TE Vwgh Erkenntnis 2000/9/18 98/17/0045

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Veröffentlicht am 18.09.2000
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Index

E3R E03605600;
55 Wirtschaftslenkung;

Norm

31992R3950 ZusatzabgabeV Milchsektor Art7;
31992R3950 ZusatzabgabeV Milchsektor Art9 litd;
MOG 1985 §73 Abs2;
MOG MilchGarantiemengenV 1995 §11;
MOG MilchGarantiemengenV 1995 §5 Abs1;
MOG MilchGarantiemengenV 1995 §5 Abs3;
MOG MilchGarantiemengenV 1995 §5;
MOG MilchGarantiemengenV 1995 §6;
MOG MilchGarantiemengenV 1995 §7 Abs5;
MOG MilchGarantiemengenV 1995 §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der G, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft (nunmehr Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) vom 15. Dezember 1997, Zl. 17.274/186-IA7/97, betreffend Anlieferungs-Referenzmenge (mitbeteiligte Partei: H, vertreten durch Dr. S und D, Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in P), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 13.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des landwirtschaftlichen Betriebs R. Der Betrieb R war auf Grund eines Vertrages des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführerin mit dem Mitbeteiligten ab 1974 (bis 30. April 1996) an diesen verpachtet (vgl. zum Sachverhalt auch das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1997, Zl. 93/17/0156). Dem Mitbeteiligten stand eine Einzelrichtmenge als Inhaber des milcherzeugenden Betriebes G zu, die im Laufe der Jahre aufgestockt wurde.

Ab dem Jahre 1991 bemühte sich die Beschwerdeführerin um eine Aufteilung der ihrer Ansicht nach dem Betrieb R zustehenden Einzelrichtmenge. Nach Beendigung des Pachtverhältnisses stellte die Beschwerdeführerin am 2. Jänner 1997 den Antrag auf Zuteilung der ihr ab 30. April 1996 zustehenden Anlieferungs-Referenzmenge. Sie bezeichnete diesen Antrag auch als "Ergänzung zum Antrag vom 1.7.1991, 27.3.1996 und 6.8.1996".

Mit Bescheid des Vorstands des Geschäftsbereichs III der Agrarmarkt Austria vom 28. Februar 1997 wurde der Beschwerdeführerin auf Grund des Antrags vom 2. Jänner 1997 eine Anlieferungs-Referenzmenge in der Höhe von 19.260 kg zuerkannt. Die Behörde erster Instanz legte dabei die dem Mitbeteiligten zustehende Referenzmenge zugrunde und teilte sie auf die Betriebe R und G im Verhältnis der Grundflächen auf. Die Anträge vom 27. März 1996 und 6. August 1996 auf Milchkontingentteilung wurden zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Nach Durchführung eines umfangreichen Ermittlungsverfahrens gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid der Berufung nicht statt und änderte die Festsetzung der Anlieferungs-Referenzmenge dahingehend ab, dass die Referenzmenge mit Null festgesetzt wird. Das Ermittlungsverfahren bezog sich insbesondere auf den bei Rückstellung des Pachtgegenstandes gegebenen Bauzustand und die Möglichkeit zur Milchproduktion.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin berufe sich unter anderem darauf, dass bei der Aufteilung der Referenzmengen die Direktverkaufs-Referenzmenge von 18.000 kg nicht berücksichtigt worden sei. Dazu wird der Schriftwechsel zwischen der belangten Behörde und der Beschwerdeführerin dargestellt und darauf hingewiesen, auf den Vorhalt, dass die Direktverkaufs-Referenzmenge für die Direktvermarktung zur Verfügung stehe und eine Darstellung als umgewandelte A-Quote nicht den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften entspreche, sei keine Stellungnahme der Beschwerdeführerin eingegangen.

In der Folge wird der von der belangten Behörde im Zuge des Verwaltungsverfahrens erhobene Sachverhalt hinsichtlich der Haltung von Milchkühen auf den Betrieb R dargestellt. Die belangte Behörde kommt auf Grund ihrer Feststellungen, dass auf dem Betrieb R der Beschwerdeführerin bis zum Entscheidungszeitpunkt im Dezember 1997 keine Milcherzeugung erfolgte, zum Ergebnis, dass keine Aufteilung eines Betriebs im Sinne des § 6 der Milch-Garantiemengen-Verordnung, BGBl. Nr. 225/1995, vorgelegen sei. Eine Referenzmengenteilung sei in diesem Zusammenhang nur möglich, wenn durch die Teilung eigenständige milcherzeugende Betriebe entstünden. Zwar müsse berücksichtigt werden, dass unmittelbar nach der Teilung eine Milcherzeugung unter Umständen infolge notwendiger Adaptierungsmaßnahmen nicht in allen Fällen möglich sei; im Beschwerdefall habe jedoch auch zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung und somit nach mehr als 19 Monaten nach erfolgter Betriebsteilung keine Milcherzeugung stattgefunden. In diesem Zusammenhang wird auch auf Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 hingewiesen, nach welcher für den Verfall der Referenzmenge in die einzelstaatliche Reserve bereits eine Nichtlieferung von 12 Monaten vorgesehen ist.

Da durch die Betriebsteilung nicht zwei eigenständige milcherzeugende Betriebe entstanden seien, sei gemäß § 6 und § 28 Milch-Garantiemengen-Verordnung die Anlieferungs-Referenzmenge und die Direktverkaufs-Referenzmenge auch nicht aufzuteilen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung in den in der Milch-Garantiemengen-Verordnung, BGBl. Nr. 225/1995, verankerten Rechten der Aufteilung und Mitteilung der Milch-Referenzmenge für den in ihrer Verfügungsmacht stehenden, eigenständigen und milcherzeugenden Betrieb R im Ausmaß einer anteilsmäßigen Zuteilung einer Anlieferungs-Referenzmenge von zumindest 19.260 kg sowie im Recht auf Aufteilung der ebenfalls nach Teilung des Betriebs ihr zustehenden Direktverkaufs-Referenzmenge von 18.000 kg Milch geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Der Mitbeteiligte hat eine Gegenschrift erstattet, in der ebenfalls die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Die Beschwerdeführerin hat eine Replik erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall sind die Vorschriften der Milch-Garantiemengen-Verordnung, BGBl. Nr. 225/1995, in der zum Rückstellungszeitpunkt geltenden Fassung durch BGBl. Nr. 857/1995 und 95/1996 anzuwenden.

§§ 5 bis 7 der Milch-Garantiemengen-Verordnung, BGBl. Nr. 225/1995, in der genannten Fassung lauteten:

"Änderung des Verfügungsrechts über einen Betrieb

§ 5. (1) Die Referenzmenge eines Betriebs steht dem jeweiligen Verfügungsberechtigten über diesen Betrieb (Betriebsinhaber) zu.

(2) Soweit die dem Betrieb entsprechende Referenzmenge auch aus einer gemäß § 4 Abs. 1 der Milch-Referenzmengen-Zuteilungsverordnung zugeteilten Anlieferungs-Referenzmenge II besteht, steht die Anlieferungs-Referenzmenge II bei Änderungen des Verfügungsrechts über den Betrieb durch Kauf oder Pacht bis zur endgültigen Zuteilung der Anlieferungs-Referenzmenge II dem neuen Verfügungsberechtigten nicht zu und ist in diesem Fall der gemäß den in § 1 genannten Rechtsakten bezeichneten Reserve zuzuschlagen.

(3) Ein Betrieb im Sinne des Abs. 1 besteht aus den zur Milcherzeugung erforderlichen und genutzten Flächen sowie jenen Wirtschaftsgebäuden und Teilen der Betriebsstätte, die zur Milcherzeugung dienen.

(4) Bei Verlegung eines Betriebsstandortes im Zuge eines Verfahrens nach einem landwirtschaftlichen Siedlungsgesetz zur Verlegung aus ungünstiger Orts- oder Hoflage oder auf Grund eines Enteignungsverfahrens gehen die Referenzmengen des Betriebs auf den neuen Betriebsstandort über. Die Verlegung des Betriebsstandortes ist dem Abnehmer schriftlich anzuzeigen. Der Abnehmer hat dies der AMA zu melden.

(5) Bei Änderung des Verfügungsrechts über den milcherzeugenden Betrieb während des laufenden Zwölf-Monatszeitraums steht die Referenzmenge in diesem Zwölf-Monatszeitraum dem neuen Verfügungsberechtigten nur im Ausmaß der noch nicht angelieferten Menge zu.

Aufteilung eines Betriebs

§ 6. (1) Wird ein Betrieb in mehrere Betriebe aufgeteilt, erhält jeder dieser eigenständigen milcherzeugenden Betriebe die Referenzmenge, die ihm mitgeteilt worden ist oder die - soweit dafür entsprechende Nachweise vorgelegt werden können - der vor der gemeinsamen Bewirtschaftung bestehenden Menge entspricht.

(2) Ist eine Aufteilung gemäß Abs. 1 nicht möglich, sind die Referenzmengen entsprechend einer schriftlichen Vereinbarung der Verfügungsberechtigten aufzuteilen. Diese Vereinbarung ist binnen drei Monaten nach der Aufteilung des Betriebs abzuschließen.

(3) Kommt auch eine Vereinbarung gemäß Abs. 2 nicht zustande, so ist die Referenzmenge auf die milcherzeugenden Betriebe in jenem Verhältnis aufzuteilen, wie die zum Grundbestand des bisherigen Betriebs gehörenden Flächen (ohne Berücksichtigung von Bauflächen, Weingärten, Wald, Ödland, Hausgärten und Obstgärten) aufgeteilt wurden, wobei erst ab einer Mindestfläche von einem Hektar Referenzmengen auf den neuen milcherzeugenden Betrieb übergehen können. Die Aufteilung hat nach der Wertigkeit der einzelnen Flächen zu erfolgen. Dabei sind Almen, soweit sie nicht unter § 15 Abs. 1 fallen, und Bergmähder zu einem Viertel, Hutweiden zu einem Drittel, einschnittige Dauerwiesen zur Hälfte, Dauerwiesen mit zwei oder mehreren Schnitten, Kulturweiden, Wechselgrünland und die sonstigen landwirtschaftlich genutzten Flächen in vollem Ausmaß anzurechnen.

(4) Die Aufteilung der Referenzmenge ist dem für den bisherigen Betrieb zuständigen Abnehmer schriftlich anzuzeigen, der die AMA sowie allenfalls den für den neuen Betrieb zuständigen Abnehmer zu benachrichtigen hat.

(5) Die AMA kann auf Antrag eines Betriebsinhabers bei Aufteilung eines Betriebs durch Übereignung einer Betriebsstätte samt landwirtschaftlichen Nutzflächen genehmigen, dass keine Aufteilung der Referenzmenge gemäß Abs. 1 oder 3 erfolgt, wenn dies zur Verbesserung der Milcherzeugungsstruktur oder zur Extensivierung der Milcherzeugung dient. Der Antrag ist spätestens bis zum Ablauf des Zwölf-Monatszeitraums, der dem Wirksamwerden des Vertrags folgt, zu stellen.

(6) Erfolgt die Aufteilung gemäß Abs. 1 bis 3 während des laufenden Zwölf-Monatszeitraums, sind die im Zwölf-Monatszeitraum angelieferten Mengen in einzelnen Betrieben anteilig den Referenzmengen anzurechnen.

Verpachtung eines Betriebs an mehrere

§ 7. (1) Wenn ein Verfügungsberechtigter über einen milcherzeugenden Betrieb alle zum Grundbestand dieses Betriebs gehörenden Flächen an andere Betriebsinhaber verpachtet, kann die Referenzmenge dieses Betriebs für die Dauer der Pachtverhältnisse auf die Betriebe der Pächter übertragen werden, wenn

1. der Verpächter die Verpachtung dem für seinen Betrieb zuständigen Abnehmer schriftlich anzeigt und

2. die Pächter alle zum Grundbestand des milcherzeugenden Betriebs gehörenden Flächen gepachtet haben, wobei Bauflächen, Weingärten, Wald, Ödland, Hausgärten und Obstgärten, die sich der Verpächter zurückbehalten hat, ausgenommen werden können und

3. die Aufteilung der Referenzmenge entsprechend den gepachteten Flächen erfolgt und

4. Bestätigungen der Sozialversicherungsanstalt der Bauern über die Meldungen der Pachtungen vorgelegt werden, die nicht älter als sechs Monate sein dürfen.

(2) Die Übertragung wird mit Beginn des auf die Anzeige folgenden Zwölf-Monatszeitraums wirksam, soweit nicht in der Anzeige der Beginn des laufenden Zwölf-Monatszeitraums als Wirksamkeitsbeginn genannt ist.

(3) Der gemäß Abs. 1 Z 1 zuständige Abnehmer hat die für die übernehmenden Betriebe zuständigen Abnehmer von der Anzeige zu benachrichtigen. Die Anzeige ist von den Abnehmern zu registrieren und die für den jeweiligen Zwölfmonatszeitraum geltenden Referenzmengen sowie der jeweils gewogene Fettgehaltsdurchschnitt der übernehmenden Betriebe sind neu zu berechnen.

(4) Der gemäß Abs. 1 Z 1 zuständige Abnehmer hat die angezeigten Übertragungen unter Anschluß der Bestätigungen gemäß Abs. 1 Z 4 der AMA zu melden.

(5) Wird ein Pachtverhältnis vor Beendigung der übrigen Pachtverhältnisse aufgelöst und tritt nicht ein anderer als Pächter in das aufgelöste Pachtverhältnis ein, so fällt die gesamte Referenzmenge, die im Rahmen der Pachtverhältnisse übertragen wurde, mit Beginn des laufenden Zwölf-Monatszeitraums an den Verpächter zurück.

(6) Soweit die Referenzmenge des Betriebs auch aus einer gemäß § 4 Abs. 1 der Milch-Referenzmengen-Zuteilungsverordnung zugeteilten Anlieferungs-Referenzmenge II besteht, kann die Anlieferungs-Referenzmenge II nicht übertragen werden und ist in diesem Fall der einzelstaatlichen Reserve zuzuschlagen. "

§ 8 der Milch-Garantiemengen-Verordnung regelt die Übertragung von Referenzmengen (Handelbarkeit). § 8 Abs. 1 sieht vor, dass die Übertragung von Referenzmengen ganz oder teilweise ohne Überlassung des entsprechenden Betriebs nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen erfolgen kann. An die Übertragungen gemäß § 8 knüpft auch § 11 der Milch-Garantiemengen-Verordnung an.

§ 11 der Milch-Garantiemengen-Verordnung lautet:

"Verfügung über Referenzmenge nach Beendigung des Pachtverhältnisses

§ 11. (1) Hat der Pächter als Verfügungsberechtigter über einen milcherzeugenden Betrieb während der Dauer des Pachtverhältnisses für den Pachtbetrieb

1. Einzelrichtmengen oder Anteile von Einzelrichtmengen gemäß § 75b Abs. 1 Z 1 bis 3 MOG erlangt bzw. erworben und stimmt im Falle des § 75b Abs. 1 Z 3 MOG der Verpächter der Übertragung der Referenzmenge vom Pachtbetrieb auf einen anderen Betrieb zu, oder

2. Referenzmengen gemäß § 8 erworben,

so kann der Pächter die neu erworbenen Mengen nach Ablauf des Pachtvertrags im zu diesem Zeitpunkt bestehenden Ausmaß ganz oder teilweise auf einen anderen landwirtschaftlichen Betrieb, über den der Pächter verfügungsberechtigt ist, übertragen.

(2) Anstelle einer Übertragung gemäß Abs. 1 kann der Pächter die in Abs. 1 Z 1 und 2 genannten Mengen gemäß § 8 übertragen.

(3) Die Übertragung gemäß Abs. 1 oder Abs. 2 ist bis zum Ende des Zwölf-Monatszeitraums, der dem Ablauf des Pachtvertrags folgt, dem für den übertragenden Betrieb zuständigen Abnehmer schriftlich anzuzeigen. Dieser Abnehmer hat die weiteren davon berührten Abnehmer und die AMA von der Übertragung zu benachrichtigen.

(4) Der über den zuvor verpachteten Betrieb Verfügungsberechtigte darf bis zur endgültigen Entscheidung, ob und in welchem Ausmaß Referenzmengen gemäß Abs. 1 oder Abs. 2 übertragen werden, innerhalb der Frist gemäß Abs. 3 Verfügungen nur insoweit treffen, als die Ansprüche des bisherigen Pächters gemäß Abs. 1 oder Abs. 2 nicht beeinträchtigt werden.

(5) Die Übertragung wird mit Beginn des auf die Anzeige folgenden Zwölf-Monatszeitraums wirksam, soweit nicht in der Anzeige der Beginn des laufenden Zwölf-Monatszeitraums als Wirksamkeitsbeginn genannt ist."

Die Milch-Garantiemengen-Verordnung dient der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts über die Referenzmengen im Rahmen der nationalen Garantiemengen (§ 1 der Milch-Garantiemengen-Verordnung) und damit insbesondere auch der Umsetzung der Verordnung 92/3950/EWG über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor.

Art. 7 der genannten Verordnung lautet auszugsweise:

"(1) Die Referenzmenge eines Betriebs wird bei Verkauf, Verpachtung oder Vererbung nach Bedingungen, die von den Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der für die Milcherzeugung verwendeten Flächen oder nach anderen objektiven Kriterien und gegebenenfalls einer Vereinbarung zwischen den Parteien festgelegt werden, mit dem Betrieb auf die Erzeuger übertragen, die den Betrieb übernehmen. Der Teil der Referenzmenge, der gegebenenfalls nicht mit dem Betrieb übertragen wird, wird der einzelstaatlichen Reserve zugeschlagen. Die gleichen Bestimmungen gelten für sonstige Fälle von Übertragungen mit vergleichbaren rechtlichen Folgen für die Erzeuger.

Es gilt jedoch folgendes:

...

(2) Ist bei Beendigung landwirtschaftlicher Pachtverträge eine Verlängerung zu gleichartigen Bedingungen nicht möglich oder liegt ein rechtlich gleichgelagerter Fall vor und wurde zwischen den Beteiligten keine Vereinbarung getroffen, so werden die verfügbaren Referenzmengen der betreffenden Betriebe nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten oder festzulegenden Bestimmungen unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Beteiligten ganz oder teilweise auf die Erzeuger übertragen, die sie übernehmen."

Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass eine Grundlage für die Zuerkennung einer Anlieferungs-Referenzmenge an die Beschwerdeführerin nur in § 6 Milch-Garantiemengen-Verordnung betreffend die Aufteilung eines Betriebs zu erblicken sei.

Dieser Auffassung kann insoweit gefolgt werden, als zwar einzelnen Bestimmungen der Milch-Garantiemengen-Verordnung (vgl. etwa §§ 7 und 11) der Grundsatz entnommen werden kann, dass bei Rückgabe eines gepachteten Betriebes die diesem Betrieb zustehende Referenzmengen wieder auf den Verpächter übergeht. Dies kann jedoch aus dem Zusammenhalt der Bestimmungen nur für den Fall der Rückgabe eines selbständig bewirtschafteten Betriebs (mit getrennter Milchlieferung) angenommen werden, nicht jedoch im Fall eines einheitlich bewirtschafteten Betriebs, wie er vom Mitbeteiligten im Beschwerdefall geführt wurde (vgl. zur Vorläuferbestimmung des § 6 Milch-Garantiemengen-Verordnung, § 73 Abs. 2 MOG, in einem ähnlich gelagerten Sachverhalt das hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 1996, Zl. 94/17/0300; im Hinblick auf die Ausführungen der Behörde erster Instanz im Bescheid vom 28. Februar 1997 zur Auslegung des Betriebsbegriffs in diesem Erkenntnis ist aber darauf hinzuweisen, dass in § 5 Abs. 3 Milch-Garantiemengen-Verordnung nunmehr eine Definition des Betriebsbegriffes enthalten ist, die eine unkritische Übernahme der zum MOG vertretenen Auslegung nicht erlaubt; es fällt auf, dass in § 5 Abs. 3 Milch-Garantiemengen-Verordnung insbesondere die Milchkühe nicht in der Umschreibung des Betriebsbegriffes enthalten sind). Dass dem Mitbeteiligten für die Betriebe G und R jeweils getrennte Einzelrichtmengen bzw. Referenzmengen zugestanden wären, hat auch die Beschwerdeführerin nicht behauptet. In einem Fall wie dem vorliegenden bleibt nur die allfällige Anwendung des § 6 Milch-Garantiemengen-Verordnung, der die Feststellbarkeit der dem zurückgestellten (Teil-)Betrieb ursprünglich zustehenden Referenzmenge voraussetzt.

Die Verordnung enthält keine Regelungen über eine Aufteilung einer Referenzmenge, wenn bei Beendigung eines Pachtverhältnisses nicht ein Betrieb im Sinne der Milch-Garantiemengen-Verordnung, dem eine Referenzmenge zusteht, sondern nur Teile eines Betriebes zurückerstattet werden, dem eine einheitliche Referenzmenge zusteht, die aber keinen selbständigen Betrieb iSd § 6 der Milch-Garantiemengen-Verordnung ausmachen (vgl. aber etwa § 7 Abs. 4 und 5 der (deutschen) Verordnung über die Abgaben im Rahmen von Garantiemengen im Bereich der Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (Milch-Garantiemengen-Verordnung), deutsches BGBl. 1994 Teil I, Seite 587, in der Fassung dBGBl. I 1994, S 2575). Nach der Milch-Garantiemengen-Verordnung ist somit ein Übergang einer Referenzmenge bzw. eines Teils einer Referenzmenge bei Beendigung eines Pachtverhältnisses, anlässlich dessen nicht ein selbständiger Betrieb zurückgestellt wird, nicht vorgesehen.

Für den vorliegenden Beschwerdefall ist von Bedeutung, dass § 6 Milch-Garantiemengen-Verordnung auch den Fall erfasst, in dem ein "Betrieb" insofern aus verschiedenen früheren Betrieben oder Teilen von Betrieben entstanden ist, als es für die einzelnen Teile (die nun in "Betriebe" aufgeteilt werden) "vor der gemeinsamen Bewirtschaftung" "bestehende" Einzelrichtmengen bzw. Referenzmengen gegeben haben kann. Mangels einer weiteren, spezielleren Vorschrift geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass § 6 Milch-Garantiemengen-Verordnung auch auf Fälle wie den Beschwerdefall angewendet werden kann, in dem vor der "gemeinsamen Bewirtschaftung" nicht eine Referenzmenge bestand, sondern (nach den seinerzeit geltenden Vorschriften des MOG) eine Einzelrichtmenge zustand.

§ 7 Milch-Garantiemengen-Verordnung regelt den Fall der Verpachtung eines Betriebes an mehrere Pächter, also einen Sonderfall der Verpachtung. Aus § 7 Abs. 5 Milch-Garantiemengen-Verordnung kann ebenfalls der Grundsatz entnommen werden, dass mit Beendigung des Pachtverhältnisses die Referenzmenge wieder auf den Verpächter übergeht. Aus § 7 Milch-Garantiemengen-Verordnung kann daher für den Beschwerdefall nichts gewonnen werden.

Die Rechtslage nach der Milch-Garantiemengen-Verordnung, soweit sie für den vorliegenden Beschwerdefall maßgeblich ist, steht aber auch insoweit im Einklang mit der Rechtslage auf Gemeinschaftsebene, als auch der oben zitierte Art. 7 VO 92/3950/EWG nicht eine Regelung hinsichtlich des Übergangs von Referenzmengen in Fällen, in denen nach Beendigung eines Pachtverhältnisses kein selbständiger Betrieb zurückgestellt wird, erfordert.

Es kann für den vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob die Betriebsdefinition des § 5 Abs. 3 der Milch-Garantiemengen-Verordnung dem Betriebsbegriff der VO 92/3950/EWG entspricht und insbesondere, ob nach dieser Verordnung nur die Verpachtung eines "Betriebs" eines Erzeugers "zur Gänze" zulässig wäre. Gemäß Art. 9 lit. d der VO 92/3950/EWG ist "Betrieb" die "Gesamtheit der vom Erzeuger bewirtschafteten Produktionseinheiten im geographischen Gebiet der Gemeinschaft", nach § 5 Abs. 3 Milch-Garantiemengen-Verordnung könnte es aber mehrere Betriebe desselben Milcherzeugers geben. Auch § 5 Abs. 1 Milch-Garantiemengen-Verordnung geht - entsprechend der Rechtslage wie sie auch nach dem MOG gegeben war - von einer "Referenzmenge eines Betriebs" aus, schließt also iZm § 5 Abs. 3 nicht aus, dass einem Milcherzeuger mehrere Referenzmengen in diesem Sinn zustehen (vgl. auch die Milch-Referenzmengen-Zuteilungsverordnung, BGBl. Nr. 226/1995). Dieses Begriffsverständnis liegt offenbar auch der deutschen Milch-Garantiemengen-Verordnung zugrunde und dürfte letztlich mit Art. 7 der VO 92/3950/EWG übereinstimmen, welcher unter "Betrieb" nicht zwingend einen Betrieb im Sinn der Definition des Art. 9 lit. d der VO 92/3950/EWG versteht (die Gemeinschaftsverordnung verwendet demnach offenbar unterschiedliche Betriebsbegriffe; vgl. auch die Vorläuferbestimmung zu Art. 7 der VO 92/3950/EWG, Art. 7 Abs. 4 VO 84/857/EWG idF VO 85/590/EWG, die auf "auslaufende Pachtverträge, bei denen der Verpächter ..." Bezug nimmt und von der "auf den Betrieb bzw. den gepachteten Teil des Betriebs entfallende Referenzmenge" spricht, also wohl einen § 5 Abs. 3 Milch-Garantiemengen-Verordnung entsprechenden Betriebsbegriff unausgesprochen zugrunde legt).

Wesentlich für den Beschwerdefall ist vielmehr, dass selbst dann, wenn unter "Betrieb" im Sinn des Art. 7 der VO 92/3950/EWG eine kleinere Einheit als die in Art. 9 lit. d der Verordnung umschriebene zu verstehen ist (die etwa so zu definieren wäre, wie dies in § 5 Abs. 3 der Milch-Garantiemengen-Verordnung erfolgt; vgl. auch Art. 7 Abs. 2 der Verordnung, in dem nur von "landwirtschaftlichen Pachtverträgen" die Rede ist), die Gemeinschaftsbestimmung jedenfalls nicht verlangt, dass die nationale Rechtsordnung einen Übergang einer Referenzmenge auch für den Fall vorsieht, in dem kein selbständiger Betrieb verpachtet wird bzw. Gegenstand der Rückstellung kein selbständiger milcherzeugender Betrieb ist (wollte man der Gemeinschaftsverordnung unterstellen, einen einheitlichen Betriebsbegriff zu verwenden, wäre eine Verpachtung von Teilen des Betriebs eines Erzeugers von der Verordnung nicht erfasst, das Gemeinschaftsrecht enthielte dann für Sachverhalte wie den vorliegenden keinerlei Vorgaben, sodass sich die Frage der Gemeinschaftsrechtskonformität nicht stellte). Gleichermaßen ist es nicht erforderlich, in der Rechtsordnung eines Mitgliedslandes entsprechende Vorsorge für den Fall der Rückstellung eines Pachtgegenstandes, der keinen Betrieb darstellt, zu treffen (wobei dahingestellt sein kann, ob eine dennoch erlassene diesbezügliche Regelung gemeinschaftsrechtskonform wäre; vgl. zum weiten Ermessen, das den Mitgliedstaaten mit Art. 7 der VO 92/3950/EWG eingeräumt ist, Thiele, Das Recht der Gemeinsamen Agrarpolitik der EG, 1997, 203; auch der entstehungsgeschichtliche Hintergrund des Pächterschutzes spricht nicht für eine Notwendigkeit, den Wortlaut der Milch-Garantiemengen-Verordnung etwa im Lichte der VO 92/3950/EWG ausdehnend zu interpretieren; vgl. insbesondere die bereits genannte Vorläuferbestimmung des Art. 7 Abs. 4 VO 84/857/EWG idF VO 85/590/EWG, die ausdrücklich bestimmte, es könne vorgesehen werden, dass "die auf den Betrieb bzw. den gepachteten Teil des Betriebs entfallende Referenzmenge ganz oder zum Teil dem ausscheidenden Pächter gutgeschrieben wird, sofern er die Milcherzeugung fortsetzen will"; die Neufassung sollte eine redaktionelle Vereinfachung bringen, die Absicht einer inhaltlichen Änderung ist aber nicht ersichtlich; der Verwaltungsgerichtshof hat aber auch im Lichte der bisherigen Rechtsprechung des EuGH zu Fragen des Übergangs von Referenzmengen keine Bedenken, dass im Beschwerdefall eine Verletzung des in Art. 34 Abs. 3 Unterabsatz 2 EG verankerten Diskriminierungsverbots als besonderer Ausdruck des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes zu Lasten der Beschwerdeführerin erfolgt sein könnte; die sich im Beschwerdefall ergebende Rechtsfolge steht somit nicht im Widerspruch zu Gemeinschaftsrecht, in welchem Fall allenfalls eine gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung der Milch-Garantiemengen-Verordnung geboten wäre, die zu einem anderen Ergebnis führen müsste).

Der belangten Behörde kann im Ergebnis nicht entgegengetreten werden, dass im Beschwerdefall die Voraussetzungen für eine Aufteilung der Referenzmenge gemäß § 6 Abs. 3 Milch-Garantiemengen-Verordnung nicht gegeben waren, weil der nach der Verpachtung zurückgestellte "Betrieb R" im Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde nicht als eigenständiger milcherzeugender Betrieb angesehen werden konnte. Dies gesteht letztlich auch die Beschwerdeführerin in ihrer ergänzenden Stellungnahme zu, hat sie doch nach ihrer Aussage die Milcherzeugung erst im Juni 1998 aufgenommen.

Es treffen daher auch die Vorwürfe in der Beschwerde bezüglich Verfahrensmängeln im Hinblick auf die Sachverhaltsfeststellung nicht zu. Abgesehen davon, dass die von der Behörde einem Bescheid zugrunde gelegte Rechtsauffassung nicht vor der Bescheiderlassung dem Parteiengehör zu unterwerfen ist, kann angesichts des (von der Beschwerdeführerin am 30. Juni 1997 übernommenen) Schreibens der belangten Behörde im Berufungsverfahren auch keine Rede davon sein, dass die Beschwerdeführerin von der Rechtsauffassung der belangten Behörde überrascht worden sei.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 18. September 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998170045.X00

Im RIS seit

27.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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