TE Dok 2016/6/2 2 Ds 8/15

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Veröffentlicht am 02.06.2016
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Norm

BDG 1979 §43
BDG 1979 §91

Schlagworte

Dienstpflichtverletzung

Text

DISZIPLINARERKENNTNIS

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Justiz hat am 17. März 2016 durch die Senatsvorsitzende PräsdLG Dr. Haberl-Schwarz als Vorsitzende und durch die weiteren Mitglieder des Disziplinarsenates RidOLG Mag. Redtenbacher und BI Zöhrer im Beisein der RiAA Maga. Vukadin als Schriftführerin in der Disziplinarsache des GI *** ***nach der in Gegenwart der Disziplinaranwältin OStA Maga. Steger sowie in Anwesenheit des Disziplinarbeschuldigten durchgeführten öffentlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

GI *** *** ist schuldig, er hat am *** die Dienstpflichten nach § 43 Abs 1 und Abs 2 BDG 1979, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen und in seinem gesamten Verhalten darauf

Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt, schuldhaft verletzt und dadurch Dienstpflichtverletzungen nach § 91 BDG 1979 begangen, indem er

1. in *** entgegen Punkt 6.1. Abs 2 des Erlasses des Bundesministeriums für Justiz vom 22. Dezember 1995, JMZ 42302/27/V/95 (Vollzugsordnung für Justizanstalten [VZO]), im Dienst alkoholische Getränke konsumierte sowie

2. in *** und *** in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (0,94 mg/l Alkoholgehalt der Atemluft) ein Kraftfahrzeug lenkte (§ 5 Abs 1 StVO) und in diesem Zustand einen Zusammenstoß mit einem weiteren Kraftfahrzeug, behördliches Kennzeichen ***, verursachte.

Er hat hiedurch Dienstpflichtverletzungen nach § 91 BDG 1979 begangen und wird hiefür unter Bedachtnahme auf § 93 Abs 2 BDG 1979 nach § 92 Abs 1 Z 2 BDG 1979 mit einer

Geldbuße von EUR 1.000,00

bestraft.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Bescheid steht dem Disziplinarbeschuldigten und dem Disziplinaranwalt gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1, 132 Abs 1 Z 1, Abs 5 (iVm § 103 Abs 4 Z 1 BDG 1979) B-VG Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu. Die Beschwerde ist binnen vier Wochen (§ 7 Abs 4 VwGVG) nach Zustellung des Bescheides schriftlich, telegrafisch oder fernschriftlich bei der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Justiz einzubringen. Die Beschwerde hat folgende Punkte zu enthalten (§ 9 Abs. 1 VwGVG):

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides,

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4. das Begehren und

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht

ist.

Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat – sofern eine solche nicht ausgeschlossen wird (§ 13 Abs. 2 VwGVG) – aufschiebende Wirkung (§ 13 Abs. 1 VwGVG).

BEGRÜNDUNG:

Zur Person:

Der am *** geborene GrInsp *** ***gehört dem Personalstand der Justizwachebeamten der Justizanstalt *** an und ist derzeit als stellvertretender *** tätig. Aus dieser Beschäftigung bezieht der Disziplinarbeschuldigte ein monatliches Nettoeinkommen von rund EUR ***. Mit diesem Einkommen hat der Disziplinarbeschuldigte seine gegenüber seinem minderjährigen und im gemeinsamen Haushalt lebenden Sohn zu bestreiten. Neben Kreditverbindlichkeiten von aktuell EUR *** für die Errichtung eines Einfamilienhauses ist der Disziplinarbeschuldigte weitere Verbindlichkeiten von rund EUR *** zur Begleichung der aus den Verwaltungsübertretungen resultierenden Geldstrafen eingegangen.

Zur Sache:

Am *** konsumierte der Disziplinarbeschuldigte während des Dienstes zahlreiche alkoholische Getränke und bewirkte dadurch eine erhebliche Beeinträchtigung seiner Dienstfähigkeit.

Um *** Uhr desselben Tages verursachte der Disziplinarbeschuldigte nach der Beendigung seines Dienstes in *** als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen *** in diesem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (0,94 mg/l Alkoholgehalt der Atemluft) einen Zusammenstoß mit einem weiteren Kraftfahrzeug (behördliches Kennzeichen ***), durch den an beiden Fahrzeugen Sachschäden entstanden.

Nachdem GrInsp *** ***mit dem anderen Unfallbeteiligten die persönlichen Daten ausgetauscht hatte, verließ er mit seinem Fahrzeug die Unfallstelle.
Diese Feststellungen gründen sich auf die Angaben des Disziplinarbeschuldigten, an deren Richtigkeit aufgrund ihrer Übereinstimmung mit den Erhebungsergebnissen der Disziplinarbehörde keine Zweifel bestehen. Auf der Basis dieser Verantwortung erachtet es die Disziplinarkommission letztlich auch als glaubhaft, dass der Disziplinarbeschuldigte mit dem Unfallgegner die persönlichen Daten austauschte. Denn gerade mit Blick auf das Bestreben des Disziplinarbeschuldigten, seine Alkoholisierung während der Fahrt zu verheimlichen, erscheint aufgrund allgemeiner Erfahrungssätze das Bestreben um eine konsensuale Lösung mit dem Unfallgegner näher liegend als eine den Verdacht der Alkohol bedingten Beeinträchtigung geradezu auslösende Fahrerflucht.

Nach § 43 Abs 1 und Abs 2 BDG 1979 ist ein Beamter verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen, in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Durch den vorsätzlichen Konsum von Alkohol während der Ausübung des Justizwachdienstes hat der Disziplinarbeschuldigte schuldhaft gegen die ihm nach §§ 43
Abs 1 BDG obliegenden Pflichten verstoßen, zumal die substanzbedingte körperliche Beeinträchtigung eine Herabsetzung seiner Fähigkeit zur Ausübung des der öffentlichen Sicherheit dienenden Aufgaben zur Folge hatte, mit der ein Verlust des Vertrauens der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben und eine Missachtung des Punktes 6.1. zweiter Absatz des Erlasses des Bundesministeriums für Justiz vom 22.Dezember 1995, JMZ 42302/275/95 (Vollzugsordnung für Justizanstalten – VZO), die den Angehörigen des Justizwachdienstes den Konsum von berauschenden Mitteln während der Dienstzeit oder knapp vor dessen Beginn in Ansehung des damit verbundenen Ausschlusses oder der Herabsetzung der Wahrnehmungs-, Handlungs- oder Reaktionsfähigkeit verbietet, einhergeht.

Unzweifelhaft hat der Disziplinarbeschuldigte auch durch die Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges außerhalb des Dienstes schuldhaft gegen die ihm nach § 43 Abs 2 BDG obliegenden Pflichten verstoßen, weil dieses Verhalten geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben zu beeinträchtigen. Dieser funktionsbeeinträchtigende Anteil des Verhaltens des Disziplinarbeschuldigten überschreitet den verwaltungsstrafrechtlichen Unrechtsgehalt seiner Taten, sodass auch in dieser Hinsicht gemäß § 95 Abs 1 letzter Satz iVm § 93 BDG die disziplinarrechtliche Bestrafung geboten ist (VwGH 30. März 2006, GZ 2004/09/0215).

Ausschließlich der Unrechts- und Schuldgehalt des dargestellten disziplinären Überhangs ist aus Anlass der gemäß § 93 Abs 2 BDG gebotenen Ausmessung der Disziplinarstrafe zu berücksichtigen.

Dabei sind das Zusammentreffen von zwei Dienstpflichtverletzungen als erschwerend sowie das umfassende und reumütige Geständnis und die ernsthafte therapeutische Auseinandersetzung mit der Alkoholentwöhnung nach der Tat als mildernd zu werten. Dem bisher ordentlichen Lebenswandel und dem auffallenden Widerspruch zwischen den Taten und dem bisherigen Verhalten kann angesichts der Ermahnung des Disziplinarbeschuldigten vom *** wegen Alkoholkonsums im Dienst keine schuldmindernde Wirkung zuerkannt werden. Mit Blick auf das erhebliche Gefährdungspotential des Alkoholkonsums während des Dienstes erweist sich die am Höchstmaß des § 92 Abs 1 Z 2 BDG 1979 orientierte Geldbuße der Schuld gerade noch als angemessen und den spezial- und generalpräventiven Erfordernissen Rechnung tragend.

Zuletzt aktualisiert am

24.06.2016
Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
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