Norm
§8 B-GlBGDiskriminierungsgrund
GeschlechtDiskriminierungstatbestand
Sexuelle BelästigungText
Die Gleichbehandlungskommission des Bundes
Senat I
hat in der Sitzung am ... über den Antrag von A (=Antragstellerin), in einem Gutachten nach § 23a Bundes-Gleichbehandlungsgesetz (kurz: B-GlBG), BGBI. I Nr. 65/2004 i.d.g.F., festzustellen, dass sie im Rahmen ihrer Dienstverrichtung an ... X der Österreichischen Post AG von ihrem unmittelbaren Vorgesetzten B durch diverse Verhaltensweisen und Äußerungen, insbesondere durch die Bemerkung, er wäre gern der Hund gewesen, der sie einmal „in den Po gebissen“ habe, gemäß § 8 B-GlBG sexuell belästigt worden sei, folgendes
G u t a c h t e n
beschlossen:
Bs Bemerkung, nämlich er wäre gern der Hund gewesen, der sie einmal „in den Po gebissen“ habe, stellt eine sexuelle Belästigung von A gemäß § 8 B-GlBG dar.
B e g r ü n d u n g
Mit Schreiben vom ... (eingelangt bei der Bundes-Gleichbehandlungskommission (in der Folge: B-GBK) am ...) und mit der den behaupteten Sachverhalt konkretisierenden Eingabe (per Mail) vom ... brachte A den Antrag auf Feststellung einer sexuellen Belästigung durch B bei der B-GBK ein.
A führte aus, dass B von Beginn seiner Tätigkeit in der ... X an körperlichen Kontakt zu ihr gesucht habe. Im ... habe B sie auf dem Weg vom Aufzug zum Cola-Automaten „seitlich umarmt“, seine Hand auf ihre Taille gelegt und gefragt, ob sie einen Freund habe. Nachdem sie ja gesagt habe, habe er seine Hand sofort zurückgezogen.
Der zweite Vorfall habe sich ebenfalls im ... ereignet. B habe sie unter dem Vorwand, er müsse ihr etwas die Arbeit betreffendes auf dem Computer zeigen, in sein Büro gebeten. Dort habe er ihre Hand genommen und sie gestreichelt. Sie habe ihn gerade darauf hinweisen wollen, dass sie das nicht wolle, da sei ein Kollege ins Büro gekommen und B habe ihre Hand sofort losgelassen.
Anfang ... seien Urlaubsersatzkräfte in die ... X gekommen und die Zusteller haben sie eingeschult. Aus diesem Grund habe am ... oder ... in der Betriebsküche eine Besprechung stattgefunden, an der sie, andere Zusteller, die Urlaubsersatzkräfte und B teilgenommen haben. Sie habe die Urlaubsersatzkräfte gewarnt, ein fremdes Grundstück zu betreten, damit ihnen nicht passiere, was ihr einmal passiert sei, nämlich von einem Hund in die „‘Pobacke‘“ gebissen zu werden. B habe dazu gesagt: „‘Ich wäre gern dieser Hund gewesen, weil ich hätte dich gerne in den Po gebissen‘“. Diese Bemerkung sei ihr peinlich gewesen.
Ebenfalls im ... sei B mit einer Kollegin in seinem Büro gewesen, und als sie vorbeigegangen sei, habe die Kollegin etwas zu ihr gesagt. Weil sie sie nicht verstanden habe, sei sie ins Büro gegangen. Die Kollegin habe sie ersucht ihr Wagerl mitzunehmen. Sie habe ja gesagt und wieder gehen wollen, da habe B sie aufgefordert, doch zu bleiben. Sie habe sich aber umgedreht und sei rausgegangen, und da habe B auf seine Oberschenkel geklopft und ihr nachgerufen: „‘Bleib doch da, komm wieder rein zu mir‘“. Sie habe das ignoriert und sei gegangen. Einmal (auch im ...) sei B morgens in „unsere Arbeitsreihe“ gekommen und habe sich neben sie gestellt, was ihr unangenehm gewesen sei. Ein Kollege habe sie beruhigt und gesagt, sie könne gehen, „diese Angelegenheit“ betreffe sie nicht. Beim Verlassen der Arbeitsreihe habe B gesagt, sie könne ruhig bleiben, er sehe sie so gern.
Abschließend hielt A fest, sie „beklage“ sich darüber, dass B immer mit Kündigung oder „einer Niederschrift“ drohe, wenn sie einmal keine Überstunden machen könne, weil sie oder ihre Tochter zum Arzt müsse oder sie einen anderen Termin habe. Einmal habe B über die Lautsprecheranlage ihre Arbeitskollegen/Arbeitskolleginnen „aufgehetzt“, weil sie wegen eines Arzttermins keine Überstunden machen habe können.
As Antrag war die (undatierte) Niederschrift über ihre Befragung durch Vertreter des Dienstgebers in Anwesenheit einer Vertrauensperson angeschlossen. Die Aussagen von A im Rahmen dieser Befragung sind inhaltlich mit den Ausführungen im Antrag ident. Auf die Frage, ob sich B auch anderen „Mitarbeitern“ gegenüber so verhalten habe, habe A laut der Niederschrift geantwortet, sie habe ähnliche Vorfälle nicht selbst beobachtet, aber eine Kollegin habe ihr vor 2-3 Monaten erzählt, dass sich B vor ihr niedergekniet und ihre Hände gestreichelt habe. Befragt zur „fachlichen Arbeit“ von B als Vorgesetzter habe sie geantwortet, dass sie sich gemobbt fühle, weil er mit einer Niederschrift drohe, wenn sie keine Überstunden machen könne.
Auf Ersuchen der B-GBK übermittelte B folgende schriftliche Stellungnahme zu den Vorwürfen:
„Den Vorwurf von A, ich hätte sie seitlich umarmt, meine Hand auf ihre Taille gelegt und sie gefragt, ob sie einen Freund hätte, weise ich auf das Schärfste zurück.
Zunächst ist vorauszuschicken, dass, die privaten Verhältnisse unter den Mitarbeitern meistens bekannt sind, da ein durchwegs „lockeres" und geradezu familiäres Verhältnis unter den Mitarbeitern der Post, insbesondere an der ... X, besteht. Wie den meisten anderen Mitarbeitern war auch mir bekannt, dass A in Lebensgemeinschaft lebt und eine Tochter hat.
1. Ich kann auch mit Sicherheit ausschließen, dass ich die Hand von A gestreichelt habe. Ich habe mit A, genauso wie mit anderen Mitarbeitern, „Türen aktualisiert" (aktualisieren der Adressdaten und der Daten, ob auch Werbung gewünscht ist oder nicht etc.). Diese Arbeit findet in den meisten Fällen auf meinem PC statt und muss ich hiezu (aus Gründen der Information) den jeweiligen Mitarbeiter beiziehen. Weder habe ich die Hand von A genommen, noch habe ich die Hand von A gestreichelt. Die Anschuldigungen von A sind schlichtweg unwahr.
2. Zum „Vorfall" vom ... oder ... ist anzumerken, dass A tatsächlich von einer Attacke eines Hundes erzählte. Es herrschte zu diesem Zeitpunkt eine lustige und lockere Stimmung und hat A von diesem Vorfall auch sehr lustig erzählt. Es ist richtig, dass ich dazu Folgendes anmerkte: "Ich wäre gern der Hund gewesen!". Ich habe mich umgehend im Anschluss an diese Bemerkung, die mir leider herausgerutscht ist, bei A entschuldigt. A hat meine Entschuldigung auch angenommen und merkte noch zusätzlich „Passt schon!" an. ... Mir ist im Nachhinein auch bewusst, dass eine derartige Äußerung als Vorgesetzter unangebracht ist. Ich muss allerdings zu meiner Entschuldigung nochmals darauf hinweisen, dass die Stimmung und der Kontext in dem A ihre Geschichte erzählte, besonders lustig und locker war. A erweckte mir gegenüber keineswegs den Eindruck, dass ihr meine Äußerung peinlich gewesen wäre. Aufgrund meiner umgehenden Entschuldigung und der Annahme derselben durch A habe ich die Angelegenheit als erledigt betrachtet.
4. Zum vierten Absatz im Antrag von A beschreibt diese, dass sie von mir aufgefordert worden wäre, in mein Büro zu kommen. Hintergrund der Aufforderung meinerseits war, dass die Hausparteienkarte (Kategorisierung der Türen) anstand und ich hierzu Informationen von A benötigte. Es ist richtig, dass mich A ignorierte. Ich habe daraufhin die Hausparteienkarte von meinem Computer aus ausgedruckt und A auf den Tisch gelegt. A ist danach zu mir ins Büro gekommen und hat die entsprechenden Informationen zur Ergänzung der Hausparteienkarte erteilt. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich mir auf die Oberschenkel geklopft hätte; dies stellt für mich keine typische Handlungsweise dar. Ich greife mir allerdings manchmal auf die Oberschenkel, wenn ich von einem Sessel aufstehe, da ich nach einem Dienstunfall ... (...) immer wieder Schmerzen in den Knien habe. Ein „Klopfen" auf die Oberschenkel wäre hievon jedoch deutlich zu unterscheiden. Mit welchen Worten ich A aufgefordert habe, in mein Büro zu kommen, kann ich mich nicht mehr erinnern, es war jedoch sicherlich im Sinne einer ordnungsgemäßen dienstlichen Anweisung, (ohne jeglichem Unterton) …. Ich habe darüber hinweggesehen, dass A zu diesem Zeitpunkt meine entsprechende Anweisung ignorierte und habe ich dies auf Stress zurückgeführt. A ist dann ohnedies noch am selben Tag zu mir ins Büro gekommen und haben wir dann die Hausparteienkarte gemeinsam bearbeitet.
5. Zu den Vorwürfen im fünften Absatz des Antrages von A vom ... ist festzuhalten, dass ich den zweiten Halbsatz („... weil ich sehe dich so gerne") sicher nicht gesagt habe. Ich habe A in der Situation, die mir noch sehr gut in Erinnerung ist, gesagt, dass die Besprechung von Überstunden („Mitbesorgungen") nicht sie betreffen würde und sie daher den Raum verlassen könne, ebenso aber auch bleiben könne (und Überstunden machen könne). Es ist für mich nicht nachvollziehbar, wenn A behauptet, ihr sei dies „unangenehm" gewesen. Jedenfalls kann ich im Zusammenhang mit diesem „Vorfall" nicht nachvollziehen, weshalb und inwieweit A mir ein ungebührliches Verhalten vorwirft. Es ist auch richtig, dass Herr X noch meinte, dass die Angelegenheit A nicht betreffen würde, weil sie in einer anderen „Mitbesorgungsgruppe" eingeteilt ist. Ich kann in diesem Zusammenhang beim besten Willen nicht erkennen, inwieweit ich ein Verhalten gesetzt haben sollte, dass für A „unangenehm" gewesen wäre. A war von mir für die Dauer von ... Wochen auf einen anderen Zustellrayon versetzt worden; dies aus organisatorischen Gründen im Zusammenhang mit der Einteilung einer Urlaubsersatzkraft. Naturgemäß war A über diesen Umstand nicht erfreut.
6. Im Zusammenhang mit den Überstunden (…) möchte ich eingangs anmerken, dass ich immer wieder Probleme mit A diesbezüglich hatte. A hat sich immer wieder geweigert, angeordnete Überstunden (zwei Stunden ab Dienstschluss um 14.40 Uhr) zu leisten. Als Vorgesetzter von A bin ich für die Diensteinteilung und auch für die Anordnung der Überstunden, insbesondere für sogenannte „Mitbesorgungen" (Vertretung von beispielsweise kranken Kollegen), zuständig. Ich habe wiederholt A aufgefordert, für den Fall, dass sie einen Arzttermin hat oder andere Entschuldigungsgründe für das Fernbleiben vom Dienst vorliegen, mir dies ehestmöglich mitzuteilen, damit ich andere Mitarbeiter für die Mitbesorgungen einteilen kann. A hat mir gegenüber mehrmals mitgeteilt, dass sie bereits vor(!) Dienstschluss um 14.40 Uhr ihre Tochter zum ...unterricht bringen müsse. Ich habe A mitgeteilt, dass sie ihre Dienstpflichten erfüllen müsse und diese auch angeordnete Überstunden beinhalten würden. Selbstverständlich habe ich mich bemüht, im weitestmöglichen Ausmaß auf die persönlichen Umstände bei A, wie bei allen anderen Mitarbeitern auch, Rücksicht zu nehmen. Aufgrund der generellen Weigerung von A Überstunden zu leisten (nochmals: obwohl vertraglich verpflichtet!) und dem sogar mir gegenüber geäußerten Ansinnen, bereits vor Dienstschluss um 14.40 Uhr private Erledigungen vorzunehmen, war das Verhältnis zu A leider immer wieder angespannt.
7. Der Vorwurf, ich hätte über die Lautsprecheranlage Arbeitskollegen und Arbeitskolleginnen auf oder gegen A „gehetzt", vermag ich nicht nachzuvollziehen. Richtig ist, dass ich A über die Lautsprecheranlage in mein Büro gebeten habe. Unter anderem ist die Lautsprecheranlage auch gerade dafür installiert. Ich habe die gesamte „Mitbesorgungsgruppe" aufgerufen. A, die Teil der Gruppe ist, ist jedoch (als einzige) nicht erschienen. Ich habe daher A ein zweites Mal über die Lautsprecheranlage ersucht, umgehend in mein Büro zu kommen. Zu diesem Zeitpunkt wartete bereits die gesamte übrige Mitbesorgungsgruppe in meinem Büro. A ist meiner zweiten Aufforderung schließlich auch gefolgt. Meine beiden diesbezüglichen Aufforderungen gegenüber A unterschieden sich in keiner Weise zu anderen Aufforderungen gegenüber anderen Mitarbeitern und lauteten (ungefähr) wie folgt: "A, bitte ins Büro, Einteilung der Mitbesorgungsregelung!". Es handelt sich dabei aus meiner Sicht um eine sachliche und laufend von mir verwendete Form, die Mitbesorgungsgruppe zusammenzuführen, um eine entsprechende Einteilung vornehmen zu können. Ich vermag beim besten Willen nicht zu erkennen, inwieweit ich mich diesbezüglich A gegenüber nicht ordnungsgemäß verhalten hätte.
8. A hat an der ... X gearbeitet. Ich habe die Leitung der ... X am ... übernommen. Die X galt intern als „Problembasis". Ich habe zahlreiche Änderungen des betrieblichen Ablaufes, der nicht immer den Vorschriften und Notwendigkeiten entsprach, veranlasst bzw. durchgesetzt und musste ich feststellen, dass ich mir dadurch nicht nur „Freunde" unter den Mitarbeitern geschaffen habe. Ich kann mir die unberechtigten Vorwürfe von A nur vor diesem Hintergrund sowie im Hinblick auf die unter Punkt 7. geschilderten Umstände erklären.
Zusammenfassend möchte ich festhalten, dass ich A weder „gemobbt" noch - in welcher Form auch immer - belästigt habe. Einzig und alleine meine Anmerkung im Zusammenhang mit dem Hundebiss war von mir äußerst unglücklich gewählt. Wie bereits oben mitgeteilt, habe ich mich jedoch umgehend bei A hiefür entschuldigt und hat sie meine Entschuldigung auch angenommen.“
Auf Ersuchen der B-GBK um eine schriftliche Stellungnahme zum Antrag und um Bekanntgabe allfällig gesetzter Maßnahmen zur Abhilfe teilte ... vom Personalmanagement der Österreichischen Post AG mit, dass B nicht mehr in der ... X tätig sei und im Übrigen die Erhebungen noch im Gange seien.
In der Sitzung des Senates I der B-GBK (im Folgenden kurz Senat) am ...
wiederholte A die Ausführungen in ihrem Antrag zu den einzelnen Vorfällen.
Auf die Frage, ob sie B je gesagt habe, dass ihr sein Verhalten unangenehm sei, antwortete A, nein, das habe sie sich nicht getraut, sie habe sich an ... „von der schwarzen Gewerkschaft“ gewandt. Dieser habe B auch gesagt, dass er sein Verhalten ändern solle, dass er mit den Frauen nicht „unter der Gürtellinie“ reden solle, B habe aber dennoch weitergemacht.
Auf die Frage, wie es dann zur Befragung durch Vertreter der Dienstbehörde gekommen sei, antwortete A, sie sei zu ... von der Gewerkschaft gegangen, er habe die Angelegenheit an die Vorgesetzten herangetragen. Sie habe sich nicht getraut zu einem Vorgesetzten zu gehen, sie habe befürchtet gekündigt zu werden.
Auf die Frage, seit wann sie und B auf dem Postamt seien, antwortete A, sie sei seit ... in X, B sei ... gekommen.
Auf die Frage, ob die Behauptung von B, nämlich er habe sich für den Vorfall mit dem Hundebiss entschuldigt und sie habe gesagt, „passt schon“, richtig sei, schüttelte A den Kopf.
Der Vertreter der Österreichischen Post ... führte aus, seine Abteilung sei für ...vorwürfe in ganz Österreich zuständig. Sie seien ein ...team und jede Beschwerde werde von allen gemeinsam „durchgesehen“. Im gegenständlichen Fall seien sie noch am selben Tag, am ..., nach X gefahren, und es seien die Befragungen durchgeführt worden, auch die von B. Danach hätten sie sich beraten und seien zu dem Ergebnis gekommen - ohne dass sie eine Beweiswürdigung vorgenommen hätten - dass es das Beste sei, wenn B nicht in X bleibe. Nach wenigen Tagen sei er wieder zurück nach Y gekommen. Sie (der Vertreter der Österreichischen Post und sein Team) seien auch in Y gewesen, dort habe aber niemand so richtig reden wollen.
Die Gleichbehandlungsbeauftragte ... warf an dieser Stelle ein, dass Disziplinaranzeige gegen B erstattet worden sei. Sie sei nicht involviert gewesen, sie habe von der Angelegenheit erst durch die Einladung zur heutigen Sitzung der B-GBK erfahren. B sei derzeit dienstfrei gestellt.
Die Frage, ob Vorwürfe von anderen Personen bzw. Frauen an sie herangetragen worden seien, beantwortete die Gleichbehandlungsbeauftragte mit Nein.
As Vertrauensperson, der Personalvertreter ..., führte aus, dass B in Y Dienststellenleiter gewesen und nach X gekommen sei, weil der… Kollege, den man als Dienststellenleiter eingesetzt habe, überfordert gewesen sei. Nach den Vorfällen sei B wieder zurück nach Y gekommen. Anzumerken sei, dass sich vor einiger Zeit eine Mitarbeiterin von Y nach X versetzen habe lassen, weil es schon in Y diverse Vorfälle gegeben habe. Nachdem B dann nach X gekommen sei, sei diese Mitarbeiterin „fix und fertig“ gewesen. Sie sei an den Personalausschuss herangetreten und habe gesagt, sie werde gehen, wenn B in X bleibe. Es sei dann nicht notwendig gewesen, irgendetwas in Bezug auf Frau X zu veranlassen, denn B sei - wie gesagt - wieder zurück nach Y gekommen. Die Kollegen in Y seien „natürlich“ außer sich gewesen, als sie gehört haben, dass B zurückkomme. Und zwar auch die Männer, weil Bs Führungsmethoden gehabt habe, die man als Führungsperson nicht haben sollte. Es sei nicht der richtige Weg, wenn Mitarbeiter Angst vor ihren Vorgesetzten haben. Es sei auch nicht in Ordnung, dass Gespräche nichts nützen, weil „einer dem anderen zeigen will, wer der Herr im Haus ist“. Der Umgang mit Frauen sei ohnehin ein heikles Thema, und wenn die jungen Kolleginnen - es seien viele junge Frauen auf den Postämtern beschäftigt - Angst haben, gebe es Handlungsbedarf. In diesem Zusammenhang sei zu erwähnen, dass es Qualitätskontrollen gebe, und B habe geglaubt, er könne „das mit aller Gewalt durchbringen“. In Y sei die Personalsituation etwas anders als in X. Der Anteil an Mitarbeitern aus den ehemaligen …ländern sei relativ hoch, und diese Bediensteten benötigen die Arbeit unbedingt, sie haben sich deshalb B „eher unterworfen“ und so habe es in Y auch weniger Konflikte gegeben.
Nach der Befragung von A erfolgte die Befragung von B in Anwesenheit seines Rechtsanwaltes ....
Die Vorsitzende des Senates fasste einleitend zusammen, dass B alle Vorwürfe bestreite, bis auf seinen Sager zum Hundebiss, und B bestätigte sein Vorbringen in seiner schriftlichen Stellungnahme zum Antrag.
Auf die Frage der Vorsitzenden, welchen Grund A für ihre Behauptungen haben könnte, führte B Folgendes aus: Die ... X sei eine sogenannte Problembasis. Er sei er gefragt worden, ob er die Y für sechs Monate verlassen würde, um in X die Leitung zu übernehmen. In X habe es Probleme wegen „Mitbesorgungen“ gegeben. Die Mutter und die Schwester von A seien wegen Zeitmanipulationen gekündigt worden. Die gegenständlichen Unterstellungen seien erfolgt, um ihn von ... wegzubringen, damit er nicht zu viel aufzeige. Zu bemerken sei, dass die Vorwürfe von A und einer zweiten Kollegin (Anmerkung: die ebenfalls einen Antrag bei der B-GBK einbrachte) die einzigen dieser Art gewesen seien und dass die Formulierungen ziemlich gleich seien. Einmal heiße es ‚mit der Hand berührt‘ und einmal ‚die Hand gestreichelt‘, da sehe man schon, dass das Ganze abgesprochen sei. Er wüsste auch nicht, weshalb er so ein Verhalten setzen sollte. Als er nach Y zurückgekommen sei, sei ihm von einer Mitarbeiterin eine sexuelle Belästigung unterstellt worden, obwohl er seit ... fix in Y sei und es vorher nie etwas gegeben habe. Diese Bedienstete habe teilweise in X aushelfen müssen, was ihr nicht angenehm gewesen sei. Er habe den Eindruck, das Ganze sei zwischen den Kolleginnen abgesprochen und von der Gewerkschaft gefördert worden.
Die Vorsitzende stellte noch einmal die Frage, ob B dabei bleibe, das Vorbringen von A, abgesehen von der Äußerung zum Hundebiss, zu bestreiten, und B bejahte dies.
Nachdem die Vorsitzende auf Bs schriftliche Ausführungen zu Problemen mit A im Zusammenhang mit Arztbesuchen und Überstunden zu sprechen kam, führte B aus, er sei diesbezüglich offensichtlich strenger gewesen als sein Vorgänger in X. In X habe es sehr viele Krankenstände und daher auch viele „Mitbesorgungen“ gegeben (Anmerkung: Bei Abwesenheit eines Zustellers/einer Zustellerin wird die Arbeit auf die Anwesenden aufgeteilt). Wenn ein Kollege/eine Kollegin fehle, brauche es mindestens vier andere Bedienstete, die die Arbeit miterledigen. Über die so anfallenden Überstunden seien viele nicht gerade erfreut gewesen. Es gebe zwar eine klare Vorschrift, eine Mitbesorgungsregel, aber diese sei in X nie umgesetzt worden, man habe dort nicht einmal gewusst, dass es eine Mitbesorgungsregel gebe.
Auf die Frage, ob es in dieser Hinsicht Schwierigkeiten mit A gegeben habe, antwortete B, dass Dienstzeit von 6:10 Uhr bis 14:40 Uhr sei und man daher nicht vor 14:40 Uhr private Termine ausmachen könne. Damit meine er nicht Arztbesuche, sondern dass man nicht früher gehen könne, weil man die Tochter vom ... abholen müsse. Wenn man so etwas mache, seien die anderen verärgert.
Auf die Frage, wie viele Bedienstete in Y und in X beschäftigt seien und wie hoch in etwa der Frauenanteil sei, antwortete B, in Y seien es 40 und in X ca. 50 Mitarbeiter/innen. Der Frauenanteil betrage ungefähr 30 Prozent, in Y könnte er auch etwas höher sein.
Auf die Frage, ob er nie das Gefühl gehabt habe, dass sein Verhalten A unangenehm sei, antwortete B, ihm sei überhaupt nichts aufgefallen. Da sei nur seine Bemerkung zum Hundebiss gewesen, da habe er gemerkt, diese Bemerkung sei unangebracht, und dann habe er sich eben entschuldigt. Es sei sonst alles ganz normal gewesen, deshalb sei er ja auch so überrascht über die Vorwürfe gewesen. Er habe von den Anschuldigungen erst erfahren, als der Vertreter der Österreichischen Post AG und ... gekommen seien und die Niederschrift verfasst worden sei. Das sei am ... gewesen.
B führte weiters aus, dass er gar nicht nach X gehen hätte sollen, er habe sich nämlich um eine andere Dienststelle beworben. Dann seien aber der Chef und die Chefin an ihn herangetreten, ob er nicht in X aushelfen könne, weil X eine komplizierte Dienststelle sei. Es gebe ständig „Personalunterstände“, sodass etwa auch wichtige Post liegen bleibe. Es sei ihm bewusst, dass es jetzt „problematisch“ sei, etwas über den Personalvertreter ... zu sagen, weil dieser nicht mehr hier sei und sich nicht verteidigen könne, aber der Personalvertreter ... habe gesagt: „Wir bringen dich hier weg.“ Der Personalvertreter habe ihm unterstellt, er hätte eine behinderte Kollegin zu Mitbesorgungen „gezwungen“. Zum Glück habe er einen Zeugen dafür gehabt, dass es so nicht gewesen sei. ... habe dann den Personalvertreter ... aufgefordert, sich zu entschuldigen, bis heute sei aber keine Entschuldigung erfolgt.
Auf die Frage, ob er nicht auf die Idee gekommen sei, mit seiner Vorgesetzten über die Vorwürfe zu reden, antwortete B, nein, es habe aber ein Gespräch mit ... gegeben, er könne sich nicht mehr genau erinnern, er glaube aber, sie habe das Gespräch initiiert.
Auf die Frage nach dem Ergebnis dieses Gesprächs antwortete B, er habe in der Folge auf seine Wortwahl geachtet, denn er sei ein „eher lockerer Redner“.
Nach Beendigung der Befragungen beschloss der Senat von dem Vertreter der Österreichischen Post AG die Niederschrift zur Befragung von B am ... sowie Niederschriften über allfällige weitere Befragungen von Bediensteten zu den behaupteten Vorfällen durch Dienstgebervertreter/innen der Österreichischen Post AG anzufordern.
Der Vertreter der Österreichischen Post AG übermittelte per mail vom ... die Niederschriften zu den Befragungen von B sowie von 5 männlichen und 6 weiblichen Bediensteten der Dienststellen X und Y. Die Niederschriften waren nicht datiert, aus den Ausführungen der Bediensteten geht hervor, dass die Befragungen durchgeführt wurden, nachdem B seinen Dienst wieder in Y angetreten hatte.
Die Aussagen der Bediensteten bezogen sich auf Bs Verhalten als Vorgesetzter, vor allem etwa im Zusammenhang mit Krankenständen und Urlauben. Zu den von A vorgebrachten Vorfällen, die sie als sexuelle Belästigung empfand, äußerte sich keine bzw. keiner der Bediensteten. Ein Bediensteter gab an, dass B „halt seine persönlichen Bemerkungen“ mache, auch Männern gegenüber (Anmerkung: gemeint sind auch die sexuelle Sphäre betreffende Bemerkungen). Ein anderer Bediensteter gab an, B sei Kolleginnen gegenüber „doch sehr vertraulich“ gewesen, wobei dieser Bedienstete auch sagte, dass er keine bestimmten Wahrnehmungen habe und ihm Kolleginnen auch nichts erzählt haben. Ein Mitarbeiter sagte aus, persönlich nichts von Belästigungen von Mitarbeiterinnen mitbekommen zu habe, es gebe „nur Erzählungen“. Einige weibliche Bedienstete gaben an, B habe mitunter Bemerkungen mit Bezug auf die sexuelle Sphäre gemacht, wobei hervorkommt, dass B nicht darauf achtete, ob andere Bedienstete seine Äußerungen hören oder nicht. Insgesamt erwecken die Darstellungen diverser Situationen durch die Befragten den Eindruck, dass B gedacht habe, seine Bemerkungen seien „lustig“ (eine Bedienstete drückte dies explizit so aus). Eine Bedienstete schilderte folgenden Vorfall: Sie habe B nach „grauen Kisten“ gefragt, die sie benötigt habe. B habe geantwortet, er habe sie nicht, auch nicht in seiner Hose, ob sie selbst nachsehen wolle. Dabei habe er seinen Hosenbund nach vorne gezogen. Ein Bediensteter bestätigte bei seiner Befragung diesen Vorfall. Die von ... angesprochene Bedienstete X gab an, sich von B sexuell belästigt gefühlt zu haben, er sei (in Y) öfter an ihren Rayontisch gekommen und habe ihre Schultern massiert, er habe öfter ihre Hand gehalten und gestreichelt, habe gefragt, was sie nachts allein im Bett mache.
Die B-GBK hat erwogen:
Gemäß § 8 Abs. 1 B-GlBG liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes vor, wenn die Dienstnehmerin oder der Dienstnehmer im Zusammenhang mit ihrem oder seinem Dienstverhältnis 1. von der Vertreterin oder vom Vertreter des Dienstgebers selbst sexuell belästigt wird, 2. durch die Vertreterin oder den Vertreter des Dienstgebers dadurch diskriminiert wird, indem sie oder er es schuldhaft unterlässt, im Falle einer sexuellen Belästigung angemessene Abhilfe zu schaffen oder 3. durch Dritte sexuell belästigt wird.
Gemäß § 8 Abs. 2 Z 1 B-GlBG liegt eine sexuelle Belästigung vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht, entwürdigend, beleidigend oder anstößig ist und
1. eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt.
Nach den Erläuterungen zum B-GlBG sind unter einem „der sexuellen Sphäre zugehörigen Verhalten“ „körperliche, verbale und nicht verbale Verhaltensweisen“ zu verstehen.
Der Begriff Würde stellt darauf ab, dass der Umgang von Vorgesetzten und Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern bzw. von Kolleginnen und Kollegen von gegenseitigem Respekt gekennzeichnet sein sollte. Ob die Würde einer Person beeinträchtigt ist, ist nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen.
Das wesentliche Merkmal einer sexuellen Belästigung ist, dass das Verhalten von der betroffenen Person unerwünscht ist. Die „Unerwünschtheit“ ist subjektiv, d.h. bezogen auf die „betroffene Person“ zu beurteilen; dies basiert auf der Überlegung, dass die einzelnen Menschen selbst bestimmen sollen, welches Verhalten für sie akzeptabel ist und welches sie als beleidigend empfinden (Praktische Verhaltensregeln und Maßnahmen der EG-Kommission (92/131/EWG) zur Bekämpfung sexueller Belästigungen). Unabhängig von der Erwünscht- oder Unerwünschtheit kann auch ein Verhalten als sexuelle Belästigung qualifiziert werden, wenn es „unangebracht oder anstößig“ ist. Unangebracht oder anstößig sind u.a. im Rahmen des Dienstes/Arbeitsumfeldes gemachte anzügliche Bemerkungen.
Je nach Massivität des Verhaltens können wiederholte Verhaltensweisen oder auch ein einmaliger Zwischenfall den Tatbestand der sexuellen Belästigung erfüllen.
Gemäß der Beweislastregel des § 25 Abs. 2 B-GlBG hat eine Antragstellerin/ein Antragsteller in den Fällen einer behaupteten sexuellen Belästigung diesen Umstand lediglich glaubhaft zu machen. Es obliegt dem/der der sexuellen Belästigung Beschuldigten, darzulegen, dass bei Abwägung aller Umstände eine höhere Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass die von ihr/ihm glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.
A behauptete durch mehrere Verhaltensweisen von B sexuell belästigt worden zu sein, nämlich dadurch dass er körperlichen Kontakt zu ihr gesucht habe (Umfassen der Taille, Hand halten und streicheln), weiters durch verbale Äußerungen (Frage, ob sie einen Freund habe; Aufforderung doch „da“ zu bleiben) und schließlich durch die Bemerkung, er wäre gern dieser Hund gewesen (der A einmal auf einem Grundstück, das sie als Zustellerin betreten hatte, in das Gesäß gebissen hatte), weil er hätte sie „gerne in den Po gebissen“. B gab zu, diese Bemerkung gemacht zu haben. Diese Äußerung berührt zweifellos die sexuelle Sphäre und beeinträchtigt (auch objektiv) die Würde der betroffenen Person, da sie jenen Respekt vermissen lässt, der von den Bediensteten im Umgang miteinander erwartet werden darf. Eine derartige Bemerkung im Rahmen des Arbeits- bzw. Dienstverhältnisses ist absolut unangebracht, und es ist nachvollziehbar, dass in der Folge eine Bedienstete oder ein Bediensteter ihre/seine Arbeitsumwelt als einschüchternd, feindselig oder demütigend empfindet.
B erkannte offenbar die Unzumutbarkeit und Unzulässigkeit seiner Bemerkung und er entschuldigte sich. Er führte in seiner Stellungnahme zum Antrag aus, dass die Stimmung „lustig“ und „locker“ gewesen sei und A auf seine Entschuldigung mit „passt schon“ reagiert habe, weshalb er die Angelegenheit als „erledigt betrachtet“ habe. Der Senat hält dazu fest, dass auch bei dienstlichen Besprechungen in lustiger/lockerer Atmosphäre ein achtungsvoller Umgang geboten ist und nicht davon ausgegangen werden kann, dass sexuell konnotierte Scherze oder Anspielungen als harmlos empfunden werden. Das Unterbleiben eines unverzüglichen Protests der/des Betroffenen bedeutet nicht, dass unerwünschte, unangebrachte, entwürdigende, beleidigende oder anstößige Verhaltensweisen toleriert werden oder entschuldigt sind.
Auch wenn man B zugutehält, dass er sich für seine Bemerkung zum Hundebiss entschuldigte, so sind die Aussagen der zu Bs Verhalten befragten Bediensteten insofern übereinstimmend als sie B als jemand beschrieben, der auf seine Wortwahl nicht achtet und der auch Bemerkungen mit Bezug auf die sexuelle Sphäre macht (siehe Seite 12, 13). Auch wenn man davon ausgeht, dass B aus Unbedachtheit und auch Männern gegenüber Äußerungen mit sexuellen Inhalten machte, so ändert dies nichts am sexuell belästigenden Charakter seiner Bemerkung. Gerade von einer Person in einer Leitungsfunktion kann erwartet werden, dass sie darauf achtet korrekt aufzutreten und damit ihrer Vorbildfunktion gerecht wird.
Der Senat stellt daher fest, dass B A jedenfalls durch die Bemerkung zum Hundebiss sexuell belästigte. Da allein mit dieser Äußerung der Tatbestand der sexuellen Belästigung gemäß § 8 B-GlBG erfüllt ist, erübrigt sich eine Prüfung der übrigen von A vorgebrachten Sachverhalte im Hinblick auf § 8 B-GlBG.
Auf die schadenersatzrechtlichen Ansprüche des § 19 B-GlBG wird verwiesen.
Empfehlung:
1.) Senat empfiehlt B, in Zukunft in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass die sexuelle Sphäre berührende oder betreffende Bemerkungen, Anspielungen, „Scherze“ und körperliche Verhaltensweisen im Rahmen der Dienstverrichtung zu unterlassen sind.
2.) Der Österreichischen Post AG wird empfohlen, insbesondere die Führungskräfte im Hinblick auf die Bestimmung des § 8 B-GlBG zu unterweisen bzw. zu schulen.
Wien, Oktober 2016
Zuletzt aktualisiert am
05.12.2016