TE Vwgh Erkenntnis 2000/9/14 97/21/0491

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Veröffentlicht am 14.09.2000
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §1;
AVG §68 Abs2;
FrG 1993 §26;
FrG 1993 §70 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des G (zuletzt) in Hopfgarten, vertreten durch Dr. Andreas Widschwenter, Rechtsanwalt in 6300 Wörgl, Salzburger Straße 1, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 6. Juni 1997, Zl. III 145/97, betreffend 1. Herabsetzung der Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 68 Abs. 2 AVG und 2. Abweisung des Antrages auf Aufhebung dieses Aufenthaltsverbotes,

1. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Herabsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes richtet, zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Spruch

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel erließ gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 3. Juli 1996 gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 und den §§ 19 bis 21 sowie 31 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot. In der Begründung führte sie insgesamt 33 rechtskräftige gerichtliche Verurteilungen des Beschwerdeführers durch italienische Gerichte an, u.a. wegen Diebstahls, unerlaubten Waffenbesitzes, Ausstellen von ungedeckten Schecks, Verletzung der Bestimmung über Rauschgift und psychotrope Substanzen sowie Hehlerei.

Dieser Aufenthaltsverbotsbescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde zum einen den Antrag des Beschwerdeführers vom 10. März 1997 auf Aufhebung des genannten Aufenthaltsverbotes im Instanzenzug gemäß § 26 FrG ab (Spruchpunkt 1.) und änderte zum anderen den Aufenthaltsverbotsbescheid gemäß § 68 Abs. 2 AVG dahin ab, dass das Aufenthaltsverbot mit zehn Jahren befristet wird (Spruchpunkt 2.).

Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Mit Verfügung des Generalstaatsanwaltes in Turin sei zufolge Zusammentreffens der Strafurteile die abzubüßende Strafe mit 25 Jahren und 10 Tagen sowie einer Geldstrafe von Lire 528,800.000 und einer Haft von zwei Monaten bestimmt worden. Im Jahr 1991 sei eine Gefängnisstrafe von acht Monaten und drei Tagen und eine Geldstrafe von Lire 80.000 erlassen worden. Das aus den italienischen Vorstrafen hervorleuchtende kriminelle Potential des Beschwerdeführers rechtfertige die in § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme. Die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes sei im Grund des § 19 FrG dringend geboten. Die Dauer des Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sei relativ kurz; seine Beziehung zu einer Österreicherin wiege höchstens gleich schwer wie die nachteiligen Folgen der Aufhebung des Aufenthaltsverbotes. Der Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes diene nicht dazu, die Rechtmäßigkeit jenes Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, zu bekämpfen. Eine Änderung der für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgebenden Umstände zu seinen Gunsten liege nicht vor. Seine Entlassung aus der wegen des Verdachts einer schweren Straftat im Jahr 1994 verhängten Untersuchungshaft im April 1995 sei keine solche Änderung zu seinen Gunsten. Sie ändere nichts an den zahlreichen schweren Vorstrafen bzw. den zu Grunde liegenden Straftaten und der daraus hervorleuchtenden Gefährlichkeit des Beschwerdeführers für die öffentliche Sicherheit.

Die gemäß § 68 Abs. 2 AVG vorgenommene Befristung des Aufenthaltsverbotes auf die Dauer von zehn Jahren begründete die belangte Behörde damit, dass gegen den Beschwerdeführer als italienischen Staatsbürger ein unbefristetes Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden dürfe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten unter Verzicht

auf die Erstattung einer Gegenschrift vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Hinsichtlich Spruchpunkt 2. des bekämpften Bescheides (Herabsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes) übersieht der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde bei dieser Entscheidung nicht als Rechtsmittelbehörde tätig geworden ist, sodass die für Berufungen geltende Beschränkung des Instanzenzuges gemäß § 70 Abs. 1 FrG nicht zum Tragen kommt. Der Rechtszug geht vielmehr in einem solchen Fall - da dieser vom Gesetz nicht ausgeschlossen wird - an den Bundesminister für Inneres.

Die Beschwerde war daher in diesem Umfang schon zufolge Nichterschöpfung des Instanzenzuges wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen (vgl. den hg. Beschluss vom 13. November 1996, Zl. 95/21/1181).

Gemäß § 26 FrG ist ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat sich die Behörde nach dieser Bestimmung, die ihren Inhalt nur aus dem Zusammenhalt mit den §§ 18 bis 20 FrG gewinnt, mit der Frage auseinander zu setzen, ob eine Gefährlichkeitsprognose im Sinn des § 18 Abs. 1 leg. cit. gegen den Fremden weiter getroffen werden kann und ob allenfalls ein relevanter Eingriff im Sinn des § 19 FrG vorliegt und - gegebenenfalls - die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten ist und - bejahendenfalls - ferner, ob sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes jene Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen andererseits gemäß § 20 FrG maßgebend sind, zu Gunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist. (Vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2000, Zl. 96/21/0395.)

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er wegen der im Aufenthaltsverbotsbescheid aufgezählten Straftaten zu Gefängnisstrafen von insgesamt über 25 Jahren verurteilt worden sei. Angesichts der daraus erschließbaren Neigung des Beschwerdeführers zu Straftaten durfte die belangte Behörde zu Recht das weitere Vorliegen einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Sinn des § 31 Abs. 1 FrG annehmen, zumal kein Umstand ersichtlich ist, aus dem auf eine Verminderung des Gefährdungspotentials des Beschwerdeführers seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes geschlossen werden könnte. Entgegen der Beschwerde ist der Auffassung der belangten Behörde beizupflichten, dass die Entlassung des Beschwerdeführers aus der Untersuchungshaft im Jahr 1995 nichts an den seinen Vorstrafen zu Grunde liegenden Straftaten und der daraus hervorleuchtenden Gefährlichkeit für die öffentliche Sicherheit ändert. Es kann dahinstehen, ob die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel - wie in der Beschwerde behauptet - das Aufenthaltsverbot auch auf den Umstand der Inhaftierung des Beschwerdeführers in Untersuchungshaft gestützt hat. Im Verfahren nach § 26 FrG kommt nämlich eine Überprüfung des erlassenen Aufenthaltsverbotes auf seine Rechtmäßigkeit nicht in Betracht (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis Zl. 96/21/0395).

Entgegen der Beschwerdemeinung legte die belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid einen inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers seit Februar 1993 und intensive Beziehungen des Beschwerdeführers zu einer österreichischen Staatsangehörigen zu Grunde. Da die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Weiterverbleib in Österreich im Wesentlichen unverändert geblieben sind - die Bindung des Beschwerdeführers zu seiner österreichischen Lebensgefährtin wurde bereits im Aufenthaltsverbotsbescheid berücksichtigt - und die für das Aufenthaltsverbot sprechenden öffentlichen Interessen in dem einen Jahr seit Erlassung dieser Maßnahme keine wesentliche Änderung erfahren haben, steht die angefochtene Entscheidung auch mit den §§ 19 und 20 FrG in Einklang.

Die Beschwerde war daher, soweit sie Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides betrifft, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 14. September 2000

Schlagworte

Instanzenzug

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1997210491.X00

Im RIS seit

15.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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