TE Dok 2016/7/6 02-DK/10/15

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.07.2016
beobachten
merken

Norm

BDG 1979 §44 Abs1
BDG 1979 §43 Abs2

Schlagworte

Verstoß gegen Alkoholverbot; Entzug der Lenkerberechtigung

Text

-ORGAN-

BM für Finanzen

-DOKTYP-

TE

-DATUM-

06.07.2016

-GZ-

02-DK/10/15

-NORM-

BDG §44 Abs1

BDG §43 Abs2

-SW-

Verstoß gegen Alkoholverbot; Entzug der Lenkerberechtigung

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen hat durch MR Dr. Gottfried Nowak als Senatsvorsitzenden sowie Ing. Mag. Alfred Czasch und I Andreas Resch als weitere Mitglieder des Disziplinarsenates X nach der am 6. Juli 2016 in Anwesenheit der Disziplinaranwältin MR Dr. Gerda Minarik, des Beschuldigten NN und seiner Verteidigerin Eveline Köberl, Beamtin, durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

NN i. R.

ehem. Mitarbeiter der Informationstechnologie, IT – Support Außenstelle X

ist

s c h u l d i g.

Er hat

1.       im Dienst, unter Missachtung des geltenden absoluten Alkoholverbotes, am 7. September 2015 um 13:45 Uhr den LKW mit dem behördlichen Kennzeichen PT .. auf der B .. im Gemeindegebiet T, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, nämlich mit einem Atemluftalkoholwert von 0,47 mg/l Atemluft (entspricht ca. 0,94 Promille) gelenkt und

2.       damit den Entzug seiner Lenkerberechtigung für die Klassen AM, A, B, C1, C, D1, BE, C1E, CE, D1E, DE und F durch Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G vom 29. September 2015, Zl. …, für die Dauer von 6 Monaten und somit bis einschließlich 7. März 2016 herbeigeführt, obwohl er wusste, dass er seine Lenkerberechtigung zur Ausübung seines zugewiesenen Arbeitsplatzes unbedingt benötigt.

NN hat dadurch die Dienstpflichten eines Beamten nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 nämlich hinsichtlich der Spruchpunkte 1. und 2.

seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zu befolgen (§ 44 Abs. 1 BDG 1979)

und hinsichtlich beider Spruchpunkte

in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt (§ 43 Abs. 2 BDG 1979)

schuldhaft verletzt und dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen.

Es wird daher über ihn gemäß § 126 Abs. 2 in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Z 1 BDG 1979 die

Disziplinarstrafe des

V e r w e i s e s

verhängt.

Verfahrenskosten sind keine angefallen.

B e g r ü n d u n g

NN steht seit 1977 im Unternehmen und wird als Mitarbeiter des IT-Supports und im Außendienst eingesetzt. Mit 1. Juli 1988 wurde er zum Beamten ernannt. Mit Ablauf 31. Mai 2016 wurde NN gemäß § 14 BDG 1979 in den dauernden Ruhestand versetzt.

Der Beschuldigte ist verheiratet und hat ein Kind. Er hat keine Sorgepflichten. Er hat monatliche Kreditrückzahlungen in Höhe von ca. EUR 1.000.- zu leisten. Der in Zusammenhang mit Wohnraumschaffung aufgenommene Kredit wird erst in ca. 10 bis 15 Jahren abgezahlt sein. Die Rückzahlungssumme hat sich erhöht, da das ursprünglich als Franken-Kredit aufgenommene Darlehen in der Zwischenzeit konvertiert wurde.

Aus der Dienstbeurteilung vom 8. Juni 2016 geht im Wesentlichen hervor, dass der Beschuldigte ein rundum sehr gutes technisches Wissen im Bereich der Informationstechnologie hatte und daher am Erfolg des IT-Support maßgeblich beteiligt war. Er agierte sowohl bei postinternen als auch postexternen Aufträgen sehr professionell, überaus pünktlich und gewissenhaft. Er fiel durch seine außerordentliche Hilfsbereitschaft auf und war sowohl beim Umgang mit den Vorgesetzten und mit den Kollegen beispielhaft und teamorientiert.

Zum Sachverhalt:

Der Besitz eines gültigen Führerscheins war für die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben unerlässlich. Festgehalten wird, dass er als Lenker von Postfahrzeugen der 0,0 Promillegrenze unterliegt.

Aus dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G vom 29. September 2015, Zl. …, über den Entzug der Lenkerberechtigung geht hervor, dass der Beschuldigte trotz des geltenden absoluten Alkoholverbotes, am 7. September 2015 um 13:45 Uhr den LKW mit dem behördlichen Kennzeichen PT .. auf der B .. im Gemeindegebiet T, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, nämlich mit einem Atemluftalkoholwert von 0,47 mg/l Atemluft (entspricht ca. 0,94 Promille) gelenkt hat.

Wegen des Vorfalles wurde NN aufgrund des oben genannten Bescheides die Lenkerberechtigung für die Klassen AM, A, B, C1, C, D1, BE, C1E, CE, D1E, DE und F für die Dauer von sechs Monaten und somit bis einschließlich 7. März 2016 entzogen.

Der Besitz einer aufrechten Lenkerberechtigung stellte für die Verwendung als im Außendienst eingesetzter Mitarbeiter des IT-Supports einen wesentlichen Aspekt für die geforderten und bezahlten Arbeitsleistungen dar. Die Ausübung dieser dienstlichen Tätigkeit auf seinem Arbeitsplatz war während des Zeitraumes des Entzuges der Lenkerberechtigung nicht möglich. Nachdem für die Erfüllung der Aufgaben seines zugewiesenen Arbeitsplatzes das Lenken eines dienstlichen Kraftfahrzeuges zwingend erforderlich war, musste sich der Beamte bewusst gewesen sein, dass er für die Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeiten eine Lenkerberechtigung benötigte.

Festgehalten wird, dass über den Beamten bereits mit rechtkräftigen Disziplinarerkenntnis vom 20. Mai 2014 die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von EUR 500, -- verhängt wurde, da er im Dienst, trotz des geltenden absoluten Alkoholverbotes, am 21. Februar 2014 sein Dienstfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (1,26 Promille) und mit überhöhter Geschwindigkeit lenkte und ihm in der Folge die Lenkerberechtigung für die Klassen AM, A 1, A 2, A und B für einen Zeitraum von vier Monaten entzogen wurde. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hätte NN wissen müssen, dass Alkohol am Steuer von Dienstfahrzeugen von seinem Dienstgeber nicht toleriert wird und absolut kein Kavaliersdelikt darstellt.

Zum Vorfall am 7. September 2015 gab der Beschuldigte an: „Ich habe im Vorfeld mit meiner Gattin Streit gehabt. Wir hätten am 8. September einen runden – den 25-jährigen – Hochzeitstag gehabt. Deswegen war es für mich sehr schwierig und ich bin in ein tiefes Loch gefallen. Was und wie viel ich am 7. September in der Früh getrunken habe, kann ich jetzt nicht mehr sagen. Es ist schon ein dreiviertel Jahr her. Ich habe an diesem Tag auch während der Dienstzeit Alkohol getrunken. Es dürften zwei Bier gewesen sein.

Ich bin am 8. September ins Landessonderkrankenhaus in G gegangen. Ich hätte es sonst alleine nicht bewältigen können. Ich war vier Wochen dort und bin behandelt worden. Dabei wurden diverse Therapien wie Gespräche mit Psychologen, medikamentöse Behandlung durchgeführt.“ … „Zu meiner Handlungsweise gebe ich noch an, dass es mir tagtäglich bewusst war, dass ich einen Fehler mache, konnte aber nicht anders.“

Zu seinem Alkoholmissbrauch gab der Beschuldigte an, dass er sich dienstlich in einem großen Stress befunden habe. „Ich habe oft bis zu ca. 10 Stunden am Tag gearbeitet. Ich habe die Arbeit gern gemacht, deswegen habe ich sie auch bewältigen können. Ich habe aber gleichzeitig ein großes Alkoholproblem gehabt und regelmäßig alkoholische Getränke zu mir genommen. Ich habe aufgrund von Entzugserscheinungen am Morgen gezittert und habe schon meist in der Früh Alkohol zu mir genommen. Ich habe meist Bier und Mischungen in großen Mengen zu mir genommen.“

Er habe sich noch vor dem Vorfall einer ambulanten Behandlung unterzogen, die jedoch wenig erfolgreich war. Er beabsichtige, eine achtwöchige stationäre Therapie in T zu absolvieren, um endgültig von seiner Alkoholkrankheit wegzukommen.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aufgrund der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung vom 6. Juli 2016, der Disziplinaranzeige des beim Vorstand der Österreichischen Post AG eingerichteten Personalamtes vom 4. November 2015, des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft G vom 29. September 2015, des Disziplinarerkenntnisses vom 20. Mai 2014 und der SAP-Ausdrucke.

Der Beschuldigte zeigte sich in der mündlichen Verhandlung am 6. Juli 2016 bezüglich aller Anschuldigungspunkte des Einleitungsbeschlusses vom 17. November 2015 voll geständig und einsichtig. Ihm sei bewusst, einen sehr schweren Fehler gemacht zu haben. Am vorliegenden Sachverhalt besteht aufgrund der nachvollziehbaren Aussagen des Beschuldigten in der mündlichen Verhandlung und der vorliegenden Unterlagen kein Zweifel.

Der Beschuldigte hat demnach gegen bestehende interne Weisungen (absolutes Alkoholverbot) der Österreichischen Post AG in massiver Weise verstoßen und darüber hinaus auch die Bestimmungen der Unfallverhütungsvorschrift für den Postbetriebsdienst (§ 6 Abs. 4), wonach u.a. der Alkoholgenuss während der Dienstzeit verboten ist, missachtet. Die Befolgung dienstlicher Anordnungen, insbesondere die Einhaltung des absoluten Alkoholverbotes sowie das Verbot, Dienstfahrzeuge in alkoholisiertem Zustand in Betrieb zu nehmen und zu lenken, stellen Kernpflichten eines Beamten dar und sind eine Grundvoraussetzung, dass der Dienstbetrieb mit zahlreichen Mitarbeitern und Dienststellen reibungslos funktionieren kann. Die Befolgung von dienstlichen Weisungen sind somit eine wesentliche Voraussetzung für einen reibungslosen Betriebsablauf (§ 44 Abs. 1 BDG 1979).

Das absolute Alkoholverbot gründet sich auf die Vorschriften der Dienstanweisung „Unfallverhütung Post – Leitfaden für Vorgesetzte zur Unterweisung von Mitarbeitern“, Punkte A. 1. und 8. Die Weisung, ein absolutes Alkoholverbot einzuhalten, ist jedenfalls gerechtfertigt und sinnvoll, um einen möglichst rationellen und sicheren Arbeitseinsatz, insbesondere im Lenkdienst, zu gewährleisten und wahrnehmbaren Alkoholgeruch der im Kundenverkehr beschäftigten Mitarbeiter zu vermeiden.

In den jährlich durchgeführten Arbeitnehmerschutz- und Unfallverhütungsschulungen werden alle Mitarbeiter regelmäßig auf das absolute Alkoholverbot im Dienst, das sich für Mitarbeiter, die im Dienst ein Kraftfahrzeug zu lenken haben, hingewiesen und geschult. Es geht dabei nicht nur um das erhöhte Sicherheitsrisiko sondern auch um den damit verbundenen außergewöhnlichen Imageschaden für den Dienstgeber.

Die Befolgung dienstlicher Anordnungen, insbesondere die Einhaltung des absoluten Alkoholverbotes sowie das Verbot, Dienstfahrzeuge in alkoholisiertem Zustand zu lenken, stellt eine der Kernpflichten eines Beamten dar und ist eine Grundvoraussetzung, dass ein Dienstbetrieb mit zahlreichen Mitarbeitern und Dienststellen reibungslos funktionieren kann. Die Befolgung von dienstlichen Weisungen ist somit eine wesentliche Voraussetzung für einen reibungslosen Betriebsablauf. Der Beschuldigte hat durch sein Verhalten einen schwerwiegenden Weisungsverstoß zu verantworten (§ 44 Abs. 1 BDG 1979).

Das Lenken eines Dienstfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand stellt eine objektiv schwerwiegende Beeinträchtigung des Dienstbetriebes und auch des eingeforderten Vertrauens gegenüber dem Arbeitgeber und der Allgemeinheit dar.

Faktum ist, dass alkoholbedingte Beeinträchtigungen im Fahrdienst und den daraus möglichen Folgen, insbesondere für das Leben und die Gesundheit von Verkehrsteilnehmern, äußerst negativ in der Öffentlichkeit gesehen werden und ein entsprechendes Verhalten eines Mitarbeiters im motorisierten Zustelldienst einen großen Stellenwert darstellt. Der Beschuldigte hat durch seine Handlungsweise zweifellos das Ansehen und die Vertrauenswürdigkeit des Unternehmens Österreichische Post AG geschädigt (§ 43 Abs. 2 BDG 1979).

Es muss festgestellt werden, dass ein Dienstfahrzeug der Österreichischen Post AG einen erheblichen materiellen Wert darstellt und der Beschuldigte, der für die Öffentlichkeit als Mitarbeiter der Österreichischen Post AG leicht erkennbar war, durch sein Verhalten – das Lenken eines Fahrzeuges in alkoholisiertem Zustand – das Ansehen des Unternehmens in der Bevölkerung massiv geschädigt hat. Überdies muss festgehalten werden, dass der Besitz einer gültigen Lenkerberechtigung außerdem ein konkretes Erfordernis für die Bewältigung der dienstlichen Aufgaben des Beschuldigten darstellt. Bei einem Beamten mit dem vom Beschuldigten geforderten Aufgabenprofil wird die Mobilität im Rahmen seiner Dienstausübung gefordert und dem Lenken eines Dienstkraftfahrzeuges ebenfalls ein hoher Stellenwert eingeräumt.

Wenn ein Beamter für den Zeitraum des Entzuges der Lenkerberechtigung nicht zum Lenken eines Dienstkraftfahrzeuges eingesetzt werden kann, obwohl dies ein dienstliches Erfordernis darstellt, dann liegt ein besonderer Funktionsbezug und damit eine Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 vor (vgl. BerK 19. Juni 2000, GZ 25/7–BK/00).

Der Senat sieht die im Spruchpunkt 1. dargestellten Weisungsverstöße – die Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem absoluten Alkoholverbot sowie die Inbetriebnahme und das Lenken eines Dienstfahrzeuges in einem alkoholisierten Zustand – als die schwerwiegenderen Dienstpflichtverletzungen an. Der Entzug der Lenkerberechtigung (Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG 1979) muss daher als Erschwernisgrund nach § 93 Abs. 2 BDG 1979 gewertet werden.

In der gegenständlichen Disziplinarsache kommen bei der Strafbemessung überdies spezialpräventive Gründe nicht mehr zum Tragen, da der Beschuldigte – wie bereits erwähnt – mit Wirkung 1. Juni 2016 in den dauernden Ruhestand versetzt wurde.

Im Zuge der Strafzumessung wurden mildernd das reumütige Geständnis und die Schuldeinsicht des Beschuldigten – die Tatsache, dass dieser zu seinen Handlungen gestanden ist und diese nicht beschönigt hat – seine langjährigen ausgezeichneten dienstlichen Leistungen sowie die eingeschränkte Schuldfähigkeit in Zusammenhang mit seiner chronischen Alkoholkrankheit gewertet. Als erschwerend musste das Zusammentreffen mehrerer Dienstpflichtverletzungen sowie die einschlägige disziplinäre Vorstrafe berücksichtigt werden.

Im Hinblick auf die genannten Strafmilderungsgründe ging der erkennende Senat im gegenständlichen Fall daher davon aus, dass die Verhängung der Disziplinarstrafe des Verweises schuld- und tatangemessen ist. Dieses Strafausmaß, dass sich im absolut untersten Bereich befindet, ist aus generalpräventiven Gründen – um andere Bedienstete von gleichartigen Dienstpflichtverletzungen abzuhalten – gerade noch als ausreichend anzusehen. Spezialpräventive Gründe kommen bei der Strafbemessung, wie bereits dargestellt, nicht mehr in Betracht.

Zuletzt aktualisiert am

26.09.2016
Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten