TE Dok 2017/2/10 BMI-40007-DK/2016

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Veröffentlicht am 10.02.2017
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Norm

BDG 1979 §44 Abs1

Schlagworte

Verstoß gegen: OGO PI/FI, Kanzleiordnung, PAD Vorschriften, Dienstpflichten als verantwortlicher Vorgesetzter

Text

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres hat am 10.02.2017 nach der am 18.01.2017 in Abwesenheit des Beamten durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: Der Beamte ist schuldig, er hat

bei den, im Zeitraum N.N. bis N.N. protokollierten nachstehenden, Akten bis N.N. als verantwortlicher Sachbearbeiter in Missachtung der Kanzleiordnung und der Protokollierungsvorschriften es unterlassen,

a.) den Akt N.N. nachvollziehbar und unter Einhaltung der gesetzlichen Grundlagen unverzüglich auf die zweckmäßigste und raschste Art zu erledigen sowie der Staatsanwaltschaft einen Abschluss-Bericht zu übermitteln, wenn Sachverhalt und Tatverdacht soweit geklärt scheint, sodass der Akt am N.N. mutmaßlich verjährt ist,

er hat dadurch eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979 i. d. g. F. i. V. m. Bestimmungen des Dienstbefehls des Landespolizeikommandos vom 11.01.2008, GZ 2700/1/2008, i. V. m. Bestimmungen des Dienstbefehls des Landespolizeikommandos vom 22.12.2009, GZ 2710/71826/2009-OEA i. V. m. der PAD Protokollierungsvorschrift, GZ: BMI-OA1100/0011-II/1/a/2009 vom 11.02.2009 und PAD Protokollierungsvorschrift, GZ: BMI-OA1100/0004-II/1/a/2010 vom 25.01.2010 betreffend ERV Versand mit PAD i. V. m. Punkt 7.3.5 der von 01.01.2008 bis 31.08.2012 gültigen Kanzleiordnung gemäß Erlass vom 17.12.2007, Zl: BMI-OA1300/0162-II/1/2/b/2007 samt Nichtbeachtung der Richtlinien für Berichte an die Strafjustiz und Verwaltungsstrafanzeigen (Anhang A/1 und A/2 der KO) i. V. m. § 133 BDG 1979 i. f. g. F. i. V. m. § 91 BDG 1979 i. d. g. F. begangen,

b.) den Akt N. nachvollziehbar und unter Einhaltung der gesetzlichen Grundlagen unverzüglich auf die zweckmäßigste und raschste Art zu erledigen sowie der Staatsanwaltschaft einen Abschluss-Bericht zu übermitteln, wenn Sachverhalt und Tatverdacht soweit geklärt scheint (es fehlen eine Vernehmung des Opfers, der Tatortbericht, ein Lichtbogen und der Abschluss-Bericht an die Staatsanwaltschaft),

c.) den Akt N.N. nachvollziehbar und unter Einhaltung der gesetzlichen Grundlagen unverzüglich auf die zweckmäßigste und raschste Art zu erledigen sowie der Staatsanwaltschaft einen Abschluss-Bericht zu übermitteln, wenn Sachverhalt und Tatverdacht soweit geklärt scheint (es wurde das Opfer einvernommen und eine Lichtbildeinlage angefertigt, jedoch fehlen der Tatortbericht, der Lichtbildbogen und der Abschluss-Bericht an die Staatsanwaltschaft),

d.) den Akt N.N. nachvollziehbar und unter Einhaltung der gesetzlichen Grundlagen unverzüglich auf die zweckmäßigste und raschste Art zu erledigen sowie der Staatsanwaltschaft einen Abschluss-Bericht zu übermitteln, wenn Sachverhalt und Tatverdacht soweit geklärt scheint (es wurde das Opfer einvernommen, es erfolgte eine Tatortaufnahme durch die PI XX, ein Tatortbericht wurde erstellt sowie eine Lichtbildeinlage, es erging ein Untersuchungsantrag DNA, die DNA Spur wurde dem Landeskriminalamt übermittelt, jedoch fehlt der Abschluss-Bericht an die Staatsanwaltschaft),

e.) den Akt N.N. nachvollziehbar und unter Einhaltung der gesetzlichen Grundlagen unverzüglich auf die zweckmäßigste und raschste Art zu erledigen sowie der Staatsanwaltschaft einen Abschluss-Bericht zu übermitteln, wenn Sachverhalt und Tatverdacht soweit geklärt scheint (es wurde ein Amtsvermerk aufgenommen, eine Lichtbildeinlage erstellt, jedoch fehlen die Einvernahme des Opfers, der Tatortbericht, der Lichtbildbogen und der Abschluss-Bericht an die Staatsanwaltschaft),

f.) den Akt N.N. nachvollziehbar und unter Einhaltung der gesetzlichen Grundlagen unverzüglich auf die zweckmäßigste und raschste Art zu erledigen sowie der Staatsanwaltschaft einen Abschluss-Bericht zu übermitteln, wenn Sachverhalt und Tatverdacht soweit geklärt scheint (es wurde ein Anzeigebestätigung verfasst, eine Lichtbildeinlage angefertigt, jedoch fehlen die Einvernahme des Opfers, der Tatortbericht und der Abschluss-Bericht an die Staatsanwaltschaft),

g.) den Akt N.N. nachvollziehbar und unter Einhaltung der gesetzlichen Grundlagen unverzüglich auf die zweckmäßigste und raschste Art zu erledigen sowie der Staatsanwaltschaft einen Abschluss-Bericht zu übermitteln, wenn Sachverhalt und Tatverdacht soweit geklärt scheint, (es wurde an mehrere Dienststellen in Papierform ein Einvernahmeersuchen erstellt, jedoch fehlt eine Vernehmung des Opfers und der Abschluss-Bericht),

h.) den Akt N.N. nachvollziehbar und unter Einhaltung der gesetzlichen Grundlagen unverzüglich auf die zweckmäßigste und raschste Art zu erledigen (es fehlt ein Tatortbericht) sowie elektronisch an die Staatsanwaltschaft zu versenden,

er hat dadurch (Punkt b.-h.) Dienstpflichtverletzungen gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979 i. d. g. F. i. V. m. den Bestimmungen des Dienstbefehls des Landespolizeikommandos vom 11.01.2008, GZ 2700/1/2008, i. V. m Punkt 7.1.0.1,7.1.0.3 und 7.3.5 der von 01.01.2008 bis 31.08.2012 gültigen Kanzleiordnung gemäß Erlass vom 17.12.2007, Zl: BMI-OA1300/0162-II/1/2/b/2007 samt Nichtbeachtung der Richtlinien für Berichte an die Strafjustiz und Verwaltungsstrafanzeigen (Anhang A/1 und A/2 der KO) i. V. m. den Bestimmungen des Dienstbefehls des Landespolizeikommandos vom 22.12.2009, GZ 2710/71826/2009-OEA i. V. m. der PAD Protokollierungsvorschrift, GZ: BMI-OA1100/0004-II/1/a/2010 vom 25.01.2010 betreffend ERV Versand mit PAD i. V. m. § 133 BDG 1979 i. d. g. F. i. V. m. § 91 BDG 1979 i. d. g. F. begangen,

i.) den Akt N.N. nachvollziehbar und unter Einhaltung der gesetzlichen Grundlagen unverzüglich auf die zweckmäßigste und raschste Art zu erledigen sowie der Staatsanwaltschaft einen Abschluss-Bericht zu übermitteln (es erfolgte sowohl eine Opfer als auch Beschuldigteneinvernahme, es erging ein Einvernahmeersuchen an die PI N.N., eine Lichtbildeinlage wurde erstellt, jedoch fehlt ein Strafregisterausdruck und der Abschluss-Bericht an die Staatsanwaltschaft),

j.) den Akt N.N. nachvollziehbar und unter Einhaltung der gesetzlichen Grundlagen unverzüglich auf die zweckmäßigste und raschste Art zu erledigen sowie der Staatsanwaltschaft einen Abschluss-Bericht zu übermitteln (es erging an die PI N.N. eine Einvernahmeersuchen, es liegt eine Verletzungsanzeige vor, jedoch fehlt der Bericht an die Bezirksverwaltungsbehörde, der Lichtbildbogen und das Unfalldatenmanagement),

k.) den Akt N.N. nachvollziehbar und unter Einhaltung der gesetzlichen Grundlagen unverzüglich auf die zweckmäßigste und raschste Art zu erledigen sowie der Staatsanwaltschaft einen Abschluss-Bericht zu übermitteln (es erfolgte eine Einvernahme des Opfers, jedoch fehlt der Abschluss-Bericht an die Staatsanwaltschaft),

er hat dadurch (Punkt i. - k.) Dienstpflichtverletzungen gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979 i. d. g. F. i. V. m. den Bestimmungen des Dienstbefehls des Landespolizeikommandos vom 22.12.2009, GZ 2710/71826/2009-OEA i. V. m. der PAD Protokollierungsvorschrift, GZ: BMI-OA1100/0004-II/1/a/2010 vom 25.01.2010 betreffend ERV Versand mit PAD i. V. m. Punkt 6. der ab 01.09.2012 gültigen Kanzleiordnung gemäß LPD – Befehl, GZ: 2700/58148/2012-OEA vom 22.08.2012 (Bezug: Erlass des BMI vom 8.8.2012, GZ: BMI-OA1000/0103-II/10/b/2012) i. V. m. 133 BDG 1979 i. d. g. F. i. V. m. § 91 BDG 1979 i. d. g. F, begangen,

über den Beamten wird gemäß § 134, Z. 2 BDG 1979 i. d. g. F. die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in Höhe von € 100,- verhängt.

Dem Beamten werden gemäß § 117 Abs. 2 BDG 1979 i. d. g. F. keine Kosten für das Disziplinarverfahren auferlegt.

Begründung:

Der Verdacht, Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben, gründet sich auf die Disziplinaranzeige des Bezirkspolizeikommandos N.N., der Disziplinarnachtragsanzeige des Bezirkspolizeikommandos N.N. bzw. auf das Schreiben der Landespolizeidirektion, Personalabteilung.

Die Dienstbehörde hat mittels Schreiben des do Büros A1, dem die schriftliche Meldung des Bezirkspolizeikommandos N.N. betreffend Verdacht des Amtsmissbrauchs und der Begehung von Dienstpflichtverletzungen angeschlossen war, Kenntnis vom Sachverhalt erlangt.

Inhalt der Disziplinaranzeige:

Danach steht der mittlerweile im Ruhestand befindliche Beamte im Verdacht, als verantwortlicher Sachbearbeiter in 13 Fällen Ermittlungsverfahren nach gerichtlich strafbaren Handlungen im Sinne der StPO (kurz Gerichtsakten) nicht enderledigt und der zuständigen Staatsanwaltschaft vorgelegt zu haben.

Er steht daher im Verdacht, durch sein Verhalten als verantwortlicher Sachbearbeiter gegen die Bestimmungen des/der

a) § 43 Abs. 1 BDG 1979,

b) § 2 Abs. 3 der Organisation- und Geschäftsordnung der Polizei-/Fachinspektionen (OGO PI/FI), Zl: BMI-OA1000/0251-II/1/2005 vom 25.10.2005; i. d. F. vom 03.03.2008, Zl: BMI-OA1000/0014-II/1/b/2008,

c) Punkte 3.1.0.3, 3.2.3.3, 7.1.0.1 und 7.1.0.3 der von 01.01.2008 bis 31.08.2012 gültigen Kanzleiordnung gemäß Erlass vom 17.12.2007, Zl: BMI-OA1300/0162-II/1/2/b/2007 samt Nichtbeachtung der Richtlinien für Berichte an die Strafjustiz und Verwaltungsstrafanzeigen (Anhang A/1 und A/2 der KO),

Punkt 6 der ab 01.09.2012 gültigen Kanzleiordnung gemäß LPD – Befehl, GZ: 2700/58148/2012-OEA vom 22.08.2012 (Bezug: Erlass des BMI vom 8.8.2012, GZ: BMI-OA1000/0103-II/10/b/2012),

d) PAD Protokollierungsvorschrift, GZ: BMI-OA1100/0011-II/1/a/2009 vom 11.02.2009 und PAD Protokollierungsvorschrift, GZ: BMI-OA1100/0004-II/1/a/2010 vom 25.01.2010, betreffend ERV Versand mit PAD und den Zentralen PAD Support, verstoßen und dadurch schuldhaft Dienstpflichtverletzungen gemäß § 91 BDG 1979 begangen zu haben.

Der Beamte steht als verantwortlicher Vorgesetzter des A.A. im Verdacht, seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt zu haben, da er keine ausreichende Dienst- und Fachaufsicht ausübte. Dadurch war es möglich, dass A.A. 135 Ermittlungsverfahren nach gerichtlich strafbaren Handlungen im Sinne der StPO (kurz Gerichtsakten) und 24 Verwaltungsakten nicht enderledigte und der zuständigen Staatsanwaltschaft bzw. Bezirksverwaltungsbehörde vorgelegt oder mangelhaft erledigt hatte.

Der Beamte steht daher im Verdacht, durch sein Verhalten als verantwortlicher Vorgesetzter gegen die Bestimmungen des/der

a) § 45 Abs. 1 BDG 1979,

b) § 11 Abs. 1 und Abs. 6 der Organisation- und Geschäftsordnung der Polizei-/Fachinspektionen (OGO PI/FI), Zl: BMI-OA1000/0251-II/1/2005 vom 25.10.2005; i. d. F. vom 03.03.2008, Zl: BMI-OA1000/0014-II/1/b/2008,

c) Punkte 3.1.0.3, 3.2.3.3, 7.1.0.1 und 7.1.0.3 der von 01.01.2008 bis 31.08.2012 gültigen Kanzleiordnung gemäß Erlass vom 17.12.2007, Zl: BMI-OA1300/0162-II/1/2/b/2007 samt Nichtbeachtung der Richtlinien für Berichte an die Strafjustiz (Anhang A/1 zur KO),

Punkt 8 der ab 01.09.2012 gültigen Kanzleiordnung gemäß LPD – Befehl, GZ: 2700/58148/2012-OEA vom 22.08.2012 (Bezug: Erlass des BMI vom 8.8.2012, GZ: BMI-OA1000/0103-II/10/b/2012),

d) PAD Protokollierungsvorschrift, GZ: BMI-OA1100/0011-II/1/a/2009 vom 11.02.2009 und PAD Protokollierungsvorschrift, GZ: BMI-OA1100/0004-II/1/a/2010 vom 25.01.2010, betreffend ERV Versand mit PAD und den Zentralen PAD Support (Neuverlautbarung mit Erlass GZ: BMI-OA1000/0027-II/10/b/2013 vom 03.02.2013,

verstoßen und dadurch schuldhaft Dienstpflichtverletzungen gemäß § 91 BDG 1979 begangen zu haben.

Beweismittel:

Der Beamte wurde in den Ruhestand versetzt.

B.B. wurde mit Wirksamkeit vom N.N. von der PI N.N. auf die Polizeiinspektion N.N. versetzt und als Stellvertreter des Inspektionskommandanten in Verwendung genommen.

Am N.N., um N.N. Uhr setzte B.B. zuerst telefonisch und anschließend schriftlich das Bezirkspolizeikommando N.N. darüber in Kenntnis, dass er bei einem seiner ersten Dienste auf der neuen Dienststelle in der Aktengebarung schwerste Mängel festgestellt hätte.

Bei einer intensiveren bis in das Jahr N.N. zurückreichenden Kontrolle im Aktenverwaltungsprogramm PAD, schienen bei A.A. zugewiesene, unerledigte Akten auf. Bei deren Durchsicht musste B.B. feststellen, dass der größte Teil der Akten nicht ordnungsgemäß erledigt war.

Das gleiche Bild bot sich bei den noch dem Beamten zugewiesenen Akten, der sich bereits im Ruhestand befand.

B.B. verständigte in den Vormittagsstunden den Inspektionskommandanten C.C. und A.A. von seinen Wahrnehmungen und Feststellungen. Außerdem informierte er sie darüber, dass von ihm bereits das Bezirkspolizeikommando in Kenntnis gesetzt wurde.

D.D. des BPK N.N. begab sich nach N.N., um sich vor Ort einen Überblick über den gemeldeten Sachverhalt zu verschaffen. Die erste durchgeführte stichprobenartige Durchsicht der zugewiesenen Akte von E.E. und A.A. ließ keine Zweifel darüber offen, dass die Aktenerledigung der Beamten, zurückreichend bis in das Jahr N.N., nur äußerst unzureichend erfolgte.

Für die Aktengenehmigung der Beamten der PI N.N. waren der Inspektionskommandant und ebenso sein Stellvertreter verantwortlich.

Am N.N. erteilte der Bezirkspolizeikommandant telefonisch die mündliche Weisung, dass B.B. umfangreiche Erhebungen betreffend den aufgezeigten Missständen zu führen hat und das Ergebnis in Excel-Dateien übersichtlich zu dokumentieren ist. Vereinbart wurde zudem, dass F.F. Sachbearbeiter der PI N.N., bei dieser äußerst umfangreichen Tätigkeit unterstützend auf der PI N.N. mitarbeiten soll. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Erhebungen ausschließlich von B.B. geführt worden.

F.F. und B.B. begannen ab N.N. mit der „Aktenfahndung“ im PAD, in den Aufzeichnungen und den abgelegten Akten (Papierform). Dabei stellten sie fest, dass bei A.A. 134 Akten als unerledigt aufschienen, wobei 30 offenkundig strafrechtlich verjährt waren! Die unerledigten kriminalpolizeilichen (110 Akten) und verwaltungspolizeilichen Geschäftsstücke (24 Akten) wurden in zwei Dateien aufgelistet.

B.B. stellte am N.N. bei den angeordneten und zeitlich ausgeweiteten „Aktenfahndungen“ fest, dass auf der PI N.N. weitere unerledigte bzw. sogar verjährte Akte vorlagen.

Bei C.C. schienen vier unerledigte Akten auf, wobei zwei davon offenkundig bereits strafrechtlich verjährt waren.

Bei E.E. schienen dreizehn unerledigte Geschäftsstücke auf, wobei drei davon offenkundig bereits strafrechtlich verjährt waren.

Bei A.A. wurden darüber hinaus weitere 25 noch ältere unerledigte kriminalpolizeiliche Akten aufgefunden, wobei 19 offensichtlich strafrechtlich verjährt waren.

Das Bezirkspolizeikommando meldete am N.N., der LPD N.N., schriftlich den Verdacht des Amtsmissbrauches und den Verdacht der Dienstpflichtverletzungen von C.C., E.E. und A.A. der PI N.N.. Der Meldung wurden die Aufstellungen über die unerledigten Akten der jeweiligen Bediensteten angeschlossen.

Am N.N. wurde von der Landespolizeidirektion N.N. das Bundesamt zur Korruptionsbekämpfung und Korruptionsprävention (BAK) von dem Sachverhalt in Kenntnis gesetzt. Von der Abteilung 3 (Operativer Dienst) des BAK wurden die Ermittlungen unter GZ: N.N. übernommen. Das Bundesministerium für Inneres, BAK teilte am N.N. unter der angeführten GZ gemäß § 76 Abs. 5 StPO der Dienstbehörde mit, dass gegen C.C., E.E. und A.A. wegen des Verdachtes von strafbaren Handlungen gemäß § 302 Abs. 1 StGB Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sind.

Zu den Dienstpflichtverletzungen des Beamten:

Die schuldhaften Dienstpflichtverletzungen des Beamten, sowohl als zuständiger Sachbearbeiter für die dreizehn ihm persönlich zugewiesenen kriminalpolizeilichen Geschäftsstücke, die von ihm nicht erledigt wurden, aber insbesondere auch als Vorgesetzter von A.A. sind im PAD, dem elektronischen Protokollierungs- und Aktenverwaltungssystem, nachweislich dokumentiert. Die Fehlleistungen des Beamten sind daher mit den angeschlossenen Auflistungen der unerledigten Geschäftsstücke bewiesen und nachvollziehbar aufgelistet.

Der Beamte hat als verantwortlicher Sachbearbeiter und Vorgesetzter gegen folgende Bestimmungen verstoßen:

a)

§ 43 Abs. 1 BDG 1979, da er seine dienstlichen Aufgaben nicht unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung gewissenhaft mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem besorgt hat. § 9 StPO Beschleunigungsgebot normiert, dass das Verfahren stets zügig und ohne unnötige Verzögerung durchzuführen ist und § 100 StPO Berichte verpflichtet die Kriminalpolizei in verschiedensten Sachverhaltskonstellationen mit den Mitteln PAD und ERV zur Berichterstattung an die Staatsanwaltschaft.

b)

§ 45 Abs. 1 BDG 1979, da er als Vorgesetzter nicht darauf geachtet hatte, dass sein Mitarbeiter seine dienstlichen Aufgaben in gesetzmäßiger Weise erfüllte, ihm keine Weisungen zur Aktenerledigung erteilte und aufgetretene Fehler und Missstände nicht abstellte.

c)

§ 2 (3) da er Aufgaben betreffend die primäre Zweckbestimmung des Wachkörpers Bundespolizei, wozu die in den Materiengesetzen (StPO, usw.) enthaltenen Mitwirkungsverpflichtungen zählen, nicht wahrnahm,

§ 11 Abs. 1 und Abs. 6, welche den Vorgesetzten verpflichtet, den Mitarbeitern Ziele zu setzen und die Schwerpunkte für ihre Arbeit prägnant zu bestimmen sowie die Aufsicht und Dienstkontrolle auszuüben, was kaum erfolgte,

der Organisation und Geschäftsordnung der Polizei-/Fachinspektionen (OGO PI/FI), Zl.: BMI-OA1000/ 0251-II/1/2005 vom 25.10.2005; i. d. F. vom 3. März 2008, Zl BMI-OA1000/0014-II/1/b/2008,

d)

Punkt 3.1.0.3 wonach Ordnung, Genauigkeit, Klarheit und rasche Erledigung oberstes Gebot der Kanzleiführung und des Schriftverkehrs sind und die Kanzleigeschäfte so zu führen sind, dass sich darin alle in Betracht kommenden Bediensteten jederzeit zurechtfinden und sich über schriftliche Vorgänge informieren können, was offensichtlich nicht der Fall war,

Punkt 3.2.3.3 da die Bestätigung der formalen Richtigkeit von erledigten Geschäftsstücken durch deren Genehmigung nicht erfolgt ist,

Punkt 7.1.0.1 da Geschäftsstücke nicht nachvollziehbar erledigt wurden,

Punkt 7.1.0.3 wonach die Erledigungen nicht unter Einhaltung der gesetzlichen Grundlagen unverzüglich auf die zweckmäßigste und rascheste Art erfolgt sind,

der von 01.01.2008 bis 31.08.2012 gültigen Kanzleiordnung gemäß Erlass vom 17.12.2007, Zl: BMI-OA1300/0162-II/1/2/b/2007 samt Nichtbeachtung der Richtlinien für Berichte an die Strafjustiz und Verwaltungsstrafanzeigen Punkt 7.3.5. – Anhang A/1 und A/2 der KO, mit der Anordnung, dass ein Abschlussbericht der Staatsanwaltschaft zu übermitteln ist, wenn Sachverhalt und Tatverdacht soweit geklärt scheinen, dass eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft über Anklage, Rücktritt von der Verfolgung, Einstellen oder Abbrechen des Verfahrens ergehen kann.

e)

Punkt 6 da Geschäftsstücke von den vorgesehenen Bearbeitern im Rahmen ihres Aufgaben- und Entscheidungsbereiches nicht nachvollziehbar abschließend auf die zweckmäßigste und rascheste Art erledigt wurden,

Punkt 8 mit der Vorschreibung von Rückstandsausweisen drei Mal jährlich (Mitte Februar, Juni und Oktober) für Akten, die einer Verjährung oder ein Devolution unterliegen. Dies betrifft ausschließlich Akten, die vor mehr als drei Monaten bei einer Dienststelle eingelangt, aber innerhalb der Verjährungs- oder Devolutionsfrist noch keiner den Geschäftsfall abschließenden Erledigung zugeführt wurden,

der ab 01.09.2012 gültigen Kanzleiordnung gemäß LPD – Befehl, GZ: 2700/58148/2012-OEA vom 22.08.2012 (Bezug: Erlass des BMI vom 8.8.2012, GZ: BMI-OA1000/0103-II/10/b/2012).

Einen Rückstandsausweis hat es auf der PI N.N. in den betreffenden Jahren in keiner Form gegeben. Hinsichtlich der nicht oder mangelhaft erledigten Akten besteht zudem der dringende Verdacht, dass es nicht einfach zufällig irgendwelche Akten waren, die betroffen waren, sondern ausschließlich Akten, die in der Folge von keiner Stelle mehr nachgefragt wurden bzw. eine Nachfrage nicht zu erwarten war. Andere Akten, wo ein fehlerhafter Versand zu Urgenzen bzw. Nachreichungen geführt hätte, waren offenbar nicht betroffen. Damit drängt sich die Vermutung auf, dass der Beamte, C.C. und A.A. ganz gezielt bestimmte Akten verjähren ließen, denn die geschilderte Zufälligkeit bei insgesamt 176 Geschäftsstücken erscheint äußerst unwahrscheinlich.

f)

Punkt F Applikationsbetreuung bzw. Support mit der Anordnung, dass inhaltliche Fragen an den Zentralen PAD Support zu richten sind (Durchführungserlass vom 13. Mai 2008, GZ: BMI-OA1000/0141-II/1/d/2008). PAD Protokollierungsvorschrift, GZ: BMI-OA1100/0011-II/1/a/2009 vom 11.02.2009 und PAD Protokollierungsvorschrift, GZ: BMI-OA1100/0004-II/1/a/2010 vom 25.01.2010, betreffend ERV Versand mit PAD und den Zentralen PAD Support.

Bei den Vernehmungen durch das BAK rechtfertigte sich der Beamte damit, dass Akten standardmäßig nur während der letzten 100 Tage angezeigt werden. Dazu wird angemerkt, dass die Zeitraumeinstellung eine Filterfunktion darstellt, um Suchvorgänge leichter bewerkstelligen zu können. Diese Einstellung ist im Vergleich zu anderen PAD Funktionen leicht zu bedienen/ändern, da man nur entweder direkt die Zahl 100 verändert oder auf die zwei Button – Dreiecke für auf oder ab neben der Zahl – klicken muss, um die Zahl der angezeigten Tage zu steigern oder zu senken. Diese Möglichkeiten wurden bei den PAD Schulungen vorgetragen und sind im PAD Handbuch nachzulesen. Bei Beachtung der oben angeführten Protokollierungsvorschriften PAD Behörde, wonach inhaltliche Fragen an den zentralen PAD Support zu richten sind, hätte es nur eines Anrufes bedurft, um diese Unkenntnis auszuräumen. Ungeachtet dessen, besteht im PAD unter der Suchfunktion „Akt suchen …“ jederzeit die Möglichkeit über die Aktenzahl direkt in den Akt einzusteigen, was von den angeführten Beamten ebenfalls unterlassen wurde. Der Beamte hat es offensichtlich nicht für nötig erachtet, sich ausreichend mit den einschlägigen Vorschriften für seinen Bereich auseinanderzusetzen. PAD ist kein Nischenprogramm für Computerspezialisten, wie es die beschuldigten Beamten sinngemäß darzustellen versuchen. Es wird im gesamten Exekutivbereich eingesetzt und ist ein absolut unverzichtbarer Bestandteil im täglichen Dienstbetrieb.

Angaben des Verdächtigen:

Der Beamte wurde am N.N., um N.N. Uhr von G.G. des BPK N.N. telefonisch kontaktiert. Dabei teilte der im Ruhestand befindliche Beamte dem Erhebungsbeamten mit, dass alle möglichen Fragen in der gegenständlichen Angelegenheit bereits gestellt und von ihm beantwortet wurden. Er verweist in allen Punkten, die ihm disziplinarrechtlich angelastet werden, auf seine Aussagen vor Bediensteten des BAK bei der Beschuldigtenvernehmung.

Bei der damaligen Vernehmung führte er bei der Frage nach der Arbeitsaufteilung zwischen ihm als Stellvertreter und C.C. als Kommandant an, dass es keine deutliche Abgrenzung gab und der jeweils im Dienst befindliche Beamte grundsätzlich alle Aufgaben der Inspektionsführung wahrgenommen hätte.

Warum so viele Akten verjähren konnten, führte er auf das Fehlen entsprechender Kontrollmechanismen, z. B. gab es keinen Rückstandsausweis, und die Tatsache zurück, dass man sich einfach auf die Beamten verlassen hatte. Er selbst habe zwar bemerkt, dass „man Akte nach geraumer Zeit am Bildschirm nicht mehr sieht“, dass dies mit einer Einstellungsänderung leicht zu ändern sei, hätte er angeblich nicht gewusst. Der Beamte sah laut eigenen Angaben auch keine Notwendigkeit für eine „Aktenersichtlichmachung“ aus eigenem Antrieb bzw. einer Nachfrage an der zuständigen Stelle (PAD-Support).

Wegen den Beamten wurde mit Abschluss-Bericht des Bundesamtes zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung vom N.N., GZ N.N., Anzeige an die Staatsanwaltschaft wegen Verdacht nach § 302 StGB erstattet. Die Staatsanwaltschaft teilte mit Schreiben vom N.N., Zl. N.N. mit, dass das Ermittlungsverfahren gegen die Beamten wegen § 302 StGB gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt wurde, da kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung besteht, zumal Wissentlichkeit nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachweisbar ist.

Mit E-Mail vom N.N. teilte die Dienstbehörde mit, dass die vom BPK N.N. angeführten Verständigung vom Verdacht der Begehung von Dienstpflichtverletzungen nicht, wie in allen drei Disziplinaranzeigen, mit Schreiben vom N.N. durchgeführt worden ist sondern am N.N. Das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung wurde mit Schreiben vom N.N. von der Landespolizeidirektion N.N. vom Verdacht des Amtsmissbrauches durch die, in den Disziplinaranzeigen angeführten, Beamten verständigt. Das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung teilte mit E-Mail vom N.N. der Landespolizeidirektion N.N. mit, dass der Akt zur Bearbeitung übernommen wird.

Nachdem der Disziplinaranzeige keine Tatzeiten zu entnehmen war, wurde der Dienstbehörde mit Schreiben vom N.N. unter Hinweis auf diesen Umstand nahegelegt, dies im Rahmen einer Disziplinarnachtragsanzeige nachzuholen, wobei darauf hingewiesen worden ist, dass gegenständliches Ersuchen nicht geeignet ist, die seit Mitteilung der Verständigung von der Einstellung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft weiter zu laufende Verjährungsfrist zu hemmen.

Mit E-Mail vom N.N. übermittelte die Dienstbehörde die Disziplinarnachtragsanzeige des Bezirkspolizeikommissariats N.N.

Inhalt der Nachtragsanzeige vom N.N.:

Der Beamte steht im Verdacht, als verantwortlicher Sachbearbeiter im Zeitraum von N.N. bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand in 13 Fällen Ermittlungsverfahren nach gerichtlich strafbaren Handlungen im Sinne der StPO (kurz Gerichtsakten) nicht enderledigt und der zuständigen Staatsanwaltschaft bzw. der Bezirkshauptmannschaft vorgelegt zu haben.

Anm: Die näheren Details hinsichtlich der 13 Fälle sind in der Beilage 05 der Disziplinaranzeige enthalten.

Der Beamte steht daher im Verdacht, durch sein Verhalten als verantwortlicher Sachbearbeiter gegen die Bestimmungen des/der

a) § 43 Abs. 1 BDG 1979,

b) § 2 Abs. 3 der Organisation- und Geschäftsordnung der Polizei-/Fachinspektionen (OGO PI/FI), Zl: BMI-OA1000/0251-II/1/2005 vom 25.10.2005; i. d. F. vom 03.03.2008, Zl: BMI-OA1000/0014-II/1/b/2008,

c) Punkte 3.1.0.3, 3.2.3.3, 7.1.0.1 und 7.1.0.3 der von 01.01.2008 bis 31.08.2012 gültigen Kanzleiordnung gemäß Erlass vom 17.12.2007, Zl: BMI-OA1300/0162-II/1/2/b/2007 samt Nichtbeachtung der Richtlinien für Berichte an die Strafjustiz und Verwaltungsstrafanzeigen (Anhang A/1 und A/2 der KO),

Punkt 6 der ab 01.09.2012 gültigen Kanzleiordnung gemäß LPD – Befehl, GZ: 2700/58148/2012-OEA vom 22.08.2012 (Bezug: Erlass des BMI vom 8.8.2012, GZ: BMI-OA1000/0103-II/10/b/2012).

d) PAD Protokollierungsvorschrift, GZ: BMI-OA1100/0011-II/1/a/2009 vom 11.02.2009 und PAD Protokollierungsvorschrift, GZ: BMI-OA1100/0004-II/1/a/2010 vom 25.01.2010, betreffend ERV Versand mit PAD und den Zentralen PAD Support,

verstoßen und dadurch schuldhaft Dienstpflichtverletzungen gemäß § 91 BDG 1979 begangen zu haben.

II.

Der Beamte steht als verantwortlicher Vorgesetzter des A.A. im Verdacht, im Zeitraum von N.N. bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand am N.N. seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt zu haben, indem er keine ausreichende Dienst- und Fachaufsicht ausübte und es daher A.A. ermöglichte 134 Akte nicht vorschriftsmäßig zu erledigen:

Anm: Die näheren Details hinsichtlich der Akte sind in der Beilage 02, in der Beilage 03 und der Beilage 06 der Disziplinaranzeige enthalten.

Der Beamte steht daher im Verdacht, durch sein Verhalten als Vorgesetzter von A.A. gegen die Bestimmungen des/der

a) § 45 Abs. 1 BDG 1979,

b) § 11 Abs. 1 und Abs. 6 der Organisation- und Geschäftsordnung der Polizei-/Fachinspektionen (OGO PI/FI), Zl: BMI-OA1000/0251-II/1/2005 vom 25.10.2005; idF vom 03.03.2008, Zl: BMI-OA1000/0014-II/1/b/2008,

c) Punkte 3.1.0.3, 3.2.3.3, 7.1.0.1 und 7.1.0.3 der von 01.01.2008 bis 31.08.2012 gültigen Kanzleiordnung gemäß Erlass vom 17.12.2007, Zl: BMI-OA1300/0162-II/1/2/b/2007 samt Nichtbeachtung der Richtlinien für Berichte an die Strafjustiz (Anhang A/1 zur KO),

Punkt 8 der ab 01.09.2012 gültigen Kanzleiordnung gemäß LPD – Befehl, GZ: 2700/58148/2012-OEA vom 22.08.2012 (Bezug: Erlass des BMI vom 8.8.2012, GZ: BMI-OA1000/0103-II/10/b/2012).

d) PAD Protokollierungsvorschrift, GZ: BMI-OA1100/0011-II/1/a/2009 vom 11.02.2009 und PAD Protokollierungsvorschrift, GZ: BMI-OA1100/0004-II/1/a/2010 vom 25.01.2010, betreffend ERV Versand mit PAD und den Zentralen PAD Support (Neuverlautbarung mit Erlass GZ: BMI-OA1000/0027-II/10/b/2013 vom 03.02.2013).

verstoßen und dadurch schuldhaft Dienstpflichtverletzungen gemäß § 91 BDG 1979 begangen zu haben.

Beweismittel:

Gegen den Beamten, ehemaliger dienstführender Beamter der PI N.N. und Stellvertreter des Inspektionskommandanten, wurde vom Bezirkspolizeikommando N.N. am N.N., GZ:N.N. eine Disziplinaranzeige erstattet.

Mit Dienstanweisung der LPD N.N. wurde das Bezirkspolizeikommando N.N. mit Nachtragserhebungen zur Konkretisierung der Tatzeit und der Tathandlung in der Darstellung der schuldhaften Dienstpflichtverletzung des Beamten angewiesen.

Die konkrete Darstellung der schuldhaften Dienstpflichtverletzungen wird daher als Nachtragsanzeige vorgelegt.

Mit Bescheid vom N.N., GZ N.N. wurde aufgrund der im Spruch bezeichneten Vorwürfe gegen den Beamte ein Disziplinarverfahren eingeleitet, hinsichtlich der sonstigen Vorwürfe kein Disziplinarverfahren eingeleitet.

In weiterer Folge wurde eine Verhandlung anberaumt und in Abwesenheit des Beamten durchgeführt.

Mit E-Mail vom N.N. teilte der Beamte dem Senat mit, zum angesetzten Termin aus persönlichen Gründen nicht zu erscheinen und die Durchführung der Verhandlung in seiner Abwesenheit zur Kenntnis zu nehmen. Er werde zum abgeschlossenen Verhandlungsergebnis auch keine Stellungnahme abgeben.

Der Beamte ist trotz ausgewiesener Ladung, wie vorangekündigt, bei der Verhandlung nicht erschienen, weshalb gemäß § 125a Abs. 1 BDG dieselbe in seiner Abwesenheit durchgeführt worden ist.

Die Disziplinaranwaltschaft beantragte im Plädoyer einen Freispruch in eventu einen Verweis. Das Verhalten des Beamten sei eine Folge mangelnder Schulung und Dienstaufsicht sowohl des Polizeiinspektionskommandanten als auch des Bezirkspolizeikommissariates. Spezialpräventive Aspekte würden aufgrund des Ruhestandes nicht mehr in Betracht kommen. Schuld- und Zurechnungsfähigkeit lägen jedoch vor.

Dem Beamten wurde mit Schreiben vom N.N. das Ergebnis der Verhandlung zur Stellungnahme mitgeteilt. Der Beamte hat sich dazu, wie auch schon von ihm avisiert, innerhalb der vorgeschriebenen Frist nicht geäußert.

Im Zuge des Beweisverfahrens wurde auf die Disziplinaranzeige des Bezirkspolizeikommandos N.N., auf das E-Mail der Dienstbehörde, wonach die Dienstbehörde bereits am N.N. von den Verfehlungen in Kenntnis gesetzt worden ist und das BAK am N.N. mitgeteilt hat, dass der Akt zur Bearbeitung übernommen worden ist, auf die Meldung des BPK N.N. vom N.N., auf die, von B.B. am N.N., verfasste persönliche Meldung, auf die Aufstellung der, durch den Beamten bis N.N. unerledigt gelassenen, Akte, auf den Abschluss-Bericht des Bundesamtes für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung vom N.N., GZ N.N., an die Staatsanwaltschaft Korneuburg wegen Verdachts der Begehung des Amtsmissbrauchs, auf den vom BAK am N.N. verfassten Amtsvermerk, auf das Schreiben der Staatsanwaltschaft vom N.N., wonach das Ermittlungsverfahren gegen den Beamten wegen § 302 StGB gemäߧ 190 Z 2 StPO eingestellt worden ist, da im Zweifel von der von § 302 Abs. 1 StGB geforderten Vorsatzform Wissentlichkeit nicht ausgegangen werden kann, auf die, vom BAK am N.N. aufgenommene, Niederschrift, auf die Disziplinarnachtragsanzeige des Bezirkspolizeikommissariates N.N. vom N.N. sowie auf das E-Mail des Beamten vom N.N. hingewiesen.

Der Senat hat dazu erwogen:

Mit Schreiben vom N.N., Zl N.N. teilte die Staatsanwaltschaft mit, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Beamten wegen § 302 StGB gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt wurde, da kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung besteht, zumal Wissentlichkeit nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachweisbar ist.

Zwar begründete der, der Staatsanwaltschaft zur Anzeige gebrachte, Sachverhalt mangels Nachweisbarkeit der dafür notwendigen Vorsatzform Wissentlichkeit, keinen nach dem Strafgesetz strafbaren Tatbestand, jedoch steht zugleich der Verdacht der Begehung von disziplinarrechtlich relevanten Verstöße gegen die Vorschriften der Kanzleiordnung bzw. die PAD Vorschriften im Raum, weshalb das Vorgehen des Beamten einer disziplinarrechtlichen Überprüfung zu unterziehen war.

§ 133 BDG besagt, dass Beamte des Ruhestandes nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetztes wegen einer im Dienststand begangenen Dienstpflichtverletzung oder wegen gröblicher Verletzung der ihnen im Ruhestand obliegenden Verpflichtungen zur Verantwortung zu ziehen sind.

§ 44 Abs. 1 BDG zufolge ist der Beamte verpflichtet, seine Vorgesetzten zu unterstützen und deren Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen.

Punkt 7.1.0.1 der von 01.01.2008 bis 31.08.2012 gültigen Kanzleiordnung gemäß Erlass des BM.I vom 17.12.2007, Zl: BMI-OA1300/0162-II/1/2/b/2007 besagt, dass Geschäftsstücke nachvollziehbar zu erledigen sind und die Erledigung Bestandteil des Aktes ist.

Punkt 7.1.0.3 des bezeichneten Erlasses normiert, dass die Erledigungen unter Einhaltung der gesetzlichen Grundlagen unverzüglich auf die zweckmäßigste und rascheste Art zu erfolgen haben.

Gemäß Punkt 7.3.5 des angeführten Erlasses ergibt sich der Aufbau für die Berichte an die Staatsanwaltschaften und ihre inhaltliche Gestaltung aus der näheren Erläuterung im Anhang A/1 zu dem Erlass.

Dem Anhang A/1 „Berichte an die Strafjustiz und Vernehmungsprotokolle“ zufolge sind grundsätzlich vier Berichtsformen an die Staatsanwaltschaft vorgesehen, nämlich Anfallsbericht, Anlassbericht, Zwischenbericht und Abschlussbericht, wobei letzterer dem Anhang A/1 zufolge dann von der Kriminalpolizei an die Staatsanwaltschaft zu ergehen hat, wenn und sobald der Sachverhalt und der Tatverdacht soweit geklärt erscheint, dass eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft über Anklage, Rücktritt von Verfolgung, Einstellen oder Abbrechen des Verfahrens ergehen kann.

Der Dienstbefehl des Landespolizeikommandos vom 11.01.2008, GZ 2700/1/2008, sieht vor, dass Akte mit strafrechtliche relevanten Sachverhalt in vollem Umfang der Staatsanwaltschaft mit dem ERV (elektronischer Rechtsverkehr) zu übermitteln sind.

Mit Befehl des Landespolizeikommandos vom 22.12.2009, GZ 2710/71826/2009-OEA wird im Sinne einer bundesweit einheitlichen Vorgangsweise die Verwendung der Applikation PAD zur Protokollierung, Verwaltung, Übernahme, Bearbeitung, für den Versand und Ablage aller administrativen und exekutiven Akten vorgeschrieben.

Punkt 6 der ab 01.09.2012 gültigen Kanzleiordnung gemäß LPD – Befehl, GZ: 2700/58148/2012-OEA vom 22.08.2012 (Bezug: Erlass des BMI vom 8.8.2012, GZ: BMI-OA1000/0103-II/10/b/2012) besagt, dass die Geschäftsstücke von den vorgesehenen Bearbeitern im Rahmen ihres Aufgaben- und Entscheidungsbereiches nachvollziehbar abschließend zu erledigen sind. Die Erledigung ist Bestandteil eines Aktes. Jedes Geschäftsstück muss einer Sach- und Rechtslage entsprechenden Erledigung zugeführt werden. Erledigungen erfolgen dadurch, dass der Inhalt eines Geschäftsstückes zur Kenntnis genommen und dieses ohne weitere Veranlassung abgelegt wird, getroffene Maßnahmen durch Aktenvermerk oder sonstige Aufzeichnungen dokumentiert werden, dokumentierte Äußerungen an Personen oder Organisationseinheiten im eigenen Bereich oder außerhalb der Dienststelle abgegeben werden oder jedes Eingangsstück mangels Zuständigkeit weitergeleitet werden. Jede Erledigung hat unter Einhaltung der gesetzlichen Grundlagen unverzüglich auf die zweckmäßigste und rascheste Art zu erfolgen.

Weisungen“ sind- abhängig vom Adressatenkreis- individuelle oder generelle Normen. Sie können mündlich oder schriftlich ergehen (VwGH 21.06.2000, Zl. 97/09/0326).

Ein Erlass als eine „Verwaltungsanordnung“ ist nach der gängigen Judikatur des VwGH als generelle Weisung zu qualifizieren (VwGH vom 22.04.1991, 90/12/0329). Ebenso ist ein Dienstbefehl als generelle Weisung zu qualifizieren.

Nachdem der Beamte nicht zur Verhandlung erschienen ist, zum ihm mitgeteilten Verhandlungsergebnis auch keine Stellungnahme abgegeben hat, was er überdies zuvor bereits schriftlich in Aussicht gestellt hatte, war aufgrund der Aktenlage zu entscheiden.

Danach hat der Beamte seine im Spruch aufgelisteten Akte weder zeitgerecht noch vollständig und insoweit auch nicht nachvollziehbar erledigt. In der mit ihm vom Bundesamt für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung am N.N. aufgenommenen Niederschrift wird dies von ihm auch nicht in Abrede gestellt.

Seiner im Rahmen dieser Einvernahme vorgebrachten Rechtfertigung, dass es ihm immer wieder passiert wäre, dass vor Erstellung des Abschluss-Berichtes etwas anderes/wichtigeres dazwischen gekommen sei und er überdies, auch wenn er sich im PAD grundsätzlich ausgekannt hätte, kein Computerspezialist sei, kommt kein exkulpierende Wirkung zu.

Was das Vorbringen, dass vor Erstellung des Abschluss-Berichtes immer wieder etwas anderes dazwischen gekommen sei, anbelangt, liegt es am Beamten selbst diesbezüglich seinen Vorgesetzten zu informieren, auf das dieser Abhilfe schaffen kann. Abgesehen davon kann –nach Ansicht des Senates - vom Beamten durchaus verlangt werden, dass er vor Dienstschluss nochmals überprüft, was an Arbeit noch nicht erledigt werden konnte, um auf diese Weise sicherzustellen, dass nichts übersehen wird.

Auch die angebliche „Fixeinstellung“, die tatsächlich keine ist, da die Anzahl der Tage sehr wohl leicht verändert werden kann, vermag dem Beamten nicht zu Erfolg zu verhelfen.

Wenn der Beamte schon von einer „Fixeinstellung eines Zeitraumes“, innerhalb welchem ihm die noch unerledigten Akte angezeigt werden, ausgeht, dann muss er halt andere geeignete Vorkehrungen treffen, um die unerledigten Akte evident zu halten, weshalb mit dem von der Disziplinaranwaltschaft in diesem Zusammenhang ins Treffen geführten Hinweis, dass das Vorgehen des Beamten auf einen Schulungsmangel beruht, nichts gewonnen ist.

Die Disziplinaranwaltschaft moniert auch die mangelhaften Dienstaufsicht und Kontrolle durch den vorgesetzten Polizeiinspektionskommandanten und des übergeordneten Bezirkspolizeikommissariates, welcher Umstand für den Beamten exkulpierend wirke.

Dem gegenüber vertritt der Senat die Ansicht, dass es zwar zutreffend ist, dass die Dienstaufsicht vorliegenden Falls versagt hat, jedoch vermag die dem Vorgesetzten diesbezüglich treffende Verpflichtung, die Mitarbeiter zu kontrollieren und aufgetretene Fehler und Missstände abzustellen nicht die Verpflichtung des anderen, schriftliche erteilte Weisungen zu befolgen, aufzuheben.

Ein rechtmäßiges Alternativverhalten war aus Sicht der Disziplinarkommission daher zumutbar.

Der Beamte hatte bei der zitierten Niederschrift nicht behauptet, dass ihm die angelasteten übertretenen Vorschriften nicht bekannt gewesen wären. Aber selbst wenn dem so wäre, wäre für ihn nichts gewonnen. Der Beamte ist nämlich der Verfassungsgerichtshofjudikatur VfSlg 10.510/1985 zufolge verpflichtet, sich mit den nach seinem Beruf einschlägigen Vorschriften bekannt zu machen. Dementsprechend hat auch der Verwaltungsgerichtshof judiziert (VwGH 5.4.1990, 90/06/006, 31.5.1990, 90/09/0079), dass sich jeder Beamte mit den für seinen Bereich geltenden Vorschriften auseinander zu setzen hat.

Die Schuld- und Straffrage war daher zu bejahen.

§ 93 Abs. 1 BDG zufolge ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönliche Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

Zwar befindet sich der Beamte mittlerweile im Ruhestand, sodass – wie von der Disziplinaranwaltschaft zutreffend vorgebracht worden ist - spezialpräventive Aspekte im Sinne des § 93 Abs.1 BDG nicht mehr zum Tragen kommen. Besagter Umstand ist aber im Sinne der Verwaltungsgerichtshofjudikatur (VwGH vom 10.09.1986, Z. 85/09/0201) für das Absehen von der Verhängung einer Strafe nicht ausreichend.

Die vom Beamten begangenen Dienstpflichtverletzungen sind grundsätzlich schwere, sodass eine Bestrafung im Sinne des § 93 Abs. 1 BDG, welche Bestimmung das Maß der Strafe von der Schwere der Dienstpflichtverletzung abhängig macht, für angezeigt erscheint.

An Milderungsgründen waren die bisherige disziplinarrechtliche Unbescholtenheit, das Geständnis aber auch die Tatsache, dass der Beamte –von den votierten Dienstpflichtverletzungen abgesehen- eine tadellose Dienstbeschreibung vorweisen konnte, zu werten.

Erschwerend wurde der lange Deliktszeitraum und die Vielzahl der Dienstpflichtverletzungen gewertet, wobei im Sinne des § 93 Abs. 2 BDG jene Dienstpflichtverletzungen als die schwersten gewertet wurden, wo Verjährung eingetreten ist. Danach wurde die Strafe bemessen. Ebenso wurden die Vorgesetzteneigenschaft und damit die Vorbildwirkung, die der Beamte hatte, erschwerend gewertet. Diese Eigenschaft kam ihm auch als Sachbearbeiter zu.

§ 134 BDG sieht für Beamte des Ruhestandes –im Gegensatz zu aktive Beamte- drei Disziplinarstrafen vor:

Z. 1 den Verweis

Z. 2 die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Monatsbezügen und

Z. 3 den Verlust aller aus dem Dienstverhältnis fließenden Rechte und Ansprüche

Letzteres entspricht der, für Beamte im Aktivstand mögliche schwerste Disziplinarstrafe, Entlassung.

Nachdem die Dienstpflichtverletzungen grundsätzlich schwere sind, erachtet der Senat jedenfalls aus generalpräventiven Gründen - insbesondere auch in Anbetracht der Mehrzahl der Dienstpflichtverletzungen und des langen Deliktszeitraumes - die Verhängung einer Geldstrafe für tat- und schuldangemessen.

Dem Antrag der Disziplinaranwaltschaft auf Verhängung eines Freispruches in eventu eines Verweises konnte nicht entsprochen werden.

Ein Freispruch ist bereits aufgrund der Tatsache, dass der Beamte schuldhaft dienstliche Verfehlungen zu vertreten hatte, nicht möglich.

Ein Verweis erscheint aufgrund des langen Deliktszeitraumes und der Mehrzahl der Dienstpflichtverletzungen alleine aus generalpräventiven Gründen für nicht tat- und schuldangemessen.

Nachdem jedoch eine Bestrafung aus spezialpräventiven Gründen nicht mehr erforderlich ist, vertritt der Senat die Ansicht, dass mit einer Verhängung einer Geldstrafe im unteren Bereich das Auslangen gefunden werden kann.

Die verhängte Strafe ist wirtschaftlich tragbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zuletzt aktualisiert am

13.10.2017
Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
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