Norm
§17 Abs1 Z1 GlBGDiskriminierungsgrund
AlterDiskriminierungstatbestand
Diskriminierung auf Grund des Alters bei der Begründung eines ArbeitsverhältnissesText
SENAT II DER GLEICHBEHANDLUNGSKOMMISSION
Prüfungsergebnis GBK II/233/14 gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz
Der Senat II der Gleichbehandlungskommission (GBK) hat über den Antrag von Herrn A (in der Folge: Antragsteller) wegen behaupteter Diskriminierung auf Grund des Alters bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG durch die Firma B (in der Folge: Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, iVm § 11 Gleichbehandlungskommissions-GO, BGBl. II Nr. 396/2004 idgF BGBl. II Nr. 275/2013, erkannt:
Eine Diskriminierung des Antragstellers auf Grund des Alters bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses durch die Antragsgegnerin
l i e g t n i c h t v o r.
VORBRINGEN
1. Im Antrag wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Antragsteller die von der Antragsgegnerin ausgeschriebene Stelle aufgrund seines Alters nicht erhalten habe und deswegen auch nicht zu einem persönlichen Gespräch eingeladen worden sei. Trotz seiner exzellenten universitären Ausbildung sei ihm mitgeteilt worden, dass er dem gewünschten Anforderungsprofil zwar sehr nahe komme, ihm jedoch nicht zur Gänze entsprechen würde.
2. In der Stellungnahme der Antragsgegnerin wurde im Wesentlichen mitgeteilt, dass der ausgeschriebenen Position eines Produktionslogistikers/einer Produktionslogistikerin ein sehr genau definiertes Anforderungsprofil zugrunde liege. Die darin definierten Kriterien würde der Antragsteller nicht oder nur zum Teil erfüllen. Aus dem Lebenslauf des Antragstellers sei eine sehr starke sozial- und betriebswirtschaftliche Orientierung herauszulesen und sein beruflicher Werdegang habe auf mangelnde Erfahrung im Bereich Produktionslogistik schließen lassen.
Bei der Beurteilung der Bewerbung des Antragstellers habe sein Alter keine auch wie immer geartete Rolle gespielt.
PRÜFUNGSGRUNDLAGEN
1. Der Senat II der GBK stützt sein Prüfungsergebnis auf die schriftlichen Vorbringen des Antragstellers und der Antragsgegnerin sowie auf deren Befragungen.
2. In der mündlichen Befragung durch den Senat gab der Antragsteller an, dass er sich bei der Antragsgegnerin beworben habe. Er habe Wirtschafts- und Sozialwissenschaften studiert, sei ausgebildeter Bürokaufmann und Betriebslogistikkaufmann und besitze langjährige Praxis im Logistikbereich. Auch habe er Führungserfahrung vorzuweisen und sei daher für diese Stelle bestens qualifiziert gewesen.
Der Antragsteller habe den Eindruck gewonnen, dass er aufgrund seiner Qualifikation eigentlich zu einem Vorstellungsgespräch hätte eingeladen werden müssen, dies aber aufgrund seines Alters nicht erfolgt sei.
3. Der Vertreter der Antragsgegnerin, Herr B, erläuterte in der Befragung, dass ein Sachbearbeiter die Bewerbungen aufnehme und sie mit dem Anforderungsprofil auf die Stelle vergleiche. Auch vergleiche er sie mit den bisher eingegangenen Bewerbungen und würde sie für die Fachabteilung vorselektieren.
Die Vorselektion sei ausschließlich fachlich begründet und es würde beurteilt, wie weit das Anforderungsprofil erfüllt sei. Für diese Stelle sei Erfahrung im exakten Umfeld des Unternehmens der Antragsgegnerin, welches den Bau von Fahrzeugen und Sonderfahrzeugen bzw. Sondermaschinenbau umfasse, ein wichtiges Kriterium gewesen. Auch SAP Kenntnisse seien ein Kriterium gewesen, über das der Antragsteller nicht verfüge, viele BewerberInnen hätten jedoch eine jahrelange diesbezügliche Praxis aufweisen können.
Zu dieser Stellenausschreibung seien 86 Bewerbungen eingegangen, wobei eine Vielzahl mit dem Unternehmensgegenstand bzw. Tätigkeitsbereich der Antragsgegnerin sehr gut korrelierte. Der Antragsteller habe zwar Tätigkeiten mit logistischem Anspruch vorzuweisen, die Lager- und Betriebslogistik der Antragsgegnerin habe aber deutlich andere Ansprüche im Vergleich zu den Branchenerfahrungen des Antragstellers.
Im Unternehmen der Antragsgegnerin sei es das Wichtigste, dass Lieferprodukte just in time einträfen. Dazu müsse man ein sehr starkes „Fire Fighting“ beherrschen, d.h. der/die LogistikleiterIn müsse es schaffen, dass, wenn ein Lieferant abreißt oder nicht lieferfähig ist, die Teile in der kürzesten Zeit zu besorgen, um die Produktionslinie zu versorgen. Dazu sei eine entsprechende Systematik im Hintergrund, ein entsprechendes Netzwerk bzw. LieferantInnenstruktur notwendig. Dies seien völlig andere Anforderungen als in anderen Logistikbereichen, wie z.B. in der Transportlogistik. Daher sei insbesondere jemand mit Erfahrungen im Sonderfahrzeugbau bzw. Sondermaschinenbau gesucht und schlussendlich auch aufgenommen worden.
Auch sei die aufgenommene Person 46 Jahre alt und damit vergleichbaren Alters mit dem Antragsteller.
BEGRÜNDUNG
Der Senat II der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:
1. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, lauten:
§ 17. (1) Auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung darf in Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht
1. bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses,
[…]
§ 19. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 17 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.
(2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, oder Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Orientierung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.
2. Vor der rechtlichen Auseinandersetzung mit dem im Verfahren vor dem erkennenden Senat erhobenen Sachverhalt ist zunächst zu bemerken, dass die Herstellung einer diskriminierungsfreien Arbeitsumwelt als eine der wesentlichsten Zielsetzungen des Gleichbehandlungsgesetzes zu betrachten ist. Im Hinblick auf dieses Ziel ist es daher unerlässlich, sich mit allenfalls vorhandenen negativen Stereotypisierungen von Personengruppen auseinanderzusetzen.
3. Zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren ist anzumerken, dass gemäß § 26 Abs. 12 GlBG eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 17, 18 oder 21 beruft, diesen glaubhaft zu machen hat.
Bei der Glaubhaftmachung – auch Bescheinigung genannt – ist das Beweismaß im Vergleich zum Regelbeweismaß deutlich herabgesetzt. Während beim Regelbeweismaß hohe Wahrscheinlichkeit verlangt wird, genügt bei der Glaubhaftmachung die überwiegende Wahrscheinlichkeit. Überwiegende Wahrscheinlichkeit lässt sich grob damit umschreiben, dass mehr für das Vorliegen einer Tatsache sprechen muss als dagegen. Die jüngere Lehre geht dabei von einem Wahrscheinlichkeitsgrad von zumindest 51% aus. Dies soll die häufig schwierige Beweisführung in Diskriminierungsfällen erleichtern.
Unter Zugrundelegung der Annahme einer strukturellen Diskriminierung aufgrund des Alters in der Arbeitswelt, ist nach Ansicht des Senates die Voraussetzung der Glaubhaftmachung im Sinne des § 26 Abs. 12 GlBG daher zunächst als gegeben zu betrachten, wiewohl eine weitere Substantiierung des Vorbringens durch den Antragsteller im weiteren Verfahrensverlauf notwendig erscheint.
4. Wenn dem Antragsteller die Glaubhaftmachung von Umständen, die einen Zusammenhang zwischen der Begründung eines Arbeitsverhältnisses und dem Alter indizieren, gelungen ist, obliegt es der Antragsgegnerin, zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne der §§ 19 Abs. 2 oder 20 GlBG vorliegt.
5. Zum vorliegenden Sachverhalt hat sich auf Grund der Befragung der beiden oben genannten Auskunftspersonen für den Senat folgendes Bild ergeben:
Der Antragsteller konnte im Rahmen seiner mündlichen Befragung keine weiteren, substantiellen Anhaltspunkte für die Nachvollziehbarkeit des Vorwurfs der altersbedingten Nichteinstellung durch die Antragsgegnerin vorbringen.
Die Antragsgegnerin konnte hingegen glaubwürdig und sachlich nachvollziehbar darlegen, dass das Unternehmen ein professionelles Bewerbungsverfahren ausgeführt hat, in dem das Alter der BewerberInnen keinen Einfluss auf die Einstellungsentscheidung hatte. Es traten im Verfahrensverlauf keine Indizien dafür hervor, dass das Alter bei der Entscheidung zur Nichteinstellung des Antragstellers mitausschlaggebend oder in irgendeiner Weise relevant gewesen ist.
Die von der Antragsgegnerin für diese Stelle vorgebrachten Entscheidungskriterien und Anforderungen, welche zu einer erfolgreichen Bewerbung führten, waren allesamt nachvollziehbar und hinsichtlich der speziellen Anforderungen hinsichtlich des Unternehmensbereichs der Antragsgegnerin auch glaubhaft. Unter anderem auch deswegen, da auch andere Personen aus dem Branchenumfeld der Antragsgegnerin eingeladen wurden und sich dieses in den Befragungen als hoch zu bewertendes Kriterium herausgestellt hat. Zweifellos erfüllte der Antragsteller diverse formale Kriterien, aber aufgrund des großen BewerberInnenpools konnte er sich im Vergleich zu diesen nicht durchsetzen.
Dass auch der erfolgreiche Stellenbewerber ein vergleichbares Alter wie der Antragsteller hat, unterstreicht die Ansicht des Senates, dass eine Altersdiskriminierung im konkreten Fall nicht vorliegt.
Hinzuweisen ist aber darauf, dass in der Stellungnahme der Antragsgegnerin weder auf die geforderten SAP-Kenntnisse noch auf die intern offensichtlich hoch bewertete Branchenherkunft hingewiesen wurde. Dies ist der Antragsgegnerin als Mangel bzw. Widerspruch zuzurechnen.
Unter Berücksichtigung des unter Pkt. 3. Gesagten ergibt sich für Senat II dennoch, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von der Antragsgegnerin glaubhaft gemachten Motive, insbesondere die höhere bzw. speziellere Qualifikation einer Vielzahl anderer StellenwerberInnen, dafür ausschlaggebend waren, den Antragsteller nicht zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen.
Deshalb war das Vorliegen einer Diskriminierung des Antragstellers aufgrund des Alters bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses durch die Antragsgegnerin zu verneinen.
Zuletzt aktualisiert am
19.07.2017