TE Dok 2017/2/7 DKI S8/0008-DIS/2017

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Veröffentlicht am 07.02.2017
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Norm

BDG 1979 §43

Schlagworte

Lehrer, Dienstpflichtverletzung, Vertrauen der Allgemeinheit, Strafverfahren, außerdienstliches Verhalten, Dienstbezug

Text

Die Disziplinarkommission für Schulleiter und sonstige Lehrer sowie für Erzieher, die an einer dem Landesschulrat für Steiermark unterstehenden Schule (Schülerheim) verwendet werden, beim Landesschulrat für Steiermark, im folgenden Disziplinarkommission, hat am 7. Februar 2017 unter dem Vorsitz von

HR Mag. Wolfgang ROUBAL,

im Beisein der Senatsmitglieder:

FI Mag. Dietmar KRAUSNEKER,

Dipl.-Päd. Ing. Friedrich TRIEB,

des Disziplinaranwaltes:

HR Mag. WIPPEL,

der Schriftführerin:

Mag. Larissa LEITNER,

in Anwesenheit des Beschuldigten XXXX, vertreten durch RA Dr. Gerald Mader, Rechtsanwaltskanzlei Destaller Mader

nach mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

XXXX wird beschuldigt am XXXX um ca. XXXX Uhr in XXXX, vor dem Haus XXXX, im Zuge einer Verkehrskontrolle im alkoholisierten Zustand

1. versucht zu haben, den uniformierten Polizeibeamten Insp XXXX durch einen Faustschlag in Richtung des Gesichtes an der Durchführung der gegen XXXX geführten Lenker- und Fahrzeugkontrolle zu hindern,

2. versucht zu haben, sich aus den Festhaltegriffen der Polizeibeamten loszureißen, nachdem die Festnahme nach den Bestimmungen der StPO ausgesprochen worden war,

3. das Diensthemd von Bezlnsp XXXX beschädigt zu haben, wodurch ein Sachschaden in der Höhe von EUR 17,90 entstanden sei,

4. mit dem rechten Fuß gegen die Innenseite des linken Oberschenkels von Revlnsp XXXX getreten und diesen dadurch eine dem Grade nach als leicht zu beurteilende Verletzung zugefügt zu haben,

5. durch bewusstes und energisches Verlagern seines Körpergewichts Bezlnsp XXXX, der ihn am linken Arm fixiert gehabt habe, gegen ein Metallgeländer gestoßen zu haben, wodurch dieser eine Prellung an der linken Schulter und am linken Oberarm erlitten habe,

6. Bezlnsp XXXX weitere Verletzungen am rechten Knie und im Bereich des linken Unterschenkels zugefügt zu haben, indem XXXX mit seinem Körpergewicht auf den am Boden liegenden Bezlnsp XXXX gestürzt sei, und

7. versucht zu haben, den uniformierten Polizeibeamten Insp XXXX durch einen gezielten Schlag mit der geballten rechten Faust in Richtung des Gesichtes am Körper zu verletzen.

XXXX hat hierdurch Dienstpflichtpflichtverletzungen im Sinne des § 43 Abs. 2 BDG 1979 begangen.

Es wird deshalb über ihn gemäß § 92 Abs. 1 Z 1 BDG 1979 die

Disziplinarstrafe des Verweises

ausgesprochen.

Mangels entsprechendem Verfahrensaufwand hat XXXX gem. § 117 Abs. 2 BDG 1979 keine Verfahrenskosten zu ersetzen, allerdings hat er die durch das Beiziehen eines Verteidigers erwachsenen Kosten selbst zu tragen.

Begründung:

Aufgrund der erstatteten Disziplinaranzeige des Landesschulrates für Steiermark vom 17. Mai 2016, GZ.: 1452.110758/71-2016, wurde mit Bescheid der Disziplinarkommission vom 22. Juni 2016, GZ.: DKI S8/0002-DIS/2016, gegen XXXX das Disziplinarverfahren eingeleitet.

Die Disziplinarkommission wurde jedoch verständigt, dass zur Aufklärung des Verdachts von Straftaten gegen XXXX ermittelt wurde und die Staatsanwaltschaft Graz gegen den Beschuldigten einen Strafantrag beim Landesgericht für Strafsachen Graz wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB, des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall StGB eingebracht hat.

Da die Disziplinarbehörde somit Kenntnis von einem anhängigen Strafverfahren nach der StPO hatte, wurde das Disziplinarverfahren gemäß § 114 Abs. 2 BDG 1979 ex lege unterbrochen und nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens weitergeführt.

Gemäß § 95 Abs. 2 BDG 1979 ist die Disziplinarbehörde an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils zugrunde gelegte Tatsachenfeststellung eines Strafgerichtes gebunden.

In der nach Weiterführung des Disziplinarverfahrens anberaumten und durchgeführten mündlichen Verhandlung am 7. Februar 2017 hat die Disziplinarkommission daher folgenden Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Der Beschuldigte unterrichtet im Schuljahr 2016/17 Religion an der XXXX.

Am XXXX hat XXXX in XXXX versucht den Exekutivbeamten Insp. XXXX durch Versetzen eines Faustschlages in das Gesicht vorsätzlich am Körper zu verletzen, wobei es nur aufgrund einer Abwehrbewegung durch Bl XXXX beim Versuch blieb. Anschliend hat XXXX die Exekutivbeamten Rl XXXX, Bl XXXX und Insp. XXXX mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich seiner Festnahme, zu hindern versucht, indem er versuchte, sich dem Festhaltegriff der genannten Exekutivbeamten durch Körperkraft und Losreißen zu entziehen, Rl XXXX einen Tritt versetze und sein Körpergewicht einseitig auf Bl XXXX verlagerte, wodurch dieser und XXXX zu Sturz kamen. Im Zuge dieser Tathandlung zerstörte XXXX das Diensthemd des Bl XXXX im Wert von EUR 17,90 durch Anreißen an diesem. Zudem verletzte XXXX im Zuge der Tathandlung Beamte während der Vollziehung ihrer Aufgaben vorsätzlich am Körper, und zwar Rl XXXX, wodurch dieser Prellungen und Abschürfungen am rechten Unterarm und an beiden Händen erlitt und Bl XXXX, wodurch dieser an der linken Schulter eine Prellung und Abschürfungen und eine Verletzung am rechten Knie erlitt.

XXXX hat hierdurch das Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall StGB, die Vergehen der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB, teils im Versuchsstadium nach dem § 15 StGB, und das Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB begangen. Aus diesem Grund wurde XXXX vom Landesgericht für Strafsachen Graz zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt.

Die Feststellungen des Sachverhaltes stützen sich auf das durchgeführte Beweisverfahren, den Protokollsvermerk und die gekürzte Urteilsausfertigung des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 04. August 2016, 16 Hv 69/16v, sowie den Personalakt des Beschuldigten.

Aus rechtlicher Sicht hat die Disziplinarkommission erwogen:

Da die Disziplinarbehörde an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils zugrunde gelegte Tatsachenfeststellung eines Strafgerichtes gebunden ist und der Beschuldigte die ihm vorgeworfene Verletzung der Dienstpflichten zugegeben hat, ist der Sachverhalt ausreichend geklärt, sodass eine Einvernahme von Zeugen nicht notwendig wurde.

Gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 hat der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH stellt § 43 Abs. 2 BDG 1979 auf einen spezifisch dienstrechtlichen Aspekt ab, der von keinem Tatbestand eines anderen Strafrechtsbereiches wahrgenommen wird, sodass ein „disziplinärer Überhang" immer vorliegt (vgl. u.a. VwGH vom 8. September 1987, GZ.: 86/09/0083; VwGH vom 7. April 1999, GZ.: 98/09/0235 sowie VwGH vom 30. März 2006, GZ.: 2004/09/0215).

Der Begriff Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben“ meint die Wertschätzung, die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genießt. Dieser soll mit der Verhängung einer Disziplinarstrafe gezeigt werden, dass ein funktionsbeeinträchtigendes Verhalten der Beamten zu missbilligen ist und Beamte, die dienstbezogenen Verpflichtungen zuwiderhandeln, zur Rechenschaft gezogen werden (vgl. VwGH 24. November 1997, GZ.: 95/09/0348).

Bei dem von XXXX gesetzten Fehlverhalten handelt es sich unstrittig um ein außerdienstliches Verhalten. Die Worte in seinem gesamten Verhalten“ im § 43 Abs. 2 BDG 1979 lassen nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH aber den Schluss zu, dass hierdurch nicht nur das Verhalten im Dienst gemeint ist, sondern auch außerdienstliches Verhalten, wenn Rückwirkungen auf den Dienst entstehen (vgl. u.a. VwGH 31. Mai 1990, GZ.: 86/09/0200; VwGH vom 24.02.1995, GZ.: 93/09/0418 sowie VwGH vom 24. November 1997, GZ.: 95/09/0348).

Eine Rückwirkung des Verhaltens des Beamten auf den Dienst (Dienstbezug) ist dann gegeben, wenn das Verhalten des Beamten bei objektiver Betrachtung geeignet ist Bedenken auszulösen, er werde seine dienstlichen Aufgaben - das sind jene konkreten ihm zur Besorgung übertragenen Aufgaben (besonderer Funktionsbezug), aber auch jene Aufgaben, die jedem Beamten zukommen - nicht in sachlicher (rechtmäßig und korrekt sowie unparteiisch und in uneigennütziger) Weise erfüllen. Dabei ist von einer typischen Durchschnittsbetrachtung auszugehen. Ob das außerdienstliche Verhalten des Beamten an die Öffentlichkeit gedrungen ist oder nicht, spielt bei der Beurteilung des Dienstbezuges keine rechtserhebliche Rolle (vgl. VwGH vom 24. Februar 1995, GZ.: 93/09/0418 sowie VwGH vom 24. November 1997, GZ.: 95/09/0348). Für die Erfüllung des Tatbestandes des § 43 Abs. 2 BDG 1979 kommt es somit nur darauf an, ob das vorgeworfene Verhalten seinem objektiven Inhalt nach geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben durch den Beamten in Frage zu stellen. Es kommt weder auf die öffentliche Begehung der Tat, noch darauf an, ob das Verhalten in der Öffentlichkeit bekannt geworden ist (vgl. VwGH vom 24. Februar 2011, GZ.: 2009/09/0184 mit weiteren Nachweisen). Es ist daher auch nicht von Relevanz, dass keine Scler oder Lehrer zum Zeitpunkt des Vorfalls anwesend waren. Ebenso ist die Entfernung des Schulortes zu dem Ort, an dem sich der Vorfall ereignet hat, für die Beurteilung des Vorliegens eines Dienstbezuges nicht von maßgeblicher Bedeutung.

Bei Gesetzesverstößen ist das Verhalten je nach Gewichtung der Schwere der Rechtsverletzung geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit zu erschüttern bzw. bei einem Rechtsgut, dessen Schutz dem betreffenden Beamten anvertraut ist, einen Vertrauensverlust in erheblich größerem Umfang zu verursachen (BVwG 16. Dezember 2016, GZ.: W 136 2138220-1/4E).

Jeder Lehrer hat sein Verhalten entsprechend seiner den Schülern gegenüber gebotenen Stellung so einzurichten, dass er kein schlechtes Beispiel gibt, sondern ihnen gegenüber stets ein Vorbild ist (vgl. VwGH 23. November 1989, GZ.: 89/09/0098; VwGH 23.

Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
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