Gbk 2016/1/14 GBK II/275/15

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Veröffentlicht am 14.01.2016
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Diskriminierungsgrund

Ethnische Zugehörigkeit

Diskriminierungstatbestand

Diskriminierung auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses

Text

SENAT II DER GLEICHBEHANDLUNGSKOMMISSION

Anonymisiertes Prüfungsergebnis GBK II/275/15 gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

Der Senat II der Gleichbehandlungskommission (GBK) hat über den Antrag von Herrn A (in der Folge: Antragsteller) wegen Diskriminierung bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG durch die Firma B (in der Folge: Antragsgegnerin), nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, iVm § 11 Gleichbehandlungskommissions-GO, BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013, erkannt:

Eine Diskriminierung des Antragstellers auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses durch die Antragsgegnerin

l i e g t m a n g e l s G l a u b h a f t m a c h u n g n i c h t v o r.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Im Antrag wurde vom Antragsteller vorgebracht, dass er durch ein Inserat auf der Website der Jobbörse „X" auf eine Stelle aufmerksam geworden sei, die sein Interesse geweckt habe. Darin wurde durch die Firma C ein „Field Coach (m/w)" bei der Antragsgegnerin gesucht.

Da er über einschlägige Berufserfahrung verfüge, habe er sich per E-Mail beworben. Von 1997 bis 2011 sei er in den Vereinigten Staaten als Pharmareferent sowie Pharmaausbildner/Coach tätig gewesen. Er habe in mehreren therapeutischen Bereichen gearbeitet und sei überzeugt, für die gegenständliche Position bestens qualifiziert zu sein, da er u.a. über mehrjährige Erfahrung im Trainingsbereich verfüge.

Schließlich habe er bei Frau D von der Firma C ein Vorstellungsgespräch für die Stelle gehabt. Da er hinsichtlich des Ergebnisses seines Vorstellungsgesprächs keinen Rückruf erhalten habe, habe er telefonisch nachgefragt und dabei von Frau D eine Absage mit der Begründung erhalten, dass die Antragsgegnerin eine Person mit österreichischer Pharmamarkterfahrung gesucht habe.

Da er das Anforderungsprofil im Stelleninserat zur Gänze erfüllt habe, falle es ihm schwer nachzuvollziehen, weshalb plötzlich das Kriterium einer österreichischen Arbeitserfahrung auf diesem Gebiet ausschlaggebend gewesen sein soll.

Es fänden sich diesbezüglich weder Anhaltpunkte im Stelleninserat noch sei ein entsprechender Wunsch während des einstündigen Bewerbungsgesprächs geäußert worden. Darüber hinaus sei zu betonen, dass das Fehlen einer korrespondierenden Pharmamarkterfahrung ohnedies bereits auf Grundlage seines Lebenslaufes hätte ersichtlich sein müssen.

Da ihn das Vorgehen der Firma C verwundert habe - immerhin sei er zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen worden, was auf ein ernsthaftes Erwägen seiner Person und Qualifikationen hindeute - habe er den Hintergrund des auf einmal entscheidenden Faktors hinterfragt und ein weiteres Telefonat mit Frau D geführt.

Bei diesem Gespräch habe er die Auskunft erhalten, er solle die Referentenprüfung ablegen, dann wären seine Chancen besser. Auch dieses Kriterium sei im Stelleninserat nicht gefordert, sondern nur als Wunsch formuliert gewesen („idealerweise Pharmareferentenprüfung").

Nicht zuletzt erscheine ihm auch diese Empfehlung als ein vorgeschobenes Argument, denn auch das Vorzeigen einer entsprechend abgelegten Prüfung werde im Stelleninserat als Wunsch und nicht als wesentliche Voraussetzung genannt.

Er fühle sich daher durch die Antragsgegnerin aufgrund seiner ethnischen Zugehörigkeit — er sei US-amerikanischer Staatsbürger — diskriminiert.

In der Stellungnahme der Antragsgegnerin wurde vorgebracht, dass sich der Antragsteller für eine bei der Antragsgegnerin ausgeschriebene Position als „Field Coach“ beworben und bei Frau D, einer Mitarbeiterin der Firma C die für die Antragsgegnerin die Vorauswahl im Recruitingprozess getroffen habe und in diesem Zusammenhang die „erste Runde“ der Vorstellungsgenspräche durchgeführt habe, ein persönliches Gespräch gehabt habe.

Richtig sei, dass es zu keinem weiteren persönlichen Gespräch/Vorstellungsgespräch für den Antragsteller gekommen sei, und zwar weder bei der Firma C noch bei der Antragsgegnerin, sondern dass der Antragsteller eine schriftliche Absage für die Position erhalten habe.

Die Absage habe aber nichts mit der ethnischen Zugehörigkeit oder der Staatsangehörigkeit des Antragstellers zu tun gehabt. Grund sei gewesen, dass es andere Bewerber gegeben habe, die für die ausgeschriebene Position fachlich besser qualifiziert gewesen wären, die daher in die „nächste Runde“ gekommen und zu einem Gespräch bei der Antragsgegnerin eingeladen worden seien. Festzuhalten sei, dass sich auf das Inserat 150 Bewerber/innen gemeldet haben, es habe sich also um eine sehr begehrte Position mit vielen Interessent/innen gehandelt.

Unter diesen 150 Bewerber/innen habe es auch Personen gegeben, die insgesamt fachlich besser geeignet für die ausgeschriebene Position gewesen seien als der Antragsteller. Nicht übersehen werden dürfe in diesem Zusammenhang, dass es sich bei der Antragsgegnerin um ein Unternehmen eines internationalen Konzerns handle, der auch in den USA Standorte habe. Es sei geradezu absurd anzunehmen, dass ein Unternehmen eines derartigen Konzerns mit Bewerber/innen verschiedener ethnischer Zugehörigkeit ein „Problem“ habe.

Die Antragsgegnerin beschäftige in Österreich derzeit Dienstnehmer/innen mit rund 10 verschiedenen ethnischen Zugehörigkeiten und Nationalitäten. Diese Vielfalt werde von der Antragsgegnerin ganz eindeutig als Vorteil wahrgenommen – in sprachlicher wie auch in kultureller Hinsicht.

Die ethnische Zugehörigkeit des Antragstellers sei sohin keineswegs der Grund für die Absage gewesen (die Englischkenntnisse waren eher ein klarer Vorteil), sondern es wären dies rein sachliche Gründe, insbesondere die Tatsache, dass es andere Bewerber/innen gegeben habe, die über Erfahrung am österreichischen Pharmamarkt verfügt hätten.

Jener Kandidat, der die Position dann tatsächlich erhalten habe, habe neben dem abgeschlossenen Studium (Dr.) der Naturwissenschaften auch noch den Universitätslehrgang im Gesundheitswesen abgeschlossen und habe zusätzlich extensive Erfahrung als Trainer und eine Trainerausbildung. Er sei auch bis zuletzt als Trainer tätig gewesen.

Der Antragsteller sei daher auch nicht mehr in die „zweite Runde“ direkt bei der Antragsgegnerin eingeladen worden. Bei seinem zweiten Telefonat mit Frau D nach der Absage habe der Antragsteller signalisiert, dass er sehr gerne in die Pharmaindustrie in Österreich einsteigen wolle. Daher habe Frau D ihm den Tipp gegeben, die Pharmareferentenprüfung zu absolvieren. Dieser Tipp sei allerdings komplett unabhängig von der konkreten Bewerbung für die Antragsgegnerin gewesen. Die Pharmareferentenprüfung sei auch nicht Voraussetzung für die zu besetzende Position gewesen.

Die ethnische Zugehörigkeit des Antragstellers habe bei dem Entscheidungsprozess der Antragsgegnerin bzw. bei der durch die Firma C durchgeführten Vorselektion keine Rolle gespielt, sondern das Ergebnis der von C durchgeführten „ersten Runde“ sei gewesen, dass einige Bewerber/innen fachlich geeigneter für die ausgeschriebene Position erschienen wären als der Antragsteller. Dessen ethnische Zugehörigkeit habe bei dem Recruitingprozess vielmehr überhaupt keine Rolle gespielt.

In Konkretisierung des Antrag wurde vom Antragsteller vorgebracht, dass genug Interesse an seiner Person vorhanden gewesen sein müsse, da Frau E sich ungefähr eine Woche danach gemeldet habe, diesmal wegen einer anderen Stelle mit dem gleichen Auftraggeber. Hinsichtlich des Telefonats mit Frau D führte er aus, dass diese gesagt habe, dass der Kunde einen Kandidaten mit österreichischer Pharmaerfahrung vorgezogen habe.

Er fühle sich wegen seiner ethnischen Zugehörigkeit (US-amerikanische Herkunft) mittelbar diskriminiert, weil ein scheinbar neutrales Kriterium - die österreichische Pharmamarkterfahrung - für die Entscheidung herangezogen worden sei, wodurch er aber in besonderer Weise aufgrund seiner ethnischen Zugehörigkeit gegenüber anderen Personen benachteiligt worden sei. Durch seine Berufserfahrung in den USA wäre er aber für die Stelle bestens qualifiziert gewesen.

Der Senat II der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, lauten:

"§ 17. (1) Auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung darf in Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht

1. bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses.

"§ 19. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 17 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

(2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, oder Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Orientierung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.

(3) Eine Diskriminierung liegt auch bei Anweisung einer Person zur Diskriminierung vor.

Vor der rechtlichen Auseinandersetzung mit dem im Verfahren vor dem erkennenden Senat erhobenen Sachverhalt bleibt zunächst zu bemerken, dass die Herstellung einer diskriminierungsfreien Arbeitsumwelt als eine der wesentlichsten Zielsetzungen des Gleichbehandlungsgesetzes zu betrachten ist.

Im Hinblick auf dieses Ziel wird es daher unerlässlich sein, sich mit allenfalls vorhandenen negativen Stereotypisierungen von Personengruppen auseinanderzusetzen.

Das Diskriminierungsverbot des § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG begründet keinen Anspruch auf die Begründung eines bestimmten Arbeitsverhältnisses, sondern konkretisiert vorvertragliche Sorgfaltspflichten, die ein anerkanntes Element des arbeitsrechtlichen Schutzprinzips darstellen und bei deren Verletzung als Rechtsfolge Schadenersatzansprüche zugunsten der diskriminierten Person vorgesehen sind. Dieses Diskriminierungsverbot ist extensiv zu interpretieren - alle mit dem Zustandekommen eines Arbeitsvertrages in Zusammenhang stehenden Vorgänge sind hiervon umfasst.

In einem Verfahren vor einem Senat der Gleichbehandlungskommission soll grundsätzlich nicht das jeweilige Auswahlverfahren wiederholt werden, sondern es soll überprüft werden, ob die Entscheidung, die zur Ablehnung eines Bewerbers oder einer Bewerberin geführt hat, transparent, objektiv und sachlich nachvollziehbar war. Im Hinblick auf den Schutzzweck des GlBG sind Ausnahmen vom Gleichbehandlungsgebot (siehe § 20 GlBG) nur in engen Grenzen zulässig.

Zur Frage der Beweismaßverteilung im GBK-Verfahren ist anzumerken, dass gemäß § 26 Abs. 12 GlBG eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 17, 18 oder 21 beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Dem/der Beklagten obliegt es bei Berufung auf § 17 oder 18 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne der §§ 19 Abs. 2 oder 20 vorliegt.

Der im schriftlichen Vorbringen des Antragstellers geäußerten Ansicht, dass er durch das in die Entscheidung der Antragsgegnerin eingeflossene Kriterium der „Erfahrung am österreichischen Pharmamarkt“ mittelbar auf Grund seiner ethnischen Zugehörigkeit als US-Amerikaner diskriminiert worden sei, war nach Meinung des Senats nicht beizupflichten, da eine derartige Erfahrung am heimischen Arbeitsmarkt grundsätzlich gänzlich unabhängig von der jeweiligen ethnischen Zugehörigkeit einer Person erworben werden kann.

Ferner wird damit auch nicht auf vom GlBG geschützte Merkmale von Bewerber/innen wie etwa deren jeweilige ethnische Zugehörigkeit, deren Geschlecht, deren sexuelle Orientierung oder deren Religion Bezug genommen, sondern es wird ein nach Meinung des Senates zunächst zulässiges Kriterium für die Beurteilung, wer der/die beste Bewerber/in für eine bestimmte Position sei, definiert, was im Hinblick auf die vom Senat geforderte Transparenz von Stellenbesetzungsverfahren zweckmäßig ist.

Wenn Vorerfahrungen von Bewerber/innen in einer bestimmten Branche oder einem bestimmten Beruf in eine Personalsuche eines/r Arbeitgeber/in – von dem/der a priori angenommen werden kann, dass diese/r aus betriebswirtschaftlichen Interessen die bestgeeignete Person für eine bestimmte Position sucht - miteinfließen, kann der Senat in einem derartigen Kriterium per se noch keinen diskriminierenden Gehalt erkennen.

Da die dem Antragsteller gegenüber genannte „Erfahrung“ nicht Teil der Stellenausschreibung gewesen war, haben sich für den Senat auch keinerlei Indizien dahingehend ergeben, dass mit einer derartigen Formulierung des Inserats vom/von der Arbeitgeber/in möglicherweise eine verdeckte Suche nach Bewerber/innen „inländischer Herkunft“ bezweckt worden sein könnte.

Auch der Hinweis des Antragstellers, dass offenbar so großes Interesse an seiner Person geherrscht habe, dass er wegen eines zweiten Jobs kontaktiert worden sei, spricht gegen ein diskriminierendes Vorgehen der Antragsgegnerin in Bezug auf die ethnische Zugehörigkeit des Antragstellers.

Der erkennende Senat ist daher zur Auffassung gelangt, dass mangels Glaubhaftmachung durch den Antragsteller keine Diskriminierung auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 17 Abs. Z 1 GlBG vorliegt.

Zuletzt aktualisiert am

29.01.2016
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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