Gbk 2016/3/31 GBK II/209/13

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Veröffentlicht am 31.03.2016
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Diskriminierungsgrund

Ethnische Zugehörigkeit

Diskriminierungstatbestand

Diskriminierung auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses

Text

Anonymisiertes Prüfungsergebnis GBK II/209/13 gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

Der Senat II der Gleichbehandlungskommission (GBK) hat über den Antrag von Herrn A (in der Folge: Antragsteller) wegen Diskriminierung bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG durch die Firma B, vertreten durch Herrn C (in der Folge: Antragsgegner), nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, iVm § 11 Gleichbehandlungskommissions-GO, BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013, erkannt:

Eine Diskriminierung des Antragstellers auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses durch den Antragsgegner

l i e g t n i c h t v o r.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Im Antrag wird im Wesentlichen vorgebracht, dass der Antragsteller sich beim Antragsgegner um die Position des Geschäftsführers bei einem Unternehmen der Laborindustrie beworben habe. Der Antragsgegner habe den Eingang seiner Bewerbung bestätigt und selbige mit Nachricht vom … zurückgewiesen. Da er objektiv alle in der Stellenausschreibung genannten Voraussetzungen erfüllt habe, habe ihn der Ablehnungsgrund des Antragsgegners: "Gemeinsam mit unserem Auftraggeber haben wir leider entscheiden müssen, dass Sie dem konkreten Anforderungsprofil für die Position Geschäftsführung nicht ganz entsprechen.", verwirrt, weshalb er in einer E-Mail um Konkretisierung der Anforderung gebeten habe.

Mangels Antwort habe er sich veranlasst gesehen, beim Antragsgegner anzurufen, um eine Klärung herbeizuführen. In diesem Telefonat habe der Antragsgegner gemeint, es gebe nur einen Grund, weshalb er nicht berücksichtigt werden könnte und das wäre, dass er nicht Österreicher sei.

Da er spontan keine Möglichkeit gesehen habe, den Einwand der Staatsangehörigkeit zu entkräften, habe er es zunächst dabei bewenden lassen, sei dann aber über den Ablehnungsgrund derart entrüstet gewesen, dass er ein E-Mail verfasst und den Antragsgegner gebeten habe, den Ablehnungsgrund zu überdenken. Nachdem er erneut keine Antwort erhalten habe, habe er schließlich die Antwort erhalten, dass der Auftraggeber des Antragsgegners sich Argumenten nicht habe umstimmen lassen.

Der Antragsgegner brachte vor, dass er mit Verwunderung den Antrag zur Kenntnis genommen habe. Als Personalberater erlebe er immer wieder Bewerber/innen, die aufgrund einer möglichen psychischen Belastung, die Arbeitslosigkeit zweifellos mit sich bringe, von der fixen Idee beherrscht werden, dass das Abgeben einer Bewerbung das ausschließliche Recht auf diesen Job beinhalte, die zumindest der Überzeugung sind, dass sie „objektiv" für eine Position geeignet seien.

Bei der Analyse der 153 eingegangenen Bewerbungen habe man festgestellt, dass andere Bewerber/innen für diese Position wichtige Punkte besser erfüllen als der Antragsteller. Diesem sei am Telefon mitgeteilt worden, dass in diesem speziellen Fall ein wichtiger Punkt sei, dass der/die neue Geschäftsführer/in in der Region gut verankert sei.

Den Wohnort des Antragstellers im Raum Bodensee habe man nicht als zur gegenständlichen Region gehörig betrachtet. Es sei nie die Rede davon gewesen, dass er wegen seiner deutschen Staatsbürgerschaft bzw. weil er nicht Österreicher sei, nicht in Frage komme.

Warum die Verankerung in der Region von Bedeutung sei — man habe dieses Kriterium dem Kunden bei der Erstellung des Profils vorgeschlagen — sei eine interne Angelegenheit.

Nachdem der Antragsteller ein E-Mail gesendet habe, indem er erneut Werbung für seine Bewerbung betrieben habe, habe man sich die Mühe gemacht und diese erneut durchgesehen — es sei schließlich nachzuvollziehen, dass eine Absage, insbesondere wenn man arbeitslos ist, belastend sei.

Man habe erneut festgestellt, dass seine Bewerbung - verglichen mit anderen Bewerbungen — nicht zum Kreis der passenden Bewerbungen gezählt habe.

Es werde nochmals betont, dass die deutsche Staatsbürgerschaft weder Grund für die Ablehnung gewesen noch als Ablehnungsgrund vom Antragsgegner kommuniziert worden sei.

Wie sollte es sonst zu erklären sein, dass unter den dem Kunden vorgeschlagenen Bewerbern ein deutscher Staatsbürger (in der Region lebend) gewesen wäre, der auch einen Vorstellungstermin beim Kunden erhalten habe.

Dieser Bewerber könne jederzeit als Zeuge dafür namhaft gemacht werden, dass die deutsche Staatsbürgerschaft kein Ausschließungsgrund gewesen sei.

Der Antragsteller gab ergänzend bei seiner Befragung an, dass er damals beim Personalberater angerufen habe um abzuklären, ob seine Bewerbung Sinn mache. Er sei ausdrücklich ermuntert worden, eine Bewerbung abzugeben und sei auch gefragt worden, ob er bereit sei umzuziehen. Das sei insofern wichtig, da in der späteren Stellungnahme des Antragsgegners behauptet worden sei, er hätte ihn darauf hingewiesen, dass er in der Region verwurzelt sein müsse.

Die danach erfolgte Absage auf seine Bewerbung habe ihn gewundert, da er ja vorher geklärt habe, ob eine Bewerbung Sinn mache und die einzelnen Qualifikationen auch Stück für Stück geprüft worden seien.

Er habe dann nochmals angerufen, damals habe er dann nicht mit Herrn Dr. C, sondern mit Herrn Mag. C gesprochen. Das wisse er genau, weil er extra nachgefragt habe, ob er mit Herrn Dr. C verbunden sei und als Antwort erhalten habe: „Nein, mit Herrn Mag. C“. Dieser habe dann gesagt: „Das Problem ist, Sie sind kein Österreicher“.

Auf ein Schreiben hin habe er eine Antwort von Herrn Mag. C dahingehend erhalten, dass man mit dem Auftraggeber nochmals gesprochen hätte, dieser sich aber nicht umstimmen habe lassen.

Mit wem er das erste Telefonat geführt habe, wisse er nicht mehr, aber es sei ihm gesagt worden, dass er sich bewerben solle, dass es passe, auch eine Übersiedlung sei Thema gewesen sei, da ihm selbst klar gewesen sei, dass er an seinem damaligen Wohnort keine neue Stelle kriegen würde.

Der Antragsgegner schilderte dem Senat, dass der Vorhalt, dass sein Sohn, Herr Mag. C, dem Antragsteller gegenüber die Aussage getätigt habe, dass „das Problem sei, dass dieser kein Österreicher sei“ „sicher nicht richtig sei“.

Es habe insgesamt 153 Bewerbungen für die ausgeschriebene Position gegeben, wobei seitens der Auftraggeberin gewünscht worden sei, dass der/die Kandidatin „in der Region verankert“ sein soll.

Hintergrund dafür sei gewesen, dass auf Grund eines internen Betrugsfalls bei der Auftraggeberin eine Person gesucht worden sei, die sehr rasch die Geschäftsführung übernehmen könne, sich mit den österreichischen Behörden etc. auskenne, „sich sofort heimisch fühle und akzeptiert werde“ und sich nicht erst „einleben müsse“, sondern quasi „sofort losstarten“ könne.

Letztlich habe man sich für jemanden entschieden, der keine Kündigungsfrist gehabt hätte.

Unter den eingeladenen Bewerbern sei damals auch ein deutscher Staatsbürger mit laut Aussage des Antragsgegners „hartem Dialekt“ gewesen, der damals jedoch schon 13 Jahre in … wohnhaft gewesen sei, was dem Senat auch durch Vorlage des Lebenslaufes dieses Bewerbers plausibel gemacht wurde.

Der Antragsteller sei nicht eingeladen worden, weil er nicht in Österreich verwurzelt gewesen sei und der Antragsgegner ihn überdies auch mehr als „Verkäufer“ denn als „Unternehmenssanierer“ – der von der Auftraggeberin aber damals gesucht worden sei – in Erinnerung habe.

Der ebenfalls als Auskunftsperson geladene Mag. C wurde – nachdem er laut Aussage seines Vaters auch einer zweiten Ladung nicht Folge leisten würde – vom Senat nicht nochmals geladen.

Der Senat II der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, lauten:

"§ 17. (1) Auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung darf in Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht

1. bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses.

"§ 19. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 17 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

(2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, oder Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Orientierung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.

(3) Eine Diskriminierung liegt auch bei Anweisung einer Person zur Diskriminierung vor.

Vor der rechtlichen Auseinandersetzung mit dem im Verfahren vor dem erkennenden Senat erhobenen Sachverhalt bleibt zunächst zu bemerken, dass die Herstellung einer diskriminierungsfreien Arbeitsumwelt als eine der wesentlichsten Zielsetzungen des Gleichbehandlungsgesetzes zu betrachten ist.

Im Hinblick auf dieses Ziel wird es daher unerlässlich sein, sich mit allenfalls vorhandenen negativen Stereotypisierungen von Personengruppen auseinanderzusetzen.

Zur Frage der Beweismaßverteilung im GBK-Verfahren ist anzumerken, dass gemäß § 26 Abs. 12 GlBG eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 17, 18 oder 21 beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Dem/der Beklagten obliegt es bei Berufung auf § 17 oder 18 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne der §§ 19 Abs. 2 oder 20 vorliegt.

Das Diskriminierungsverbot des § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG begründet keinen Anspruch auf die Begründung eines bestimmten Arbeitsverhältnisses, sondern konkretisiert vorvertragliche Sorgfaltspflichten, die ein anerkanntes Element des arbeitsrechtlichen Schutzprinzips darstellen und bei deren Verletzung als Rechtsfolge Schadenersatzansprüche zugunsten der diskriminierten Person vorgesehen sind. Dieses Diskriminierungsverbot ist extensiv zu interpretieren - alle mit dem Zustandekommen eines Arbeitsvertrages in Zusammenhang stehenden Vorgänge sind hiervon umfasst.

In einem Verfahren vor einem Senat der Gleichbehandlungskommission soll grundsätzlich nicht das jeweilige Auswahlverfahren wiederholt werden, sondern es soll überprüft werden, ob die Entscheidung, die zur Ablehnung eines Bewerbers oder einer Bewerberin geführt hat, transparent, objektiv und sachlich nachvollziehbar war.

Zum vorliegenden Sachverhalt ist vorab anzumerken, dass dem Senat sowohl der Antragsteller als auch der Antragsgegner persönlich glaubwürdig und integer erschienen sind.

Laut Antragsvorbringen habe der Antragsteller die Mitteilung erhalten, dass es nur einen Grund gebe, warum er nicht berücksichtig werden könne und der sei, dass er nicht Österreicher sei. Nach Aussage des Antragstellers sei er auch gefragt worden, ob er zu einem Umzug bereit sei, die vom Antragsgegner behauptete Verwurzelung in der Region sei ihm gegenüber telefonisch jedoch nicht erwähnt worden.

Es widerspricht nach Meinung des Senates nun nicht der allgemeinen Erfahrung im Personalrecruiting, bei einer Gesamtzahl von 153 Bewerbungen durch eine/n Personalberater/in den Kreis der zu einem Vorstellungsgespräch ausgewählten Bewerber/innen zunächst einzuschränken und dabei nach bestimmten Kriterien – die für sich genommen nicht im Sinne des GlBG diskriminierend sein dürfen - eine Auswahl der zu einem Bewerbungsgespräch einzuladenden Personen zu treffen.

Im vorliegenden Fall wurde seitens der Auftraggeberin ein Augenmerk auf die „Verankerung in der Region“ des/der künftigen Geschäftsführers/in gelegt – ein Kriterium, welches zwar für einen „Sanierer“, der laut Aussage des Antragsgegners damals gesucht wurde, zwar ungewöhnlich erscheinen mag, für sich allein genommen jedoch noch nicht als diskriminierend im Sinne des GlBG anzusehen ist.

Vom Antragsgegner wurde glaubwürdig und auch durch Bewerbungsunterlagen belegt vorgebracht, dass bei dem in Rede stehenden Bewerbungsverfahren auch ein seit 13 Jahren in … – wo auch der künftige Arbeitsort gelegen war - ansässiger deutscher Staatsbürger mit „hartem Akzent“ eingeladen worden war, was vom Senat als ein gravierendes Indiz gewertet wurde, das gegen das Vorliegen einer Bewerber/innen auf Grund deren ethnischer Zugehörigkeit diskriminierenden Absicht durch den Antragsgegner spricht.

Gemäß den Beweismaßregeln des GlBG ist es dem Antragsgegner daher gelungen, den Senat davon zu überzeugen, dass nicht die ethnische Zugehörigkeit bzw. die deutsche Staatsbürgerschaft des Antragstellers das für die Ablehnung der Bewerbung des Antragstellers ausschlaggebende Kriterium gewesen war, sondern der Kundenwusch nach einer in der Region verankerten Person, die nach den auftraggeberinnen-internen Kalamitäten mit dem vormaligen Geschäftsführer ohne Anlaufzeit die in Rede stehende Aufgabe übernehmen habe können.

Ob die vom Antragsteller behauptete Aussage, dass es nur einen Grund gebe, warum er nicht berücksichtig werden könne und der sei, dass er nicht Österreicher sei, tatsächlich so gefallen ist oder nicht, konnte vom Senat nicht mehr verifiziert werden.

Der Senat hat es auf Grund der Anhörung von Antragsteller und Antragsgegner jedoch als erwiesen angesehen, dass das – wenn auch ungewöhnliche – Kriterium der „Verankerung in der Region“ das für die Nichtberücksichtigung der Bewerbung des nach Meinung des Senates hervorragend qualifizierten Antragstellers ausschlaggebende Motiv gewesen war.

Der Senat ist daher zur Auffassung gelangt, dass keine Diskriminierung des Antragstellers auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses durch den Antragsgegner vorliegt.

Zuletzt aktualisiert am

04.07.2016
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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