Norm
BDG 1979 §43Schlagworte
DienstpflichtverletzungText
DISZIPLINARERKENNTNIS
Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Justiz hat durch den Senatsvorsitzenden RidOLG Mag. Marc Koller als Vorsitzenden und die weiteren Mitglieder des Disziplinarsenats RidLG Dr. Stefan Pfarrhofer und CI Christian Kircher in der Disziplinarsache gegen BI *** ***, Justizwachebeamter der JA ***, nach der in Anwesenheit des Disziplinaranwaltes OStA Mag. Harald Winkler, des Disziplinarbeschuldigten BI *** ***, seines Verteidigers Dr. Peter Resch und der Schriftführerin VB Marlene Scheuchenpflug durchgeführten mündlichen Verhandlung am 23.6.2017 zu Recht erkannt:
BI *** *** ist schuldig,
er hat am *** den Insassen *** ***, geb. ***, im Zuge der Überstellung in einen besonders gesicherten Haftraum mehrfach mit dem Fuß gegen des Gesäß getreten und
dadurch gegen seine Dienstpflichten nach § 43 Abs 1 BDG 1979, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit dem ihn zur Verfügung stehenden Mittel aus eigenem zu besorgen, sowie nach § 43 Abs 2 BDG 1979, in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben aufrecht bleibt, verstoßen und damit im Sinne des § 91 BDG 1979 schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt.
Gemäß § 126 Abs 2 BDG 1979 iVm § 92 Abs 1 Z 2 BDG 1979 wird unter Anwendung des § 93 Abs 2 BDG 1979 über BI *** *** die Disziplinarstrafe der
Geldbuße in Höhe von EUR 500,00 (in Worten: Euro fünfhundert)
verhängt.
Gemäß § 117 Abs 2 BDG 1979 hat BI *** *** einen Teil der Kosten des Verfahrens in Höhe von EUR 50,00 (in Worten: Euro fünfzig) zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Aufgrund der Disziplinaranzeige der Generaldirektion für den Strafvollzug und den Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen vom *** samt Beilagen, des Einleitungsbeschlusses ON ***, der Vollmachtsbekanntgabe des Verteidigers Dr. *** ***, ON ***, der Einkommensnachweise ON ***, der Äußerung des Disziplinarbeschuldigten ON *** und der Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten in der mündlichen Verhandlung vom *** steht folgender Sachverhalt fest:
Der am *** geborene BI *** *** bezieht ein monatliches Bruttogehalt (Grundgehalt samt Zuschüssen, ohne Journaldienstzulagen und Überstundenzulagen) in Höhe von EUR ***
(ON ***). Er ist sorgepflichtig für zwei minderjährige Kinder (*** und *** Jahre) und besitzt ein Haus im Wert von EUR ***, wobei noch Schulden in Höhe von EUR *** bestehen. Er ist disziplinarrechtlich sowie gerichtlich unbescholten. Der Disziplinarbeschuldigte fungierte zuletzt in der JA *** als „*** ***“.
Am *** wurden innerhalb der JA *** Insassen verlegt. Dazu wurde der Insasse *** ***, HNR ***, zwischenzeitig in den Keller gebracht. Er war aufgebracht und trat gegen eine Tür, woraufhin die Einsatzgruppe kommen musste, um den Insassen in eine besonders gesicherte Haftzelle zu bringen. Der Disziplinarbeschuldigte wollte den Insassen beruhigen, als dieser unvermittelt gegen das Schienbein des Disziplinarbeschuligten stieß. Der Disziplinarbeschuldigte trat daraufhin dem Häftling mit dem Fuß mehrfach gegen das Gesäß, wodurch *** jedoch nicht verletzt wurde. Der Disziplinarbeschuldigte befindet sich seit *** im Krankenstand und ist derzeit in freiwilliger sowohl psychotherapeutischer als auch psychiatrischer Behandlung. Der Disziplinarbeschuldigte litt (bereits) am Tattag an einem Überlastungssyndrom im Sinne einer Burn-Out-Symptomatik, welches das inkriminierte Verhalten im Sinne eines Impulsdurchbruches mitbedingte.
Bereits am *** erstattete die Anstaltsleiterin der Justizanstalt *** Strafanzeige gegen unbekannt bei der Oberstaatsanwaltschaft ***, nachdem der Strafgefangene *** bei einer durch den Anstaltsarzt Dr. *** *** am *** durchgeführten Untersuchung Misshandlungsvorwürfe gegen Strafvollzugsbedienstete der Justizanstalt *** erhoben hatte. Diese Strafanzeige wurde an die Staatsanwaltschaft *** weitergeleitet, die dieses Verfahren zu *** UT ***/***, seit *** zu
*** St ***/*** (auch) gegen den Disziplinarbeschuldigten führte. Die Generaldirektion für den Strafvollzug und den Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen als Dienstbehörde erlangte von der gegenständlichen Verdachtslage gegen BI *** durch ein an sie gerichtetes Schreiben der Leitung der Justizanstalt *** vom *** erstmals Kenntnis. Am *** wurde das Strafverfahren – soweit Vorwürfe gegen Justizwachebeamte in Richtung §§ 83, 313 StGB betreffend – gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt. An diesem Tag wurde auch die Verständigung der Dienstbehörde von der Einstellung des gegenständlichen Strafverfahrens in aufgezeigtem Umfang verfügt.
Der festgestellte Sachverhalt gründet auf die eingangs aufgezählten Aktenbestandteile sowie die damit in Einklang stehende Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten. Sämtliche vernommenen, an der Verbringung des Insassen *** in eine andere Haftzelle beteiligten Justizwachebeamten wussten von einem äußerst aggressiven Verhalten desselben unmittelbar vor den inkriminierten Tathandlungen des Disziplinarbeschuldigten zu berichten.
In rechtlicher Hinsicht ergibt sich folgendes:
Gemäß § 43 Abs 1 BDG 1979 hat der Beamte seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit dem ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen. Eine Mißhandlung eines Häftlings durch einen Justizwachebeamten stellt ein der Verpflichtung zur Beachtung der geltenden Rechtsordnung widersprechendes Verhalten dar (Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten4, 135).
Gemäß § 43 Abs 2 BDG 1979 hat der Beamte in seinem gesamten Verhalten auch darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachlichen Wahrnehmungen seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt. Fraglos ist das inkriminierte Fehlverhalten des Disziplinarbeschuldigte auch geeignet, das Vertrauen der Bevölkerung in die rechtskonforme Bewältigung seiner dienstlichen Aufgaben im Strafvollzug zu erschüttern.
Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt liegen schuldhafte Dienstpflichtverletzungen im Sinne der §§ 43 Abs 1 und 2 iVm 91 BDG 1979 vor.
Bei der Strafbemessung waren das erheblich zur Wahrheitsfindung beitragende umfassende Geständnis, die Provokation zur Tat durch den Insassen *** ***, die disziplinarrechtliche sowie strafgerichtliche Unbescholtenheit sowie das die Zurechnungsfähigkeit einschränkende, die Tat mitbedingende Überlastungssyndrom im Sinn einer Burnout-Symptomatik mildernd, das Zusammentreffen von zwei Dienstpflichtverletzungen hingegen als erschwerend zu werten.
Ausgehend von der Schwere der Dienstpflichtverletzungen sowie unter Berücksichtigung der erwähnten Strafzumessungsgründe ist mit Bedachtnahme auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Disziplinarbeschuldigten die Verhängung der Disziplinarstrafe der Geldbuße von EUR 500,00 gemäß § 92 Abs 1 Z 2 BDG 1979 tat- und schuldangemessen. Diese Sanktion ist mit Blick auf den Unrechtsgehalt der disziplinären Verfehlung und die zuvor erwähnten Strafzumessungsgründe ausreichend aber auch notwendig, um gleichermaßen BI *** *** das Unrecht seines Verhaltens nachdrücklich vor Augen zu führen und ihn in Hinkunft von der Begehung derartiger Taten abzuhalten sowie aktualisierten generalpräventiven Hemmnissen Rechnung zu tragen.
Im Hinblick auf den Verfahrensaufwand (Anreise eines Senatsmitglieds zur Sitzung/Verhandlung) war BI *** *** entsprechend seiner persönlichen Verhältnisse und seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gemäß § 117 Abs 2 BDG 1979 der Ersatz eines Teils der Verfahrenskosten in Höhe von EUR 50,00 aufzuerlegen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Die Beschwerde ist innerhalb von vier Wochen ab Zustellung bei der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Justiz einzubringen. Die Beschwerde hat zu enthalten:
- die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides,
- die Bezeichnung der belangten Behörde (jener Behörde, die den Bescheid erlassen hat),
- die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt oder die Erklärung über den Umfang der Anfechtung,
- das Begehren und
- jene Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht worden ist.
Zuletzt aktualisiert am
25.09.2017