Diskriminierungsgrund
GeschlechtDiskriminierungstatbestand
Festsetzung des Entgelts, Sonstige ArbeitsbedingungenText
Senat I der Gleichbehandlungskommission
Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz
(BGBl. Nr. 108/1979 idF BGBl. I Nr. 107/2013)
Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 8. November 2016 über den am 2. Mai 2014 eingelangten Antrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) für Frau A (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes bei der Festsetzung des Entgelts gemäß § 3 Z 2 GlBG (BGBl. I Nr. 66/2004 idF BGBl. I Nr. 107/2013; alle weiteren, im Text verwendeten Gesetzeszitate beziehen sich auf diese Fassung) und bei den sonstigen Arbeitsbedingungen gemäß § 3 Z 6 GlBG durch die X (Antragsgegnerin), nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013), zu GZ GBK I/534/13, zu folgendem
Prüfungsergebnis
1. Frau A ist auf Grund des Geschlechtes bei der Festsetzung des Entgelts gemäß § 3 Z 2 GlBG durch die X diskriminiert worden.
2. Frau A ist auf Grund des Geschlechtes bei den sonstigen Arbeitsbedingungen gemäß § 3 Z 6 GlBG durch die X diskriminiert worden.
Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.
Prüfungsgrundlagen
Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin und der rechtsfreundlichen Vertretung der Antragsgegnerin sowie die mündliche Befragung der Antragstellerin vom 4. Oktober 2016. Trotz zweimaliger Ladung des Geschäftsführers, Herrn Z, ist dieser nicht zu einer Befragung erschienen. Der im GBK Verfahren rechtsfreundlich vertretene Antragsgegner erstattete auf Nachfrage des Senates I der GBK eine ergänzende Stellungnahme. Auf eine weitere Ladung wurde verzichtet. Als weitere Auskunftspersonen wurden Herr B, Herr C und Herr D am 4. Oktober 2016 sowie Herr E am 8. November 2016 durch den Senat I der GBK befragt. Des Weiteren bezieht sich der Senat I der GBK in seiner Entscheidungsfindung auf den geltenden Rahmen Kollektivvertrag (KV) für Angestellte im …, die Stellenanzeige vom April 2011, die Bewerbungsunterlagen der Antragstellerin und die Mitteilung an die Personalverrechnung zur Gehaltserhöhung vom 2. Juli 2012. Die von der rechtsfreundlichen Vertretung der Antragsgegnerin vorgelegten Lohnkonten von Frau A aus 2012 und Herrn E aus 2010 wurden ebenfalls in die Prüfungsgrundlagen einbezogen.
Vorbringen
Im Antrag wurde im Wesentlichen folgendes vorgebracht:
Die Antragstellerin sei von 2. Mai 2011 bis 30. September 2013 bei der Antragsgegnerin als Einsatzleiterin für den Winterdienst beschäftigt gewesen. Sie sei auf Grund einer Stellenanzeige im April 2011 auf den Job aufmerksam geworden, wobei kein Mindestgehalt angegeben gewesen sei (entgegen § 9 Abs. 2 GlBG). Anwendbar sei der Kollektivvertrag (KV) für Angestellte im … gewesen. Das Vorstellungsgespräch habe die Antragstellerin mit Herrn C, der dort als Prokurist tätig gewesen sei, sowie mit dem Geschäftsführer, Herrn B geführt. Bereits bei diesem Gespräch sei ihr Frausein hinsichtlich der Aufgaben der Tätigkeit problematisiert worden. Die Antragstellerin habe auf ihre Erfahrungen bei Y verwiesen, wo sie 2 ½ Jahre als Stützpunktkraft beschäftigt gewesen sei und bereits Erfahrungen im Winterdienst vorweisen habe können. Diesen habe sie gemeinsam mit dem damaligen Gebietsleiter durchgeführt. Auch habe sie darauf verwiesen, dass es bei Y ebenfalls eine weibliche Einsatzleitung … gebe. In weiterer Folge sei über das Gehalt gesprochen worden, wobei von Seiten der Geschäftsführung Euro 1.600,- brutto (Euro 1.212,- netto) festgesetzt worden sei. Die Antragstellerin habe nicht den Eindruck gehabt, dass sie Verhandlungsspielraum gehabt hätte und habe auch nicht gewusst, ob eine Anrechnung der Vordienstzeiten vorgenommen worden sei. 2012 sei dann von der Antragsgegnerin eine Objektleitung gesucht worden. Laut Ausschreibung seien Euro 1.650,- brutto angeboten worden, obwohl die Tätigkeit weniger Verantwortung als die Einsatzleitung … beinhaltet habe. Daraufhin habe sich die Antragstellerin zunächst beim Prokuristen beschwert, der ihr ankündigt habe, deswegen mit dem Geschäftsführer, Herrn Z zu sprechen. Herr B habe zu dieser Situation gemeint, dass das niedrigere Gehalt darin begründet gewesen sei, dass „man ja nicht gewusst habe, ob sie als Frau den Job schaffen würde“. Im Mai oder Juni 2013 sei ein Nachfolger, Herr D, eingestellt worden und die Antragstellerin habe diesen bis Ende September 2013 eingeschult. Danach sei das Dienstverhältnis einvernehmlich gelöst worden. Im Zuge der Einschulungsphase habe die Antragstellerin durch die Aussagen ihres Nachfolgers festgestellt, dass dieser gleich beim Einstieg ein Gehalt von Euro 1.500,- netto erhalten habe. Herr D sei ca. 30 Jahre alt gewesen, sei zuvor bei einer Hausreinigung in der Objektleitung beschäftigt gewesen und habe keinerlei Erfahrung im … gehabt. Die Antragstellerin sei 50 Jahre alt und habe bei ihrem Einstieg bereits über einschlägige Erfahrung verfügt. Der Vorgänger der Antragstellerin, Herr E, der ca. 2 Saisonen bei der Antragsgegnerin gearbeitet habe, habe ebenfalls mehr als die Antragstellerin verdient. Dieser habe im Gegensatz zu ihr nur ca. 70 Routen bewältigen müssen, bei ihr seien es hingegen bereits 102 Routen gewesen. Herr E sei ca. 36 Jahre alt gewesen und habe für dieselbe Tätigkeit Euro 1.600,- netto verdient.
In der auf Ersuchen von Senat I der GBK übermittelten Stellungnahme der rechtsfreundlichen Vertretung der Antragsgegnerin bestritt diese die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:
Die angeblich im Vorstellungsgespräch getätigten frauenfeindlichen Äußerungen sowie die angeblich von Herrn B gemachte Äußerung, dass man nicht wisse, ob die Antragstellerin den Job als Frau schaffe könne, würden vehement bestritten werden. Auch seien derartige Wortmeldungen nicht im Zusammenhang mit dem Entgelt gefallen. Der Vorwurf der Entgeltdiskriminierung treffe nicht zu. Vorweg sei festgestellt, dass die Position des/r Einsatzleiters/in für … in der Firma der Antragsgegnerin nur einmal existiere und besetzt werde. Daher gebe es keinen direkten Lohnvergleich zwischen einer weiblichen oder männlichen Arbeitskraft, sodass schon aus diesem Grund eine Diskriminierung zum Zeitpunkt der Beschäftigung der Antragstellerin nicht vorgelegen sein könne. Zur sonstigen Entgeltgestaltung müsse darauf hingewiesen werde, dass sich die Antragstellerin entgegen der nunmehrigen Behauptungen nicht als im … erfahrene Person bei der Antragsgegnerin beworben habe. Eine derartige Vorerfahrung gehe weder aus dem Bewerbungsschreiben noch aus dem Lebenslauf hervor. Der mehrfache Hinweis im Antrag der GAW hinsichtlich ihrer umfangreichen Erfahrungen durch ihre Tätigkeit bei Y beziehe sich de facto auf ihre Tätigkeit im Administrations- bzw. Personalbereich. Im Vorstellungsgespräch sei das Gehalt bzw. die Gehaltsvorstellungen der Antragstellerin durch Herrn C und Herrn B ganz offen thematisiert worden. Gänzlich unrichtig sei, dass das Gehalt nur von der Geschäftsleitung einseitig festgesetzt worden sei. Der Gehaltsvorschlag sei von der Antragstellerin selbst gekommen. Dies sei ihrer handschriftlichen Notiz am Lebenslauf zu entnehmen. Zunächst sei über 1.500 Euro brutto gesprochen worden, wobei letztlich der Gehaltsvorschlag von Euro 1.600,- brutto plus Prämie von der Antragstellerin gekommen sei. Somit habe es sich um eine schlichte marktübliche Einigung gehandelt. Das bloße Fehlen des Hinweises auf die geplante Bezahlung für den ausgeschriebenen Posten in einem Stelleninserat gebe keinen Rückschluss auf eine etwaige nachfolgende Diskriminierung. Ein solcher Verstoß stelle bloß eine Verwaltungsübertretung dar. Zum Zeitpunkt der Textierung der Stellenanzeige sei das Gesetz noch nicht in Kraft getreten worden, das kurz nach Inkrafttreten des Gesetzes erschienene Inserat habe den Notwendigkeiten daher inhaltlich noch nicht entsprochen. Nach der erfolgreichen …saison 2011/12 sei die Antragstellerin mit ihrem Gehaltswunsch von Euro 1.500,- netto an die Geschäftsleitung herangetreten. Es sei von der Antragsgegnerin diesem Gehaltswunsch nachgekommen worden. Auf Vorschlag des Geschäftsführers sei die Prämie von Euro 2.500,- auf Euro 3.000,- erhöht worden. Diese Gehaltserhöhung habe ab Juli 2012 gegolten. Es sei unzutreffend, dass männliche Arbeitskräfte mehr Entgelt als weibliche erhalten würden. Es hänge ausschließlich von der Qualifikation und den wirtschaftlichen Gegebenheiten ab. Der Vorgänger der Antragstellerin, Herr E, habe anfangs weniger als die Antragstellerin nach ihrer Gehaltserhöhung verdient. Dagegen habe Herr E gegenüber allen anderen bisherigen Einsatzleitern Erfahrung im … gehabt. Auch die jeweiligen Gebietskontrolleure/innen der Antragsgegnerin, die teilweise die Arbeit der Antragstellerin hätten übernehmen müssen, wenn sie im Krankenstand oder Pflegeurlaub gewesen sei, hätten trotz dieser Vertretungstätigkeit auch nicht mehr Gehalt bezogen.
Rechtliche Überlegungen
Gemäß § 3 Z 2 GlBG darf auf Grund des Geschlechtes, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat, im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht bei der Festsetzung des Entgelts. Der Entgeltbegriff ist nach der Rechtsprechung des EuGH weit zu fassen, sodass man darunter alle Leistungen versteht, die ein/e Arbeitnehmer/in als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung seiner/ihrer Arbeitskraft an den/die Arbeitgeber/in erhält.
Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung der Vorwürfe der Antragstellerin, ihr Entgelt sei aufgrund ihres Geschlechtes niedriger festgesetzt worden, ein Ermittlungsverfahren iSd GBK/GAW-Gesetzes durch.
Insoweit sich die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 3, 4, 6 oder 7 GlBG beruft, hat er/sie diesen gemäß § 12 Abs. 12 GlBG glaubhaft zu machen. Dem/der Beklagten obliegt es bei Berufung auf § 3 oder 4 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes, vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder das andere Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit ist oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 2 vorliegt.
Bei der Beurteilung, ob eine vergleichbare Situation der Antragstellerin und der männlichen Vergleichsperson vorliegt, sind subjektive Elemente außer Acht zu lassen, maßgeblich ist ausschließlich die objektiv festzustellende gleiche bzw. vergleichbare Arbeit. Die Gleichzeitigkeit der zu vergleichenden Arbeiten ist für die Vergleichbarkeit nicht erforderlich.2
Erhält eine Arbeitnehmerin, trotz zumindest gleichwertiger Tätigkeit, im Vergleich zu männlichen Kollegen ein niedrigeres Bruttogehalt und liegen keine anderen – sachlichen – Gründe für diese unterschiedliche Behandlung vor, kann dies den Tatbestand der Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes bei der Festsetzung des Entgelts gemäß § 3 Z 2 GlBG indizieren.
Eingangs wird festgehalten, dass auf Grund der übereinstimmenden Aussagen der Antragstellerin, des Herrn E und des Herrn D vom gleichen Inhalt der Aufgaben, Verantwortung und Tätigkeiten auszugehen ist.
Die Position des/r Einsatzleiters/in … umfasst Vermessungen, Kundengespräche, Kalkulation der vermessenen Objekte, Einsatzplanung, Routenplanung für die …, Kontrolle der Räumung und die Übernahme der Haftung als § 9 Abs.2 VStG verantwortliche/r Beauftragte/r der …-Verordnung. Diese Tätigkeiten wurden nach den übereinstimmenden Aussagen der Antragstellerin, des Herrn E und des Herrn D gleichermaßen von allen drei Personen ausgeübt. Es gab wie bei der Antragstellerin auch bei Herrn D eine 2- bis 3-monatige Einschulungsphase, die Antragstellerin wurde von ihrem Vorgänger Herrn E ca. 1 Monat lang eingeschult.
Die Argumentation der Antragsgegnerin in der Stellungnahme, dass die unterschiedliche Bezahlung der Antragstellerin daher rühre, dass ihr Vorgänger bereits beim Einstieg als Einsatzleiter … umfangreiche Vorkenntnisse gehabt habe, die Antragstellerin und ihr Nachfolger dem gegenüber nur geringe Kenntnisse im … gehabt hätten, hat sich im Zuge des Ermittlungsverfahrens für den Senat I der GBK als nicht zutreffend erwiesen.
Aus den Befragungen der Antragstellerin und der Vergleichsperson Herr E ging hervor, dass Herr E – entgegen den Behauptungen der antragsgegnerischen Seite, wonach er einschlägige Erfahrung in der Einsatzleitung gehabt habe – im Innendienst bei der Firma W im … tätig war. Er war nicht als Leiter, sondern als „normaler Angestellter“ im Bereich Personal tätig und hatte dort mit Aufnahmen, Abrechnungen, mit der Weitergabe von Beschwerden, aber auch mit den Einsatzleitern sowie den Gebietsleitern zu tun.
Der Nachfolger der Antragstellerin, Herr D, war in seiner bisherigen beruflichen Tätigkeit als Objektleiter vor allem mit der Innenreinigung der Gebäude beschäftigt, im … mit der ... Er habe dort nach eigener Aussage keine der Einsatzleitung vergleichbare Position innegehabt, sei aber in derselben Branche tätig gewesen.
Die Antragstellerin war als Stützpunktkraft bei Y tätig, hat mit dem zuständigen Gebietsleiter zusammengearbeitet und mit der zuständigen Einsatzleiterin die Routen eingeteilt. Die Antragstellerin hat zwar nicht im Ausmaß einer Einsatzleitung in diesem Bereich gearbeitet, aber sie hat diese unterstützt und auch Mitarbeiter eingeteilt und Routen geplant.
Sowohl die dem Senat I vorliegenden Gehaltsunterlagen der Vergleichspersonen und der Antragstellerin als auch die gleichlautenden Aussagen der Auskunftspersonen zeigen eine geschlechtsspezifische Entgeltfestsetzung durch die Antragsgegnerin an.
Die befragten Auskunftspersonen gaben gegenüber dem erkennenden Senat an, dass die Höhe des Gehalts im Wesentlichen vom Willen des Geschäftsführers und dem Verhandlungsgeschick der Bewerber/innen abhänge. Sachliche, transparente und nachvollziehbare Kriterien zur diskriminierungsfreien Gehaltsfindung wurden von der Antragsgegnerin nicht zur Anwendung herangezogen. Ist die Überzahlung der männlichen Kollegen also auf deren Verhandlungsgeschick zurückzuführen, besteht der Anschein einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bei der Festsetzung des Entgelts.
Im vorliegenden Fall wurde, wie die Antragstellerin glaubwürdig geschildert hat, dieser – als sie 2012 auf ein Stelleninserat einer Objektleitung bei der Antragsgegnerin aufmerksam wurde, für die als Gehalt Euro 1.650,- brutto angeboten wurden, obwohl die Tätigkeit weniger Verantwortung als die Einsatzleitung … beinhalte – als Erklärung für ihr anfänglich niedrigeres Gehalt gesagt, dass „man ja nicht gewusst habe, ob sie als Frau den Job schaffen würde“.
In diesem Zusammenhang wird auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 20.05.1998, Zl. 9 ObA 350/97d verwiesen, wo ua ausgeführt wird: „Bei Prüfung der Frage, inwieweit eine Diskriminierung als geschlechtsspezifisch für bescheinigt zu gelten hat, darf das gesellschaftliche Umfeld nicht außer Acht gelassen werden. Es ist offenkundig, daß Frauen in Österreich im allgemeinen statistisch gesehen niedriger entlohnt werden als männliche Arbeitnehmer. Frauen sind auch häufiger als Männer bereit, niedriger entlohnte Tätigkeiten anzunehmen, zumal ihre Arbeit oft bereits im Rahmen der Arbeitsbewertung als weniger schwierig und damit geringer wertig eingestuft wird.“
Der ehemalige 2. Geschäftsführer, Herr B, betonte, dass die Antragstellerin ihnen „als Gesamtpaket“ sehr gut gefallen hat, Einsatzwillen gezeigt hat und sehr eloquent war. Auch wurde ihr Durchsetzungsvermögen zugetraut. Andererseits versuchte er, das konkrete Tätigkeitsfeld der Antragstellerin herabzustufen. Sie wurde als eine Art „Kontrolleurin“ dargestellt, diese Darstellung wurde jedoch von den anderen Auskunftspersonen nicht bestätigt. Der Senat I der GBK geht, gestützt durch die Aussagen der Auskunftspersonen und der Antragstellerin, von einem identischen Aufgabengebiet aller drei miteinander verglichenen Personen aus.
Auch diese abwertende Beurteilung durch ein ehemaliges Mitglied der Geschäftsführung der Antragsgegnerin war ein weiteres Indiz dafür, dass für die Höhe des Gehalts der Antragstellerin das Geschlecht ein entscheidendes Kriterium war.
Vor allem im vorliegenden Fall stellt die Schlechterstellung der Antragstellerin in Bezug auf ihr Entgelt klar eine geschlechtsbezogene Diskriminierung dar. Nicht nur, dass die Antragstellerin exakt den gleichen Aufgabenbereich wie ihre männlichen Kollegen erfüllt hat, sie wies überdies bereits bei Arbeitsbeginn eine einschlägige Erfahrung auf, was sich bei den Vergleichspersonen als nicht zutreffend herausgestellt hat.
Die Einstufung ihrer Arbeit als geringwertiger als die ihres Vorgängers bzw. Nachfolgers scheint in diesem Zusammenhang – bei erwiesenermaßen gleichen Aufgaben – nur ein noch deutlicheres Anzeichen für die geschlechtsbezogene Schlechterbezahlung der Antragstellerin.
Es liegt somit eine Diskriminierung bei der Festsetzung des Entgelts iSd § 3 Z 2 GlBG vor.
Gemäß § 3 Z 6 GlBG darf auf Grund des Geschlechtes, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat, im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht bei den sonstigen Arbeitsbedingungen.
Dass die Antragstellerin trotz des massiven Arbeitsanfalles – die Anzahl der Routen ist auf 102 angewachsen – im Gegensatz zu ihrem männlichen Nachfolger, keine Assistenz zwecks Unterstützung erhalten hat, indizierte auch eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes bei den sonstigen Arbeitsbedingungen gemäß § 3 Z 6 GlBG.
Die Antragstellerin hatte kurzzeitig eine Assistenzkraft. Von den geladenen Auskunftspersonen wurde einhellig festgehalten, dass diese Assistenzkraft für den Posten nicht geeignet war und die Firma sich deshalb wieder rasch von dieser Person trennen musste. Ihr Vorgänger, Herr E, hatte zwar wie die Antragstellerin keine personelle Unterstützung, aber durch die deutlich geringere Routenanzahl (ungefähr 70 Routen) eine nicht so umfangreiche Arbeitsbelastung. Demgegenüber hat Herr D, ihr Nachfolger, die gleiche Anzahl von Routen übernommen und sehr rasch eine Assistenz zur Unterstützung erhalten.
Der erkennende Senat gelangte zur Ansicht, dass die unterschiedliche Vorgehensweise der Antragsgegnerin zur Unterstützung der Einsatzleiter/innen in ihrer Arbeit unsachlich und benachteiligend gegenüber der Antragstellerin war.
Es liegt daher eine Diskriminierung bei den sonstigen Arbeitsbedingungen gemäß § 3 Z 6 GlBG vor.
Vorschlag
Gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz hat der Senat, wenn er der Auffassung ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, dem/der Arbeitgeber/in schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes zu übermitteln und ihn/sie aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden. Für die Umsetzung des Vorschlags ist eine Frist von zwei Monaten zu setzen. Wird einem Auftrag nach Abs. 3 nicht entsprochen, kann gemäß § 12 Abs. 4 GBK/GAW-Gesetz jede der im jeweiligen Senat vertretenen Interessensvertretungen beim zuständigen Arbeitsgericht oder Zivilgericht auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.
Da der Senat I der GBK zur Auffassung gelangt ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, wird seitens des erkennenden Senates gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz der Antragsgegnerin, Hausbetreuung DIMMI GmbH aufgefordert, die Diskriminierung zu beenden, und folgender Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes erteilt:
1. Leistung eines angemessenen Schadenersatzes an die Antragstellerin,
2. Anregung einer transparenten Gehaltsfindung bzw. Einstufung der Mitarbeiter/innen,
3. Legung eines Einkommensberichts gemäß § 10a GlBG.
Wien, 8. November 2016
Dr.in Eva Matt
Vorsitzende des Senats I der GBK
1 Vgl. z.B. VfSlg. 19.321.
2 EuGH 27.3.1980, 129/79, Mecarthy Ltd, Slg 1980, 1275.
Zuletzt aktualisiert am
06.03.2017