Norm
DSG 2000 §1 Abs3 Z1Text
GZ: DSB-D122.349/0004-DSB/2015 vom 16.7.2015
[Anmerkung Bearbeiter: Namen und Firmen, Rechtsformen und Produktbezeichnungen, Adressen (inkl. URLs, IP- und E-Mail-Adressen), Aktenzahlen (und dergleichen), etc., sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
BESCHEID
SPRUCH
Die Datenschutzbehörde entscheidet über die Datenschutzbeschwerde des Gerhard O*** (Beschwerdeführer) aus **** vom 5. Mai 2015 gegen die K*** Gesellschaft m.b.H. (Beschwerdegegnerin) aus **** M*** wegen Verletzung im Recht auf datenschutzrechtliche Auskunft in Folge Nichtbeantwortung des Auskunftsverlangens vom 30. März 2015 wie folgt:
1. Der Beschwerde wird im Hauptpunkt Folge gegeben und
1.1. festgestellt, dass die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführer dadurch in seinem Recht auf Erhalt einer datenschutzrechtlichen Auskunft verletzt hat, dass sie das Auskunftsverlangen des Beschwerdeführers vom 30. März 2015 auch nach Kenntnisnahme am 6. Mai 2015 nicht beantwortet hat;
1.2. der Beschwerdegegnerin aufgetragen, dem Beschwerdeführer binnen zweier Wochen bei sonstiger Zwangsvollstreckung eine datenschutzrechtliche Auskunft im gesetzmäßigen Umfang gemäß § 26 Abs. 1, § 49 Abs. 3 und § 50e des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl. I Nr. 165/1999 idgF, zu erteilen oder schriftlich zu begründen, warum eine solche Auskunft nicht oder nicht vollständig erteilt wird.
2. Soweit der der Beschwerdeführer beantragt hat, die Datenschutzbehörde möge
2.1. dem zuständigen Gericht gemäß § 13 Abs. 1 FBG unverzüglich die unrichtige Eintragung hinsichtlich der Geschäftsadresse mitteilen und einen Strafantrag gemäß § 24 Abs. 1 FBG stellen,
2.2. der zuständigen Behörde den Verstoß gegen § 5f ECG insbesondere im Hinblick auf die Verletzung der Informationspflicht melden, und
2.3. der Beschwerdegegnerin auftragen, nachzuweisen wann die Anschrift im Impressum der von der Beschwerdegegnerin betriebenen Website geändert wurde,
werden die in der Beschwerde gestellten Anbringen zurückgewiesen.
Rechtsgrundlagen: § 26 Abs. 1 und 4, § 31 Abs. 1, 7 und 8, § 49 Abs. 3 und § 50e Abs. 1 und 2 des Datenschutzgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 165/1999 idgF
BEGRÜNDUNG
A. Vorbringen der Parteien
Der Beschwerdeführer behauptet in seiner vom 5. Mai 2015 datierten und am 6. Mai 2015 per E-Mail bei der Datenschutzbehörde eingelangten Beschwerde eine Verletzung im Recht auf Auskunft dadurch, dass die Beschwerdegegnerin auf sein Auskunftsverlangen, das er am 10. April 2015 per Einschreibbrief an die im Firmenbuch und auf der Website der Beschwerdegegnerin angegebene Geschäftsadresse der Beschwerdegegnerin gesendet habe, nicht reagiert habe. Das Schreiben mit dem Auskunftsverlangen sei von der Post mit dem Vermerk „verzogen“ retourniert worden. Die Frist für eine Antwort laufe zwar noch bis 8. Juni 2015, da es dem Beschwerdeführer aber nicht zumutbar sei, über die Überprüfung des Firmenbuchs und der eigenen Website der Beschwerdegegnerin hinaus, weitere Nachforschungen anzustellen, sei wohl keine Antwort zu erwarten. Es sei aber von der Fiktion einer Zustellung an die im Firmenbuch aufscheinende Geschäftsadresse auszugehen.
Die Datenschutzbehörde hat am 6. Mai 2015 die Adresse der Beschwerdegegnerin an Hand öffentlich zugänglicher Quellen überprüft und das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend die auf der Website der Beschwerdegegnerin angegebenen Kontaktdaten bestätigt gefunden. Eine Aufforderung zur Stellungnahme zur in Kopie samt allen Beilagen übermittelten Beschwerde wurde daraufhin an die Beschwerdegegnerin unter der im Verzeichnis „Firmen A-Z“ der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) aufscheinende Adresse „**** M***, T***straße“ per E-Mail an die Adresse office@k***media.com elektronisch zugestellt und von der Beschwerdegegnerin nachweislich empfangen.
Die Beschwerdegegnerin gab in einer kurzen Stellungnahme (E-Mail) vom 10. Juni 2015 an, kein Auskunftsverlangen des Beschwerdeführers erhalten zu haben. Änderungen in der Geschäftsadresse (mittlerweile laute dieses Ü***straße *7 in **** M***) seien schon seit längerem vorgenommen worden, wie im Firmenbuch und bei der Gewerbebehörde (Magistrat M***) überprüft werden könne, diesbezüglich liege ein Versäumnis der WKÖ vor.
Die Datenschutzbehörde hat daraufhin amtswegig einen Firmenbuchauszug (Eintragung zu FN 2*6*9*0h vom 15. Juni 2015 mit historischen Daten) beigeschafft sowie nochmals die Website der Beschwerdegegnerin und ihre Eintragung im Firmen A-Z der WKÖ überprüft und die entsprechenden Suchergebnisse in einem Aktenvermerk vom 15. Juni 2015 mit Screenshots gesichert. Beiden Parteien wurde zu diesen Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens mit Schreiben vom 15. Juni 2015 Parteiengehör eingeräumt.
Die Beschwerdegegnerin brachte dazu in einer Stellungnahme (E-Mail) vom 16. Juni 2015 vor, es sei ein kleiner Fehler (Hausnummer „1*7“ anstatt „*7“) im Impressum der eigenen Homepage korrigiert worden. Das Impressum sei entscheidend, was in der Rubrik „Kontakt“ stehe sei dagegen, ebenso wie Markierungen in elektronischen Stadtplänen, „gegenstandslos“. Das Firmenverzeichnis der WKÖ erhebe keinen Anspruch auf Aktualität. Zum Anbringen des Beschwerdeführers gab die Beschwerdegegnerin an, dieser habe keinen „Kontaktversuch auf elektronischem od. telefonischem Wege“ nachgewiesen.
Der Beschwerdeführer gab am 18. Juni 2015 zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens eine Stellungnahme ab, in der er vorbrachte, sich niemals auf die Daten der WKÖ bezogen zu haben. Er habe sich auf das Firmenbuch verlassen, aus dem hervorgehe, dass die Änderung der Geschäftsanschrift mit 14. Mai 2015 eingetragen worden sei, demnach erst nach seinem Auskunftsbegehren. Aus einem Aktenvermerk der Datenschutzbehörde vom 15. Juni 2015 ergebe sich wiederum, dass zu diesem Zeitpunkt auf der Website der Beschwerdegegnerin im Impressum eine richtiggestellte, in der Rubrik „Kontakt“ jedoch weiterhin eine überholte, unrichtige Adresse angegeben war. Sein Vertrauen auf den Stand des Firmenbuchs sei geschützt, und es sei ihm als Auskunftswerber nicht zuzumuten, solche Widersprüche zu bemerken und aufzuklären. In so einem Fall sei der Erhalt des Auskunftsbegehrens daher rechtlich zu fingieren. Bis längstens zum 8. Juni 2015 hätte dieses daher beantwortet werden müssen.
B. Beschwerdegegenstand
Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob der Beschwerdeführer ein wirksames Auskunftsverlangen gestellt und dieses dem Gesetz entsprechend beantwortet worden ist.
C. Sachverhaltsfeststellungen
Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:
Die Beschwerdegegnerin ist unter der Firma „K*** GmbH“ zu FN 2*6*9*0h im Firmenbuch des Landesgerichts M*** eingetragen. Seit 10. März 2010 lautete ihre im Firmenbuch eingetragene Geschäftsanschrift „E***platz *6, **** M***“. Am 6. Mai 2015 langte beim Landesgericht M*** als Firmenbuchgericht eine Anmeldung der Änderung der für Zustellungen maßgeblichen Geschäftsanschrift auf „Ü***straße *7, **** M***“ ein. Diese Änderung wurde am 14. Mai 2015 eingetragen. Geschäftszweig der Beschwerdegegnerin laut Firmenbuch ist „Internet-Content-Providing“.
Beweiswürdigung: Diese Feststellungen beruhen auf dem mit Stand 15. Juni 2015 amtswegig eingeholten Firmenbuchauszug mit historischen Daten, einliegend als Beilage zu GZ: DSB-D122.349/0002-DSB/2015 der Verwaltungsakten dieses Beschwerdeverfahrens.
In der kostenlos öffentlich zugänglichen Internet-Datenbank „Firmen A-Z“ der Wirtschaftskammer Österreich (http://firmen.wko.at), die u.a. Daten zu Adressen (Standorte), Firmennamen, Firmenbuchnummer, zuständiges Firmenbuchgericht, Kammerzugehörigkeit, ECG-Aufsichtsbehörde und Gewerbeberechtigungen aller gewerblichen Unternehmen, die Mitglied der Wirtschaftskammer sind, umfasst, war die Beschwerdegegnerin jedenfalls bis zum 15. Juni 2015 unter der Adresse „T***straße *1, **** M***“ eingetragen. Dies war die vor dem 10. März 2010 im Firmenbuch eingetragene Geschäftsanschrift.
Als Gewerbeberechtigung der Beschwerdegegnerin scheint dort „Werbeagentur“ auf. Faktisch ist der Geschäftsgegenstand der Beschwerdegegnerin die gewerbliche Adressgewinnung und -Verwertung für Zwecke des Direkt-, insbesondere des E-Mail-Marketing.
Die Daten Firmenname, Inhaber, Firmenwortlaut, Firmenbuchnummer, Firmenbuchgericht, Behörde gem. ECG, Standort- und Berechtigungsdaten im „Firmen A-Z“ werden vom zentralen Gewerberegister oder dem Firmenbuch übernommen. Alle anderen Daten können vom Mitglied selbst editiert werden.
Beweiswürdigung: wie bisher (Firmenbuch), weiters stützen sich diese Feststellungen auf den Inhalt der Website http://firmen.wko.at abgerufen am 6. Mai 2015 (Beilage zu GZ: DSB-DSB-D122.349/0001-DSB/2015) und 15. Juni 2015 (Aktenvermerk, Beilage zu GZ: DSB-D122.349/0002-DSB/2015). Die Feststellungen zum faktischen Geschäftsgegenstand der Beschwerdegegnerin gründen sich auf die Werbebroschüre „Adressgewinnung – Das Powerpaket **** für Ihr Direct-Marketing“, die am 15. Juni 2015 von der Website http://www.k***media.com heruntergeladen und als Beilage zu GZ: DSB-D122.349/0002-DSB/2015 gesichert worden ist.
Auf der Website der Beschwerdegegnerin mit der URL http://www.k***media.com war am 6. Mai 2015 im Impressum Folgendes eingetragen:
[Anmerkung Bearbeiter: grafische Datei im RIS nicht wiedergegeben, da mit vertretbarem Aufwand nicht zu pseudonymisieren. Es ist die Adresse „E***platz *6“ angegeben.]
Beweiswürdigung: Diese Feststellungen stützen sich auf den Inhalt der reproduzierten Website, abgerufen am 6. Mai 2015 (Vergrößerung eines Ausschnitts aus dem Screenshot Beilage 2 zu GZ: DSBD122.349/0001-DSB/2015).
Am 15. Juni 2015 lautete das Impressum der Website der Beschwerdegegnerin mit der URL http://www.k***media.com folgendermaßen:
[Anmerkung Bearbeiter: grafische Datei im RIS nicht wiedergegeben, da mit vertretbarem Aufwand nicht zu pseudonymisieren. Es ist die Adresse „Ü***straße *7“, angegeben.]
Beweiswürdigung: Diese Feststellungen stützen sich auf den Inhalt der reproduzierten Website, abgerufen am 15. Juni 2015 (Vergrößerung eines Ausschnitts aus dem Screenshot im Aktenvermerk vom 15. Juni 2015, Beilage zu GZ: DSB-D122.349/0002-DSB/2015).
Die Rubrik „Kontakt“ auf der Website der Beschwerdegegnerin mit der URL *****enthielt am 15. Juni 2015 unverändert folgende Angaben:
[Anmerkung Bearbeiter: grafische Datei im RIS nicht wiedergegeben, da mit vertretbarem Aufwand nicht zu pseudonymisieren. Es ist die Adresse „E***platz *6“ angegeben.]
Beweiswürdigung: wie zuletzt.
Am 10. April 2015 (Postaufgabe) richtete der Beschwerdeführer folgendes Schreiben, dem als Identitätsnachweis eine Kopie der Vorderseite des Führerscheins des Beschwerdeführers (Nr. 1***4*5, ausgestellt am 23.8.2010 von der [damaligen] Bundespolizeidirektion Wien) angeschlossen war, an die Beschwerdegegnerin an der Adresse E***platz *6, **** M***:
„30. März 2015
Gegenstand: Auskunft gem. DSG 2000 (§§ 1, 23, 26, 50, 50e u.a.)
Sehr geehrte Damen! Sehr geehrte Herren!
Sie führen personenbezogene Datenverarbeitung(en) und Datenanwendungen. Ich ersuche Sie unter Hinweis auf §§ 1, 23, 26, 50 und 50e DSG 2000 sowie alle weiteren anwendbaren datenschutzrechtlichen Bestimmungen um Beantwortung der folgenden Fragen:
? Welcher Art sind die Daten, die Sie über mich speichern?
? Welchen Inhalt haben diese Daten, woher stammen sie, wozu werden sie verwendet, an wen wurden sie übermittelt?
? Zu welchem Zweck werden die Datenanwendungen betrieben?
? Aufgrund welcher Vertrags. bzw. Rechtsgrundlage werden die Daten verwendet?
Sie werden ersucht, auch alle anfallenden Daten zu beauskunften, die sich in anderen Dateien befinden, jedoch über Schlüssel-, Such- und Referenzbegriffe mit meinen personenbezogenen Daten direkt oder indirekt verknüpft werden können (§ 4 DSG 2000),
Sofern Sie nicht meldepflichtige Standardanwendungen gemäß § 17 Abs 2 Z 6 DSG 2000 betreiben, teilen Sie mir gemäß § 23 DSG 2000 mit welche Standardanwendungen Sie vornehmen. Gleichzeitig weise ich Sie darauf hin, dass sich dieses Auskunftsbegehren auch auf sämtliche betriebene Standardanwendungen bezieht.
Werden die Daten nach § 10 DSG verarbeitet, ersuche ich um die zusätzliche Angabe von Name und Anschrift Ihres Dienstleisters.
Sollten Sie Betreiber eines Informationsverbundsystems gemäß § 4 Z 13 DSG 2000 sein, so sind Sie gemäß § 50 Abs 1 DSG 2000 dazu verpflichtet, mir alle Auskünfte zu erteilen die notwendig sind, um sämtliche für die Verarbeitung (iSd. § 4 Z 9 DSG 2000) meiner Daten im System verantwortlichen Auftraggeber festzustellen. Sofern Sie an einem Informationsverbundsystem teilnehmen, ohne dass eine entsprechende Meldung an die Datenschutzbehörde unter Angabe eines Betreibers erfolgt ist, treffen Sie als Auftraggeber gemäß § 50 Abs 1 DSG 2000 sämtliche Betreiberpflichten - darunter die oben erwähnte Auskunftspflicht.
Wenn Sie Daten im internationalen Datenverkehr verarbeiten, ersuche ich Sie unter Hinweis auf die §§ 12-13 DSG 2000, die Geschäftszahl der Genehmigung durch die Datenschutzbehörde anzugeben.
Im Sinne einer weitestgehenden Mitarbeit gebe ich Ihnen folgende zusätzliche Identifikationsdaten bekannt:
E-Mail: gerhard2.o***@***mail.org
Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass Daten zu meiner Person unter der angegebenen Adresse auch ohne Titel vorhanden sein können.
Als weiteren Nachweis der Identität lege ich eine Kopie des Führerscheins bei.
Soweit Sie Daten in automatisierter Form ermitteln (berechnen), die rechtliche Folgen haben können oder die Ihre Entscheidung zur Erbringung oder Nicht-Erbringung von Leistungen gegen meine Person beeinflussen können, wird gemäß § 49 Abs 3 DSG 2000 beantragt das Zustandekommen der automatisierten Ermittlung (Berechnungsmethode) und des logischen Ablaufs der automatisierten Entscheidungsfindung zu beauskunften. Dies bezieht sich insbesondere auf Bewertungen, Einschätzungen und Ratings, die geeignet sind meine berufliche Leistungsfähigkeit, meine Kreditwürdigkeit, meine Zuverlässigkeit oder mein Verhalten zu bewerten.“
Der entsprechende Einschreibbrief (Sendungsnr. RO2*0*1*5*AT) wurde am 13. April 2015 von der Post mit dem Vermerk „verzogen“ an den Absender retourniert.
Beweiswürdigung: Diese Feststellungen gründen sich auf die vom Beschwerdeführer (Beilagen zur Beschwerde vom 6. Mai 2015, einliegend in GZ: DSB-D122.349/0001-DSB/2015) vorgelegten Urkundenkopien Auskunftsverlangen samt Führerscheinkopie, Aufgabeschein und Kuvert mit Rücksendungsvermerk der Österreichischen Post AG.
Der Beschwerdeführer unternahm keinen weiteren Versuch der Kontaktaufnahme mit der Beschwerdegegnerin sondern brachte am 6. Mai 2015 die gegenständliche Beschwerde ein.
Beweiswürdigung: Diese Feststellung gründet sich auf das unbestrittene, übereinstimmende und logisch schlüssige Vorbringen beider Parteien.
Die Beschwerdegegnerin erlangte am 6. Mai 2015 durch die Zustellung der Beilagen zur Aufforderung zur Stellungnahme der Datenschutzbehörde, GZ: DSB-D122.349/0001-DSB/2015, an die E-Mail-Adresse office@k***media.com vom Auskunftsverlangen des Beschwerdeführers Kenntnis.
Beweiswürdigung: Diese Feststellung gründet sich auf die zitierten Verwaltungsakten, insbesondere die darin einliegende elektronische Zustellbestätigung vom 6. Mai 2015, 13:50 Uhr.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
Summe
1. Die Beschwerde hat sich im Hauptpunkt im Ergebnis als berechtigt erwiesen, wenn auch aus etwas anderen Gründen, als dies vom Beschwerdeführer ausgeführt worden ist. Für einige offenbar überschießend oder vorsorglich gestellte Anbringen besteht jedoch keine Möglichkeit, sie im Bescheidspruch zu erledigen (siehe aber sogleich unten 3. und 4.).
Zuständigkeit und Befugnisse der Datenschutzbehörde
2. Die Datenschutzbehörde ist in dieser Sache, soweit eine Entscheidung über das Recht auf Auskunft gemäß § 26 DSG 2000 begehrt wird, gemäß § 31 Abs. 1 DSG 2000 zur Entscheidung zuständig und ermächtigt, auch Leistungsaufträge an die Beschwerdegegnerin zu richten, da entsprechende Anträge des Beschwerdeführers vorliegen.
Unzuständigkeit der Behörde und nicht In Bescheidform zu erledigende Anbringen
3. Die Datenschutzbehörde ist jedoch nicht ermächtigt, wie beantragt durch Bescheid über ihre mögliche eigene Pflicht, Strafanzeigen wegen Übertretung des ECG zu erstatten, Strafanträge beim Firmenbuchgericht wegen Verletzung firmenbuchrechtlicher Pflichten zu stellen sowie der Beschwerdegegnerin den Nachweis bestimmter Tatsachen aufzutragen, zu entscheiden. Der Beschwerdeführer verkennt damit den Gegenstand und die Grenzen eines Beschwerdeverfahrens nach § 31 DSG 2000. Zweck eines solchen Verfahrens ist es, über subjektive Datenschutzrechte zu entscheiden. Der Spruch eines Bescheids der Datenschutzbehörde im Beschwerdeverfahren ist daher, so nicht spezialgesetzlich ausdrücklich anderes angeordnet ist, auf die in § 31 Abs. 7 DSG 2000 umschriebenen Feststellungen und Leistungsaufträge beschränkt.
4. Die darüber hinausgreifenden Anträge des Beschwerdeführers waren daher gemäß Spruchpunkt 2. zurückzuweisen. Die Datenschutzbehörde wird allerdings den vorliegenden Bescheid dem Landesgericht M*** als Firmenbuchgericht und dem Magistrat der Landeshauptstadt M*** als ECG- und Gewerbebehörde nach Rechtskraft zwecks Beurteilung im dg. bzw. da. Zuständigkeitsbereich zur Kenntnis bringen.
Auskunftsrecht und Erhalt eines Auskunftsverlangens, behauptete Zustellfiktion
5. Das subjektive Recht auf Auskunft über eigene Daten gemäß § 26 Abs. 1 DSG 2000 umfasst den Anspruch, eine vollständige und richtige Auskunft im vom Gesetz umschriebenen Umfang über eigene Daten, die der Auftraggeber verarbeitet, vom Auftraggeber zu erhalten (ständige Spruchpraxis der früheren Datenschutzkommission seit dem Bescheid vom 23. August 2002, GZ: K120.819/003-DSK/2002, RIS). Weitere auf § 26 Abs. 1 DSG 2000 beruhende spezielle datenschutzrechtliche Auskunftsrechte, die der Beschwerdeführer ausdrücklich geltend gemacht hat, sind das Recht auf Auskunft über den logischen Ablauf automatisierter Einzelentscheidungen gemäß § 49 Abs. 3 DSG 2000 und das Recht auf Auskunft über den (Bild-) Dateninhalt einer Videoüberwachung gemäß § 50e DSG 2000.
6. Gerade bei Unternehmen, die sich gewerblich mit dem Ermitteln, Erfassen, Vergleichen, Verknüpfen, Überlassen und Übermitteln personenbezogener Daten befassen (hier: im Rahmen des Gewerbes nach § 151 GewO 1994 – Adressverlag und Direktmarketingunternehmen), kommt dem anlassunabhängigen Kontrollrecht des Betroffenen auf Auskunft über eigene Daten erhöhte Bedeutung zu.
7. Für die Wirksamkeit eines Auskunftsverlangens ist es jedoch von entscheidender Bedeutung, dass es dem datenschutzrechtlichen Auftraggeber zugestellt worden ist, bzw. dass er auf sonstige Weise von dem Inhalt des Auskunftsverlangens Kenntnis erlangt hat.
8. In diesem Beschwerdefall steht fest, dass das gesetzmäßig unter Anschluss eines Identitätsnachweises gestellte Auskunftsverlangen vom 30. März 2015 (Datum des Schreibens) bzw. 10. April 2015 (Datum des Postversands) der Beschwerdegegnerin vor Beschwerdeerhebung nicht zugestellt worden ist. Dies wird vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet. Er beruft sich jedoch darauf, § 15 Abs. 3 UGB begründe in Verbindung mit §§ 33 Abs. 2 und 34 Abs. 1 UGB eine Zustellfiktion.
9. Unter einer Zustellfiktion (vgl. etwa die Wirkung der zulässigen Hinterlegung eines behördlichen Dokuments gemäß § 17 Abs. 3 ZustG) wäre zu verstehen, dass die Rechtsfolge einer Zustellung, etwa die Auslösung eines Fristenlaufs, eintritt, obwohl die Sendung (noch) nicht in die Verfügungsgewalt des Adressaten gelangt ist, und er von ihrem Inhalt (noch) nichts weiß. Zustellfiktionen treten typischerweise bei gesetzlich geregelten Zustellungen von Behörden (Gerichten wie Verwaltungsbehörden) ein.
10. Gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 FBG ist der Sitz und die für Zustellungen maßgebliche Geschäftsanschrift ins Firmenbuch einzutragen. Gemäß §§ 10 Abs. 1 und 11 FBG sind Änderungen einzutragender Tatsachen unverzüglich beim Firmenbuchgericht anzumelden, wobei u.a. für Änderungen der Geschäftsanschrift ein vereinfachtes Verfahren gilt. Eine sinngemäß gleiche Pflicht ergibt sich auch aus den bereits zitierten §§ 33 Abs. 2 und 34 Abs. 1 UGB, wobei im UGB allerdings nur vom „Sitz der juristischen Person“ die Rede ist.
11. Unbestreitbar ist, dass die Beschwerdegegnerin gegen diese Pflichten verstoßen hat, da sie die Änderung ihrer Geschäftsanschrift erst am 6. Mai 2015, also am selben Tag, an dem ihr die Aufforderung zur Stellungnahme samt Beilagen durch die Datenschutzbehörde zugestellt worden ist, beim Landesgericht M*** zur Eintragung im Firmenbuch angemeldet hat.
12. Die Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte zu den §§ 3 Abs. 1 Z 4 und 10 Abs. 1 FBG lehnt eine aus solch pflichtwidrigem Verhalten abgeleitete Zustellfiktion jedoch ab: Eine Verletzung der Pflicht, Änderungen der Geschäftsanschrift einer GmbH dem Firmenbuchgericht bekanntzugeben, bewirkt nicht, dass an die noch im Firmenbuch eingetragene Adresse durch Hinterlegung in analoger Anwendung des § 8 Abs 2 ZustG ein ein Verfahren einleitender Schriftsatz wirksam zugestellt werden könnte (OGH 8.6.1998 8 ObA 132/98i, RIS, RS0110249).
13. Die Datenschutzbehörde hält daher fest, dass durch den Versuch einer Zustellung des Auskunftsverlangens des Beschwerdeführers am 13. April 2015 an der nicht mehr geltenden Adresse der Beschwerdegegnerin in **** M***, E***platz *6, keine Zustellfiktion eingetreten ist. Die Zustellung ist vielmehr nicht erfolgt bzw. war unwirksam. Die achtwöchige Frist des § 26 Abs. 4 DSG 2000 ist erst am 6. Mai 2015 durch die Zustellung der Beilagen (Auskunftsverlangen samt Identitätsnachweis) zur Aufforderung zur Stellungnahme der Datenschutzbehörde, GZ: DSB-D122.349/0001-DSB/2015, an die E-Mail-Adresse office@k***media.com ausgelöst worden, da die Beschwerdegegnerin dadurch vom Inhalt des Auskunftsverlangens Kenntnis erlangt hat.
14. Die Erhebung einer Beschwerde wegen Verletzung des Auskunftsrechts vor Ablauf der achtwöchigen Frist gemäß § 26 Abs. 4 DSG 2000 bewirkt nicht die Unzulässigkeit der Beschwerde. Die Frist gemäß § 26 Abs. 4 DSG 2000 ist eine materiellrechtliche Frist. Die Beschwerdegegnerin hätte daher bis zum Ablauf dieser Frist Zeit gehabt, Auskunft zu erteilen oder eine Begründung zu geben, warum dies nicht geschehen kann. Diese Verfrühung der Beschwerde in Bezug auf die materiellrechtliche Frist gemäß § 26 Abs. 4 DSG 2000 hat lediglich bewirkt, dass der Beschwerdeführer das Prozessrisiko dahingehend getragen hat, dass die Beschwerdegegnerin ihre Auskunft noch vor Ende der Frist dem Gesetz entsprechend erteilt und damit die Beschwerde unbegründet gemacht hätte (vgl. den Bescheid der früheren Datenschutzkommission vom 3.12.2002, K120.804/016-DSK/2002, RIS, RS1). Ebenso wie der wegen Verletzung eines subjektiven Rechts belangte datenschutzrechtliche Auftraggeber die Möglichkeit hat, sein Verhalten nach Eintritt der Rechtswidrigkeit durch Leistungserbringung gemäß § 31 Abs. 8 DSG 2000 zu sanieren, kann er auch durch Nichtreaktion auf ein ihm im laufenden Verfahren zur Kenntnis gelangtes Auskunftsverlangen eine ursprünglich nicht ausreichend begründete datenschutzrechtliche Beschwerde validieren, das heißt die behauptete Rechtsverletzung eintreten lassen. Dies gilt hier umso mehr, als die Beschwerdegegnerin durch objektiv pflichtwidriges Verhalten die Unsicherheit über die maßgebliche Zustelladresse erst verursacht hat. Ob der Beschwerdeführer zuvor, wie von der Beschwerdegegnerin vorgebracht, keinen weiteren Versuch der Kontaktaufnahme (z.B. per E-Mail) unternommen hat, ist hier nicht entscheidend.
15. Der Entscheidung der Datenschutzbehörde ist, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung zu Grunde zu legen (ständige Rechtsprechung des VwGH, vgl. u.a. E 19.2.1986 VwSlg 12037 A/1986). Diese bedeutet, dass auch Änderungen des zu beurteilenden Sachverhalts während des Verfahrens zu berücksichtigen sind, soweit eine solche Änderung überhaupt möglich ist.
16. Die Beschwerdegegnerin hätte daher acht Wochen bis zum 1. Juli 2015 Zeit gehabt, das Auskunftsverlangen durch Reaktion gegenüber dem Beschwerdeführer (durch inhaltliche Antwort oder begründete Ablehnung des Auskunftsverlangens) zu erfüllen, die Beschwerde damit gemäß § 31 Abs. 8 DSG 2000 gegenstandslos zu machen und die Einstellung des Verfahrens zu erwirken. Auf diese Möglichkeit ist die Beschwerdegegnerin auch in der einleitenden Aufforderung zur Stellungnahme hingewiesen worden.
17. Die Beschwerdegegnerin hat es jedoch vorgezogen, sich allein auf die nicht erfolgte Zustellung des Auskunftsverlangens zu berufen. Dadurch ist am 1. Juli 2015 die Frist gemäß § 26 Abs. 4 DSG 2000 abgelaufen, und hat sich die Sachlage damit insoweit geändert, als die ursprünglich verfrühte Beschwerde mit diesem Kalenderdatum Begründung erlangt hat (Tatbestand des Fristablaufs gemäß § 26 Abs. 4 DSG 2000 nun erfüllt).
18. Der Beschwerde war daher spruchgemäß in der Hauptsache im Umfang des Spruchpunkts 1. Folge zu geben. Gemäß § 31 Abs. 7 DSG 2000 war neben der Feststellung ein vollstreckbarer Leistungsauftrag zu erlassen.
Schlagworte
Beschwerde, Auskunft, Nichterteilung, für Zustellung maßgebliche Geschäftsanschrift, falsche Angaben auf Website und im Firmenbuch, Zustellfiktion, Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der EntscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:DSB:2015:DSB.D122.349.0004.DSB.2015Zuletzt aktualisiert am
15.07.2016