TE Dsk BescheidWissenschaftStatistikArchiv 2015/8/10 DSB-D202.152/0002-DSB/2015

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Veröffentlicht am 10.08.2015
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Norm

DSG 2000 §46 Abs2 Z3
DSG 2000 §46 Abs3
AVG §78
BVwAbgV §1
BVwAbgV §3 Abs1
BVwAbgV TP1

Text

GZ: DSB-D202.152/0002-DSB/2015 vom 10. August 2015

[Anmerkung Bearbeiter: Namen und Firmen, Rechtsformen und Produktbezeichnungen, Adressen (inkl. URLs, IP- und E-Mail-Adressen), Aktenzahlen (und dergleichen), etc., sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

BESCHEID

Spruch:

Die Datenschutzbehörde entscheidet über den Antrag der Agnes C*** (Antragstellerin), in F***, vom 28. Juli 2015 auf Erteilung einer Genehmigung gemäß § 46 Abs. 3 DSG 2000 wie folgt:

1. Der Antragstellerin wird die Genehmigung erteilt, jeweils an der Ost- und Westein- bzw. –ausfahrt von F*** auf der B * für Zwecke des Forschungsprojekts „Ziel- und Quellverkehr in und rund um F***“ Bilddaten von Kennzeichen der Verkehrsteilnehmer zu verarbeiten (zu speichern und auszuwerten).

2. Zur Wahrung der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen werden folgende Auflagen erteilt:

a) Die Antragstellerin darf diese Daten erst verarbeiten (speichern), nachdem die Meldepflicht gemäß §§ 17 ff DSG 2000 vollständig erfüllt worden ist.

b) Der von den Aufnahmen erfasste Bereich ist sichtbar durch auf die Durchführung von Bildaufzeichnungen hinweisende Schilder mit Angabe der DVR-Nummer der Antragstellerin zu kennzeichnen.

c) Das im Rahmen des Forschungsprojektes verwendete Kamerasystem ist technisch so einzustellen, dass möglichst nur das Kennzeichen und der dieses unmittelbar umgebende Bereich der vorbeifahrenden Fahrzeuge von der Bildaufnahme erfasst wird.

d) Die aufgezeichneten Bilddaten dürfen ausschließlich von der Antragstellerin oder entsprechend geschulten Mitarbeitern, die nachweislich über die Einhaltung des Datengeheimnisses (§ 15 DSG 2000) unterrichtet wurden, verwendet (eingesehen etc.) werden. Die Antragstellerin hat gem. § 14 Abs. 1 DSG 2000 Maßnahmen für die Gewährleistung der Datensicherheit zu treffen.

e) Die verwendeten Daten sind entsprechend § 14 Z 5 DSG 2000 sicher zu verwahren.

f) Der direkte Personenbezug ist unverzüglich zu beseitigen, wenn er für die Untersuchung nicht mehr notwendig ist (§ 46 Abs. 5 DSG 2000). Die Ergebnisse der Untersuchung dürfen jedenfalls keinerlei personenbezogene Daten enthalten.

g) Eine Übermittlung der unausgewerteten Bilddaten ist nur im Fall der behördlichen Anordnung einer solchen gestattet.

3. Gemäß § 78 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 1, 3 Abs. 1 und TP 1 Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983, BGBl Nr. 24 idgF (BVwAbgV), hat die Antragstellerin eine Verwaltungsabgabe in Höhe von

Euro 6,50

zu entrichten.

Rechtsgrundlagen: § 46 Abs. 2 Z 3 und Abs. 3 des Datenschutzgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 165/1999 idgF, sowie § 78 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51 idgF, iVm §§ 1, 3 Abs. 1 und TP 1 der Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983 (BVwAbgV), BGBl. Nr. 24 idgF; § 14 TP 1 des Gebührengesetzes 1957 (GebG), BGBl. Nr. 267 idgF.

Begründung:

Die Antragstellerin begehrt die Genehmigung der Verarbeitung personenbezogener Daten, nämlich die Erfassung der Kennzeichen von Verkehrsteilnehmern, für Zwecke der wissenschaftlichen Untersuchung des Ziel- und Quellverkehrs in und rund um F***.

A. Sachverhaltsfeststellungen

Die Antragstellerin ist Studentin im 5. Semester der Fachhochschule yyyyy. Im Zuge ihrer Bachelorarbeit möchte die Antragstellerin eine Verkehrszählung durchführen, um ihre Hypothese, dass die meisten Kfz-Lenker die Bundesstraße * gegenüber der Autobahn A * bevorzugen, zu bestätigen oder diese zu entkräften. Die erste Phase besteht aus einer Videoanalyse, die zweite aus einer Online-Umfrage über die Beweggründe der Benützung der B *.

Dazu möchte die Antragstellerin jeweils an der Ost- und Westein- bzw.- ausfahrt von F*** auf der B * zwei Kameras aufstellen. Aufgenommen werden nur die Kennzeichen der passierenden Autos. Die Aufnahmen der beiden Kameras werden anschließend in einer Auswertung miteinander verglichen, um festzustellen, ob es sich bei den Autos um Ziel- oder Quellverkehr handelt.

Für die Aufzeichnungen sind zwei Tage vorgesehen: Ein Wochentag, voraussichtlich Mittwoch, und ein Wochenendtag, voraussichtlich Samstag. Der Einsatz der Kameras erfolgt am Mittwoch am Vor- und Nachmittag, am Samstag am Vormittag. Es sollen zwei Stunden aufgezeichnet werden, anschließend wird die stärkste halbe Stunde herausgesucht und diese ausgewertet. Die Auswertung wird nur von der Antragstellerin durchgeführt und die Aufzeichnungen werden nach Abschluss des Projektes wieder gelöscht.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen beruhen auf dem Vorbringen im Antrag vom 28.  Juli 2015, sowie dem ergänzenden Schreiben der Antragstellerin vom 7. August 2015 samt den dazu übermittelten Unterlagen.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1.1. Zunächst ist festzuhalten, dass Bilddaten (bestimmbare) personenbezogene Daten iSd § 4 Z 1 DSG 2000 sind (vgl. für viele die Bescheide der Datenschutzkommission vom 21. Jänner 2009, GZ. K121.425/0003-DSK/2009, sowie vom 17. Oktober 2012, GZ. K202.113/0007-DSK/2012). Das DSG 2000 ist somit einschlägig. Gleichzeitig liegen mit diesen Bilddaten hier jedoch keine sensiblen Daten (§ 4 Z 2 DSG 2000) vor.

Im Rahmen des verfahrensgegenständlichen Forschungsprojekts sollen Bilddaten für wissenschaftliche Zwecke ermittelt und ausgewertet werden. Die Verwendung personenbezogener Daten für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung und Statistik unterliegt der Sondervorschrift des § 46 DSG 2000 (und nicht etwa den §§ 50a ff DSG 2000, die Videoüberwachung zu anderen Zwecken regeln).

1.2. Wie sich aus dem Sachverhalt klar ergibt, kann die Zustimmung der Verkehrsteilnehmer, die sich durch den Aufnahmebereich der Kameras bewegen (von vornherein unbestimmter Personenkreis), nicht vorgenommen werden, ohne einen sehr hohen Aufwand zu treiben. So wäre – aufgrund des notorisch starken Verkehrsaufkommens auf der B * – die Identifizierung und Ausforschung der sowie die Kontaktaufnahme mit den Betroffenen an Hand der erfassten Kennzeichen von mehreren hundert Fahrzeugen vorzunehmen, wobei aufgrund der Grenznähe davon auszugehen ist, dass auch Fahrzeuge ohne österreichische Zulassung erfasst werden, deren Zulassungsdaten somit dem Auftraggeber nicht zur Verfügung stehen.

Dies führt zu dem Schluss, dass die Einholung der Zustimmung aller Betroffenen – die im Übrigen nur im Nachhinein erfolgen könnte – nicht nur einen unverhältnismäßigen Aufwand verursachen, sondern zumindest teilweise dem Schutzzweck der §§ 1 Abs. 1 und 46 DSG 2000 zuwiderlaufen würde.

1.3. Das öffentliche Interesse an der beabsichtigen Datenverwendung ist gegeben. Durch die Bestätigung oder Entkräftung der aufgestellten Hypothese können – auch außerhalb der konkreten Bachelorarbeit – Erkenntnisse gewonnen werden, die einer möglichen Verkehrsplanung zugrunde gelegt werden können.

1.4. Die Genehmigung war daher zu erteilen, allerdings gemäß § 46 Abs. 3 DSG 2000 an die Erfüllung von Auflagen zu knüpfen (Spruchpunkt 2.). Diese Auflagen spiegeln dabei gesetzliche Verpflichtungen wider bzw. konkretisieren sie.

Die Auflagen 2.a. und 2.b. stellen sicher, dass Betroffene die Möglichkeit haben, von der Bilddatenerfassung Kenntnis zu erlangen (§ 24 DSG 2000 unter sinngemäßer Anwendung von § 50d DSG 2000). Die Meldung der Datenanwendung ist über die Datenanwendung „DVR-Online“ vorzunehmen (siehe http://www.dsb.gv.at/site/6294/default.aspx mit weiteren Informationen).

Die Auflage 2.c. dient der Sicherstellung eines möglichst geringfügigen Eingriffes in das Grundrecht auf Datenschutz.

Die Auflagen 2.d. und 2.e. dienen der Einhaltung und Sicherung des Datengeheimnisses.

Die Auflage 2.f. ist notwendig, um im Sinne des § 46 Abs. 5 DSG 2000 (Beseitigung des Personenbezugs, sobald für die wissenschaftliche Arbeit nicht mehr notwendig) einen möglichst schonenden Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz vorzunehmen.

Die Auflage 2.g. nimmt auf die Möglichkeit Bezug, dass Bild- und Tondaten, etwa nach einem Verkehrsunfall mit Verletzten, für Zwecke eines strafprozessualen Ermittlungsverfahrens als Beweismittel sichergestellt und beschlagnahmt werden. Die Auflage soll klarstellen, dass eine solche Übermittlung der einzige Fall bleiben muss, in dem der unausgewertete, unbearbeitete (nicht-pseudonymisierte) Original-Datenbestand übermittelt werden darf

1.5. Die Verwaltungsabgabe (Spruchpunkt 3) war gemäß § 78 Abs. 1 AVG iVm §§ 46, 53 Abs. 1 DSG 2000 vorzuschreiben. Demnach ist für Anträge nach § 46 DSG 2000 keine Befreiung von Verwaltungsabgaben normiert. Diese Summe ist auf das Konto BAWAG P.S.K., Georg-Coch-Platz 2, 1018 Wien, IBAN: AT470100000005010057, BIC: BUNDATWW, lautend auf das Bundeskanzleramt, einzuzahlen. Als Verwendungszweck möge die Geschäftszahl sowie das Erledigungsdatum angegeben werden. Auf Wunsch kann ein Erlagschein zur Verfügung gestellt werden.

Schlagworte

Datenverwendung für wissenschaftliche Forschung und Statistik, Forschungsprojekt, Verkehrsanalyse, wissenschaftliche Untersuchung des Ziel- und Quellverkehrs, Auswertung der Bilddaten von Kfz-Kennzeichen, Auflagen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:DSB:2015:DSB.D202.152.0002.DSB.2015

Zuletzt aktualisiert am

16.11.2015
Quelle: Datenschutzbehörde Dsb, https://www.dsb.gv.at
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