Norm
DSG 2000 §1 Abs1;Text
GZ: DSB-D122.086/0007-DSB/2014 vom 17. Juli 2014
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BESCHEID
Spruch:
Die Datenschutzbehörde entscheidet über die Datenschutzbeschwerde des Dieter D*** (Beschwerdeführer) aus **** H*** vom 24. Jänner 2014 gegen den Magistrat der Stadt Wien (Beschwerdegegner) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung in Folge Verwendung seiner Daten für die Zustellung einer Aufforderung zur Erteilung einer Lenkerauskunft vom 12. Dezember 2013 wie folgt:
? Die Beschwerde wird abgewiesen.
Rechtsgrundlagen: § 1 Abs. 1 und 2, § 7 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 Z 1 und 4 und Abs. 3 Z 1 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl. I Nr. 165/1999 idF BGBl. I Nr. 57/2013 iVm § 10 Abs. 1, § 11 Abs. 1, § 20 und § 26 des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG), BGBl. I Nr. 109/2002 idF BGBl. I Nr. 99/2013, und § 103 Abs. 2 des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967), BGBl. Nr. 267/1967 idF BGBl. I Nr. 43/2013, sowie § 31 Abs. 2 und 7 DSG 2000 idgF.
Begründung:
A. Vorbringen der Parteien
Der Beschwerdeführer behauptet in seiner vom 24. Jänner 2014 datierenden und am 27. Jänner 2014 per Telefax bei der Datenschutzbehörde eingelangten Beschwerde eine Verletzung in seinem Recht auf Geheimhaltung (vom Beschwerdeführer wörtlich bezeichnet als „Verletzung von Verbreiten persönlich geschützter Daten; dem Verbreiten von fälschen auf die eigenen Person bezogenen Persönlichkeitsdaten und Verletzung von Persönlichkeitsrechten“) dadurch, dass das Magistratische Bezirksamt für den **. Bezirk, ihm an seinem Wohnsitz in **** R*** die Aufforderung zugestellt habe, eine Lenkerauskunft zu erteilen. Diese bezog sich auf das Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen **-7*4 O und die Frage, wer dieses Kraftfahrzeug am 10. August 2013 um 9:22 Uhr auf der mautpflichtigen Bundesstraße A23 in **** Wien gelenkt habe. Der Beschwerdeführer antwortete darauf, nach den Beilagen zur Beschwerde, mit der gesetzmäßigen Auskunft, dass er die Lenkerauskunft nicht erteilen können, weil ihm das betreffende Kfz und dessen Kennzeichen unbekannt seien, sowie der vorliegenden datenschutzrechtlichen Beschwerde, einer Mitteilung über die Änderung der Abgabestelle, einer Strafanzeige, einer Aufsichtsbeschwerde sowie einem Antrag auf Einstellung des gegen ihn anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens.
Der Beschwerdegegner gab auf Aufforderung der Datenschutzbehörde am 10. Februar 2014 die Stellungnahme ab, bei der Bearbeitung einer Strafanzeige (Ermittlung des Lenkers im Tatzeitpunkt, das heißt des möglichen Beschuldigten wegen Übertretung von § 20 iVm § 10 Abs. 1 und 11 Abs. 1 des BStMG), sei durch einen Irrtum der Beschwerdeführer für den Zulassungsbesitzer gehalten und ihm daher die Aufforderung zur Erteilung der Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 zugestellt worden. Inzwischen sei der Irrtum aufgeklärt worden. Die Daten des Beschwerdeführers seinen nur an ihn selbst (an seine Wohnsitzadresse in R***) übermittelt worden, weitere Daten (Kfz-Kennzeichen, Tatort und Tatzeit der möglichen Verwaltungsübertretung) würden sich nur auf Dritte (den Zulassungsbesitzer bzw. den Lenker des Kfz im Tatzeitpunkt) beziehen, und durch deren Verwendung sei jedenfalls nicht der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt worden.
Der Beschwerdeführer gab am 10. März 2014 zu diesem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nach Parteiengehör folgende Stellungnahme ab: Der Beschwerdegegner stütze sich zur Rechtfertigung des von ihm „verursachten Kriminalakt“ lediglich auf ein Versehen einer namentlich nicht genannten Mitarbeiterin. Er beantrage ‚die niederschriftliche Einvernahme (§§ 37, 39 ff iVm § 14 AVG) der noch auszuforschenden „Mitarbeiterin“ der betreffenden (belangten) Behörde, zum Beweis dafür, dass die personenbezogen Daten des nunmehrigen Beschwerdeführers in einer schäbigen Weise, nämlich mit einem behördlich angemeldeten KFZ und mit einem fälschlichen Tatort und einer damit verbundenen Tatzeit sehr wohl fälschlich und datenschutzrechtlich verwerflich verbunden wurden‘. Die unzutreffende Rechtsmeinung des Beschwerdegegners sei als „dermaßen schäbig und erbärmlich anzusehen“, dass dadurch das Ansehen der Republik Österreich verletzt werde.
B. Beschwerdegegenstand
Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob der Beschwerdegegner durch die aktenkundige Zurechnung eines Kfz-Kennzeichens zum Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer und durch Zustellung einer Aufforderung zur Erteilung einer Lenkerauskunft an diesen, das Recht des Beschwerdeführers auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten verletzt hat.
C. Sachverhaltsfeststellungen
Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:
Der Magistrat der Stadt Wien als Verwaltungsstrafbehörde, für diesen als intern zuständige Organisationseinheit handelnd das Magistratische Bezirksamt für den **. Bezirk, bearbeitete am 12. Dezember 2013 eine Anzeige wegen des Verdachts einer Übertretung des BStMG, begangen am 10. August 2013 auf der mautpflichtigen Bundesstraße A 23 in **** Wien um 9:22 Uhr vom Lenker des Kraftfahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen **-7*4 O.
Durch einen Irrtum des mit dem Ermittlungsverfahren befassten Mitarbeiters erging am 12. Dezember 2013 zu Zl. MBA ** – S *7*8*/13 an den Beschwerdeführer als vermeintlichen Zulassungsbesitzer des bezeichneten Kraftfahrzeugs die Anfrage gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967, wer im bezeichneten Zeitpunkt dieses Kraftfahrzeug gelenkt habe.
Dieses Aufforderung zur Erteilung einer Lenkerauskunft wurde dem Beschwerdeführer an dessen vom Beschwerdegegner für diesen Zweck ermittelten Wohnsitzadresse in **** R***, I***straße *4/B/3*, in den folgenden Tagen als unbescheinigte Postsendung zugestellt. Am 27. Dezember 2013 gab der Beschwerdeführer auf dem übermittelten Formular die Antwort, dass er die Auskunft über den Lenker nicht erteilen könne, da ihm Kraftfahrzeug und Kennzeichen unbekannt seien.
Darauf wurde die entsprechenden Daten vom Beschwerdegegner nochmals überprüft und der Irrtum aufgeklärt. Eine weitere Verwendung von Daten des Beschwerdeführers (Vor- und Familienname, Adresse, Geburtsdatum) für Zwecke des zu Zl. MBA ** – S *7*8*/13 geführten Verwaltungsstrafverfahrens ist nicht erfolgt.
Beweiswürdigung: Diese Feststellungen beruhen auf den vom Beschwerdeführer als Beilagen zur Beschwerde vom 24. Jänner 2014 vorgelegten Aktenkopien, insbesondere der zitierten Aufforderung zur Erteilung einer Lenkerauskunft vom 12. Dezember 2013, Zl. MBA ** – S *7*8*/13, und der Antwort des Beschwerdeführers vom 27. Dezember 2013 sowie weiteren Beilagen. Im Übrigen wird der glaubwürdigen Darstellung des Beschwerdegegners, wonach die Verwendung der Daten des Beschwerdeführers auf einem Irrtum beruht und nur für Zwecke der Einholung einer Lenkerauskunft erfolgte, gefolgt.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
Die Beschwerde hat sich als unbegründet erwiesen.
a) Zuständigkeit der Datenschutzbehörde und Frage der Passivlegitimation
Die Zuständigkeit der Datenschutzbehörde zur Entscheidung dieser Beschwerde stützt sich auf § 31 Abs. 2 DSG 2000 idF BGBl. I Nr. 83/2013. Die Beschwerde wurde bereits bei der am 1. Jänner 2014 in Nachfolge der früheren Datenschutzkommission eingerichteten Datenschutzbehörde anhängig gemacht.
Der Beschwerdegegner Magistrat der Stadt Wien ist der Geschäftsapparat der Organe der Bundeshauptstadt Wien als Bundesland und als Gemeinde und als Bezirksverwaltungsbehörde selbst Behörde der allgemeinen staatlichen Verwaltung und damit gemäß § 26 BStMG die für Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretungen des BStMG im Bundesland Wien zuständige Behörde. Der Beschwerdegegner ist datenschutzrechtlicher Auftraggeber (§ 4 Z 4 4. und 5. Fall DSG 2000), als solcher auch im Datenverarbeitungsregister eingetragen (DVR: 0000191), und war daher als passiv legitimierter Beschwerdegegner zu behandeln.
b) in der Sache selbst
Im Gegensatz zum Vorbringen des Beschwerdeführers besteht der gesetzmäßige Zweck eines Beschwerdeverfahrens gemäß § 31 Abs. 2 DSG 2000 nicht darin, eine strafrechtlich relevante Schuld einzelner Personen (Mitarbeiter oder Organwalter eines datenschutzrechtlichen Auftraggebers) oder ein schadenersatzrechtlich relevantes Verschulden des Rechtsträges des datenschutzrechtlichen Auftraggebers unter Beweis zu stellen. Der Sachverhalt, auf dessen Grundlage die Entscheidung zu treffen ist, ist durch das – im Hinblick auf die Tatsachen im Wesentlichen sogar widerspruchsfreie - Vorbringen beider Parteien und die vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkundenkopien aus dem Verwaltungsstrafverfahren Zl. MBA ** – S *7*8*/13 in ausreichender Weise geklärt, sodass auf die vom Beschwerdeführer beantragte Ausforschung und Einvernahme des für das Verfahren verantwortlichen Mitarbeiters des Beschwerdegegners verzichtet werden konnte, da durch diese weitere Beweisaufnahme weder neue und verfahrensrelevante Tatsachen festgestellt, noch Widersprüche im Vorbringen der Parteien aufgeklärt werden könnten.
Ein objektiver, im Beschwerdeverfahren gemäß § 31 Abs. 2 DSG 2000 festzustellender rechtswidriger Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Geheimhaltung ihn betreffender personenbezogener Daten liegt hier nicht vor.
Dazu ist zweierlei festzuhalten:
Zum einen hat der Beschwerdegegner den Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren Zl. MBA ** – S *7*8*/13 in keinem Augenblick als Beschuldigten geführt. Beschuldigter ist ein Beteiligter eines Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 32 Abs. 1 und 2 VStG ab dem Zeitpunkt einer gegen ihn gerichteten Verfolgungshandlung, nämlich insbesondere der Aufforderung zur Rechtfertigung, der Erlassung einer Strafverfügung, der Ladung als Beschuldigter, der Erlassung eines Vorführungsbefehls oder der Vernehmung als Beschuldigter. Die Aufforderung zur Auskunftserteilung nach § 103 Abs 2 KFG stellt nach der Rechtsprechung keine Verfolgungshandlung sondern eine vom Vorwurf des Deliktes unabhängige administrative Maßnahme dar (vgl. VwGH E 23.02.2000, Zl. 99/03/0314). Für eine Verfolgungshandlung gibt es keinen Anhaltspunkt in den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens und auch keine entsprechende Feststellung.
Zum anderen ist dem Beschwerdegegner beizupflichten, wenn er vorbringt, dass keinerlei Daten des Beschwerdeführers, insbesondere solche, die sich auf seine Rolle im Verwaltungsstrafverfahren Zl. MBA ** – S *7*8*/13 des Beschwerdegegners (irrtümliche Behandlung als auskunftspflichtiger Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen **-7*4 O) beziehen, an Dritte übermittelt worden sind. Die Verwendung ihn betreffender Daten, die irrtümlich aber im Vertrauen auf eine gesetzliche Ermächtigung gemäß § 7 Abs. 1 DSG 2000 ermittelt und damit aktenkundig geworden sind, beschränkte sich auf den Kreis der Mitarbeiter der Behörde, die durch das Datengeheimnis (§ 15 DSG 2000) und die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit (Art 20 Abs. 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes) zur Geheimhaltung dieser Daten verpflichtet sind.
Damit konnte kein rechtswidriger Eingriff in das Recht auf Geheimhaltung festgestellt werden. Die Beschwerde war spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Geheimhaltung, Verwaltungsstrafbehörde, Ermittlung, Lenkererhebung, Kfz-Kennzeichen, Irrtum, PersonenverwechslungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:DSB:2014:DSB.D122.086.0007.DSB.2014Zuletzt aktualisiert am
02.10.2014