Norm
DSG 2000 §1 Abs1Text
GZ: DSB-D122.359/0005-DSB/2015 vom 11.8.2015
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BESCHEID
SPRUCH
Die Datenschutzbehörde entscheidet über die Datenschutzbeschwerde der Gundula W***(Beschwerdeführerin), vertreten durch Mag. Konstanze J*** vom 29. Mai 2015 gegen die Agrarmarkt Austria (Beschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung in Folge Veröffentlichung personenbezogener Daten im Internet wie folgt:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Der Antrag auf Vorlage der Frage der Vereinbarkeit sekundärrechtlicher Regelungen zur namensbezogenen Veröffentlichung von Förderungsempfängern von Agrarförderung aus Unionsmitteln mit der EU-Grundrechtecharta an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung wird zurückgewiesen.
Rechtsgrundlagen: §§ 1, 7, 8 und 31 des Datenschutzgesetzes 2000 – DSG 2000, BGBl. I Nr. 165/1999 idgF; § 26a des Marktordnungsgesetzes 2007 – MOG 2007, BGBl. I Nr. 55 idgF; Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV, ABl. Nr. C 326 vom 26. Oktober 2012 S. 47 idgF; Art. 111 bis 114 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 – Verordnung, ABl. Nr. 347 vom 20. Dezember 2013, S. 549–607 idgF; Art. 57 bis 62 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 908/2014 – Durchführungsverordnung, ABl. Nr. L 255 vom 28. August 2014, S. 59–124 idgF.
BEGRÜNDUNG
A. Vorbringen der Parteien
1. Die Beschwerdeführerin behauptet – zusammengefasst – eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung dadurch, dass die Beschwerdegegnerin agrarische Förderdaten über die Beschwerdeführerin auf der Website www.transparenzdatenbank.at veröffentlicht habe. Die Veröffentlichung erfolge auf Basis der Verordnung und der Durchführungsverordnung, die Beschwerdegegnerin sei gemäß § 26a MOG die für die Veröffentlichung zuständige Stelle. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) habe mit Urteil vom 9. November 2010, Rs C-92/09 und C-93/09, die damals gültige Rechtsgrundlage für die namensbezogene Veröffentlichung von Empfängern von Agrarförderungen als mit Art. 7 und 8 der EU-Grundrechtecharta (EU-GRC) unvereinbar und damit für ungültig erklärt. Die nunmehrige rechtliche Grundlage für die Veröffentlichung unterscheide sich nur geringfügig von der damaligen Rechtslage, weshalb ein unzulässiger Eingriff in die durch Art. 7 und 8 EU-GRC gewährleisteten Rechte vorliege. Es werde daher beantragt, diese Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen.
2. Die Beschwerdegegnerin führt in ihrer Stellungnahme vom 16. Juli 2015 aus, rein vollziehende Behörde und an klare Rechtsgrundlagen gebunden zu sein.
B. Beschwerdegegenstand
Auf Grund des Vorbringens der Beschwerdeführerin ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob die Beschwerdeführerin durch die Veröffentlichung der durch sie im Jahr 2014 erhaltenen Agrarförderungen auf der Website www.transparenzdatenbank.at in ihrem Recht auf Geheimhaltung verletzt wurde. Weiters ist zu prüfen, ob die die Datenschutzbehörde ein vorlagefähiges Gericht im Sinne des Art. 267 AEUV ist.
C. Sachverhaltsfeststellungen
Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:
Die Beschwerdeführerin bezog als Landwirtin im Jahr 2014 Agrarförderungen aus Unionsmitteln in Höhe von insgesamt 24.190, 69 Euro. Die Gesamthöhe der Förderungen sowie die Teilbeträge dazu wurden von der Beschwerdegegnerin auf der Website www.transparenzdatenbank.at veröffentlicht.
Beweiswürdigung: Diese Feststellungen beruhen auf dem unbestrittenen Vorbringen der Verfahrensparteien sowie auf einer Nachschau der Datenschutzbehörde unter www.transparenzdatenbank.at.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
Zu Spruchpunkt 1:
Unbestritten ist, dass die Beschwerdegegnerin – eine Körperschaft öffentlichen Rechts – nach Maßgabe der Art. 111 bis 114 der Verordnung und Art. 57 bis 62 der Durchführungsverordnung sowie gemäß § 26a MOG 2007 zur grundsätzlich namensbezogenen Veröffentlichung von Empfängern von Förderungen aus Unionsmitteln verpflichtet ist. Dass eine Ausnahme von der Verpflichtung zur namensbezogenen Veröffentlichung vorliegt (bspw. Unterschreiten einer Bestimmungen Förderungshöhe udgl.) wurde von keiner Verfahrenspartei vorgebracht.
Da somit eine klare und ordnungsgemäß kundgemachte Rechtsgrundlage für die Veröffentlichung personenbezogener Daten der Beschwerdeführerin vorliegt, war die Beschwerde somit spruchgemäß abzuweisen.
Zu Spruchpunkt 2:
Soweit die Beschwerdeführerin die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV anregt, ist auszuführen, dass die Datenschutzbehörde – anders als die ehemalige Datenschutzkommission (vgl. dazu die Rs C-46/13) – nicht mehr als vorlagefähiges Gericht im Sinne des Art. 267 AEUV anzusehen ist:
Gegen Bescheide der Datenschutzbehörde besteht nämlich seit Schaffung einer allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit die Möglichkeit, Beschwerde an das mit voller Kognitionsbefugnis ausgestattete Bundesverwaltungsgericht (ein ohne Zweifel als Gericht im Sinne des Art. 267 AEUV zu qualifizierendes Gericht) zu erheben (Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG; § 39 DSG 2000). In einem derartigen Verfahren kommt der Datenschutzbehörde Parteistellung zu (§ 18 VwGVG). Gegen aufhebende oder abändernde Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes kann die Datenschutzbehörde (außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof erheben (Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG).
Eine derartige Konstellation spricht jedoch nach der jüngeren Rechtsprechung des EuGH gegen das Vorliegen eine vorlagefähigen „Gerichts“ im Sinne des Art. 267 AEUV (vgl. dazu das Urteil Belov, C-394/11 EU:C:2013:48, Rn 49 und 52, sowie das Urteil TDC, C-222/13, EU:C:2014:2265, Rn 37), weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Entscheidung über DSB-Dokument (BVwG)
Das Bundesverwaltungsgericht hat die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde mit Erkenntnis vom 20.10.2015, GZ: W224 2113499-1/4E, als unbegründet abgewiesen.Schlagworte
Geheimhaltung, Agrarförderung, Transparenzportal, Veröffentlichung, gesetzliche Ermächtigung, gesetzliche Verpflichtung, Unionsrecht, VorabentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:DSB:2015:DSB.D122.359.0005.DSB.2015Zuletzt aktualisiert am
13.02.2017