfalt und Ernsthaftigkeit einhalten wird. B hat in der mündlichen Verhandlung sehr offen zur Aufklärung des Sachverhaltes beigetragen, seine Fehler eingesehen und dadurch die Glaubwürdigkeit seines Geständnisses dokumentiert. Unter Berücksichtigung der Erschwerungsgründe (langer Tatzeitraum der Weisungsverletzung, teilweise Tatwiederholung nach der Disziplinarverfügung, mehrere Dienstpflichtverletzungen) sowie unter Berücksichtigung der vom Gesetz gebotenen generalpräventiven Erwägungen begründet sich die festgesetzte Geldstrafe in der Höhe eines Monatsbezuges als jene gewollte Härte, um dem Disziplinarbeschuldigten vor der Begehung weiterer Taten abzuhalten und der Begehung ähnlicher Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamtinnen und Beamte entgegenzuwirken. Der generalpräventive Aspekt gewinnt auch dadurch an Bedeutung, dass B als Teamleiter eine Vorbildfunktion zuzurechnen ist. Bei der Festsetzung der Disziplinarstrafe wurde auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (wie in der mündlichen Verhandlung festgestellt und in der Verhandlungsschrift festgehalten) Bedacht genommen.
VI Einstellung des Verfahrens bzw. Freispruch
Der gegen B im Einleitungsbeschluss erhobene Vorwurf der Dienstpflichtverletzung gem. § 43 Abs. 2 BDG 1979 begründete sich durch den erhobenen Verdacht des Missbrauchs der Amtsgewalt durch Verletzung des Datenschutzes. Der Disziplinarsenat ist an die Entscheidung eines Strafgerichts gem. § 95 BDG 1979 gebunden. Das Landesgericht für Strafsachen XX hat B vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs hinsichtlich der 22 Personen freigesprochen. Somit liegt diesbezüglich kein strafrechtlicher Tatbestand vor und es kann daher davon abgeleitet auch kein disziplinarrechtlich relevanter Tatbestand mit Bezug auf § 43 Abs. 1 BDG 1979 vorliegen. Folglich ist der Freispruch gem. § 118 Abs. 1 Z 1 BDG 1979 begründet. Durch die Entscheidung des Strafgerichtes ist eine Dienstpflichtverletzung im Hinblick auf § 44 BDG 1979 mit Bezug auf denselben Personenkreis nicht berührt, da die Dienstpflichtverletzung der Nichtbefolgung von Weisungen nicht Gegenstand eines Gerichtsverfahrens ist.
-END-
Zuletzt aktualisiert am
09.08.2016