TE Dok 2016/6/14 S02-DK/06/16

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Veröffentlicht am 14.06.2016
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Norm

BDG 1979 §44 Abs1
BDG 1979 §43 Abs2

Schlagworte

vorschriftswidrige Abgabe von Postsendungen; Unterschriftenfälschung

Text

-ORGAN-

BM für Finanzen

-DOKTYP-

TE

-DATUM-

14.06.2016

-GZ-

S02-DK/06/16

-NORM-

BDG §44 Abs1

BDG §43 Abs2

-SW-

vorschriftswidrige Abgabe von Postsendungen; Unterschriftenfälschung

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen hat durch MR Dr. Gottfried Nowak als Senatsvorsitzenden sowie OI Gerhard Moser und ZI Christian Hofer als weitere Mitglieder des Disziplinarsenates VI nach der am 14. Juni 2016 in Anwesenheit der Disziplinaranwältin MR Dr. Gerda Minarik und des Beschuldigten NN, vertreten durch Richard Eder, Beamter, durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

NN

Zusteller in der Zustellbasis XX

ist

s c h u l d i g.

Er hat

am 25. Februar 2016 auf der Übernahmebestätigung für Pakete eine unleserliche Unterschrift angebracht und so die persönliche Übergabe des Paketes mit der Sendungsnummer …, Empfänger F vorgetäuscht sowie das sperrige Paket so weit wie möglich in den Postkasten gesteckt, wo es zur Hälfte herausstand.

NN hat dadurch die Dienstpflichten eines Beamten nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. 333/1979 i.d.g.F. (kurz: BDG 1979), nämlich

seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zu befolgen (§ 44 Abs. 1 BDG 1979)

sowie

in seinem gesamten Verhalten auf das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben Bedacht zu nehmen (§ 43 Abs. 2 BDG 1979)

schuldhaft verletzt und dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen.

Es wird daher über ihn gemäß § 126 Abs. 2 in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Z 2 BDG 1979 die

Disziplinarstrafe der

G e l d b u ß e

in Höhe von EUR 150,-- (Euro einhundertfünfzig)

verhängt.

Gemäß § 127 Abs. 2 BDG 1979 wird die Abstattung der Geldbuße in 3 Monatsraten zu EUR 50,-- bewilligt.

Verfahrenskosten sind keine angefallen.

B e g r ü n d u n g

NN steht seit 1982 im Postdienst und wird als Zusteller im Gleitzeitdurchrechnungsmodell bei der Zustellbasis XX verwendet. Mit 1. April 1987 wurde er zum Beamten ernannt.

Er ist verheiratet und hat keine Sorgepflichten. Der Beschuldigte hat monatliche Rückzahlungsraten in der Höhe von EUR 650,-- aufgrund eines Wohnbaudarlehens zu leisten. Der Beschuldigte hat weder zusätzliche finanzielle Belastungen noch Nebeneinkünfte.

Aus der Dienstbeschreibung vom 25. März 2016 geht im Wesentlichen hervor, dass dem Beschuldigten in seinem Verantwortungsbereich fachlich nichts vorzuwerfen sei. Sowohl die Kundenorientierung als auch sein Umgang mit Kollegen und Vorgesetzten sei – „trotz gelegentlichem Überzeugungsaufwand – ebenfalls innerhalb der Norm“. Trotz leicht verminderter Stressresistenz, füge sich der Beamte „angemessen in die Basisorganisation ein“. Die Qualität seiner Dienstleistung befinde sich im grünen Bereich.

Zum Sachverhalt:

NN hatte am 25. Februar 2016 an der Abgabestelle Z, ein Paket des Absenders Amazon mit der Sendungsnummer … an den Empfänger F zuzustellen. Inhalt des Paketes war ein E-Book-Reader der Marke Kindle Voyager.

Nachdem NN im Zuge seines Zustellganges an der Abgabestelle angeläutet hatte und niemand öffnete, wurde vom Beschuldigten weder die Sendung wieder mitgenommen noch – wie vorgesehen – eine Benachrichtigung ausgestellt. Die gegenständliche Sendung wurde in den Briefkasten gesteckt, wobei diese auf Grund ihrer Sperrigkeit aus dem Briefkasten deutlich herausragte. In weiterer Folge hat NN auf seinem Handheld die Sendung als persönlich an den Empfänger zugestellt ausgewiesen und mit einer „unleserlichen Paraphe“ für den Empfänger unterschrieben.

Zum Motiv seiner Handlungsweise befragt, gab NN im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme am 29. Februar 2016 an, dass ihn der Kunde im Vorfeld öfters gefragt habe, ob eine von ihm erwartete Sendung dabei sei. Er habe dem Kunden entgegenkommen und ihm die Fahrt zur Postfiliale ersparen wollen. Überdies habe er einen „immensen Zeitdruck“ gehabt.

Der Kunde urgierte am 26. Februar 2016 beim Postkundenservice die Sendung, worauf eine Nichterhaltserklärung abgefertigt wurde. Ein Ausdruck der Sendungsnachforschung weist das Paket als an den Übernehmer persönlich zugestellt aus und zeigt eine unleserliche Unterschrift.

Der Empfänger habe NN mitgeteilt, dass die Sendung gestohlen worden sei. Der Beschuldigte vereinbarte mit dem Kunden, diesem die Sendung zu ersetzen. Dies konnte bis dato unterbleiben, da laut Auskunft des zuständigen Distributionsleiters, L., der Aufgeber Amazon dem Kunden die Sendung ein zweites Mal übermittelte und bisher von der Österreichischen Post AG keinen Regress forderte.

Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme bedauerte NN den Vorfall und gab an, dass es ihm bewusst sei, dass seine Handlungsweise nicht korrekt war und er dies in Zukunft unterlassen werde.

Festgehalten wird, dass über NN bereits mit Disziplinarerkenntnis vom 7. Juli 2009 rechtskräftig die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von Euro 1.500,-- verhängt wurde, weil er bei 224 eingeschriebenen Postsendungen an 20 verschiedene Empfängern eine nachweisliche Übergabe dokumentierte, indem er eigenhändig in der Zustellkarte den Empfang der Sendungen mit dem Namen des jeweiligen Empfängers bestätigte. NN hat demnach aus dieser durchaus spürbaren Disziplinarstrafe keine Lehren gezogen und neuerlich die Übernahme eines Paketes durch den Empfänger vorgetäuscht.

Aufgrund einer von der Dienstbehörde veranlassten Überprüfung der Regionalleitung Distribution, ob bei anderen von NN zugestellten Paketen Unregelmäßigkeiten vorlägen, ist festzuhalten, dass laut Mitteilungen des Distributionsleiters L. vom 11. und 20. April 2016 die vom Zusteller eingeholten Kundenunterschriften stichprobeweise überprüft und keine Malversationen festgestellt wurden.

In der mündlichen Verhandlung am 14. Juni 2016 gab der Beschuldigte an: „Ich habe den Empfänger davor ein paar Mal an der Abgabestelle angetroffen. Er hat mich jedes Mal gefragt, ob eine bestimmte Sendung vorläge. Er hat mir noch gesagt, dass es möglich wäre, dass er nicht zuhause ist, z.B. etwas einkaufen. Und diese Situation dürfte so stattgefunden haben. Ich bin zur Abgabestelle gekommen, habe vorschriftsgemäß geläutet. Der Empfänger war jedoch nicht anwesend. Ich habe dann gedacht, dass ich ihm entgegenkommen würde, wenn ich die Sendungen bei ihm hineinstecke.“ … „Ich wollte konkret nicht die Unterschrift des Empfängers fälschen. Da ich jedoch eine Unterschrift benötigte, habe ich irgendetwas auf das Handheld geschrieben. Ich bin seit 34 Jahren Zusteller. Das ist die erste Sendung, die weggekommen ist.“ Da der Beschuldigte den Empfänger bereits mehrmals angetroffen habe, habe er keine Ersatzabgabestelle benannt oder eine Abstellgenehmigung vorgeschlagen. „Ich habe zu dem damaligen Zeitpunkt nicht daran gedacht, dass die Sendung beschädigt werden könnte. Ich wollte dem Kunden entgegenkommen und ihm unter Umständen eine Fahrt zur Postfiliale ersparen.“ … „Mir ist bewusst, dass meine Handlungen ein Fehler waren und negative Auswirkungen gehabt haben. Der Kunde hat sich zu Recht über die Vorgangsweise beschwert.“

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aufgrund der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung vom 14. Juni 2016, der Disziplinaranzeige vom 26. April 2016, der niederschriftlichen Einvernahme mit NN vom 29. Februar 2016, der Sendungsnachforschung und der Nichterhaltserklärung des Kunden vom 26. Februar 2016 und den SAP-Ausdrucken.

Der Beschuldigte zeigte sich in der mündlichen Verhandlung bezüglich aller Vorwürfe des Einleitungs-beschlusses vom 13. Mai 2016 voll geständig und einsichtig. Am vorliegenden Sachverhalt besteht aufgrund der nachvollziehbaren Aussagen des Beschuldigten in der mündlichen Verhandlung und der vorliegenden Unterlagen kein Zweifel.

Durch sein Verhalten hat NN die Dienstpflichten eines Beamten, nämlich seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zu befolgen (§ 44 Abs. 1 BDG 1979) sowie in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt (§ 43 Abs. 2 BDG 1979) massiv verletzt.

Auf die Einhaltung der vorgeschriebenen Vorgangsweise bei der Abgabe von bescheinigten Sendungen und Paketen werden alle Zusteller der Österreichischen Post AG betriebsintern immer wieder nachdrücklich hingewiesen und regelmäßig geschult. Diese Vorschriften sind zudem in dem für alle Zusteller jederzeit einsehbaren Handbuch „Distribution und Prozesse“ und in der Verfahrensanweisung „Paket Zustellung Prozesse“ nachvollziehbar und übersichtlich geregelt.

Ebenso wird auf den Umstand hingewiesen, dass sich die Zustellorgane bei Vortäuschung einer Übernahmebestätigung und dem Begehen einer Unterschriftenfälschung der Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung aussetzen oder – wie im vorliegenden Fall – unangenehme, imageschädigende Situationen in Zusammenhang mit Kundenbeschwerden vorbeugend verhindert werden.

Die Zustellung von Paketen ohne korrekte Einholung einer Übernahmebestätigung bzw. ohne Abstellgenehmigung verstoßt gegen die Dienstvorschriften der Österreichischen Post AG, da einerseits die Gefahr des Verlustes der Sendung drohe und anderseits das Image des Dienstgebers beim Kunden nachhaltig geschädigt werde. So setzt ein Zusteller, der eine ordnungsgemäße Zustellung einer Sendung vortäuscht, indem er eine unleserliche Unterschrift in sein Handheld eingibt und damit den Verlust des Paketes mitverschuldet, nach Ansicht der Dienstbehörde, nicht nur sein eigenes Ansehen, sondern auch das des Unternehmens bei seinen Kunden herab.

Die Befolgung dienstlicher Anordnungen, insbesondere die Einhaltung der Vorschriften über die ordnungsgemäße Abgabe von Paketen, stellt eine der Kernpflichten eines Zustellers dar und ist eine Grundvoraussetzung, dass ein Dienstbetrieb mit zahlreichen Mitarbeitern und Dienststellen reibungslos funktioniert. Die Befolgung von dienstlichen Weisungen ist somit wesentliche Voraussetzung für einen geordneten Betriebsablauf sowie korrekten und störungsfreien Kundenbeziehungen (§ 44 Abs. 1 BDG 1979).

Mit dem Vortäuschen einer persönlichen Übernahme wurde gegen grundlegende innerbetriebliche Anordnungen und Vorschriften verstoßen. Die Österreichische Post AG verspricht dem Absender die Vornahme einer nachweisbaren Abgabe an den Empfänger bzw. Ersatzempfänger und lässt sich diese Dienstleistung auch bezahlen. Kundenfreundlich handelt ein Zusteller dann, wenn er vorschriftsgemäß und damit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen seines Dienstgebers entsprechend die Sendung dem Empfänger übergibt bzw. im Sinne der ausdrücklichen und vorgesehenen Verfügungen des Empfängers handelt.

Die Österreichischen Post AG ist als sehr personalintensives und ein in der kritischen Öffentlichkeit stehendes Unternehmen, gerade in Zeiten des verstärkten Konkurrenzdruckes, auf die hundertprozentige Zuverlässigkeit der Mitarbeiter angewiesen, um das Vertrauen der Allgemeinheit aufrecht zu erhalten (§ 43 Abs. 2 BDG 1979).

Mildernd wurden in gegenständlicher Disziplinarsache das reumütige Geständnis und die guten Leistungen als Zusteller gewertet. Aus den Umständen der konkreten Tatbegehung kann der Tathergang gerade noch als unbesonnene Augenblickstat bewertet werden. Auch muss die Tatsache, dass der Beschuldigte unumwunden zu seinen Handlungen gestanden ist und diese nicht beschönigt hat, hervorgehoben werden. Aus den glaubwürdigen Aussagen des Beschuldigten und seiner Schuldeinsicht ist demnach davon auszugehen, dass er sich diesmal hinkünftig absolut vorschriftskonform verhalten werde. Erschwerungsgründe liegen im gegenständlichen Fall keine vor.

Im Hinblick auf die vorliegenden Milderungsgründe ging der erkennende Senat im gegenständlichen Fall daher davon aus, dass die Verhängung einer Geldbuße in Höhe von EUR 150,-- schuld- und tatangemessen ist. Dieses Strafausmaß, das sich im untersten Bereich befindet, ist aus generalpräventiven Gründen – um andere Bedienstete von gleichartigen Dienstpflichtverletzungen abzuhalten – gerade noch als ausreichend anzusehen.

Zur Strafbemessung ist überdies festzuhalten, dass die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten mit der Gewährung von Ratenzahlungen angemessen berücksichtigt wurden.

Zuletzt aktualisiert am

23.09.2016
Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
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