Norm
BDG 1979 §43 Abs2Schlagworte
Zueignung von Bundeseigentum ohne BereicherungsabsichtText
Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (dritter Senat) hat durch MRätin Drin. Monika Eder-Paier als Vorsitzende, durch MR Dr. Christian Jaborek als weiteres Mitglied und durch RR ADir. Ing. Josef Treiber als vom Zentralausschuss bestelltes Mitglied im Beisein des Schriftführers Mag. Franz Plankensteiner in der Disziplinarsache, betreffend den Beamten EF, Folgendes beschlossen:
Der Beamte EF wird hinsichtlich des Vorwurfs,
1. er habe am 7.8.2015 aus der bei den Österreichischen Bundesgärten eingerichteten Abteilung X und aus seinem Büro die Samen der Pflanzen
- A. o.
- C. f.
- G. i.
- E. a.
- E. v.
- O. s.
- T. p.
- M. c.
- M. a.
- D. v.
- P. h.
- H. c. v. m.
- A. m.
- A. o.
jeweils in der Originalverpackung weggenommen und diese anschließend über Ebay zum Verkauf angeboten,
schuldig gesprochen.
Er hat dadurch die in § 43 Abs. 2 BDG 1979 normierte Dienstpflicht, nämlich in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt, schuldhaft verletzt und hat dadurch eine Dienstpflichtverletzung im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen.
Über ihn wird daher gemäß § 92 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 die Disziplinarstrafe des Verweises verhängt.
B E G R Ü N D U N G
1. EF (im Folgenden: der Beschuldigte) ist Beamter im Sinne des BDG 1979. Er arbeitet seit dem Jahr 1986 bei den Österreichischen Bundesgärten. Dort ist er seit mindestens 20 Jahren im Y für die Botanika zuständig.
2. Mit Bescheid vom 3.3.2016, Zl. BMLFUW-DK.0.0.1/0002-IV/2/2016, hat die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (3. Senat) (im Folgenden: DK) in der Disziplinarsache, betreffend den Beschuldigten, Folgendes beschlossen:
„Gemäß § 123 BDG 1979 wird gegen den Beamten EF hinsichtlich des Vorwurfes,
2. er habe am 7.8.2015 aus der bei den Österreichischen Bundesgärten eingerichteten Abteilung X und aus seinem Büro die Samen der Pflanzen
- A. o.
- C. f.
- G. i.
- E. a.
- E. v.
- O. s.
- T. p.
- M. c.
- M. a.
- D. v.
- P. h.
- H. c. v. m.
- A. m.
- A. o.
jeweils in der Originalverpackung weggenommen und diese anschließend über Ebay zum Verkauf angeboten,
ein Disziplinarverfahren wegen des Verdachtes der Verletzung von Dienstpflichten gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 eingeleitet.“
3. Die DK führte mit Blick auf den unter Punkt 2. angeführten Einleitungsbeschluss am 6.6.2016 eine mündliche Verhandlung durch.
4. Die DK stellt aufgrund der durchgeführten mündlichen Verhandlung folgenden Sachverhalt fest:
4.1. Der Beschuldigte hat am 7.8.2015 aus der bei den Österreichischen Bundesgärten eingerichteten Abteilung X und aus seinem eigenen Büro die Samen der Pflanzen
- A. o.
- C. f.
- G. i.
- E. a.
- E. v.
- O. s.
- T. p.
- M. c.
- M. a.
- D. v.
- P. h.
- H. c. v. m.
- A. m.
- A. o.
jeweils in der Originalverpackung weggenommen und diese anschließend über Ebay zum Verkauf angeboten.
4.2. Dabei hatte er jedoch nicht die Absicht, sich selbst zu bereichern. Denn er verfolgte das Ziel, dass die Samen, die infolge ihrer beschränkten zeitlichen Verwendbarkeit sonst weggeworfen worden wären, von einer botanisch interessierten Person weiterverwendet werden sollten. Daher bot er die Samen auf EBAY zum niedrigsten Einstiegspreis von jeweils CHF 1,08 an.
4.3. Nachdem ein Kollege aus der Schweiz in der Dienststelle des Beschuldigten bekannt gemacht hatte, dass jemand die in Rede stehenden Samen auf EBAY zum Verkauf anbiete, meldete sich der Beschuldigte sogleich bei seiner Vorgesetzten und entschuldigte sich für den Vorfall mehrfach sowohl bei ihr als auch bei seinen Arbeitskollegen.
4.4. Der Beschuldigte gab sogleich die 14 auf EBAY angebotenen Samenpäckchen, von denen keine verkauft wurden, an seine Vorgesetzte zurück.
4.5. Es kam in weiterer Folge am 10.8.2015 zu einer Selbstanzeige des Beschuldigten bei der Landespolizeidirektion G. Das diesbezügliche Strafverfahren wegen §§ 15, 133 StGB wurde von der Staatsanwaltschaft G infolge tätiger Reue mit Verfügung vom 18.9.2015, Zl. XX, eingestellt.
4.6. Im Ergebnis ist bei den Österreichischen Bundesgärten in Hinblick auf die zurückerstatteten Samen, die ohnehin infolge ihrer beschränkten Haltbarkeit weggeworfen worden wären, kein finanzieller Schaden entstanden. Da jedoch der Vorfall bei den Kollegen des Beschuldigten bekannt geworden ist, hat das Ansehen der Österreichischen Bundesgärten durch den Vorfall Schaden genommen.
4.7. Der Beschuldigte ist aufgrund des Vorfalles nicht mehr [anonymisierte Funktionsbezeichnung].
5. Der von der DK festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der nachfolgenden Beweiswürdigung.
5.1. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Beschuldigte das ihm zur Last gelegte Verhalten niemals bestritten und er in der mündlichen Verhandlung ein reumütiges Geständnis abgelegt hat.
5.2. Dass der Beschuldigte die weggenommenen Samen nicht in Bereicherungsabsicht auf EBAY zum Verkauf angeboten hat, ergibt sich aus seinen für die DK glaubhaften Ausführungen in der mündlichen Verhandlung. Dort hat er mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass die Samen infolge ihrer beschränkten Haltbarkeit sonst weggeworfen worden wären. Um dies zu vermeiden, wollte der Beschuldigte die Samen jemandem zur Verfügung stellen, der ein botanisches Interesse an ihnen hat. Zu diesem Zweck bot der Beschuldigte die Samen auf EBAY zum niedrigsten Einstiegspreis an. Auch der Vertreter des Beschuldigten hat den Beschuldigten als einen langjährigen Botaniker „mit Leib und Seele“ bezeichnet.
5.3. Dass die auf EBAY angebotenen Samen von den Österreichischen Bundesgärten sonst weggeworfen worden wären, ergibt sich aus den Aussagen des Beschuldigten und dessen Vertreters in der mündlichen Verhandlung. Diese haben davon berichtet, wie stark nach Ablauf der Haltbarkeit der Samen (hier: nur wenige Monate) deren Keimfähigkeit abnimmt. Ferner haben sie auf den Abbau von personellen Ressourcen hingewiesen, der es unmöglich gemacht habe, die Samen im Y noch vor deren Verfallsdatum einzusetzen.
6. Die für die rechtliche Beurteilung des von der DK festgestellten Sachverhaltes maßgebenden Bestimmungen des BDG 1979 lauten (auszugsweise):
„Allgemeine Dienstpflichten(1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.
(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
…
DienstpflichtverletzungenDer Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist nach diesem Abschnitt zur Verantwortung zu ziehen.
(1) Disziplinarstrafen sind
1.
der Verweis,
2.
die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges,
3.
die Geldstrafe in der Höhe von einem Monatsbezug bis zu fünf Monatsbezügen,
4.
die Entlassung.
(2) In den Fällen des Abs. 1 Z 2 und 3 ist von dem Monatsbezug auszugehen, der dem Beamten auf Grund seiner besoldungsrechtlichen Stellung im Zeitpunkt der Fällung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses beziehungsweise im Zeitpunkt der Verhängung der Disziplinarverfügung gebührt. Allfällige Kürzungen des Monatsbezuges sind bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen.
Strafbemessung(1) Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.
…“
6.1. Der in § 43 Abs. 2 BDG 1979 enthaltene Begriff „Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben“ bedeutet nach der Rechtsprechung des VwGH nichts anderes, als die allgemeine Wertschätzung, die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genießt bzw. nach dem Willen des Gesetzgebers genießen soll (vgl. VwGH Zl. 2004/09/0038). Das dem Beschuldigten vorgeworfene Verhalten ist geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben zu beeinträchtigen (vgl. 1.) die Entscheidung der DOK vom 10.6.2009, Zl. 23/8-DOK/09, betreffend den versuchten Diebstahl einer Festplatte im Wert von € 180,--; 2.) das Erkenntnis des VwGH vom 16.9.2009, Zl. 2008/09/0218, betreffend den Diebstahl von € 10,-- von einem Schreibtisch im Konferenzzimmer und 3.) das Erkenntnis des VwGH vom 23.5.2002, Zl. 2001/09/0176, betreffend die Wegnahme von 13 kg an Lebensmitteln aus Bundesheerbeständen).
6.2. Gemessen an der wiedergegebenen Rechtsprechung, der freilich Handlungen mit der Absicht zur persönlichen Bereicherung zu Grunde gelegenen sind, hat der Beschuldigte durch das ihm vorgeworfene Verhalten die in § 43 Abs. 2 BDG 1979 normierte Dienstpflicht, nämlich in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt, schuldhaft verletzt. Er hat dadurch eine Dienstpflichtverletzung im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen.
6.3. Was die Strafbemessungen anlangt, war als strafmildernd anzusehen,
- dass der Beschuldigte ein reumütiges Geständnis abgelegt hat,
- dass bei den Österreichischen Bundesgärten kein finanzieller Schaden entstanden ist,
- dass der Beschuldigte an der Schadensbegrenzung mitgewirkt hat,
- dass die auf EBAY angebotenen Pflanzensamen vom Beschuldigten sofort aus dem Verkehr gezogen worden sind,
- dass der Beschuldigte nicht in Bereicherungsabsicht vorgegangen ist,
- dass der Beschuldigte seit 1986 bei den Österreichischen Bundesgärten tätig ist und er bisher unbescholten geblieben ist,
- dass der Beschuldigte aufgrund des Vorfalls nicht mehr [anonymisierte Funktionsbezeichnung] ist und er schon dadurch Einbußen und Nachteile für seine Karriere hat und
- dass das Strafverfahren gegen den Beschuldigten wegen tätiger Reue eingestellt worden ist.
Aus spezialpräventiven Überlegungen war daher keine Strafe zu verhängen.
Aus generalpräventiven Überlegungen allerdings, nämlich um die Kollegenschaft des Beschuldigten von gleichartigen Dienstpflichtverletzungen abzuhalten, war die Strafe eines Verweises gemäß § 92 Abs. 1 Z 1 BDG 1979 zu verhängen.
Im Übrigen ist der Vorfall nur bei der Kollegenschaft des Beschuldigten in den Österreichischen Bundesgärten und nicht in der weiteren Öffentlichkeit bekannt worden. Insoweit ist es lediglich zu einem internen Imageschaden gekommen.
7. Im Verfahren sind im Übrigen keine Kosten angefallen.
Zuletzt aktualisiert am
22.08.2016