Schlagworte
Verdacht Suchtgifthandel, unangemessenes Verhalten gegenüber ParteiText
Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres hat am 19.12.2016 in der durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
RevInsp NN ist schuldig,
zu Faktum 1:
Im Herbst 2015 in NN – außer Dienst und in Zivil - in drei Fällen von einem namentlich bekannten Drogendealer Cannabisharz gekauft zu haben und zwar zweimal um je € 50.- und einmal um € 100.- und somit das Vergehen des § 27 SMG begangen und dadurch gegen die Bestimmungen des § 43 Abs 2 BDG 1979, in ihrem Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung ihrer dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt, verstoßen zu haben
Faktum 2:
Am 3. September 2015 bei einer Befragung der mj NN auf der PI NN – im Beisein deren Mutter NN – die befragte Person unter Druck gesetzt zu haben, mit ihr geschrien und auf den Tisch gehaut und dadurch gegen die Bestimmungen des § 44 Abs 1 BDG 1979, nämlich ihre Vorgesetzen zu unterstützen und deren Weisungen zu befolgen, iVm der Allgemeinen Polizeidienstrichtlinie APD-RL Punkt 2,2 auf eine den allgemeinen gesellschaftlichen Umgangsformen angemessene Höflichkeit, ein respektvolles und der Menschenwürde entsprechendes zu achten um insbesondere das Vertrauen der Bevölkerung und das Ansehen des Korps zu stärken, verstoßen zu haben
Faktum 3:
Am 30.3.2016, um 18:46 Uhr hinsichtlich ihrer eigenen Person im EKIS ohne dienstliche Notwendigkeit folgende Anfragen
Strafregister SA – unbeschränkte Auskünfte
LYON-Gateway
Personenfahndung (PFX)
Kriminalpolizeilicher Aktenindex (KPA)
Personeninformation (PIX)
Personeninformation (SIS),
vorgenommen und dadurch gegen die Bestimmungen des § 44 Abs 1 BDG, nämlich ihre Vorgesetzten zu unterstützen und deren Weisungen zu befolgen iVm dem Datenschutz-Grundsatzerlass 2007, ZI BMI-LR1200/0072-III/2006 iVm der Integrierten Datensicherheitsvorschrift der LPD NN Pkt. 2.2 und BMI Erlass GZ BMI-ID1500/009-11/BK/2.3/2013 vom 6.5.2004 Anlage G, der zufolge EKIS Anfragen nur aus dienstlich erforderlichen Gründen durchgeführt werden dürfen und im Anfragebezug die Geschäftszahl des der Anfrage zugrunde liegenden Aktes anzuführen ist und sollte dies nicht möglich sein, an deren Stelle Amtstitel und Namen des Anfragenden und allenfalls die Organisationseinheit, bei der er Dienst versieht, einzutragen sind, verstoßen
und somit in allen vorangeführten Fakten ihre Dienstpflichten nach § 91 Abs 1 BDG 1979 schuldhaft verletzt zu haben.
Gegen die Beschuldigte wird gemäß § 92 Abs. 1 Z 3 BDG die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in Höhe von € 7.200,-- (siebentausendzweihundert) verhängt.
Gemäß § 127 Abs. 2 BDG wird die Abstattung der Geldstrafe in 36 Monaten bewilligt.
Der Beschuldigten werden gemäß § 117 Abs. 2 BDG keine Kosten des Disziplinarverfahrens auferlegt. Die eigenen Kosten hat sie selbst zu tragen.
Gemäß § 112 Abs 5 BDG 1979 endet die Suspendierung mit Rechtskraft dieses Erkenntnisses.
BEGRÜNDUNG
Der der Beamtin angelastete Sachverhalt gründet sich auf die von der Landespolizeidirektion NN gemäß § 110 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 vorgelegte Disziplinaranzeige vom 8. Mai 2016 GZ NN und jener vom 1. Juni 2016, gleiche GZ, die der Beamtin gemäß § 109 Abs. 3 BDG 1979 zugestellt worden sind.
Sachverhalt:
VORGESCHICHTE:
Die Beamtin der PI NN war in der Zeit vom 1.0ktober bis 31.Dezember 2015 in NN dienstzugeteilt. Aufgrund durchgeführter Ermittlungen der LPD NN /LKA NN ergab sich der Verdacht, dass die Polizistin RevInsp NN in diesem Zeitraum mehrmals Suchtmittel in Form von Cannabisharz gekauft hatte. Der Dealer wusste, dass die Käuferin Polizistin ist. Der SV wurde dem Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung mitgeteilt und in weiterer Folge die LPD NN mit der Durchführung der Erhebungen beauftragt. RevInsp NN und ihr Ehemann NN wurden am 7.März 2016 auf der PI NN als Beschuldigte vernommen.
Die Beamtin war geständig, in drei Fällen Cannabisharz gekauft zu haben, allerdings für ihren Mann, der unter Schmerzen im Knie leide und zudem eine Operation nicht möglich sei.
Vom BPK NN konnte ermittelt werden, dass zumindest der Ankauf am 21.12.2015 außerhalb der Dienstzeit erfolgt ist.
Von der LPD NN wurde am 3.Mai 2016 unter GZ NN ein Abtretungsbericht wegen Verd. auf Suchtmittelgesetz § 27/1 erstattet, das Ergebnis ist noch ausständig.
Zu 2)
Das BPK NN wurde am 20.Dezember 2015 von der Staatsanwaltschaft NN schriftlich in Kenntnis gesetzt, dass das Polizeiverhalten gegenüber der Zeugin NN als unangemessen betrachtet werde. Das Protokoll der Hauptverhandlung wurde dem BPK NN zur Kenntnisnahme und allenfalls weiteren internen Veranlassung übermittelt.
RevInsp NN führte Erhebungen gegen die 12-jährige NN wegen Verd.d.Verleumdung und verfasste einen Bericht an die StA NN. Bei der schonenden Einvernahme der Zeugin NN am 26.November 2015 gaben NN und ihre Mutter an, dass NN von einer Polizistin (RevInsp NN) unter Druck gesetzt worden sei, dass sie geschrien und auf den Tisch gehaut habe. Die Angaben sind im Protokoll der HV, insbesonders Seiten 5 und 7 — Beilage 5, enthalten.
Bei der Beschuldigtenvernehmung der NN bzw. schon beim Vorgespräch waren die Mutter NN und als zweite Beamtin RevInsp NN anwesend.
RevInsp NN wurde vom Meldungsleger niederschriftlich zu den Angaben im Protokoll befragt. Sie bestätigt, dass RevInsp NN mit NN geschrien und mit der Hand auf den Tisch gehaut habe. Das Mädchen sei aber ihrer Meinung nach nicht unter Druck gesetzt worden.
Angaben der Verdächtigen:
Zu 1) RevInsp NN ist geständig, in drei Fällen Cannabisharz um die unter a) angeführten Beträge angekauft zu haben. Als Rechtfertigung gibt sie die Schmerzen ihres Mannes an.
Zu 2) RevInsp NN konnte dazu noch nicht befragt werden, da sie sich unmittelbar vor der beabsichtigten Befragung krank meldete. Die Befragung wird nachgereicht werden.
Weitere Verfügungen:
Seitens des Meldungslegers wurde eine vorläufige Suspendierung in Erwägung gezogen. Dazu wurde bei der LPD einige Tage nach der BV eine Besprechung durchgeführt. Ergebnis war, dass keine ausreichenden Gründe für eine vorläufige Suspendierung erkannt wurden.
Sonstiges:
Im Rahmen der monatlichen Überprüfung in Bezug auf die Einhaltung der Datensicherheitsvorschrift stellte der stv PI-Kommandant Abtlnsp NN fest, dass RevInsp NN am 30.03.2016, also ca. 3 Wochen nach ihrer Vernehmung als Beschuldigte, mehrere EKIS-Anfragen, und zwar über sich selbst, tätigte.
Es wurde dem Rechtsbüro bei der LPD NN eine Anfrage betr. der Zulässigkeit der Abfrage eigener Daten vorgelegt. Das RB teilte mit, dass die Abfrage eigener Daten generell keinen Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz nach § 1 DSG 2000 darstellt. Dass die Abfrage der Beamtin über ihre eigene Daten in Zusammenhang mit den gegen sie laufenden Ermittlungen erfolgte, stellt kein Rechtsproblem dar, sondern wäre kriminalpolizeilich zu würdigen.
Am 17.4.2016 schrieb der Unterfertigte eine E-mail an RevInsp NN, dass noch einige Daten für die zu erstattende Disziplinaranzeige benötigt werden und sie als „Beschuldigte im Disziplinarverfahren" in Bezug auf die Angaben der NN noch zu befragen sei und zwar am 19.4.2016, um ca. 09.00 Uhr auf der PI NN. Die Formulierung „Beschuldigte" war möglicherweise unglücklich gewählt, aber es müsste auch für RevInsp NN erkennbar gewesen sein, dass es noch kein Disziplinarverfahren gibt, da es auch noch keine Disziplinaranzeige gab.
Die Beamtin hatte bzw. hätte am 18. und 19.4. Tagdienst gehabt. Vermutlich las die Beamtin am 18.4., bei Dienstantritt die E-mail. Sie meldete sich ab 08.30 Uhr krank. Am gleichen Tag langte beim Unterfertigten eine Mitteilung einer RA-Kanzlei ein, dass sie von der Beamtin mit der Vertretung bevollmächtigt worden sei. In den nächsten Tagen wurde die RA-Kanzlei informiert, dass es sich noch um kein Verfahren handle, sondern um Vorerhebungen ohne Parteienrechte nach dem AVG. Die Beamtin ist bis dato im Krankenstand, war aber am 3.Mai bei der LPD, um bei Mag. NN zu deponieren, dass sie vom stv PI-Kommandanten und vom Bezirkspolizeikommandanten gemobbt werde. Sie gab angeblich an, dass sie auf der PI NN nicht mehr Dienst machen werde.“
Auszugsweise Wiedergabe der Nachtragsdisziplinaranzeige vom 10.Juni 2016
Der PI-Kommandant der PI NN, KontrInsp NN, hat im Rahmen der monatlichen Überprüfung der Einhaltung der Datensicherheitsvorschrift festgestellt, dass RevInsp NN, PI NN, mehrere EKIS-Anfragen über sich selbst getätigt hatte.
Diese Anfragen sind im Zusammenhang mit dem Ermittlungen gegen RevInsp NN zu sehen. RevInsp NN wird beschuldigt im Herbst 2015 in drei Fällen von einem namentlich bekannten Drogendealer dreimal Cannabisharz gekauft zu haben. Diese EKIS-Abfragen stellen nach ho. Ansicht zumindest eine Dienstpflichtverletzung nach § 43 (1) BDG 1979 dar, weil im Sinne der Integrierten Datensicherheitsvorschrift der LPD NN für das Verwenden von Daten des BAKS und sämtlicher Datenanwendungen, die mit dem BAKS verbunden sind, Punkt 2.2., Zulässigkeit der Datenverwendung, Auftragsprinzip (§ 14 Abs. 2 Z 2 DSG 2000, weder ein genereller noch ein spezieller Auftrag im Rahmen der durch die
Zuständigkeitsregelungen erfolgten Aufgabenstellungen vorlag und keinesfalls zur Besorgung einer gesetzlichen Aufgabe erforderlich war.
Auszug:
2. Zulässigkeit der Datenverwendung
2.1. Auftragsprinzip (§ 14 Abs. 2 Z 2 DSG 2000)
Die Daten dürfen nur auf Grund von generellen oder speziellen Aufträgen von Organen der Landespolizeidirektion NN oder des Bundesministeriums für Inneres im Rahmen der durch die Zuständigkeitsregelungen erfolgten Aufgabenstellungen verwendet werden, soweit dies jeweils zur Besorgung einer gesetzlichen Aufgabe erforderlich ist.
Weiters hat RevInsp NN bei den angeführten EKIS-Anfragen im vorgegebenen Pflichtfeld „Bezug" ausschließlich das Wort „probe" angeführt, was den bezugnehmenden Vorschriften für EKIS-Anfragen nicht entspricht. Diese Vorschriften sind nach ho. Ansicht als Weisung im Sinne § 44 (1) BDG zur werten und stellt die Nichtbeachtung eine Dienstpflichtverletzung dar.
Auszug BMI-Erlass, GZ BMI-ID1500/009-11/BK/2.3/2013, vom 06.05.2014, Anlage G, betreffend die Gemeinsamte Fahndungs- und Informationsvorschrift der Bundesministerien Inneres, Justiz und Finanzen:
Anwendungsorientierte Betriebsvorschrift
(dient ausschließlich dem Dienstgebrauch)
Seite 39 u. 40:
Personenfahndung
6.1. Standardanfragen
Folgende Felder der Personenfahndung / Personeninformation-Abfragemaske müssen bei jeder Anfrage gültige Daten enthalten:
Bezug Ja - In diesem Feld ist die Geschäftszahl des der Anfrage zugrunde liegenden Aktes anzuführen. Sollte dies nicht möglich sein, sind an deren Stelle Amtstitel und Namen des Anfragenden und allenfalls die Organisationseinheit, bei der er Dienst versieht, einzutragen.
Beweismittel:
Meldung des PI-Kommandten der PI NN, KontrInsp NN bezüglich der im Rahmen der monatlichen Überprüfung der Einhaltung der Datensicherheitsvorschrift festgestellten EKIS-Anfragen über sich selbst durch RevInsp NN.
Diese Meldung, GZ NN, vom 31.03.2016, wurde bereits mit der Disziplinaranzeige vom 08.05.2016, GZ NN, vorgelegt.
Geplantes weiteres Vorgehen:
Veranlassung einer rechtlichen Beurteilung der EKIS-Anfragen über die eigene Person durch die Staatsanwaltschaft NN im Hinblick auf das Vorliegen einer gerichtlich strafbaren Handlung.
Angaben des/der Beschuldigten/Verdächtigen:
Die Angaben der RevInsp NN konnten noch nicht eingeholt werden, weil sie sich derzeit im Krankenstand befindet.“
Anschreiben der Staatsanwaltschaft NN GZ NN
Am 20.12.2015 langte beim BPK NN das vorangeführte Schreiben mit folgendem Inhalt ein:
Sg. Herr Bezirkspolizeikommandant!
Beiliegend wird die Kopie eines Protokolls der Hauptverhandlung vor dem Landesgericht NN vom 26.11.2015, GZ NN zur Kenntnisnahme, allenfalls zur weiteren internen Veranlassung, auf Anregung der Vorsitzenden Richterin des Schöffengerichtes, übermittelt. Das Gericht führte in der Urteilsverkündung ausdrücklich an, dass das Polizeiverhalten gegenüber der Zeugin mj NN (siehe Seite 5 und 7 des Protokolls) als unangemessen betrachtet werde.
Gerichtliche/staatsanwaltschaftliche Maßnahmen:
Mit Abtretungsbericht der LPD NN vom 3. Mai 2016, GZ NN, wurden die Disziplinargeschuldigte und ihr Gatte wegen des Verdachtes des Vergehens nach dem Suchtmittelgesetz iSd § 27 Abs SMG zur Anzeige gebracht.
Mit Anschreiben der Staatsanwaltschaft NN vom 18.5.2016, GZ NN erfolgte die Mitteilung vom vorläufigen Rücktritt von der Strafverfolgung nach § 35 Abs 1 SMG mit einer Probezeit von einem Jahr.
Mit Anschreiben des BPK NN GZ NN wurde die Staatsanwaltschaft NN um strafrechtliche Beurteilung gemäß § 100 Abs 3a StPO hinsichtlich der von RI NN am 30.3.2016 durchgeführten EKIS Anfragen hinsichtlich ihrer eigenen Person ersucht.
Mit Anschreiben der StA NN, GZ NN erfolgte die Mitteilung von der Einstellung des Verfahrens nach § 190 Z 1 StPO.
Stellungnahme der Rechtsabteilung LPD NN:
Betreff: Anfrage bezüglich der Zulässigkeit der Abfrage eigener Daten in polizeilichen Applikationen
Sehr geehrte Kollegen!
Die Abfrage eigener Daten stellt generell keinen Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz nach § 1 DSG 2000 dar (Eingriff in eigene Rechte ist nicht strafbar). Jedermann hat das Recht auf Auskunft hinsichtlich der über ihn gespeicherten Daten (§ 26 DSG) und kann die Ausstellung einer Bescheinigung über eigene Strafregisterdaten beantragen (§§ 10,10a, 11 Strafregistergesetz 1968).
Bedenklich wäre lediglich die Verwendung eines selbst angefertigten Strafregisterauszuges, um sich die Kosten für die Ausstellung einer Strafregisterbescheinigung (14,30 €) zu ersparen. Dass die Abfrage der Beamtin über ihre eigenen Daten im Zusammenhang mit den gegen sie laufenden Ermittlungen erfolgte, stellt kein Rechtsproblem dar, sondern ist kriminalpolizeilich zu würdigen.
Ergebnis der Disziplinarverhandlung:
Mit Bescheid der DK vom 19.9.2016, GZ NN und GZ NN wurde gegen die DB gemäß § 123 Abs 1 BDG ein Disziplinarverfahren eingeleitet und gemäß § § 112 Abs 1 und 3 BDG 1979 die Suspendierung verfügt.
Die von der DB an das BVwG erhobene Beschwerde wurde von diesem mit Erkenntnis vom 24.11.2016, GZ NN mit Ausnahme des Spruchteils hinsichtlich der Unterbrechung des Disziplinarverfahrens, als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt, sodass die am 19.12.2016 anberaumte Verhandlung durchgeführt werden konnte.
Bei dieser erklärte sich RevInsp NN im Sinne der Anlastungen im Einleitungsbeschluss zu Faktum 1 für schuldig, hinsichtlich der Fakten 2 und 3 für tatsachengeständig.
Zu Faktum 1:
Auf die Frage des Vorsitzenden, ob die DB ihre Angaben anlässlich ihrer niederschriftlichen Einvernahme am 7.3.2016 noch kenne und diese und die korrespondierenden Angaben in der Stellungnahme ihres Rechtsvertreters zu ihrer Beschuldigtenverantwortung erhebe, antwortet die DB, dass sie ihre Angaben aufrecht erhalte und sie sich auch so verantworten würde. Ergänzend befragt, gibt die DB an, dass ihr Mann einen Unfall beim Fußballspielen mit einem Bänderriss im Bereich des linken Knies gehabt hätte und eine OP in NN nicht möglich gewesen wäre. Seit dieser Zeit habe er Beschwerden bei Wetterumschwung, wobei eben die schmerzen würde. Auch in Österreich wäre eine OP nicht möglich gewesen, es wären ihm lediglich Mexalen und Parkemed verschrieben worden, welche Nebenwirkungen verursacht hätten, er habe sie daher nur eingenommen, wenn der Schmerz nicht auszuhalten gewesen wäre.
Sie sei dann nach NN zugeteilt worden und sei dann gemeinsam mit ihrem Mann in NN zur Wohnungssuche und – besichtigung gewesen. Dabei sei ihr Mann per Zufall in NN in einem Kaffeehaus von einem Mann angesprochen worden, wo er dann den 1. Suchtmittelkauf vorgenommen hätte. Dies hätte sie jedoch nicht mitbekommen. Erst zuhause habe er es ausgepackt, sie hätten dann lange Streitgespräche gehabt. Aufgrund des Suchtmittelkonsums habe ihr Gatte wieder schlafen können und somit auch sie. Ob das Suchtmittel den Schmerz weggenommen habe, könne sie nicht angeben. Da ihr Gatte in weiterer Folge als Dolmetscher arbeitete, bedrängte er sie, dass sie im Rahmen ihrer Dienstzuteilung in NN diese Suchtmittel besorgen sollte. Die Kontaktaufnahme sei dann direkt mit dem Händler telefonisch erfolgt, die Telefonnummern hätten sie vorher schon ausgetauscht. Ihr Gatte habe den Preis und Übergabeort ausgehandelt, sie habe das Suchtgift nur abzuholen gebraucht. Auch die beiden anderen Beschaffungsvorgänge seien in gleicher Weise erfolgt. Sie habe dann letztlich im November aus eigenem Antrieb aufgehört, ihm etwas zu besorgen. Im Jänner hätte ihr Gatte dann weniger Dienst gehabt, da noch zwei weitere Kollegen im NN Heim arbeiteten. Aufgrund der Arbeitsentlastung hätte ihr Gatte weniger zu laufen gehabt und daher weniger Schmerzen. Sie sei davon ausgegangen, dass er nach dem Jänner keine Suchtmittel mehr konsumiert habe. Auf die Frage ob zwischen Herbst und Jänner andere Medikationen verschrieben wurden, gibt die DB an, dass sie versucht habe, eine andere Behandlung zu erreichen, aber es habe keine Möglichkeit gegeben zu operieren.
Medikation vom Arzt – Magenschmerzen, mit Suchtmittel konnte er schlafen.
Auf Grund der schalltechnisch wesentlich besseren neuen Wohnung und einer besseren Medikation konnten beide wieder schlafen.
Ihr Gatte habe allerdings eine Folgeerkrankung, nämlich eine Leukoplakie.
Auf die Frage, ob sie verstanden habe, was ihr Gatte und der Dealer besprochen hätten, gibt die DB an, dass sie zwar relativ gut seine Sprache verstehe, aber beide hätten in einem Dialekt gesprochen.
Auf die Frage, was sich die DB gedacht habe, als sie zu dem Übergabetreffen gegangen sei, gibt die DB an, dass sie Angst und schlechtes Gewissen gehabt habe, er habe ihr das Suchtgift schnell in die Tasche geworfen und sei dann schnell wieder weggewesen. Sie sei komplett verzweifelt gewesen, ständige Schlaflosigkeit und habe sich Sorgen wegen seiner Arbeit gemacht.
Auf die Frage des Verteidigers wer die Übergabezeiten organisiert hatte, gibt die DB an, dass dies vom Gatten organisiert war und zwar mit seinem Handy, welches allerdings auf sie angemeldet gewesen sei. Der Dealer habe von ihrem Gatten erfahren, dass sie Polizistin sei.
Mittlerweile rauche Ihr Gatte wegen seiner offenen Wunden im Mund nicht mehr.
Faktum 2:
Das Schreiben von der StA kenne sie. Wegen offensichtlicher Unklarheiten bei der Einvernahme habe sie sehr wohl laut angeschrien und auf den Tisch gehaut, jedoch dahingehend einschränkend, dass dies nur ein einmaliges „auf den Tisch Klopfen“ gewesen sei. Die Mutter der mj NN habe sie richtigerweise ersucht, anders mit ihrer Tochter zu sprechen. Sie habe dann nicht mehr mit ihr geschrien, zumal sie mit der Mutter in eine andere Kanzlei gegangen sei. Es sei nicht richtig, dass sie geschrien hätte, dass NN gelogen hätte und Sachen gesagt hätte, die nicht gestimmt hätten. Es sei nicht üblich, dass bei Vernehmungen geschrien wird, ebenso nicht das auf den Tischhauen.
Auf die Frage, wer den Akt bearbeitet hätte, gibt die DB an, dass sie alleine erhoben habe, die Zeugin NN sei von Frau NN befragt worden. Es sei nicht vereinbart gewesen, dass sie die böse und die Kollegin die gute Polizistin spielen hätte sollen.
Auf Fragen des Verteidigers gibt die DB an, dass Whatsapp Nachrichten und eine Erektion des Stiefvaters ausschlaggebend waren, dass sie überhaupt Ermittlungen gemacht hätte unter anderem auch wegen Verleumdung gegen Asylwerber. Es habe auch Vorgespräche gegeben, dies sowohl mit der Mutter als auch mit der Schuldirektorin. Sie habe die Zeugin sachlich gefragt, aber diese sei wie ein Bock dagesessen. Sie sei wohl von der Mutter der Zeugin gemaßregelt worden, aber habe sich daraufhin entschuldigt.
Zu Faktum 3
gibt die DB an, dass sie sich nichts dabei gedacht habe, sie habe die Anfrage gemacht, weil sie wissen habe wollen, ob sie die Kollegen in NN bei der KPA eingespeichert hätten bzw. dies auch in den anderen Applikationen. Dies deshalb, weil sie sich furchtbar geschämt hätte, wenn allenfalls Kollegen darauf zugegriffen hätten. Dies speziell bei Anfragen bei eventuellen Aus- oder Einreisen. Sie sei nie befragt worden, warum sie angefragt habe. Das sogenannte „Schulungsargument“ sei lediglich auf die Bezugsangabe bezogen gewesen. Sie habe nicht gewusst, dass nur aus dienstlichen Gründen angefragt werden durfte. Auf nochmaliges Befragen räumt die DB ein, dass sie möglicherweise darauf vergessen habe, jedenfalls sei es ihr zu diesem Zeitpunkt der Abfrage nicht bewusst gewesen. Sie habe außer den vorgeworfenen, keine persönlichen Anfragen gemacht, nur anlässlich der EKIS-Schulungen, weder vorher noch nachher. Dass sie sich nicht bisher so verantwortet habe, sei darin gelegen, immer angenommen zu haben, dass es ohnehin klar gewesen sei.
Dass es entsprechende Weisungen hinsichtlich des Abfragemodus gibt, wisse sie seit Erhalt der Disziplinaranzeige. Einzelheiten hinsichtlich der Bezugserfordernisse habe sie nicht gewusst.
Befragt, ob sie allenfalls im Falle eines Schuldspruches mit dem Ausspruch der Disziplinarstrafe der Entlassung in ihrem ursprünglichen Beruf Fuß fassen könne, gibt sie an, sich noch nicht damit auseinandergesetzt zu haben. Sie habe aber keinen klaren Gedanken.
Die Zeugin RevInsp NN ist aus Krankheitsgründen entschuldigt ferngeblieben! Eine Bescheinigung wurde am 14.12.2016 vorgelegt.
Die Parteien sind mit der Verlesung einverstanden.
Nach Umfrage ergeht folgender Beschluss:
Auf die Ladung der Zeugin wird von beiden Parteien verzichtet und wird deren niederschriftliche Aussage vom 21. April 2016 verlesen.
Die mj. Zeugin NN gibt an, sie könne sich noch an die Vernehmung erinnern, allerdings dahingehend einschränkend, dass diese bereits eineinhalb Jahre her sei. Sie wisse nicht mehr, wie lange die Einvernahme gedauert habe. Am Anfang sei die Einvernahme mit normaler Lautstärke geführt worden, im weiteren Verlauf sei die Polizeibeamtin teilweise sehr laut geworden, sie sei teilweise gestanden und gesessen. Sie habe Angst bekommen. Jedenfalls habe sie die DB sicher mehr als 5 x angeschrien, dass sie lügen würde. Nachdem sie öfters gesagt habe, dass sie die Wahrheit gesagt hätte, sei die Beamtin aufgestanden und habe mit der Faust auf die Tischplatte gehaut, dass der ganze Tisch und der Stiftebehälter gewackelt haben. Ihre Mutter habe ständig zur DB gesagt, sie möge aufhören. Jedenfalls habe es solange angehalten bis ihre Mutter mit der Beamtin in einen Nebenraum gegangen sei. Die Polizeibeamtin habe sich jedenfalls nicht entschuldigt. Sie habe jedenfalls ihrer Meinung nach der Beamtin keinen Anlass gegeben, sich so zu verhalten, zumal sie immer die Wahrheit gesagt hätte.
Fragen durch den Verteidiger:
Die Zeugin wird ersucht, die Sitzanordnung skizzenhaft aufzuzeichnen und erklärt nach der Vorlage ganz sicher zu sein, dass die Anordnung so stimmen würde.
Auf die Frage des Verteidigers, wie es nach diesem „Tischklopfen“ weitergegangen sei, gibt die Zeugin an, dass sie glaube, ihre Mutter habe zur Polizistin gesagt, dass es so nicht weitergehen könne. Die Polizeibeamtin habe ihr entgegnet, dass sich das so gehöre, weil sie lügen würde. Sie wisse heute nicht mehr, ob die Einvernahme später weitergeführt worden sei. Nach ca eineinhalb Stunden sei sie nochmal mit ihrer Mutter bei der Einvernahme gewesen, aber glaublich dieselbe Aussage gemacht. Genau wisse sie es heute nicht mehr. Die vom Verteidiger verlesene Aussageänderung – sie habe ihre Aussage dahingehend abgeändert, dass sie übertrieben habe hinsichtlich der Schläge des Stiefvaters und dass sie nichts zu essen bekommen würde, könne stimmen.
Die Zeugin NN (Mutter)
gibt an, dass sie mit ihrer Tochter dort gewesen wäre, sie könne sich noch an die Einvernahme erinnern, damals wäre sie Begleitperson ihrer Tochter gewesen. Sie könne nicht mehr genau sagen, wie oft sie die Beamtin ersucht habe, nicht mehr zu schreien bzw. in einem normalen Ton mit ihrer Tochter zu reden, jedenfalls seien es einige Male gewesen, auf jeden Fall mehr als einmal. Auf ihr Ersuchen habe die Polizeibeamtin geantwortet, dass dies so sein müsse, weil ihre Tochter lügen würde. Auf den Tisch habe die Polizeibeamtin nur einmal gehauen. Der Schlag gegen den Tisch sei jedenfalls so heftig gewesen, dass ein Behälter mit Stiften gewackelt habe. Ob die Polizeibeamtin mit den Knöcheln oder mit der flachen Hand auf den Tisch gehaut hat, könne sie heute nicht mehr sagen.
Es sei richtig, dass die einvernehmende Polizeibeamtin ihr angeboten hat, das Büro zu wechseln, ab diesem Zeitpunkt sei die Situation sachlich gewesen und es sei nichts mehr eskaliert. Ihre Tochter habe ihres Erachtens immer die Wahrheit gesagt, sie sei jedoch immer wieder von der DB bedrängt worden, die Wahrheit zu sagen. Dies insofern aggressiv, weil die DB dabei aufgestanden sei und sie angeschrien habe.
Manche Angaben ihrer Tochter waren möglicherwiese nicht ganz richtig gewesen, wonach sie von der einvernehmenden Beamtin der Lüge bezichtigt worden wäre.
Auf die Frage des DA, wie lange die „bedrohliche“ Befragung gedauert hätte, gibt die Zeugin an, dass dies sicher länger als 5 Minuten gedauert habe, wobei ihre Intervention, sie möge zu schreien aufhören, nur kurz angehalten habe, dann sei es gleich wieder los gegangen.
Die beschuldigte Beamtin sei zum Teil gestanden, aber auch gesessen. Auch der PC habe sich am selben Schreibtisch befunden.
Fragen durch den Verteidiger:
Auf die Frage, ob es bei den Vorhaltungen um den Lebensgefährten des Zeugen gegangen sei, gibt sie an, dass sie sich nicht mehr genau erinnern könne, es ging aber auch in der Gesamtschau darum.
Auf die Frage, ob die Lautstärke ein lautes Reden gewesen sein hätte können, gibt die Zeugin an, dass ausschließlich geschrien wurde.
Speziell dann habe die Polizistin geschrien, wenn ihre Tochter nicht genug präzise gewesen sei, wie etwa: „sag endlich die Wahrheit, weißt du schon wo du bist, du bist auf der Polizei“.
Was nach dem Tischklopfen gewesen sei, wisse sie heute nicht mehr.
Die Polizeibeamtin habe sich weder im Zuge der Einvernahme bei ihrer Tochter noch bei ihr später weder ausdrücklich noch konkludent entschuldigt. Sie habe ihr lediglich erklärt, warum sie so aggressiv gegen ihre Tochter vorgegangen sei.
Auf den Vorhalt der Beschuldigten, dass am besagten Tisch kein Schreibutensilienbehälter oder dergleichen gestanden war, gibt die Zeugin an, sie könne sich jedenfalls erinnern.
Auf den Vorhalt der Beschuldigten, dass es nicht stimme, dass die Zeugin mit ihrer Tochter nicht jederzeit hätte gehen können, gibt die Zeugin an, dass jedenfalls die Beschuldigte erwidert hätte, dass das nicht so einfach sei, dass sie nicht einfach so gehen könnten. Die Behauptung der DB, sie habe sich sehr wohl entschuldigt, negiert die Zeugin.
Plädoyer des Disziplinaranwaltes:
Der Disziplinaranwalt fasst die Beweisaufnahme zusammen, verweist auf den allgemeinen und besonderen Funktionsbezug sowie auf den Vertrauensverlust bei Kollegen und Vorgesetzten. Als Milderungsgrund führt der DA das Teilgeständnis und die schwierige familiäre Situation, als Erschwerungsgründe das Vorliegen von mehreren Dienstpflichtsverletzungen an. Er beantragt aus spezial- und generalpräventiven Gründen und der Unzumutbarkeit der Weiterverwendung für den Dienstgeber, einen Schuldspruch zu beiden angelasteten Fakten und die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung.
Plädoyer des Verteidigers:
Der Verteidiger fasst das Beweisverfahren zusammen und trägt als Milderungsgründe die Unbescholtenheit, das Tatsachengeständnis und die Einsicht seiner Mandantin vor. Er verweist auch auf das dienstliche Wohlverhalten und den Umstand, dass aus spezialpräventiver Sicht keine Bestrafung erforderlich sei, zumal auch keine Wiederholungsgefahr bestünde, unter anderem auch deshalb nicht, weil der Gatte der DB aufgrund seiner Erkrankung nun mehr Nichtraucher sei und er aus diesem Grund auch kein Suchtgift mehr rauchen könne. Es sei auch zu würdigen, dass die ganze Angelegenheit nicht an die Öffentlichkeit gelangt sei. Zudem verweist er auf Unstimmigkeiten in den Aussagen der Zeuginnen. Er beantragt die Aufhebung der Suspendierung und im Falle eines Schuldspruches eine milde Bestrafung.
Schlusswort der Beschuldigten:
Die DB schließt sich den Ausführungen ihres Verteidigers an.
In rechtlicher Sicht hat der Senat erwogen:
Beamten-Dienstrechtsgesetz
§ 43 (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.
§ 43 (2) BDG 1979
Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen in die Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner Aufgaben erhalten bleibt.
§ 44(1) BDG 1979
(1) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.
(2) Der Beamte kann die Befolgung einer Weisung ablehnen, wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt worden ist oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde.
(3) Hält der Beamte eine Weisung eines Vorgesetzten aus einem anderen Grund für rechtswidrig, so hat er, wenn es sich nicht wegen Gefahr im Verzug um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt, vor Befolgung der Weisung seine Bedenken dem Vorgesetzten mitzuteilen. Der Vorgesetzte hat eine solche Weisung schriftlich zu erteilen, widrigenfalls sie als zurückgezogen gilt.
Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist nach diesem Abschnitt zur Verantwortung zu ziehen.
(1) Das Disziplinarverfahren ist mit Bescheid einzustellen, wenn
1….
2. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Dienstpflichtverletzung vorliegt.
3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen, oder
…
Zur den Dienstpflichtverletzungen:
Zu Spruchteil A
zu Faktum 1
Das Verhalten der Beamtin begründet das Vorliegen des Tatbestandes des Vergehens des Erwerbes und der Weitergabe von Suchtmitteln nach § 27 SMG, daraus folgend das Vorliegen einer schwerwiegenden Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG, nämlich in ihrem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung ihrer dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt. Der Begriff „Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben“ bedeutet dabei die allgemeine Wertschätzung, die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genießen sollte (VwGH 11. Oktober 1993, 92/09/0318 und 93/09/0077; VwGH 16. Dezember 1997, 94/09/0034).
Hinsichtlich des Vorwurfes der Missachtung des § 43 BDG wird ausgeführt, dass eine Verletzung der Pflicht zur Vertrauenswahrung der VwGH in erster Linie immer angenommen hat, wenn der Beamte ein Rechtsgut verletzte, mit dessen Schutz er im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben betraut war (VwGH 14.5.1980, 226/80, 2037/78; 17.3.1982, 09/1145/79; 17.3.1982, 09/1351/79; 24.2.1995, 93/09/0418; 15.12.1999, 98/09/0212).
§ 43 Abs. 2 BDG wolle in das außerdienstliche Verhalten des Beamten nur "in besonders krassen Fällen" eingreifen. Damit ist aber nicht ausgeschlossen, dass auch ein Verhalten außer Dienst aufgrund der besonderen Aufgaben des Beamten die Bedingungen für die Annahme einer Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG erfüllen kann, wenn diese Umstände in ihrer Art, Ausgestaltung und Gewichtung einem besonderen Funktionsbezug vergleichbar sind. Eine solche Konstellation, die einem besonderen Funktionsbezug gleichkommt, wird vor allem dann gegeben sein, wenn aufgrund von Auswirkungen des außerdienstlichen Verhaltens der Beamte in der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit beeinträchtigt ist.
Polizeibeamte sind im Rahmen ihrer dienstlichen Aufgaben unter anderem zum Schutz vor Verletzungen Strafrechtes insbesondere auch des Suchtmittelgesetzes berufen und man muss zumindest von ihnen selbst erwarten können, dass sie die darin geschützten Rechtsgüter nicht verletzen. Die Vollziehung des Suchtmittelgesetzes, insbesondere der Prävention und der Verfolgung von Suchtmitteldelikten mit der oftmalig verbundenen Begleitkriminalität gehört zu den Kernaufgaben eines Polizeibeamten und ist der besondere Funktionsbezug zu bejahen. Der Erwerb von Suchtmitteln begründet jedenfalls nach Rechtsprechung durch den VwGH das Vorliegen einer schweren Dienstpflichtverletzung.
Der Entlastungsbehauptung, die DB habe dies lediglich für ihren Gatten gemacht, da die Einnahme des Suchtgiftes das einzige adäquate Schmerzmittel gewesen sei, ist entgegenzuhalten, dass es ausschließlich Aufgabe der ihren Gatten behandelnden Ärzte zu sein hat, geeignete Schmerzmittel zu verschreiben.
Hinsichtlich eines allfälligen Publizitätserfordernisses wird zum einen darauf hingewiesen, dass ein solches nicht erforderlich ist, sondern die fiktive Eignung ausreicht um im Falle einer Veröffentlichung einen Vertrauensverlust der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben der Polizei herbeizuführen, zum anderen hat das Verhalten der DB sehr wohl eine absolut unerwünschte Außenwirkung verursacht, nämlich, dass in Dealerkreisen bekannt wurde, dass es sich bei der Suchtgiftabnehmerin um eine Polizistin gehandelt hat (siehe niederschriftliche Einvernahme vom 6.2.2016 des strafrechtlich gesondert verfolgten Dealers NN).
Zur Bindungswirkung des Rücktrittes von der Strafverfolgung
Einem (vorläufigen) Rücktritt von der Strafverfolgung als auch einer Einstellung des Strafverfahrens kommt jeweils keine Bindungswirkung der Disziplinarbehörde im Sachverhaltsbereich zu. Die für den Rücktritt von der Strafverfolgung bzw. für die Einstellung des Strafverfahrens maßgeblichen Gründe sind für das Disziplinarverfahren schon deswegen von keinerlei Relevanz, weil die Disziplinarbehörde gemäß § 95 Abs. 2 BDG nur an ein rechtskräftiges strafgerichtliches Urteil gebunden ist.
Es sind daher die für die disziplinäre Verfolgung wesentlichen Gesichtspunkte von der Disziplinarbehörde selbständig zu beurteilen und kann es nicht übersehen werden, dass die strafrechtliche und die disziplinäre Verantwortlichkeit eine in weiten Bereichen verschiedene Zielsetzung haben.
Insoweit musste bei der Disziplinarverfolgung das gesamte Verhalten der Beamtin mit in die rechtliche Beurteilung einbezogen werden.
Zu den Fakten 2 und 3
§ 44 Abs.1 BDG 1979 i.V.m. Erlass BMI-OA 1300/0245-II/1/b/2010 APD-RL, Pkt. 2.2 Faktum 2) und dem Datenschutz-Grundsatzerlass 2007, ZI BMI-LR1200/0072-III/2006 iVm der Integrierten Datensicherheitsvorschrift der LPD NN Pkt. 2.2 und BMI Erlass GZ BMI-ID1500/009-11/BK/2.3/2013 vom 6.5.2004 Anlage G
Gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979 hat der Beamte seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt, zu befolgen. Unter „Weisung“ ist eine generelle oder individuelle, abstrakte oder konkrete Norm zu verstehen, die an einen oder an eine Gruppe von dem Weisungsgeber untergeordneten Verwaltungsorganwaltern ergeht. Sie ist ein interner Akt im Rahmen der Verwaltungsorganisation und an keine besonderen Formerfordernisse gebunden. Sie kann mündlich oder schriftlich ergehen (VwGH 26.06.1979, Zl. 95/09/0230). Zweifelsfrei sind die einschlägigen Bestimmungen in der Allgemeinen Polizeidienstrichtlinie 1.1.1. (APD-RL) BMI-OA 1300/0245-II/1/b/2010, insbesondere der im Punkt 2.2. zitierten Vorschrift für die Bediensteten der Bundespolizei, auf eine den allgemeinen gesellschaftlichen Umgangsformen angemessene Höflichkeit, ein respektvolles und der Menschenwürde entsprechendes Auftreten zu achten, um insbesondere das Vertrauen der Bevölkerung und das Ansehen des Korps zu stärken, und jene Bestimmungen der BMI Erlässe, Datenschutz-Grundsatzerlass 2007, ZI BMI-LR1200/0072-III/2006 und BMI Erlass GZ BMI-ID1500/009-11/BK/2.3/2013 vom 6.5.2004 Anlage G und der Integrierten Datensicherheitsvorschrift der LPD NN Pkt. 2.2, Weisungen im Sinne des § 44 (1)BDG 1979. Das mehrfache Anschreien der Zeugin NN und das intensive Schlagen auf die Tischplatte widerspricht jedenfalls den vorangeführten Bestimmungen und ist auch durch die von der Verteidigung vorgebrachte anzuwendende Vernehmungstaktik nicht gedeckt. Das von der DB in Abrede gestellte Fehlverhalten steht auch im Widerspruch zur Zeugenaussage der RI NN, die in ihrer niederschriftlichen Einvernahme vom 21.4.2016 sehr wohl einräumt hat, dass die DB auch geschrien und mit der Hand auf den Tisch geschlagen hätte und zur Aussage der Zeugin NN, die die Aussage im Wesentlichen wiederholte, die sie auch vor Gericht unter Wahrheitszwang die belastenden Aussagen getätigt hatte; wie überhaupt es ungewöhnlich ist, dass sich ein Gericht bzw. die Staatsanwaltschaft an die Dienstbehörde wendet um allenfalls vorliegende Dienstpflichtsverletzungen überprüfen zu lassen und hat auch im Lichte dieser Mitteilung die Glaubwürdigkeit der Belastungszeugin einen hohen Stellenwert.
Auch die Zeugin NN hatte sehr deutlich und lebensnah geschildert, dass die DB mehrmals ihre mj. Tochter angeschrien hätte und der Schlag gegen den Tisch mit einer solchen Intensität geführt worden sei, dass der Schreibutensilienbehälter gewackelt hätte. (Faktum 2).
Die Abfrage der Datensätze hinsichtlich ihrer eigenen Person stand auch nicht ansatzweise in einem dienstlichen Zusammenhang mit dem Aufgabengebiet der Disziplinarbeschuldigten und war davon auszugehen, dass auch, um die Anfrage zu verschleiern, die Bezugseingabe weisungswidrig mit „Probe“ erfolgte, anstatt die Geschäftszahl des der Anfrage zugrunde liegenden Aktes anzuführen bzw. sollte dies nicht möglich gewesen sein, an deren Stelle Amtstitel und Namen des Anfragenden und allenfalls die Organisationseinheit, bei der er Dienst versieht, einzutragen. Die Verantwortung der Beschuldigten, die Bediensteten würden von der Dienstbehörde zum Abfragen der eigenen Datensätze animiert werden, wurde von der DB in der Verhandlung ohnehin relativiert, indem sie zugab, dass diese Abfragen ihrer eigenen Information gedient hätten (Faktum 3).
Der Aufbau und die Struktur einer polizeilichen Organisationseinheit erfordern für ein reibungsloses Funktionieren ein hohes Maß an Kooperationsbereitschaft zwischen Bediensteten auf verschiedenen Hierarchieebenen, welches durch das Instrument der Weisung abgesichert ist. Nur dadurch kann der öffentliche Auftrag – im konkreten Fall für einen Prüfungsfall die Nachvollziehbarkeit des Verhaltens von Polizeibeamten zu gewährleisten – erfüllt werden.
Zur Schuldfrage
Das Beweisverfahren hat zweifelsfrei ergeben, dass die Beschuldigte ihre Dienstpflichten im Umfang der erhobenen Anlastungen wenigstens fahrlässig schuldhaft verletzt hat.
Strafbemessung - § 93 BDG
Gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung; dabei ist jedoch darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Zu berücksichtigen sind aber auch die bisherigen dienstlichen Leistungen, sowie sein Verhalten im Dienststand und die Qualität der bisherigen Dienstleistung. Der erkennende Senat hat sich nach der jüngsten Judikatur des VwGH jedenfalls ein umfassendes Bild des Beschuldigten zu machen und dann eine Prognose zu stellen, inwieweit und in welchem Ausmaße eine Bestrafung notwendig ist. Für die Schwere der Dienstpflichtverletzung ist nicht nur maßgebend, in welchem objektiven Ausmaß gegen Dienstpflichten verstoßen oder der Dienstbetrieb beeinträchtigt wurde, sondern es muss die Bestrafung grundsätzlich in einem angemessenen Verhältnis zum Unrechtsgehalt der Verfehlung stehen und sie muss spezial- und generalpräventiv erforderlich sein. Innerhalb des Schuldrahmens darf keine strengere Strafe verhängt werden, als sie aus Gründen der Spezialprävention notwendig erscheint (vgl. Kucsko-Stadlmayer).
Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiteres ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.
Den Milderungsgründen des (Teil)Geständnisses, der bisherigen Unbescholtenheit , und wenigstens die hinsichtlich der Fakten 1 und 3 gezeigten Einsicht standen Mehrfachdienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgründe gegenüber. Als schwerwiegendste Dienstpflichtverletzung wurde jene im Faktum 1 gewertet, die beiden Dienstpflichtsverletzungen in den Fakten 2 und 3 bildeten Erschwerungsgründe.
Überwiegend wegen des Vorliegens der familiären und gesundheitlichen Belastungssituation hat der Senat vom Ausspruch der Disziplinarstrafe der Entlassung zugunsten der Verhängung der Geldstrafe Abstand genommen, wobei auch diesfalls nicht der Ausspruch der Höchststrafe im Rahmen von 5 Monatsbezügen erfolgen konnte, da gemäß § 125 BDG auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der DB Rücksicht zu nehmen war. Dennoch sollte das gewählte Strafausmaß ausreichen, um die Beschuldigte an ihre Dienstpflichten zu erinnern und sie und andere Bedienstete davon abhalten sollte, gleichartige Dienstpflichtsverletzungen zu begehen. Es wird auch mit der Verhängung einer sehr hohen Geldstrafe ein deutliches Signal gesetzt, dass auch dem Verhalten von Exekutivbeamten ein hoher Stellenwert zugemessen wird. Die Disziplinarbeschuldigte möge sich jedoch vor Augen halten, dass bei einer nochmaligen Begehung gleicher wertiger oder ähnlicher Dienstpflichtsverletzungen mit keiner Nachsicht gerechnet werden kann.
Zuletzt aktualisiert am
18.01.2017