Norm
§3 Z1 GlBGDiskriminierungsgrund
GeschlechtDiskriminierungstatbestand
Begründung des ArbeitsverhältnissesText
Senat I der Gleichbehandlungskommission
Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz
(BGBl. Nr. 108/1979 idF BGBl. I Nr. 107/2013)
Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 19. Oktober 2016 über den am 6. Oktober 2013 eingelangten Antrag von Herrn A (Antragsteller) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 1 GlBG (BGBl. I Nr. 66/2004 idF BGBl. I Nr. 107/2013; alle weiteren, im Text verwendeten Gesetzeszitate beziehen sich auf diese Fassung) durch die X GmbH (Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013), zu GZ GBK I/527/13, zu folgendem
Prüfungsergebnis
Herr A ist nicht auf Grund des Geschlechtes bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 1 GlBG durch die X GmbH diskriminiert worden.
Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.
Prüfungsgrundlagen
Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen des Antragstellers und der Antragsgegnerin sowie die mündliche Befragung des Antragstellers und von Herrn Geschäftsführer B vom 19. Oktober 2016. Des Weiteren bezieht sich der Senat I der GBK in seiner Entscheidungsfindung auf die Stellenausschreibung der Antragsgegnerin, die Bewerbungsunterlagen des Antragstellers, die Bewerbungsunterlagen der Mitbewerberin, die eingestellt wurde, und das Ablehnungsschreiben der Antragsgegnerin vom 24. September 2013. Die Bewerbungsunterlagen der Mitbewerberin wurden angefordert und dem Antragsteller übermittelt. Seine dazu erstattete Stellungnahme wurde ebenfalls in die Prüfungsgrundlagen einbezogen.
Vorbringen
Im Antrag wurde im Wesentlichen folgendes vorgebracht:
Der Antragsteller sei arbeitssuchend und habe Anfang September über das AMS ein Stellenangebot als Außendienstmitarbeiter im Bereich Tiefkühllebensmittel gefunden. Er habe daraufhin telefonisch Kontakt mit der Antragsgegnerin aufgenommen und sei mit Herrn B verbunden worden. Sie hätten einige Zeit miteinander gesprochen, wobei der Antragsteller Herrn B einiges über sich und seine bisherigen Tätigkeiten mitgeteilt habe. Sie seien dann so verblieben, dass der Antragsteller Herrn B eine kurze Bewerbung per E-Mail übermittle und dann von ihm Bescheid bekommen sollte. Der Antragsteller habe ihm diese umgehend geschickt.
Nachdem er nach knapp drei Wochen nichts gehört gehabt habe, habe er Herrn B angerufen und sei auf Anfang nächster Woche vertröstet worden. Am Dienstag, den 24. September, habe er dann ein E-Mail der Antragsgegnerin mit einer Absage erhalten. Die Begründung sei nicht fachlicher bzw. sachlicher Natur gewesen, sondern habe ausschließlich darauf abgezielt, dass der Antragsteller nicht dem weiblichen Geschlecht angehöre.
In der auf Ersuchen des Senats I der GBK von der Antragsgegnerin übermittelten Stellungnahme vom 15. Oktober 2013 bestritt diese die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:
Die Antragsgegnerin habe im September 2013 zehn Mitarbeiter beschäftigt. Dazu hätten drei Damen und sieben Herren gezählt. In der Bemühung auch für Frauen mehr Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen, habe sich die Antragsgegnerin hinsichtlich der Bewerbung des Antragstellers zugunsten einer höheren Frauenquote im Unternehmen, bei gleicher (besserer) Qualifikation für die Bewerberin entschieden.
Die Antragsgegnerin habe die Bewerbung des Antragstellers lange in Evidenz gehalten, um auch ihm eine Chancengleichheit in Bezug auf die Qualifikation zu bieten. Die Bewerbung des Antragstellers sei nur eine unter mehreren männlichen Bewerbern gewesen.
Rechtliche Überlegungen
Gemäß § 3 Z 1 GlBG darf aufgrund des Geschlechtes (...) im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses.
Die Formulierung „bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses“ beschränkt sich nicht auf die konkrete Entscheidung über die Einstellung, sondern erfasst auch Benachteiligungen im Rahmen des in der Regel vorausgehenden Auswahlverfahrens. Für die Beurteilung einer Diskriminierung bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses ist somit auf verschiedene, dem Vertragsabschluss „vorgelagerte“ bzw. diesen „vorbereitende“ Verhaltensweisen des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin oder für diese/n handelnder Personen Bedacht zu nehmen (Vertragsanbahnung).2
Insoweit sich die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne des §§ 3, 4, 6 oder 7 GlBG beruft, hat er/sie diesen gemäß § 12 Abs. 12 GlBG glaubhaft zu machen. Dem/Der Beklagten obliegt es bei Berufung auf §§ 3 oder 4 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder das andere Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit ist oder ein Rechtfertigungsgrund iSd § 5 Abs. 2 vorliegt.
Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung der Vorwürfe des Antragstellers, seine Bewerbung sei aufgrund seines Geschlechtes abgelehnt worden, ein Ermittlungsverfahren iSd GBK/GAW-Gesetzes durch.
Unstrittig ist, dass sich der Antragsteller am 2. September 2013 telefonisch und per Mail bei der Antragsgegnerin für die Stelle als HandelsvertreterIn/Außendienst-mitarbeiterIn im Bereich Lebensmittel – Tiefkühlartikel beworben hat und die Bewerbung des Antragstellers mit Mail vom 24. September 2013 abgelehnt wurde.
Aus der Stellenausschreibung geht hervor, dass für die zu besetzende Stelle, neben dem Erfordernis eines Führerscheins und diversen Soft Skills, „Erfahrung in der Gastronomie (idealerweise eine abgeschlossene Lehre)“ gefordert wurde.
Die Aussagen des Geschäftsführers der Antragsgegnerin hinsichtlich der Besserqualifikation der weiblichen Stellenwerberin erschienen dem Senat glaubwürdig. Herr B konnte – belegt durch deren Bewerbungsunterlagen – glaubhaft darlegen, dass die aufgenommene Person fachlich geeigneter war, da sie neben einer abgeschlossenen Lehre zur Restaurantfachfrau, mehrjährige Erfahrung im Gastgewerbe (hiervon ca. zehn Jahre im Bereich Restaurant/Service) vorweisen konnte, während sich die einschlägige Berufserfahrung des Antragstellers auf seine Tätigkeit als selbstständiger Gastwirt im Zeitraum 2001 bis 2004 und als Handelsvertreter für Tiefkühlpizzen, Snacks und Fertiggerichte in den Jahren 2004 bis 2007 beschränkte. Hinsichtlich der Tätigkeit als Gastwirt ergab die Befragung des Antragstellers zudem, dass dieser kein Gasthaus sondern ein Kaffeehaus geführt hat. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass im Gegensatz zu einem Restaurant bzw. Gasthaus, das in erster Linie der Einnahme von Mahlzeiten dient, bei einem Kaffeehaus der Ausschank von Kaffee, Tee und anderen warmen Getränken und Erfrischungen im Vordergrund steht, während die Verabreichung von Speisen eher in den Hintergrund tritt.3
Bei der Tätigkeit eines Handelsvertreters/einer Handelsvertreterin für Tiefkühlprodukte geht es um den Verkauf von Speisen. Einhergehend damit steht die Notwendigkeit von Kenntnissen über Qualität und Zusammenstellung von Speisen sowie deren Ergänzungsprodukten (nicht Getränken). Diese Qualifikation aus der Gastronomie, aus dem Bereich Service oder Küche, ist – dem Vorbringen von Herrn Geschäftsführer B folgend – für eine/n AußendienstmitarbeiterIn immens wichtig, um auf Akquisition mit Koch/Köchin oder GeschäftsführerIn auf gleicher Ebene sprechen zu können.
Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs. 12 GlBG gelangte der erkennende Senat daher zu der Ansicht, dass es der Antragsgegnerin gelungen ist zu beweisen, dass der weiblichen Bewerberin wegen ihrer höheren Qualifikation – und somit aufgrund sachlicher Motive – der Vorzug gegeben worden ist. Aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin mit der Einstellung der besserqualifizierten weiblichen Bewerberin zudem eine Möglichkeit gesehen hat, den Frauenanteil im Unternehmen zu erhöhen, lässt sich kein Indiz für eine Diskriminierung männlicher Mitbewerber ableiten. Von einer Diskriminierung kann nur dann ausgegangen werden, wenn ein/e BewerberIn ohne jede Bedachtnahme auf seine/ihre individuellen Voraussetzungen nur wegen seines/ihres Geschlechtes abgelehnt wird.4 Dies ist jedoch nach Auffassung des Senates hier eben gerade nicht der Fall gewesen.
Es liegt daher keine Diskriminierung bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 1 GlBG vor.
Wien, 19. Oktober 2016
Dr.in Eva Matt
Vorsitzende des Senates I der GBK
1 Vgl. z.B. VfSlg. 19.321.
2 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 3 Rz 13.
3 Vgl. https://www.wko.at/Content.Node/branchen/b/Infoblatt-Gastgewerbe-Burgenland-Juni-2015.pdf, Seite 10f.
4 Vgl. OGH 21.10.1998, 9 ObA 264/98h.
Zuletzt aktualisiert am
06.12.2016