Gbk 2016/12/13 GBK I/552/14

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Veröffentlicht am 13.12.2016
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Diskriminierungsgrund

Geschlecht

Diskriminierungstatbestand

Beruflicher Aufstieg

Text

Senat I der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

(BGBl. Nr. 108/1979 idF BGBl. I Nr. 107/2013)

Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 13. Dezember 2016 über den am 28. April 2014 eingelangten Antrag der rechtsfreundlichen Vertretung von Frau A (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes beim beruflichen Aufstieg gemäß § 3 Z 5 GlBG (BGBl. I Nr. 66/2004 idF BGBl. I Nr. 107/2013; alle weiteren, im Text verwendeten Gesetzeszitate beziehen sich auf diese Fassung) durch die X (Antragsgegnerin), nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013), zu GZ GBK I/552/14, zu folgendem

Prüfungsergebnis

Frau A ist nicht auf Grund des Geschlechtes beim beruflichen Aufstieg gemäß § 3 Z 5 GlBG durch die X diskriminiert worden.

Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.

Prüfungsgrundlagen

Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche und mündliche Vorbringen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin (vertreten durch Herr B), die vorliegende Stellenausschreibung aus 2013, die Aussagen der Auskunftspersonen, Frau C und Frau D vom 11. Oktober 2016. Des Weiteren hat sich de Senat I GBK auf die schriftlichen Stellungnahmen von Frau E vom 29. Oktober 2016 und vom zuständigen Betriebsrat, Herrn F vom 7. November 2016. Auch wurde durch den Ermittlungsauftrags des Senates I GBK an die Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) eine Statistik bzgl. der Geschlechterverteilung in den Einreihungsstufen in der X und den Y durch die Antragsgegnerin am 3. November 2016 übermittelt.

Vorbringen und Aussagen

Im Antrag bzw. in der Antragsergänzung vom 12. Juni 2014 wurde im Wesentlichen folgendes vorgebracht:

Die Antragstellerin sei seit 7. März 1983 bei der Antragsgegnerin in der Verwaltung angestellt, seit 1. Juni 2005 als Arbeitsgruppenleiterin in der Organisationseinheit (OE) Verrechnung der Landesstelle für ...

Am 7. November 2013 sei die Besetzung des Postens der ständigen Stellvertretung der Leiterin OE Verrechnung der Landesstelle für … gemäß § 36 Abs. 4 DO.A zur Bewerbung ausgeschrieben worden.

Die Ausschreibung habe folgende Anforderungen enthalten:

?    Qualifizierte Kenntnisse im Bereich Vertragspartnerabrechnung sowie im Bereich des Kostenerstattungswesens in der Krankenversicherung und umfassende Kenntnisse der Rechtsvorschriften und Dienstverfügungen,

?    Umfassende praktische Kenntnisse in den oben angeführten Bereichen,

?    Ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit,

?    Interesse an persönlicher und fachlicher Weiterentwicklung,

?    Teamfähigkeit und Flexibilität,

?    Hohe soziale Kompetenz und Verantwortungsbewusstsein.

Da die Antragstellerin jahrelang als Arbeitsgruppenleiterin Zahnärzte in der OE Verrechnung gearbeitet habe und somit der Ausschreibung zur Gänze entsprochen habe, habe sie fristgerecht ihre Bewerbung im Dienstweg abgegeben. Die Ausschreibung habe auch den Hinweis auf den Grundsatz der Förderung der Chancengleichheit enthalten. Die Besetzung dieses Postens sei in der Vorstandssitzung vom 28. März 2014 entschieden worden. Hierbei habe man sich für Herrn Z entschieden. Herr Z habe dem Anforderungsprofil der Ausschreibung nicht zur Gänze entsprochen, da es ihm u.a. an Führungserfahrung gefehlt habe. Außerdem sei er seit seiner Mitwirkung an der Entwicklung der Abrechnungsprogrammes zur Kostenerstattung aus dem Tagesgeschäft der Abteilung losgelöst gewesen. Weiters habe er weder Vertretungstätigkeit ausgeübt, noch Sprechtage oder Arzteinschulungen abgehalten. Daher habe es am persönlichen Kontakt zu den Versicherten und den Vertragspartner/innen gefehlt. Bei der Stellenbesetzung sei nicht nach der vorliegenden Qualifikationen der Bewerber/innen vorgegangen worden, da die Qualifikation der Antragstellerin höherwertig gewesen sei. Sie habe in den letzten 19 Jahren zahlreiche Bewerbungen für verschiedene Stellenbesetzungen abgegeben, was die Antragstellerin nicht negativ sehe. Ihre Interessen seien breit gestreut. Die Ausübung der verschiedenen ausgeschriebenen Posten habe sie sich durch ihr Fachwissen, ihre persönliche, soziale und dienstliche Kompetenz zugetraut. Weiters habe die Antragstellerin auf ihre jahrelange Abteilungsübergreifende Tätigkeit und ihre sehr gute Dienstbeschreibung hingewiesen.

In der auf Ersuchen von Senat I der GBK übermittelten Stellungnahme der Antragsgegnerin bestritt diese die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:

Die Position der ständigen Stellvertreterin der Leiterin der OE Verrechnung der Landesstelle für ... sei von Oktober 2005 bis zur Bestellung von Herrn Z im März 2014 von Frau E bekleidet worden, die auf Grund ihrer Expertise die Entscheidungsträger bei der Vergabe dieser Position federführend begleitet habe. Nun bekleide Frau E die Position der Direktorin der größten Landesstelle der Antragsgegnerin. Schon an dieser Beförderung von Frau E lasse sich ersehen, dass die Antragsgegnerin Frauen mit hohen Führungspositionen betraue Die Abteilung beschäftige insgesamt 89 Mitarbeiter/innen und sei für die Kostenerstattung von etwa 204.000 Anspruchsberechtigten und für die vertragliche Verrechnung von ca. 7.500 Vertragspartner/innen zuständig. Festzuhalten sei, dass sich die Antragsgegnerin durch eine außerordentlich hohe Quote für Frauen in Führungspositionen auszeichne. So betrage der Anteil der Frauen an der Gesamtzahl jener Personen, die einen Bezug von Gehaltsgruppe D (ab dieser Gehaltsgruppe seien die Posten bei der Antragsgegnerin auszuschreiben) bis Gehaltsgruppe G hätten, 47,99% (Stichtag 1.5.2014). Daneben gebe es zahlreiche flexible Arbeitszeitmodelle über das gesetzliche Ausmaß hinaus, um die Mitarbeiter/innen bei der Balance von Berufs- und Privatleben zu unterstützen. Es würden ebenso Aus- und Weiterbildungen angeboten und finanziere diese auch teilweise, diese könnten auch im Rahmen einer Karenzierung absolviert werden. Dies gelte auch für Dienstprüfungen.

Bereits aus dem Vorbringen der Antragstellerin sei kein Anhaltspunkt zu erkennen, dass es bei dieser Stellenbesetzung zu einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechts gekommen sei. Die Auswahlentscheidung für die fragliche Position sei sachlich erfolgt, und zwar nach Gegenüberstellung der unterschiedlichen Qualifikationen der Bewerber/innen. Letztlich habe die Antragsgegnerin Herrn Z bestellt, weil dieser gemessen an den ausgeschriebenen Mindestanforderungen schlicht der Bestqualifizierteste gewesen sei. Die Antragstellerin habe in ihrem Antrag mit keinem Wort erwähnt, worin ihr Eindruck begründet sei, ihre Bewerbung sei auf Grund ihres Geschlechtes nicht berücksichtigt worden. Für die „Besetzung des Posten des ständigen Stellvertreters/der ständigen Stellvertreterin der Leiterin der OE Verrechnung der Landesstelle ...“ sei fachspezifisches Wissen nicht nur in einer, sondern in allen Arbeitsgruppen dieser Abteilung unumgänglich. Herr Z sei bereits seit 27 Jahren bei der Antragsgegnerin tätig. Dabei sei er in verschiedenen Arbeitsgruppen der Abteilung Kostenerstattung und auch abteilungsübergreifend tätig gewesen. So habe er federführend an der Entwicklung des neuen Kostenerstattungsprogramms („…“) für die Verrechnungsabteilung mitgewirkt und habe dazu Schulungen abgehalten. So habe er beispielsweise für einige Jahre die Praxisbetreuung neuer Mitarbeiter/innen und die Lehrlingseinschulung übernommen, sei Sprechtagsbetreuer in verschiedenen Bezirkshauptmannschaften und Ansprechpartner für jegliche Anfragen der Vertragspartner/innen zur Problemstellung in Zusammenhang mit .... Hervorzuheben sei auch, dass er bereit sei, regelmäßig Überstunden zu leisten und auch bei ihm sich keine Arbeitsrückstände angehäuft hätten. Demgegenüber habe die Antragstellerin 2 ½ Jahre vor der Bestellung der Stellungnahme keine einzige Überstunde geleistet. Dadurch sei Herr Waschak auch zur Ansprechperson für die Arbeitsgruppe der Antragstellerin geworden. Seine hervorragende soziale Kompetenz als Motivator bzw. Vorbild für die Mitarbeiter/innen dieser Abteilung seiner Effizienz sowie seiner Arbeitseinstellung sei hervor zu heben.

Rechtliche Überlegungen

Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung der Vorwürfe der Antragstellerin ein Ermittlungsverfahren iSd GBK/GAW-Gesetzes durch.

Gemäß § 3 Z 5 GlBG darf auf Grund des Geschlechtes (…) im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen.

Das Vorbringen der Antragstellerin, dass ihr im Vergleich zu ihrem männlichen Kollegen, Herrn Z, bei besserer Qualifikation der ausgeschriebene Posten als stellvertretende Abteilungsleiterin zukünftig Aufstiegsmöglichkeiten verwehrt geblieben wäre, indizierte eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes beim beruflichen Aufstieg gemäß § 3 Z 5 GlBG.

Das diesbezügliche Vorbringen der Antragstellerin stützt sich auf den Umstand, dass sie sowohl fachlich als auch persönlich weitaus besser für den ausgeschriebenen Posten geeignet gewesen sei.

Aus dem schriftlichen Vorbringen der Antragsgegnerin und den glaubwürdigen Aussagen der befragten Auskunftspersonen (Aussage von Herrn B und Frau D vom 11. Oktober 2016) und der schriftlichen Stellungnahmen von Frau E und vom zuständigen Betriebsrat, Herrn F geht hervor, dass bei der beanstandeten Postenbesetzung die bessere persönliche Qualifikation von Herrn Z den Ausschlag für diesen bedingt hat. Bei der Ausschreibung vom 7. November 2013 waren gewisse fachliche Qualifikationen gefordert worden, die man objektiv beurteilen konnte, zudem waren zahlreiche Soft Skills enthalten gewesen. Bei den Qualifikationen ist aufgrund der Aussage der Auskunftsperson, Frau Abteilungsleiterin C, die Vorgesetzte der Antragstellerin und der Vergleichsperson, ist, klar hergekommen, dass sowohl die Antragstellerin als auch Herr Z in den Hauptpunkten gleich geeignet waren. Frau E, die im Postenfindungsverfahren intensiv eingebunden war, betonte, dass speziell Herr Z, im höchsten Ausmaß die persönlichen Eigenschaften wie Selbstorganisation, Durchsetzungsvermögen, Problemlösungskompetenz, wertschätzende Kommunikation, Konfliktfähigkeit, Konzeptfähigkeit besitzt. Weiters spräche auch sein Ideenreichtum, sein überaus hochgradiges Gespür und Einfühlungsvermögen in seinem Tun bei sensiblen Themen wie z.B. Alkohol am Arbeitsplatz (eine Arbeitskollegin war von dieser Sucht betroffen) für ihn. Dies bestätigte unabhängig davon der Betriebsrat, der Herrn Z auch persönlich aus diversen Gesprächen und dienstlichen Belangen kennt. Herr Z war des Öfteren mit Kollegen/innen bei ihm, falls diese Probleme hatten oder die Hilfe der Personalvertretung brauchten. Auch in seinem Abteilungsumfeld ist Herr Z aus seiner Sicht sehr hilfsbereit und auch fachlich unbestritten. Für die Personalvertretung ist die soziale Kompetenz bei Führungskräften von großer Bedeutung und Wichtigkeit. Bei Herrn Z gab und gibt es von Seiten des Betriebsrates die feste Überzeugung, dass die in der Ausschreibung geforderten soft skills vorliegen. Dies wurde auch von Frau D einer weiteren Gruppenleiterin in der Abteilung Verrechnung bestätigt.

Im vorliegenden Sachverhalt ist es zu keinen diskriminierungswürdigen Beanstandungen im Auswahlverfahren gekommen. Aus den vorlegten Unterlagen der Antragsgegnerin geht hervor, dass sehr viele Frauen in Führungspositionen tätig sind. Gerade in dieser Abteilung gibt es mehr Gruppenleiterinnen als Gruppenleiter, wie dies auch von der Antragstellerin in ihrer Befragung bestätigt wurde.

Nebenbei ist festzuhalten, dass die große Anzahl von Bewerbungen der Antragstellerin vom erkennenden Senat nicht zum Nachteil gewertet wurden. Gerade Frauen sollen in Hinblick auf eventuelle Aufstiegschancen motiviert sein, sich für höhere Posten zu bewerben.

Es liegt somit keine Diskriminierung durch den 1. Antragsgegner beim beruflichen Aufstieg gemäß § 3 Z 5 GlBG vor.

Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens fordert der Senat I der GBK die Antragsgegnerin, X, auf, das Besetzungsverfahren dem GlBG entsprechend zu modifizieren. Gerade in Hinblick auf ein transparentes, objektives und nachvollziehbares Auswahlverfahren ist die Vielzahl von soft skills als entscheidende Auswahlkriterium sehr bedenklich, da diese sehr diskriminierungsanfällig sind. Soft skills sollten in reduzierter Form im Auswahlverfahren zur Anwendung gelangen. Auch sollte jedenfalls eine Gewichtung der in der Ausschreibung geforderten Kriterien erfolgen, um Personalentscheidungen transparent und nachvollziehbar und damit weniger anfällig für Diskriminierungen zu gestalten.

Des Weiteren wird die Antragsgegnerin analog zur § 13 GBK/GAW-Gesetz aufgefordert, binnen eines Jahres dem Senat I der GBK einen Bericht zu legen, über die Entwicklungen im Bereich der Gleichbehandlung und Frauenförderung innerhalb der Antragsgegnerin, v.a. die Vorlage eines Frauenförderplans.

Wien, 13. Dezember 2016

Dr.in Eva Matt

Vorsitzende des Senates I der GBK

 

1  Vgl. z.B. VfSlg. 19.321.

Zuletzt aktualisiert am

06.03.2017
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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