Norm
BDG 1979 §44 Abs1Schlagworte
Amtsmissbrauch durch nicht zeitgerechte Erledigung von Akten, sodass Verjährung eingetreten ist.Text
Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres hat in der am 30.01.2017 durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Der Beamte ist schuldig, er hat
bei den im Zeitraum zwischen N.N. und N.N. protokollierten nachstehenden vier Akten als verantwortlicher Sachbearbeiter in Missachtung der Kanzleiordnung und der Protokollierungsvorschriften unterlassen,
a.) den Akt N.N. (Sachbeschädigung, unbekannte Täter) zum Start des elektronischen Rechtsverkehrs zu genehmigen (es wurde eine Opfervernehmung durchgeführt, ein Lichtbogen erstellt und ein Abschluss-Bericht verfasst), sodass der Akt verjährt ist,
er hat dadurch eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979 i. d. g. F. i. V. m. Bestimmungen des Dienstbefehls des Landespolizeikommandos vom 11.01.2008, GZ 2700/1/2008, i. V. m. Bestimmungen des Dienstbefehls des Landespolizeikommandos vom 22.12.2009, GZ 2710/71826/2009-OEA i. V. m. PAD Protokollierungsvorschrift, GZ: BMI-OA1100/0011-II/1/a/2009 vom 11.02.2009 und PAD Protokollierungsvorschrift, GZ: BMI-OA1100/0004-II/1/a/2010 vom 25.01.2010 betreffend ERV Versand mit PAD i. V. m. Punkt 7.3.5 der von 01.01.2008 bis 31.08.2012 gültigen Kanzleiordnung gemäß Erlass vom 17.12.2007, Zl: BMI-OA1300/0162-II/1/2/b/2007 samt Nichtbeachtung der Richtlinien für Berichte an die Strafjustiz und Verwaltungsstrafanzeigen (Anhang A/1 und A/2 der KO) i. V. m. § 91 BDG 1979 i. d. g. F. begangen,
b.) den Akt N.N. (Einbruchsdiebstahl, unbekannte Täter) nachvollziehbar und unter Einhaltung der gesetzlichen Grundlagen unverzüglich auf die zweckmäßigste und raschste Art zu erledigen sowie der Staatsanwaltschaft einen Abschluss-Bericht zu übermitteln, wenn Sachverhalt und Tatverdacht soweit geklärt scheint ( es fehlt die Vernehmung des Opfers, ein Lichtbildbogen, ein Tatortbericht und der Abschluss Bericht an die StA),
c.) den Akt N.N. (Diebstahl, unbekannte Täter) nachvollziehbar und unter Einhaltung der gesetzlichen Grundlagen unverzüglich auf die zweckmäßigste und raschste Art zu erledigen sowie der Staatsanwaltschaft einen Abschluss-Bericht zu übermitteln, wenn Sachverhalt und Tatverdacht soweit geklärt scheint (es wurde nur eine Vernehmung des Opfers durchgeführt), sodass der Akt verjährt ist,
d.) den Akt N.N. (Einbruchsdiebstahl, unbekannte Täter) nachvollziehbar und unter Einhaltung der gesetzlichen Grundlagen unverzüglich auf die zweckmäßigste und raschste Art zu erledigen sowie der Staatsanwaltschaft einen Abschluss-Bericht zu übermitteln, wenn Sachverhalt und Tatverdacht soweit geklärt scheint (es wurde nur eine Vernehmung des Opfers durchgeführt, hingegen fehlt der Lichtbildbogen, der Tatortbericht und der Abschluss-Bericht an die Staatsanwaltschaft),
er hat dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979 i. d. g. F. i. V. m. Punkt 7.1.0.1, 7.1.0.3 sowie Punkt 7.3.5 der von 01.01.2008 bis 31.08.2012 gültigen Kanzleiordnung gemäß Erlass vom 17.12.2007, Zl: BMI-OA1300/0162-II/1/2/b/2007 samt Nichtbeachtung der Richtlinien für Berichte an die Strafjustiz und Verwaltungsstrafanzeigen (Anhang A/1 und A/2 der KO) i. V. m. Bestimmungen des Dienstbefehls des Landespolizeikommandos N.N. vom 22.12.2009, GZ 2710/71826/2009-OEA i. V. m. PAD Protokollierungsvorschrift, GZ: BMI-OA1100/0004-II/1/a/2010 vom 25.01.2010 betreffend ERV Versand mit PAD und i. V. m. § 91 BDG 1979 i. d. g. F. begangen,
über den Beamten wird gemäß § 92 Abs. 1, Z. 1 BDG 1979 i. d. g. F. die Disziplinarstrafe des Verweises verhängt.
Dem Beamten werden gemäß § 117 Abs. 2 BDG 1979 i. d. g. F. keine Kosten für das Disziplinarverfahren auferlegt.
BEGRÜNDUNG
Der Verdacht, Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben, gründet sich auf die Disziplinaranzeige des Bezirkspolizeikommandos N.N. vom N.N., GZ N.N., der Disziplinarnachtragsanzeige des Bezirkspolizeikommandos N.N. vom, GZ N.N. bzw. auf das Schreiben der Landespolizeidirektion vom N.N.
Die Dienstbehörde hat am N.N. mittels Schreiben des do Büros A1, dem die schriftliche Meldung des Bezirkspolizeikommandos N.N. betreffend Verdacht des Amtsmissbrauchs und der Begehung von Dienstpflichtverletzungen angeschlossen war, Kenntnis vom Sachverhalt erlangt.
Inhalt der Disziplinaranzeige
Danach steht der Beamte im Verdacht, in den folgenden vier Fällen als verantwortlicher Sachbearbeiter Ermittlungsverfahren nach gerichtlich strafbaren Handlungen im Sinne der StPO (kurz Gerichtsakten) nicht enderledigt und der zuständigen Staatsanwaltschaft vorgelegt zu haben.
1.1. N.N., Unbekannte Täter; Einbruchsdiebstahl z.N.d. N.N.
1.2. N.N., Unbekannte Täter; Diebstahl z.N.d. N.N.
1.3. N.N., Unbekannte Täter; Einbruchsdiebstahl z.N.d. N.N.
1.4. N.N., Unbekannte Täter; Sachbeschädigung z.N.d. N.N.
Der Beamte steht daher im Verdacht, durch sein Verhalten als verantwortlicher Sachbearbeiter gegen die Bestimmungen des/der
b) § 2 Abs.1, 2 und Abs. 3, § 4 Abs. 3, § 6 Abs. 2, § 11 Abs. 1 und Abs. 6 der Organisation- und Geschäftsordnung der Polizei-/Fachinspektionen (OGO PI/FI), Zl: BMI-OA1000/0251-II/1/2005 vom 25.10.2005; i. d. F. vom 03.03.2008, Zl: BMI-OA1000/0014-II/1/b/2008,
c) Punkte 3.1.0.3, 7.1.0.1 und 7.1.0.3 der von 01.01.2008 bis 31.08.2012 gültigen Kanzleiordnung gemäß Erlass vom 17.12.2007, Zl: BMI-OA1300/0162-II/1/2/b/2007 samt Nichtbeachtung der Richt-linien für Berichte an die Strafjustiz und Verwaltungsstrafanzeigen,
d) PAD Protokollierungsvorschrift, GZ: BMI-OA1100/0011-II/1/a/2009 vom 11.02.2009 und PAD Protokollierungsvorschrift, GZ: BMI-OA1100/0004-II/1/a/2010 vom 25.01.2010, betreffend ERV Versand mit PAD und den Zentralen PAD Support,
verstoßen und dadurch schuldhaft Dienstpflichtverletzungen gemäß § 91 BDG 1979 begangen zu haben.
Der Beamte steht als Dienststellenleiter und unmittelbarer Vorgesetzter seines mittlerweile im Ruhestand befindlichen damaligen Stellvertreters A.A. im Verdacht, seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt zu haben, da er keine ausreichende Dienst- und Fachaufsicht ausübte. Dadurch war es möglich, dass A.A. 13 Ermittlungsverfahren nach gerichtlich strafbaren Handlungen im Sinne der StPO (kurz Gerichtsakten) nicht enderledigte und der zuständigen Staatsanwaltschaft vorgelegt hatte.
Der Beamte steht als Dienststellenleiter und unmittelbarer Vorgesetzter seines Mitarbeiters B.B. im Verdacht, seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt zu haben, da er keine ausreichende Dienst- und Fachaufsicht ausübte. Dadurch war es möglich, dass B.B. 135 Gerichtsakten und 24 Verwaltungsakten nicht enderledigte und der zuständigen Staatsanwaltschaft bzw. Bezirksverwaltungsbehörde vorgelegt bzw. mangelhaft erledigt hatte.
Der Beamte steht daher im Verdacht, durch sein Verhalten als verantwortlicher Vorgesetzter und Dienststellenleiter gegen die Bestimmungen des/der
b) § 2 Abs. 1, 2 und 3, § 4 Abs. 3, § 6 Abs. 2, § 11 Abs. 1 und Abs. 6 der Organisation- und Geschäftsordnung der Polizei-/Fachinspektionen (OGO PI/FI), Zl: BMI-OA1000/0251-II/1/2005 vom 25.10.2005; i. d. F. vom 03.03.2008, Zl: BMI-OA1000/0014-II/1/b/2008,
c) Punkte 3.1.0.3, 3.2.3.1-3, 7.1.0.1 und 7.1.0.3 der von 01.01.2008 bis 31.08.2012 gültigen Kanzleiordnung gemäß Erlass vom 17.12.2007, Zl: BMI-OA1300/0162-II/1/2/b/2007 samt Nichtbeachtung der Richtlinien für Berichte an die Strafjustiz (Anhang A/1 zur KO),
d) Punkte 2.1., 6. und 8 der ab 01.09.2012 gültigen Kanzleiordnung gemäß LPD – Befehl, GZ: 2700/58148/2012-OEA vom 22.08.2012 (Bezug: Erlass des BMI vom 8.8.2012, GZ: BMI-OA1000/0103-II/10/b/2012),
e) PAD Protokollierungsvorschrift, GZ: BMI-OA1100/0011-II/1/a/2009 vom 11.02.2009 und PAD Protokollierungsvorschrift, GZ: BMI-OA1100/0004-II/1/a/2010 vom 25.01.2010, betreffend ERV Versand mit PAD und den Zentralen PAD Support (Neuverlautbarung mit Erlass GZ: BMI-OA1000/0027-II/10/b/2013 vom 03.02.2013).
verstoßen und dadurch schuldhaft Dienstpflichtverletzungen gemäß § 91 BDG 1979 begangen zu haben.
Beweismittel
A.A., dienstführender Beamter der PI N.N. und Stellvertreter des Inspektionskommandanten, wurde mit Ablauf des N.N. in den Ruhestand versetzt.
D.D. wurde mit Wirksamkeit vom N.N. von der PI N.N. auf die Polizeiinspektion N.N. versetzt und als Stellvertreter des Inspektionskommandanten in Verwendung genommen.
Am N.N., um N.N. Uhr setzte D.D. zuerst telefonisch und anschließend schriftlich das Bezirkspolizeikommando N.N. darüber in Kenntnis, dass er bei einem seiner ersten Dienste auf der neuen Dienststelle in der Aktengebarung schwerste Mängel festgestellt hätte.
Bei einer intensiveren bis in das Jahr N.N. zurückreichenden Kontrolle im Aktenverwaltungsprogramm PAD, schienen bei B.B. zugewiesene, unerledigte Akten auf. Bei deren Durchsicht musste D.D. feststellen, dass der größte Teil der Akten nicht ordnungsgemäß erledigt war.
Das gleiche Bild bot sich bei den noch A.A. zugewiesenen Akten, der sich bereits im Ruhestand befand.
D.D. verständigte in den Vormittagsstunden des N.N. den Inspektionskommandanten und B.B. von seinen Wahrnehmungen und Feststellungen. Außerdem informierte er sie darüber, dass von ihm bereits das Bezirkspolizeikommando N.N. in Kenntnis gesetzt wurde.
E.E. des BPK N.N. begab sich am N.N., um N.N. Uhr nach N.N., um sich vor Ort einen Überblick über den gemeldeten Sachverhalt zu verschaffen. Die erste durchgeführte stichprobenartige Durchsicht der zugewiesenen Akte von A.A. und B.B., ließ keine Zweifel darüber offen, dass die Aktenerledigung der Beamten, zurückreichend bis in das Jahr N.N., nur äußerst unzureichend erfolgte.
Für die Aktengenehmigung der Beamten der PI N.N. waren der Inspektionskommandant und ebenso sein Stellvertreter A.A. verantwortlich.
Am N.N. erteilte der Bezirkspolizeikommandant telefonisch die mündliche Weisung, dass D.D. umfangreiche Erhebungen betreffend den aufgezeigten Missständen zu führen hat und das Ergebnis in Excel-Dateien übersichtlich zu dokumentieren ist. Vereinbart wurde zudem, dass C.C., Sachbearbeiter der PI N.N. bei dieser äußerst umfangreichen Tätigkeit unterstützend auf der PI N.N. mitarbeiten soll. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Erhebungen ausschließlich von D.D. geführt worden.
C.C. und D.D. begannen ab N.N. mit der „Aktenfahndung“ im PAD, in den Aufzeichnungen und den abgelegten Akten (Papierform). Dabei stellten sie fest, dass bei B.B. 134 Akten als unerledigt aufschienen, wobei 30 offenkundig strafrechtlich verjährt waren! Die unerledigten kriminalpolizeilichen (110 Akte) und verwaltungspolizeilichen Geschäftsstücke (24 Akte) wurden in zwei Dateien aufgelistet.
D.D. stellte am N.N. bei den angeordneten und zeitlich ausgeweiteten „Aktenfahndungen“ fest, dass auf der PI N.N. weitere unerledigte bzw. sogar verjährte Akte vorlagen.
Bei dem Beamten schienen vier unerledigte Akten auf, wobei zwei davon offenkundig bereits strafrechtlich verjährt waren.
Bei A.A. schienen dreizehn unerledigte Geschäftsstücke auf, wobei drei davon offenkundig bereits strafrechtlich verjährt waren.
Bei B.B. wurden darüber hinaus weitere 25 noch ältere unerledigte Akten aufgefunden, wobei 19 offensichtlich strafrechtlich verjährt waren.
Das Bezirkspolizeikommando N.N. meldete am N.N., der LPD N.N., schriftlich den Verdacht des Amtsmissbrauches und den Verdacht der Dienstpflichtverletzungen des Beamten, des A.A. und des B.B. der PI N.N. Der Meldung wurden die Aufstellungen über die unerledigten Akten der jeweiligen Bediensteten angeschlossen.
Am N.N. wurde von der Landespolizeidirektion N.N. das Bundesamt zur Korruptionsbekämpfung und Korruptionsprävention (BAK) von dem Sachverhalt in Kenntnis gesetzt. Vom BAK wurden die Ermittlungen übernommen. Das BAK teilte am N.N. unter der angeführten GZ gemäß § 76 Abs. 5 StPO der Dienstbehörde mit, dass gegen den beschuldigten Beamten, A.A. und B.B. wegen Verdachtes der strafbaren Handlung gemäß § 302 Abs. 1 StGB Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sind.
Zu den Dienstpflichtverletzungen des Beamten
Die schuldhaften Dienstpflichtverletzungen des Beamten, sowohl als zuständiger Sachbearbeiter für die vier ihm persönlich zugewiesenen kriminalpolizeilichen Geschäftsstücke, die von ihm nicht erledigt wurden, aber insbesondere auch als Vorgesetzter und Dienststellenleiter sind im PAD, dem elektronischen Protokollierungs- und Aktenverwaltungssystem, nachweislich dokumentiert. Die Fehlleistungen des Beamten sind daher mit den angeschlossenen Auflistungen der unerledigten Geschäftsstücke bewiesen und nachvollziehbar aufgelistet.
Der Beamte hat als verantwortlicher Sachbearbeiter, Vorgesetzter und Dienststellenleiter gegen folgende Bestimmungen verstoßen:
a)
§ 43 Abs. 1 BDG 1979, da er seine dienstlichen Aufgaben nicht unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung gewissenhaft mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem besorgt hat. § 9 StPO Beschleunigungsgebot normiert, dass das Verfahren stets zügig und ohne unnötige Verzögerung durchzuführen ist und § 100 StPO Berichte verpflichtet die Kriminalpolizei in verschiedensten Sachverhaltskonstellationen mit den Mitteln PAD und ERV zur Berichterstattung an die Staatsanwaltschaft.
b)
§ 45 Abs. 1 BDG 1979, da er als Vorgesetzter und Dienststellenleiter nicht darauf geachtet hatte, dass seine Mitarbeiter A.A. und B.B. ihre dienstlichen Aufgaben in gesetzmäßiger Weise erfüllten, ihnen keine Weisungen zur Aktenerledigung erteilte und aufgetretene Fehler und Missstände nicht abstellte,
c)
§ 2 (1) wonach die Polizeiinspektion gemäß den Weisungen und unter Verantwortung des Inspektionskommandanten die ihr obliegenden Aufgaben zu besorgen hat und
§ 2 (2) den Sachbearbeitern und sonstigen Mitarbeitern konkrete Ziele und Schwerpunkte zu setzen sind, was nicht in erforderlichem Ausmaß erfolgte,
§ 2 (3) da er Aufgaben betreffend die primäre Zweckbestimmung des Wachkörpers Bundespolizei, wozu die in den Materiengesetzen (StPO, usw.) enthaltenen Mitwirkungsverpflichtungen zählen, nicht wahrnahm,
§ 4 (3) die festgeschriebenen Aufgaben des Inspektionskommandanten, wozu der Sachbereich 1 (u. a. mit Aktenzuweisung, Dienst- und Fachaufsicht) zählt, sowie
§ 6 (2) wonach der Inspektionskommandant jedenfalls den Sachbereich 1 zu führen hat, nicht ausreichend wahrnahm,
§ 11 Abs. 1 und Abs. 6, welche den Vorgesetzten verpflichtet, den Mitarbeitern Ziele zu setzen und die Schwerpunkte für ihre Arbeit prägnant zu bestimmen sowie die Aufsicht und Dienstkontrolle auszuüben, was kaum erfolgte,
der Organisation und Geschäftsordnung der Polizei-/Fachinspektionen (OGO PI/FI), Zl.: BMI-OA1000/ 0251-II/1/2005 vom 25.10.2005; i. d. F. vom 3. März 2008, Zl BMI-OA1000/0014-II/1/b/2008,
d)
Punkt 3.1.0.3 wonach Ordnung, Genauigkeit, Klarheit und rasche Erledigung oberstes Gebot der Kanzleiführung und des Schriftverkehrs sind und die Kanzleigeschäfte so zu führen sind, dass sich darin alle in Betracht kommenden Bediensteten jederzeit zurechtfinden und sich über schriftliche Vorgänge informieren können, was offensichtlich nicht der Fall war,
Punkt 3.2.3.1 da die Verpflichtung des Dienststellenleiters innerorganisatorisch für eine rasche und effiziente Erledigung von Geschäftsstücken zu sorgen von diesem nicht wahrgenommen wurde,
Punkt 3.2.3.2. da bei der Aktzuweisung an die Bearbeiter auf die angebliche Überlastung des B.B. nicht Bedacht genommen wurde,
Punkt 3.2.3.3 da die Bestätigung der formalen Richtigkeit von erledigten Geschäftsstücken durch deren Genehmigung nicht erfolgt ist,
Punkt 7.1.0.1 da Geschäftsstücke nicht nachvollziehbar erledigt wurden,
Punkt 7.1.0.3 wonach die Erledigungen nicht unter Einhaltung der gesetzlichen Grundlagen unverzüglich auf die zweckmäßigste und rascheste Art erfolgt sind,
der von 01.01.2008 bis 31.08.2012 gültigen Kanzleiordnung gemäß Erlass vom 17.12.2007, Zl: BMI-OA1300/0162-II/1/2/b/2007 samt Nichtbeachtung der Richtlinien für Berichte an die Strafjustiz und Verwaltungsstrafanzeigen Punkt 7.3.5. – Anhang A/1 und A/2 der KO, mit der Anordnung, dass ein Abschlussbericht der Staatsanwaltschaft zu übermitteln ist, wenn Sachverhalt und Tatverdacht soweit geklärt scheinen, dass eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft über Anklage, Rücktritt von der Verfolgung, Einstellen oder Abbrechen des Verfahrens ergehen kann.
e)
Punkt 2.1 mit der normierten und nicht beachteten Verpflichtung, dass innerorganisatorische Vorkehrungen für eine rasche und effiziente Erledigung von Geschäftsstücken zu treffen sind,
Punkt 6 da Geschäftsstücke von den vorgesehenen Bearbeitern im Rahmen ihres Aufgaben- und Entscheidungsbereiches nicht nachvollziehbar abschließend auf die zweckmäßigste und rascheste Art erledigt wurden,
Punkt 8 mit der Vorschreibung von Rückstandsausweisen drei Mal jährlich für Akten, die einer Verjährung oder ein Devolution unterliegen. Dies betrifft ausschließlich Akten, die vor mehr als drei Monaten bei einer Dienststelle eingelangt, aber innerhalb der Verjährungs- oder Devolutionsfrist noch keiner den Geschäftsfall abschließenden Erledigung zugeführt wurden, der ab 01.09.2012 gültigen Kanzleiordnung gemäß LPD – Befehl, GZ: 2700/58148/2012-OEA vom 22.08.2012 (Bezug: Erlass des BMI vom 8.8.2012, GZ: BMI-OA1000/0103-II/10/b/2012).
Einen Rückstandsausweis hat es auf der PI N.N. in den betreffenden Jahren in keiner Form gegeben. Hinsichtlich der nicht oder mangelhaft erledigten Akten besteht zudem der dringende Verdacht, dass es nicht einfach zufällig irgendwelche Akten waren, die betroffen waren, sondern ausschließlich Akten, die in der Folge von keiner Stelle mehr nachgefragt wurden bzw. eine Nachfrage nicht zu erwarten war. Andere Akten, wo ein fehlerhafter Versand zu Urgenzen bzw. Nachreichungen geführt hätte, waren offenbar nicht betroffen. Damit drängt sich die Vermutung auf, dass der Beamte, A.A. und B.B. ganz gezielt bestimmte Akten verjähren ließen, denn die geschilderte Zufälligkeit bei insgesamt 176 Geschäftsstücken erscheint äußerst unwahrscheinlich.
f)
Punkt F Applikationsbetreuung bzw. Support mit der Anordnung, dass inhaltliche Fragen an den Zentralen PAD Support zu richten sind (Durchführungserlass vom 13. Mai 2008, GZ: BMI-OA1000/0141-II/1/d/2008).
PAD Protokollierungsvorschrift, GZ: BMI-OA1100/0011-II/1/a/2009 vom 11.02.2009 und PAD Protokollierungsvorschrift, GZ: BMI-OA1100/0004-II/1/a/2010 vom 25.01.2010, betreffend ERV Versand mit PAD und den Zentralen PAD Support.
Bei den Vernehmungen durch das BAK rechtfertigten sich die Beamten damit, dass Akten standardmäßig nur während der letzten 100 Tage angezeigt werden. Dazu wird angemerkt, dass die Zeitraumeinstellung eine Filterfunktion darstellt, um Suchvorgänge leichter bewerkstelligen zu können. Die Einstellung ist im Vergleich zu anderen PAD Funktionen leicht zu bedienen/ändern, da man nur entweder direkt die Zahl 100 verändert oder auf die zwei Button – Dreiecke für auf oder ab neben der Zahl – klicken muss, um die Zahl der angezeigten Tage zu steigern oder zu senken. Diese Möglichkeiten wurden bei den PAD Schulungen vorgetragen und sind im PAD Handbuch nachzulesen. Bei Beachtung der oben angeführten Protokollierungsvorschriften PAD Behörde, wonach inhaltliche Fragen an den zentralen PAD Support zu richten sind, hätte es nur eines kurzen Anrufes bedurft, um diese Unkenntnis auszuräumen. Ungeachtet dessen, besteht im PAD unter der Suchfunktion „Akt suchen …“ jederzeit die Möglichkeit über die Aktenzahl direkt in den Akt einzusteigen, was von den angeführten Beamten ebenfalls unterlassen wurde. Der Beamte hat es offensichtlich nicht für nötig erachtet, sich mit den einschlägigen Vorschriften für seinen Bereich auseinanderzusetzen. PAD ist kein Nischenprogramm für Computerspezialisten, wie es die beschuldigten Beamten sinngemäß darzustellen versuchen. Es wird im gesamten Exekutivbereich eingesetzt und ist ein absolut unverzichtbarer Bestandteil im täglichen Dienstbetrieb.
Angaben des Verdächtigen
Der Beamte gibt die ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen zu. Bezüglich seiner Angaben bzw. Rechtfertigungen wird sowohl auf seine Aussagen vor Bediensteten des BAK bei der Beschuldigtenvernehmung als auch auf die Angaben bei der mit dem Beamten auf dem BPK N.N. aufgenommenen Niederschrift verwiesen.
Mit E-Mail vom N.N. teilte die Dienstbehörde mit, dass die vom BPK N.N. angeführten Verständigung vom Verdacht der Begehung von Dienstpflichtverletzungen nicht, wie in allen drei Disziplinaranzeigen, mit Schreiben vom N.N. durchgeführt worden ist sondern am N.N.. Das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung wurde mit Schreiben vom N.N. von der Landespolizeidirektion N.N. vom Verdacht des Amtsmissbrauches durch die, in den Disziplinaranzeigen angeführten, Beamten verständigt. Das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung teilte mit E-Mail vom N.N. der Landespolizeidirektion N.N. mit, dass der Akt zur Bearbeitung übernommen wird.
Gegen den Beamten wurde mit Abschluss-Bericht des Bundesamtes zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung Anzeige an die Staatsanwaltschaft N.N. wegen Verdacht nach § 302 StGB erstattet. Die Staatsanwaltschaft N.N. teilte mit Schreiben vom N.N., Zl N.N. mit, dass das Ermittlungsverfahren gegen die Beamten wegen § 302 StGB gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt wurde, da kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung besteht, zumal Wissentlichkeit nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachweisbar ist.
Der Beamte ist Vorsitzender – Stellvertreter des Wahlausschusses beim Dienststellenausschuss des BPK N.N.. Aus diesem Grund wurde vom BPK N.N. bereits am N.N., gleiche GZ, beim Dienststellenausschuss die Zustimmung zur disziplinären Verfolgung des Beamten beantragt. Der DA beim BPK N.N. stimmte dem Antrag schriftlich zu.
Nachdem der Disziplinaranzeige keine Tatzeiten zu entnehmen waren, wurde der Dienstbehörde unter Hinweis auf diesen Umstand nahegelegt, dies im Rahmen einer Disziplinarnachtragsanzeige nachzuholen, wobei darauf hingewiesen worden ist, dass gegenständliches Ersuchen nicht geeignet ist, die seit Mitteilung der Verständigung von der Einstellung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft weiter zu laufende Verjährungsfrist zu hemmen.
Mit E-Mail vom N.N. übermittelte die Dienstbehörde die Disziplinarnachtragsanzeige des Bezirkspolizeikommissariates N.N.
Inhalt der Nachtragsanzeige
Der Beamte steht als verantwortlicher Sachbearbeiter im Verdacht, im Zeitraum von N.N. bis N.N. bei drei gerichtlich strafbaren Handlungen durch unbekannte Täter, die Ermittlungsverfahren im Sinne der StPO (kurz Gerichtsakten) nicht der zuständigen Staatsanwaltschaft mit Abschlussbericht vorgelegt zu haben, bzw. ein am N.N. protokolliertes Ermittlungsverfahren bis N.N. nicht entsprechend enderledigt zu haben.
Der Beamte steht daher im Verdacht, durch sein Verhalten als verantwortlicher Sachbearbeiter gegen die Bestimmungen des/der
b) § 2 Abs. 1, 2 und Abs. 3, § 4 Abs. 3, § 6 Abs. 2, § 11 Abs. 1 und Abs. 6 der Organisation- und Geschäftsordnung der Polizei-/Fachinspektionen (OGO PI/FI), Zl: BMI-OA1000/0251-II/1/2005 vom 25.10.2005 i. d. F. vom 03.03.2008, Zl: BMI-OA1000/0014-II/1/b/2008,
c) Punkte 3.1.0.3, 7.1.0.1 und 7.1.0.3 der von 01.01.2008 bis 31.08.2012 gültigen Kanzleiordnung gemäß Erlass vom 17.12.2007, Zl: BMI-OA1300/0162-II/1/2/b/2007 samt Nichtbeachtung der Richtlinien für Berichte an die Strafjustiz und Verwaltungsstrafanzeigen,
d) PAD Protokollierungsvorschrift, GZ: BMI-OA1100/0011-II/1/a/2009 vom 11.02.2009 und PAD Protokollierungsvorschrift, GZ: BMI-OA1100/0004-II/1/a/2010 vom 25.01.2010, betreffend ERV Versand mit PAD und den Zentralen PAD Support,
verstoßen und dadurch schuldhaft Dienstpflichtverletzungen gemäß § 91 BDG 1979 begangen zu haben.
II.
Der Beamte steht als Dienststellenleiter und unmittelbarer Vorgesetzter seines mittlerweile im Ruhestand befindlichen damaligen Stellvertreters A.A. im Verdacht, seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt zu haben, weil er im Zeitraum von N.N. bis N.N. (Ruhestandsversetzung seines Stellvertreters) keine ausreichende Dienst- und Fachaufsicht ausübte.
Dadurch war es möglich, dass A.A. 13 Ermittlungsverfahren nach gerichtlich strafbaren Handlungen im Sinne der StPO (kurz Gerichtsakten) nicht enderledigt und der zuständigen Staatsanwaltschaft bzw. im Falle des VU mit Eigenverletzung der Bezirkshauptmannschaft nicht vorgelegt hatte.
III.
Der Beamte steht als Dienststellenleiter und unmittelbarer Vorgesetzter seines Mitarbeiters B.B. im Verdacht im Zeitraum von N.N. bis N.N., seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt zu haben, indem er keine ausreichende Dienst- und Fachaufsicht ausübte. Dadurch war es möglich, dass B.B. 135 Gerichtsakten und 24 Verwaltungsakten nicht ordnungsgemäß finalisiert und somit nicht in der entsprechenden Form der zuständigen Staatsanwaltschaft bzw. Bezirksverwaltungsbehörde vorgelegt hatte.
Der Beamte steht daher im Verdacht, durch sein Verhalten als verantwortlicher Vorgesetzter und Dienststellenleiter gegen die Bestimmungen des/der
b) § 2 Abs. 1, 2 und 3, § 4 Abs. 3, § 6 Abs. .2, § 11 Abs. 1 und Abs. 6 der Organisation- und Geschäftsordnung der Polizei-/Fachinspektionen (OGO PI/FI), Zl: BMI-OA1000/0251-II/1/2005 vom 25.10.2005 i. d. F. vom 03.03.2008, Zl: BMI-OA1000/0014-II/1/b/2008,
c) Punkte 3.1.0.3, 3.2.3.1-3, 7.1.0.1 und 7.1.0.3 der von 01.01.2008 bis 31.08.2012 gültigen Kanzleiordnung gemäß Erlass vom 17.12.2007, Zl: BMI-OA1300/0162-II/1/2/b/2007 samt Nichtbeachtung der Richtlinien für Berichte an die Strafjustiz (Anhang A/1 zur KO),
d) Punkte 2.1., 6. und 8 der ab 01.09.2012 gültigen Kanzleiordnung gemäß LPD – Befehl, GZ: 2700/58148/2012-OEA vom 22.08.2012 (Bezug: Erlass des BMI vom 8.8.2012, GZ: BMI-OA1000/0103-II/10/b/2012),
e) PAD Protokollierungsvorschrift, GZ: BMI-OA1100/0011-II/1/a/2009 vom 11.02.2009 und PAD Protokollierungsvorschrift, GZ: BMI-OA1100/0004-II/1/a/2010 vom 25.01.2010, betreffend ERV Versand mit PAD und den Zentralen PAD Support (Neuverlautbarung mit Erlass GZ: BMI-OA1000/0027-II/10/b/2013 vom 03.02.2013).
verstoßen und dadurch schuldhaft Dienstpflichtverletzungen gemäß § 91 BDG 1979 begangen zu haben.
Beweismittel
Gegen den Beamten, Inspektionskommandant der PI N.N., wurde vom Bezirkspolizeikommando N.N. am N.N., GZ: N.N. eine Disziplinaranzeige erstattet.
Mit Dienstanweisung der LPD N.N. vom N.N. wurde das Bezirkspolizeikommando N.N. mit Nachtragserhebungen zur Konkretisierung der Tatzeit und der Tathandlung in der Darstellung der schuldhaften Dienstpflichtverletzung des Beamten angewiesen.
Die konkrete Darstellung der schuldhaften Dienstpflichtverletzungen wird daher als Nachtragsanzeige vorgelegt.
Mit Bescheid vom N.N., GZ N.N. wurde aufgrund der im Spruch bezeichneten Vorwürfe gegen den Beamte ein Disziplinarverfahren eingeleitet, hinsichtlich der sonstigen Vorwürfe kein Disziplinarverfahren eingeleitet.
In weiterer Folge wurde für den 30.01.2017 eine Verhandlung anberaumt und in Anwesenheit des Beamten durchgeführt.
Der Senat hat dazu erwogen:
Mit Schreiben vom N.N. teilte die Staatsanwaltschaft N.N. mit, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Beamten wegen § 302 StGB gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt wurde, da kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung besteht, zumal Wissentlichkeit nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachweisbar ist.
Zwar begründete der, der Staatsanwaltschaft zur Anzeige gebrachte, Sachverhalt mangels Nachweisbarkeit der dafür notwendigen Vorsatzform Wissentlichkeit keinen nach dem Strafgesetz strafbaren Tatbestand, jedoch steht zugleich der Verdacht der Begehung von disziplinarrechtlich relevanten Verstöße gegen die Vorschriften der Kanzleiordnung bzw. die PAD Vorschriften im Raum, weshalb das Vorgehen des Beamten einer disziplinarrechtlichen Überprüfung zu unterziehen war.
§ 44 Abs. 1 BDG zufolge ist der Beamte verpflichtet, seine Vorgesetzten zu unterstützen und deren Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen.
Punkt 7.1.0.1 der von 01.01.2008 bis 31.08.2012 gültigen Kanzleiordnung gemäß Erlass des BM.I vom 17.12.2007, Zl: BMI-OA1300/0162-II/1/2/b/2007 besagt, dass Geschäftsstücke nachvollziehbar zu erledigen sind und die Erledigung Bestandteil des Aktes ist.
Punkt 7.1.0.3 des bezeichneten Erlasses normiert, dass die Erledigungen unter Einhaltung der gesetzlichen Grundlagen unverzüglich auf die zweckmäßigste und rascheste Art zu erfolgen haben.
Gemäß Punkt 7.3.5 des angeführten Erlasses ergibt sich der Aufbau für die Berichte an die Staatsanwaltschaften und ihre inhaltliche Gestaltung aus der näheren Erläuterung im Anhang A/1 zu dem Erlass.
Dem Anhang A/1 „Berichte an die Strafjustiz und Vernehmungsprotokolle“ zufolge sind grundsätzlich vier Berichtsformen an die Staatsanwaltschaft vorgesehen, nämlich Anfallsbericht, Anlassbericht, Zwischenbericht und Abschlussbericht, wobei letzterer dem Anhang A/1 zufolge dann von der Kriminalpolizei an die Staatsanwaltschaft zu ergehen hat, wenn und sobald der Sachverhalt und der Tatverdacht soweit geklärt erscheint, dass eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft über Anklage, Rücktritt von Verfolgung, Einstellen oder Abbrechen des Verfahrens ergehen kann.
Der Dienstbefehl des Landespolizeikommandos N.N. vom 11.01.2008, GZ 2700/1/2008, sieht vor, dass Akte mit strafrechtlich relevanten Sachverhalt in vollem Umfang der Staatsanwaltschaft mit dem ERV (elektronischer Rechtsverkehr) zu übermitteln sind.
Mit Befehl des Landespolizeikommandos N.N. vom 22.12.2009,GZ 2710/71826/2009 wird im Sinne einer bundesweit einheitlichen Vorgangsweise die Verwendung der Applikation PAD zur Protokollierung, Verwaltung, Übernahme, Bearbeitung, für den Versand und Ablage aller administrativen und exekutiven Akten vorgeschrieben.
Weisungen“ sind- abhängig vom Adressatenkreis- individuelle oder generelle Normen. Sie können mündlich oder schriftlich ergehen (VwGH 21.06.2000, Zl. 97/09/0326).
Ein Erlass als eine „Verwaltungsanordnung“ ist nach der gängigen Judikatur des VwGH als generelle Weisung zu qualifizieren (VwGH vom 22.04.1991, 90/12/0329). Ebenso ist ein Dienstbefehl als generelle Weisung zu qualifizieren.
Dass die Akte nicht zeitgerecht erledigt worden sind, wird vom Beamten nicht bestritten.
Der Beamte konnte keinen Grund ins Treffen führen, warum er die Akte nicht ordnungsgemäß erledigt hat und erklärte dies mit einem Versehen.
Die Disziplinaranwaltschaft moniert die mangelhaften Dienstaufsicht und Kontrolle durch den vorgesetzten Polizeiinspektionskommandanten und des übergeordneten Bezirkspolizeikommandos, welcher Umstand für den Beamten exkulpierend wirke.
Dem gegenüber vertritt der Senat die Ansicht, dass es zwar zutreffend ist, dass die Dienstaufsicht vorliegenden Falls versagt hat, jedoch vermag die dem Vorgesetzten diesbezüglich treffende Verpflichtung, die Mitarbeiter zu kontrollieren und aufgetretene Fehler und Missstände abzustellen, nicht die Verpflichtung des anderen, schriftliche erteilte Weisungen zu befolgen, aufzuheben.
Ebenso wenig ist für den Beamten etwas gewonnen mit dem Argument, dass die Dienstbehörde trotz der Verfehlungen keinen Grund gesehen hatte, dem Beamten die von ihm ausgeübte Nebenbeschäftigung zu untersagen oder andere Maßnahmen zu treffen; beispielsweise mit Versetzung vorzugehen. Dies ändert nichts an der Tatsache, dass der Beamte seiner Verpflichtung, seine Akte in Beachtung der diesbezüglichen Vorschriften ordnungsgemäß zu bearbeiten, nicht nachgekommen ist.
Der Senat vermag auch nicht die von der Disziplinaranwaltschaft vertretene Ansicht, dass die Ahndung des Tatvorwurfs ad Punkt a.) und c.) verjährt ist, zu teilen.
Der Beamte hat die aufgelisteten Akte nachweislich nicht erledigt und ist er somit bis zu dem Zeitpunkt, als diese Tatsache ans Tageslicht gekommen ist, seiner diesbezüglich bestehenden Verpflichtung nicht nachgekommen. Zumal auch die Verpflichtung besteht, einen Akt, in welchem nach den Bestimmungen der Strafprozessordnung mutmaßlich bereits Verjährung eingetreten ist, der Staatsanwaltschaft vorzulegen. Dem Exekutivbeamten kommt diesbezüglich nämlich keine Kompetenz zu, aus eigenem Akte, die potentiell verjährt sind, nicht mehr zu bearbeiten und das Verfahren einzustellen. Diese Kompetenz liegt eindeutig bei der Staatsanwaltschaft.
Hiervon hat die Dienstbehörde jedoch erst am N.N. erfahren. Mit N.N. wurden jedoch bereits seitens des Bundesamtes für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung Ermittlungsschritte eingeleitet, womit im Sinne des § 94 Abs. 1, Z. 3 BDG ein Strafverfahren nach der Strafprozessordnung eingeleitet worden ist. Abs. 2 leg. cit. zufolge wird dadurch die Frist für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gemäß Abs. 1 der angeführten Bestimmung gehemmt.
Mit N.N. wurde die Dienstbehörde von der Einstellung des Ermittlungsverfahrens seitens der Staatsanwaltschaft in Kenntnis gesetzt. Bereits mit Beschluss vom N.N., zugestellt durch Hinterlegung, wurde seitens der Disziplinarkommission ein Disziplinarverfahren gegen den Beamten eingeleitet.
Der Senat vertritt auch nicht die Ansicht der Verteidigung, dass die Schuld im Falle des ad Punkt a.) dem Beamten zum Vorwurf gemachten Verhaltens gering ist. Der Akt wurde der Staatsanwaltschaft nicht angezeigt und somit nicht finalisiert, mag der Beamte darin auch bereits sonstige Bearbeitungsschritte gesetzt haben. Diese Schritte sind aber ohne Anzeige an die Staatsanwaltschaft wirkungslos.
Dass es sich dabei –wie die Verteidigung ins Treffen geführt hat- „nur“ um Akte gegen unbekannte Täter gehandelt hat, ist für den Senat auch kein Milderungskriterium. Können doch auch Akte gegen unbekannte Täter später im Zuge von anderen Seriendelikten mitaufgeklärt werden.
§ 93 Abs. 1 BDG zufolge ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönliche Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.
Die vom Beamten begangenen Dienstpflichtverletzungen sind grundsätzlich schwere, sodass eine Bestrafung im Sinne des § 93 Abs. 1 BDG, welche Bestimmung das Maß der Strafe von der Schwere der Dienstpflichtverletzung abhängig macht, für angezeigt erscheint.
Zwar hat der Beamte „nur“ vier Dienstpflichtverletzungen zu vertreten und dürfte er sich seither auch diesbezüglich wohl verhalten haben, doch erscheint gerade in Anbetracht dessen, dass die Dienstpflichtverletzungen grundsätzlich schwere sind, sowohl aus spezial- als auch aus generalpräventiven Gründen eine Bestrafung angezeigt. Eine Bestrafung aus spezialpräventiven Gründen wird deshalb für erforderlich erachtet, zumal immerhin in zwei Fällen aufgrund der Vorgangsweise des Beamten Akte verjährt sind. Es soll daher mit der Bestrafung dem Beamten eindringlich vor Augen geführt werden, dass es ein derartiges Verhalten nicht toleriert wird.
An Milderungsgründen waren das Geständnis, die bisherige disziplinarrechtliche Unbescholtenheit sowie das Wohlverhalten seit der Begehung der Dienstpflichtverletzungen zu werten.
Erschwerend wurde die Vielzahl der Dienstpflichtverletzungen gewertet, wobei im Sinne des § 93 Abs. 2 BDG die ad a.) und c.) angelasteten Dienstpflichtverletzungen als die schwersten gewertet und danach die Strafe bemessen wurde. Ebenso wurden die Vorgesetzteneigenschaft und damit die Vorbildwirkung, die der Beamte hatte, erschwerend gewertet. Diese Eigenschaft kam ihm auch als Sachbearbeiter zu.
Aufgrund der Tatsache, dass im Ergebnis die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe überwogen haben, erachtete der Senat die Verhängung eines Verweises für tat- und schuldangemessen.
Dem Antrag auf Verhängung eines Freispruches konnte jedoch keine Folge gegeben werden, zumal der Beamte nachweislich die ihm zugewiesenen Akte nicht ordnungsgemäß erledigt hat. Überdies wurde seitens des Verwaltungsgerichtshofes die Missachtung von Weisungen als eine so gravierende Dienstpflichtverletzung erachtet, dass ein Freispruch im Sinne des § 118 Abs. 1, Z. 4 BDG nicht in Betracht kommt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zuletzt aktualisiert am
21.02.2017