Norm
BDG 1979 §43Schlagworte
Lehrer, Dienstpflichtverletzung, Vertrauen der Allgemeinheit, AufsichtspflichtText
Die Disziplinarkommission für Schulleiter und sonstige Lehrer sowie für Erzieher, die an einer dem Landesschulrat für Steiermark unterstehenden Schule (Schülerheim) verwendet werden, beim Landesschulrat für Steiermark, im folgenden Disziplinarkommission, hat am 8. Juni 2017 unter dem Vorsitz von
HR Mag. Wolfgang ROUBAL,
im Beisein der Senatsmitglieder:
LSI Mag. Birgit SCHWARZ,
Mag. Maria SCHÖNEGGER,
des Disziplinaranwaltes:
HR Mag. WIPPEL,
der Schriftführerin:
Mag. Larissa LEITNER,
in Anwesenheit des Beschuldigten XXXX, vertreten durch RA Mag. Andreas BERCHTOLD, Berchtold & Kollerics Rechtsanwaltsgemeinschaft, Raubergasse 16/I, 8010 Graz nach mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:
XXXX ist schuldig am XXXX als Lehrer für Bewegung und Sport des XXXX im Rahmen des Unterrichts trotz Warnhinweisen und Absperrung, die XXXX ohne Erlaubnis selbst zur Seite geräumt hat, die Eislauffläche des XXXX mit seiner Schülergruppe der XXXX-Klasse betreten zu haben.
XXXX hat hierdurch Dienstpflichtpflichtverletzungen im Sinne des § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979, § 211 BDG 1979 und § 51 Abs. 3 SchUG begangen.
Es wird deshalb über ihn gemäß § 92 Abs. 1 Z 2 BDG 1979 als Disziplinarstrafe
eine Geldbuße in der Höhe eines halben Monatsbezuges
ausgesprochen.
Mangels entsprechendem Verfahrensaufwand hat XXXX gem. § 117 Abs. 2 BDG 1979 keine Verfahrenskosten zu ersetzen, allerdings hat er die durch das Beiziehen eines Verteidigers erwachsenen Kosten selbst zu tragen.
Begründung:
Aufgrund der erstatteten Disziplinaranzeige des Landesschulrates für Steiermark vom XXXX, GZ.: XXXX, wurde mit Bescheid der Disziplinarkommission vom 2. Februar 2017, GZ.: DKI P9/0005-DIS/2017, gegen den Beschuldigten das Disziplinarverfahren eingeleitet.
Die Disziplinarkommission wurde jedoch verständigt, dass der Landesschulrat für Steiermark mit Schreiben vom XXXX, GZ.: XXXX, gemäß § 78 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft Graz erstattet hat, weil das dem Beschuldigten vorgeworfene Verhalten neben dem Verdacht einer Dienstpflichtverletzung auch den Verdacht einer von Amts wegen zu verfolgenden gerichtlich strafbaren Handlung erweckt hat, da der Schüler XXXX beim Eislaufen zu Sturz gekommen war und sich verletzt hatte.
Da die Disziplinarbehörde somit Kenntnis von einem anhängigen Strafverfahren nach der StPO hatte, war das Disziplinarverfahren gemäß § 114 Abs. 2 BDG 1979 ex lege unterbrochen und wurde nach Einlagen der Mitteilung der Staatsanwaltschaft über die Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 190 Z 2 StPO weitergeführt.
In der nach Weiterführung des Disziplinarverfahrens anberaumten und durchgeführten mündlichen Verhandlung am 8. Juni 2017 hat die Disziplinarkommission folgenden Sachverhalt als erwiesen angenommen:
Der Beschuldigte unterrichtet im Schuljahr 2016/17 Bewegung und Sport am XXXX.
Am XXXX hat der Beschuldigte als Lehrer für Bewegung und Sport des XXXX im Rahmen des Unterrichts die Eislauffläche des XXXX mit seiner Schülergruppe der XXXX-Klasse betreten.
Der Pächter des Eislaufplatzes hat dem Beschuldigten am XXXX jedoch telefonisch mitgeteilt, dass die Eislauffläche am XXXX aufgrund des laut dem Wetterbericht angekündigten Schneefalls gesperrt sei, da Regen- bzw. Schneefälle die Eisoberfläche beeinträchtigen und einen sicheren Eislaufbetrieb nicht ermöglichen würden.
Der Zugang zur Eisfläche war am XXXX durch ein Gatter und Tische versperrt. Der Beschuldigte räumte diese Absperrungen zur Seite und betrat mit den Schülern die Eislauffläche. Zu diesem Zeitpunkt war noch kein Angestellter vor Ort anwesend.
Beim Eislaufen verletzte sich der Schüler XXXX und fügte sich durch einen Sturz Schnittwunden am rechten Oberschenkel zu. Es wird jedoch kein Kausalzusammenhang zwischen der Verletzung des Schülers und der Aufsichtspflichtverletzung gesehen.
Die Feststellungen des Sachverhaltes stützen sich auf das durchgeführte Beweisverfahren, den Personalakt des Beschuldigten und den Erhebungsakt des Landesschulrates für Steiermark.
Aus rechtlicher Sicht hat die Disziplinarkommission erwogen:
Da der Beschuldigte in der Verhandlung die ihm vorgeworfene Verletzung der Dienstpflichten zugegeben hat und der Sachverhalt ausreichend geklärt ist, wurde eine Einvernahme von Zeugen nicht notwendig.
Die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen im gegenständlichen Fall lauten:
Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333/1979, in der geltenden Fassung:
Allgemeine Dienstpflichten
§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.
(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
Lehramtliche Pflichten
§ 211. Der Lehrer ist zur Erteilung regelmäßigen Unterrichtes (Lehrverpflichtung) sowie zur genauen Erfüllung der sonstigen aus seiner lehramtlichen Stellung sich ergebenden Obliegenheiten verpflichtet und hat die vorgeschriebene Unterrichtszeit einzuhalten.
Schulunterrichtsgesetz (SchUG), BGBl. Nr. 472/1986, in der geltenden Fassung:
Lehrer
§ 51. (3) Der Lehrer hat nach der jeweiligen Diensteinteilung die Schüler in der Schule auch 15 Minuten vor Beginn des Unterrichtes, in den Unterrichtspausen - ausgenommen die zwischen dem Vormittags- und dem Nachmittagsunterricht liegende Zeit - und unmittelbar nach Beendigung des Unterrichtes beim Verlassen der Schule sowie bei allen Schulveranstaltungen und schulbezogenen Veranstaltungen innerhalb und außerhalb des Schulhauses zu beaufsichtigen, soweit dies nach dem Alter und der geistigen Reife der Schüler erforderlich ist. Hiebei hat er insbesondere auf die körperliche Sicherheit und auf die Gesundheit der Schüler zu achten und Gefahren nach Kräften abzuwehren. Dies gilt sinngemäß für den Betreuungsteil an ganztägigen Schulformen, wobei an die Stelle des Unterrichtes der Betreuungsteil tritt.
Nach § 51 Abs. 3 SchUG gehört somit unter anderem auch die Beaufsichtigung der Schüler zu den wesentlichen Dienstpflichten eines Lehrers. Im Rahmen dieser vorgesehenen Aufsichtspflicht hat der Lehrer insbesondere auf die körperliche Sicherheit und auf die Gesundheit der Schüler zu achten und Gefahren nach Kräften abzuwehren. Wie aus dem „Aufsichtserlass“ des Bundeministeriums vom 28. Juli 2005, Zl. BMBWK-10.361/0002-III/3/2005, RS Nr. 15/2005, hervorgeht, ist hinsichtlich der Aufsichtsführung in gefährlichen Situationen wie dem Turnunterricht ein strengerer Maßstab anzulegen als in alltäglichen Situationen