Diskriminierungsgrund
MehrfachdiskriminierungDiskriminierungstatbestand
Beruflicher Aufstieg, Benachteiligungsverbot (Geschlecht, Alter)Text
Senat I der Gleichbehandlungskommission
Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz
(BGBl. Nr. 108/1979 idF BGBl. I Nr. 107/2013)
Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 30. Jänner 2017 über den am 6. Juni 2016 eingelangten Antrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft Regionalbüro … (R-GAW) für Frau Mag.a A (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes und des Alters beim beruflichen Aufstieg gemäß §§ 3 Z 5 und 17 Abs. 1 Z 5 GlBG (BGBl. I Nr. 66/2004 idF BGBl. I Nr. 34/2015; alle weiteren, im Text verwendeten Gesetzeszitate beziehen sich auf diese Fassung) und durch eine Verletzung des Benachteiligungsverbotes gemäß §§ 13 und 27 GlBG durch die X (Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013), zu GZ GBK I/699/16-M, zu folgendem
Prüfungsergebnis
1. Frau Mag.a A ist aufgrund des Geschlechtes beim beruflichen Aufstieg gemäß § 3 Z 5 GlBG durch die X diskriminiert worden.
2. Frau Mag.a A ist aufgrund des Alters beim beruflichen Aufstieg gemäß § 17 Abs. 1 Z 5 GlBG durch die X diskriminiert worden.
3. Frau Mag.a A ist aufgrund des Geschlechtes durch eine Verletzung des Benachteiligungsverbotes gemäß § 13 GlBG durch die X diskriminiert worden.
4. Frau Mag.a A ist aufgrund des Alters durch eine Verletzung des Benachteiligungsverbotes gemäß § 27 GlBG durch die X diskriminiert worden.
Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.
Prüfungsgrundlagen
Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin sowie die mündliche Befragung der Antragstellerin und von Herrn Direktor Dr. B (informierter Vertreter der Antragsgegnerin) vom 30. Jänner 2017. Als weitere Auskunftspersonen wurden Frau C, Frau Mag.a D, Herr Betriebsratsvorsitzender E und Herr Obmann F am 30. Jänner 2017 befragt. Des Weiteren bezieht sich der Senat I der GBK in seiner Entscheidungsfindung auf das Rundschreiben Nr. … der Antragsgegnerin vom …, die Bewerbung der Antragstellerin vom 13. November 2015, die Bewerbung von Herrn Mag. G vom 19. November 2015, die Stellungnahme von Herrn Dr. B vom 23. November 2015, die Stellungnahme von Herrn Dr. H vom 23. November 2015, die Zusammenfassung der Gespräche mit den BewerberInnen vom 25. November 2015, die Bewertungsskala, die Protokolle und Anwesenheitslisten des Personal- und Verwaltungsausschusses vom 7. Dezember 2015, das Schreiben von Herrn RA Dr. I (Rechtsvertreter der Antragsgegnerin) an Herrn RA Dr. J (Rechtsvertreter der Antragstellerin) vom 12. Jänner 2016, das E-Mail und Schreiben von Herrn RA Dr. J an Herrn RA Dr. I vom 12. Jänner 2016, das Gutachten von Herrn Mag. K vom 22. Jänner 2016, das Schreiben von Herrn RA Dr. I an Herrn RA Dr. J vom 26. Jänner 2016, das Schreiben von Herrn RA Dr. J an die Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) vom 26. Jänner 2016, das Schreiben von Herrn RA Dr. I an Herrn RA Dr. J vom 28. Jänner 2016, das Schreiben von Herrn RA Dr. J an Herrn RA Dr. I vom 28. Jänner 2016, die Schreiben der Antragsgegnerin an die Antragstellerin vom 28. Jänner 2016 betreffend den Entfall der Überstunden und die Versetzung, das Schreiben von Herrn RA Dr. J an Herrn RA Dr. I vom 28. Jänner 2016, das Schreiben der Antragstellerin an die Antragsgegnerin vom 1. Februar 2016 betreffend Dienstantritt unter Protest, die Zustimmung des Betriebsrates zur Versetzung vom 1. Februar 2016, das Interventionsschreiben der R-GAW an die Antragsgegnerin vom 22. Februar 2016, die Stellungnahme von Herrn RA Dr. I an die R-GAW vom 4. März 2016, die Replik des Rechtsvertreters der Antragstellerin an Senat I der GBK vom 4. Oktober 2016, eine Aufstellung über die weiblichen Führungskräfte sowie Fotos zur Arbeitsplatzsituation der Antragstellerin.
Vorbringen
Im Antrag wurde im Wesentlichen folgendes vorgebracht:
Die Antragstellerin, geboren am … 1968, sei seit … 1993 bei der Antragsgegnerin beschäftigt, wo sie 12 Jahre lang in der Abteilung Y, unter anderem als stellvertretende Gruppenleiterin in der …gruppe, tätig gewesen sei. Nach Abschluss des berufsbegleitenden Studiums der Rechtswissenschaften im Jahr 2007 sei sie als Juristin als Assistentin des Direktors im Bereich Z tätig gewesen.
Sie habe sich aufgrund einer internen Stellenausschreibung per Rundschreiben … vom … fristgerecht für den Dienstposten „Stellvertreter/in des/der Leiters/in der Abteilung Y“ schriftlich beworben.
Die Antragstellerin sei davon überzeugt gewesen, aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit in der Antragsgegnerin, davon 12 Jahre in der Abteilung Y, das Anforderungsprofil der Stellenausschreibung bezüglich der geforderten Qualifikationen und einschlägigen Erfahrungen in höchstem Ausmaß zu erfüllen.
Dennoch habe sie am 7. Dezember 2015 die Mitteilung erhalten, dass ihre Bewerbung nicht berücksichtigt werden könne.
Als ihr direkter Vorgesetzter habe Herr Direktor Dr. B der Antragstellerin nach den Sitzungen des Personal- und Verwaltungsausschusses am 7. Dezember 2015 mitgeteilt, dass nicht sie zur Abteilungsleiter-Stellvertreterin der Abteilung Y ernannt werde, sondern Herr Mag. G. Die Entscheidung des Personal- und Verwaltungsausschusses für diesen jüngeren Kollegen sei ihr gegenüber damit begründet worden, dass aufgrund seines jüngeren Lebensalters eine langfristige Planung für die in absehbarer Zeit anstehende Nachfolge des Abteilungsleiters möglich sei. Herr Mag. G wäre in ca. 10 Jahren, wenn die Abteilungsleitung Y nachzubesetzen sei, 40-45 Jahre alt und könne diese dann länger bekleiden als die Antragstellerin, die älter sei und darüber hinaus als Frau ja auch noch früher in Pension gehen würde.
Diese Bemerkung sei von der Antragstellerin dahingehend erwidert worden, dass für sie die Übergangsregelung nicht mehr gelte und sie daher auch noch rund 20 Jahre „im Haus“ sein werde.
Die Antragstellerin sei nicht bereit gewesen, die ihr genannte Begründung zu akzeptieren, da sie das Gefühl gehabt habe, dass sie bei dieser Personalentscheidung nicht aufgrund mangelnder fachlicher Eignung übergangen worden sei, sondern aufgrund ihres Geschlechtes und ihres Alters benachteiligt worden sei. Sie habe darüber hinaus vermutet, dass beim Auswahlverfahren unsachlich vorgegangen und das Frauenförderungsgebot verletzt worden sei.
Bereits im Zuge der Übergabe ihrer Bewerbung am 16. November 2015 und nach der Bestellung von Herrn Mag. G am 9. Dezember 2015 sei ihr vom Obmann der Antragsgegnerin, Herrn F, ein Gespräch mit ihm und dem Direktor zugesagt worden. Schließlich sei ein solches Gespräch aber von der anwaltlichen Vertretung der Antragsgegnerin mit dem Hinweis abgelehnt worden, dass bei der Stellenbesetzung korrekt vorgegangen worden sei, ohne dies jedoch näher zu begründen.
Da es ihr daher nicht möglich gewesen sei, mit ihrem Dienstgeber eine interne Lösung des Problems herbei zu führen, habe sich die Antragstellerin in der Folge über ihren Rechtsvertreter an die Gleichbehandlungsanwaltschaft gewandt und mit Schreiben vom 26. Jänner 2016 um Unterstützung ersucht.
Dieses Schreiben sei zur Kenntnis auch an einen Kreis von Personen übermittelt worden, die entweder eine Funktion in der Antragsgegnerin als Selbstverwaltungskörper innegehabt haben oder in die Stellenbesetzung involviert gewesen seien und von denen sich der Rechtsvertreter der Antragstellerin Unterstützung für ihr Anliegen erhofft habe.
Wie aus einem Schreiben des Rechtsvertreters der Antragsgegnerin vom 28. Jänner 2016 hervorgehe, sei die Antragsgegnerin umgehend von diesem Schritt der Antragstellerin informiert worden, obwohl ihr das Schreiben nicht zugestellt worden sei.
Noch am selben Tag sei die Antragstellerin als unmittelbare Reaktion auf ihre Beschwerde wegen der von ihr vermuteten Diskriminierung verschlechternd versetzt worden, und zwar als Rechtsreferentin in jene Abteilung („Y“), um deren Abteilungsleitungsstellvertretung sie sich zuvor beworben gehabt habe.
Sie habe ihr Einzelbüro zu räumen gehabt und in ein Großraumbüro wechseln müssen. Weiters seien ihre Überstunden gestrichen worden, was den Verlust der zuletzt von ihr innegehabten Überstundenpauschale für 15 Überstunden bedeute und einer Entgeltminderung im Ausmaß von monatlich 627,78 Euro brutto, ca. 350,00 Euro netto, gleichkomme.
Gegen diese verschlechternde Versetzung habe die Antragstellerin, vertreten durch ihren Anwalt, Klage beim Arbeits- und Sozialgericht erhoben. Das Verfahren … sei derzeit noch anhängig.
Darüber hinaus sei sie mit einem Disziplinarverfahren konfrontiert worden, im Zuge dessen ihr eine Rüge erteilt worden sei.
Nach einer persönlichen Beratung durch die Regionalanwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt … sei am 22. Februar 2016 ein Interventionsschreiben an die Antragsgegnerin ergangen.
In der Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 4. März 2016 werde eine Benachteiligung der Antragstellerin bestritten und die bessere fachliche und persönliche Eignung des erfolgreichen Stellenwerbers betont. Es seien die maßgeblichen Unterlagen zum Bewerbungsverfahren sowie ein von der Antragsgegnerin in Auftrag gegebenes Gutachten zur Stellenvergabe übermittelt worden.
In der auf Ersuchen des Senats I der GBK von der rechtsfreundlichen Vertretung der Antragsgegnerin übermittelten Stellungnahme vom 5. Juli 2016 bestritt diese die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:
Die seit 1993 als Angestellte … bei der Antragsgegnerin beschäftigte Antragstellerin habe sich mehrfach um ausgeschriebene Dienstposten beworben und sei nicht nur einmal zum Zug gekommen. Zuletzt sei sie mit Wirkung vom 1. Jänner 2010 höhergereiht worden und ihr sei der Dienstposten Gehaltsgruppe …/Dienstklasse … verliehen worden.
Ab 1. Oktober 2012 sei ihr im Rahmen des Bereichs Z neben ihrem eigentlichen Verantwortungsbereich die Unterstützung des Managements bei Abarbeitung der zentralen Aufgaben des Z übertragen und hierfür ein zehnstündiges Überstundenpauschale zuerkannt worden. Die Betrauung und die Zuerkennung seien ausdrücklich widerruflich und längstens für die Dauer der angeführten außerordentlichen Tätigkeit erfolgt, dem wurde von der Beschwerdeführerin nie widersprochen.
Dieses Pauschale für die außerordentliche Tätigkeit sei ab 1. Jänner 2015 auf 15 Überstunden erhöht und die Widerruflichkeit nochmals und ebenfalls unwidersprochen festgehalten worden.
Es treffe zu, dass im Betrieb an alle Mitarbeiter die Ausschreibung des Dienstpostens „Stellvertreter/in des/der Leiters/in in der Abteilung Y (Gehaltsgruppe …, Dienstklasse …" erfolgt sei.
Es hätten sich Herr Mag. G sowie die Antragstellerin beworben.
Es sei eine Bewertungsskala erstellt worden, die ein Übergewicht von 90:77 zu Gunsten des Mitbewerbers ergeben habe, wobei insbesondere darauf hingewiesen werde, dass unter „Erhöhung des Frauenanteils iSd Frauenförderungsplans" der Antragstellerin zehn Punkte und ihrem männlichen Mitbewerber null Punkte zuerkannt worden seien.
Sodann hätten Gespräche bezüglich der Besetzung mit beiden Bewerbern stattgefunden.
Die Antragstellerin sei nicht die beste Bewerberin gewesen, und die Stellenvergabe sei an einen anderen Bewerber erfolgt. Für ihn habe die bessere fachliche und insbesondere auch persönliche Qualifikation gesprochen.
Das nachträgliche Gespräch mit Herrn Dir. Dr. B sei nicht wie geschildert verlaufen, weder sei vom Alter noch vom Geschlecht die Rede gewesen. Herr Dir. Dr. B habe der Antragstellerin erklärt, dass die fachliche Qualifikation eindeutig für den anderen Bewerber gesprochen habe. Vom Geschlecht sei nur insofern gesprochen worden, als Herr Dir. Dr. B ihr auch erklärt habe, dass für die Antragstellerin als weibliche Bewerberin zehn Punkte nur wegen dieses Umstandes vergeben worden seien, und bei Gleichrangigkeit für sie den Ausschlag gegeben hätte.
Die Antragstellerin habe diese Entscheidung nicht akzeptiert und über ihren Rechtsfreund mit Schreiben vom 22. Dezember 2015 und einer Antwortfrist von drei Wochen ausrichten lassen, dass sie Bestbewerberin, mit „sehr gut“ benotet und höchst qualifiziert gewesen, jedoch aufgrund ihres Geschlechts und Alters benachteiligt worden wäre. Gründe habe sie keine angeführt und Akteneinsicht sei niemals genommen auch nicht begehrt worden. Es sei Schadenersatz angekündigt worden.
Die Antragsgegnerin beauftragte Herrn RA Dr. I, und dieser habe den Gegenvertreter am 12. Jänner 2016 wegen der über die Weihnachts- und allgemein üblichen Urlaubszeit höchst unglücklich gewählten Frist (22. Dezember 2015 bis Dienstag, 12. Jänner 2016) um Fristerstreckung bis 31.1.2016 ersucht. Dem habe Herr Kollege RA Dr. J mit Mail freundlicherweise prompt entsprochen und Herrn RA Dr. I eine neue Frist bis Monatsende Januar eingeräumt, um es dann am selben Tag (12. Jänner 2016) überraschend zurückzunehmen und bis 22. Jänner 2016 einzuschränken.
Die Antragsgegnerin habe den gerichtlich beeideten Sachverständigen Herr Mag. K damit beauftragt, ein Gutachten über die Stellenvergabe bei der Antragsgegnerin zu erstellen, welches zur Forderungszurückweisung mit Schreiben vom 26. Jänner 2016 geführt habe.
Ergebnis des Gutachtens sei gewesen, dass die Vergabe objektiv und ohne jegliche Benachteiligung der Beschwerdeführerin erfolgt sei.
Am Tage des Erhalts des Ablehnungsschreibens (26. Jänner 2016), habe Herr Kollege RA Dr. J namens der Antragstellerin den gegenständlichen Antrag verfasst, dies erkennbar nach Erhalt des Schreibens und damit in Kenntnis, dass ein Gutachten vorgelegen sei.
Die Übersendung des Gutachtens sei bis heute nicht begehrt worden, sei der Gegenseite mittlerweile durch die Urkundenvorlage im Versetzungsverfahren bei Gericht vom 22. Februar 2016 bekannt geworden.
Dieser Antrag sei wohl an fünf unbeteiligte Personen verteilt, jedoch der Antragsgegnerin oder ihrem Rechtsvertreter nicht übermittelt worden. Da eine dieser unbeteiligten Personen damit nichts anfangen habe können und sehr verwundert gewesen sei, sei die Antragsgegnerin zur Kenntnis gelangt. Es sei wegen der gewählten Vorgangsweise (Verteilerkreis) und die Unbeteiligten zugänglich gemachten Informationen über die Antragsgegnerin leider festzustellen, dass die Antragstellerin eine Verschwiegenheitsverletzung begangen, ihre Treuepflicht verletzt und gegen die Interessenwahrungspflicht … verstoßen gehabt habe.
Dieses Verhalten sei ein selbständiger Sachverhalt, der dienstrechtliche Konsequenzen wegen des von der Antragstellerin so verursachten Vertrauensverlustes nach sich ziehen habe müssen und mit dem Besetzungsvorgang oder dieser Beschwerdeführung nichts zu tun habe.
Die Antragstellerin hätte zur unterstellten Benachteiligung den Überprüfungsantrag mit gleicher Wirkung auch ohne Verteilerkreis einbringen können. Das Zugänglichmachen an unbeteiligte Personen sei nicht hinnehmbar, rechts- und pflichtenwidrig. Einen Zusammenhang mit der Beschwerdeführung sei nicht gegeben. Die Antragstellerin könne ihr Fehlverhalten, das einen plumpen Skandalisierungsversuch darstelle, nicht mit ihrer Beschwerdeführung legitimieren!
Die Antragstellerin sollte sich glücklich schätzen, dass die Antragsgegnerin aus diesem Fehlverhalten nicht die Dienstentlassung für erforderlich gehalten habe.
Die wahre Intention der Antragstellerin offenbare das Schreiben ihres Rechtsfreunds, in dem die Rückäußerung der rechtsfreundlichen Vertretung der Antragsgegnerin als Angebot eines Lösungsgesprächs missinterpretiert werde. Diese Lesart des Schreibens vom 28. Jänner 2016 sei nicht verständlich. Die Antragstellerin wolle für sich Vorteile generieren – ja erzwingen.
Dieses Fehlverhalten habe zu einem erheblichen Vertrauensverlust geführt. Es treffe zu, dass deswegen ein Disziplinarverfahren … eingeleitet werden habe müssen, die Antragstellerin bei gleichen Bezügen … versetzt, und ihr die widerruflich eingeräumte Sonderaufgabe entzogen worden sei, was der Antragsgegnerin ohnehin jederzeit und ohne Grund möglich gewesen sei.
Die Antragstellerin habe der Versetzung unter Protest entsprochen, und ihr Rechtsfreund sei bemüht gewesen, einen Zusammenhang der gerechtfertigten Personalmaßnahmen mit der Beschwerdeführung herzustellen.
Bis heute habe die Antragstellerin nicht erklärt, weshalb die Verteilung von Mehrfertigungen an fünf außenstehende Personen geboten, notwendig oder auch nur nützlich für ihren Überprüfungsantrag gewesen wäre!
Der Betriebsrat habe der Versetzung zugestimmt, die gegenteilige Behauptung sei unrichtig.
Die Versetzung ohne Nachteil sei erforderlich gewesen, da die Antragstellerin bis zu ihrem Fehlverhalten direkt dem Direktor der Antragsgegnerin zugearbeitet habe. Ihr sei von der Führung der Antragsgegnerin höchstes Vertrauen entgegengebracht worden. Erfahrungsgemäß sei bei enger Zusammenarbeit niemals auszuschließen, dass eine so eingebundene Mitarbeiterin Kenntnisse und Informationen erlange, die nicht unmittelbar für ihre Aufgaben bestimmt, aber für die Antragsgegnerin mit Verantwortung für über … Mitarbeiter essentiell seien. Die Antragsgegnerin als Dienstgeberin müsse sich auf die Einhaltung der Verschwiegenheit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlassen können!
Das ihr entgegengebrachte Vertrauen habe die Antragstellerin durch ihr rechtswidriges Verhalten irreparabel erschüttert, weshalb sie mit anderen Aufgaben betraut und versetzt werden habe müssen.
Zusammenfassend sei festzuhalten, dass erstens ein benachteiligungsfreies Postenbesetzungsverfahren stattgefunden habe, und zweitens das willkürliche Verteilen des Überprüfungsantrags eigenständig zu beurteilen sei.
Die Antragstellerin sei nicht die beste Bewerberin gewesen, dies treffe vielmehr auf ihren Mitbewerber Herrn Mag. G zu. Das Besetzungsverfahren sei objektiv und ohne jegliche Diskriminierung hinsichtlich Alter oder Geschlecht verlaufen.
Dass in den Ausschreibungen der Antragsgegnerin ein Hinweis auf den Frauenförderungsplan vorhanden sein müsse, sei nicht nachvollziehbar. Der Frauenförderungsplan sei seit 2007 im Intranet für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abrufbar.
Die Antragsgegnerin habe den Vorgang gutachterlich prüfen lassen, um dem nicht nachvollziehbaren und über ihren Anwalt in der Korrespondenz erhobenen Benachteiligungsvorwurf objektiv gegenüber treten zu können.
Die Antragsgegnerin als Dienstgeberin beweise unter Vorlage dieses Gutachtens, dass der Vorgang korrekt und keinesfalls diskriminierend erfolgt sei.
Wenn die GAW ausführe, dass „nach den uns vorliegenden Informationen“ die Antragstellerin das Anforderungsprofil in hohem Ausmaß erfüllt habe, so könne es sich wohl wegen des Desinteresses der Antragsgegnerin am Vergabeakt und am Gutachten nur um ihre Erzählungen handeln.
Wenn vorgehalten werde, dass „kein weiteres Gespräch“ mit der Antragstellerin stattgefunden habe, stimme das nicht. Sie erwähne selbst das Gespräch mit Herrn Dir. Dr. B – leider inhaltlich unrichtig.
Es müsse auch nichts „erschwerend hinzukommen“, weil die Antragstellerin als Frau ohnehin bei gleicher Qualifikation der Vorrang gegeben worden wäre, was der Bewertungsskala zu entnehmen sei.
Wenn im Vorhalt stehe, dass der rechtsfreundliche Vertreter für die Antragsgegnerin das Lösungsgespräch begründungslos abgelehnt hätte, so müsse der rechtsfreundliche Vertreter dem entschieden entgegen treten und das für die Antragsgegnerin und sich zurückweisen. Der Antragstellerin und ihrem rechtsfreundlichen Vertreter sei es vorzuwerfen, dass sie sich nie um Objektivität bemüht hätten. So hätten sich beide nie für den Akt zum Besetzungsvorgang interessiert, der jederzeit einsehbar gewesen wäre. Auch das Gutachten interessiere nicht.
Nun vorzuwerfen, es würde begründungslos zurückgewiesen, schlage dem Fass den Boden aus.
Es treffe in keiner Weise zu, dass die wegen des eigenständigen Sachverhalts (Verteiler des Antrags ohne sachlichen Grund) bedingten Reaktionen der Antragsgegnerin gar Repressalien oder Folgediskriminierungen darstellen würden.
Das betriebliche Disziplinarverfahren, die nicht verschlechternde Versetzung mit Zustimmung des Betriebsrates sowie die Entziehung von Sonderaufgaben seien dienstrechtlich notwendige und gerechtfertigte Maßnahmen aufgrund des alleinigen Fehlverhaltens der Antragstellerin. Sie habe ihren Antrag einem unbeteiligten Verteilerkreis zugeführt, dies in der leicht durchschaubaren Absicht, ihre Dienstgeberin zu diskreditieren und die angebliche unrichtige Besetzung zu skandalisieren.
Die dadurch bedingten personellen Maßnahmen würden in keinem Zusammenhang mit dem Besetzungsvorgang stehen. Diese Schritte würden in den zwei Verfahren arbeitsrechtlich abgeklärt.
Wenn nun im Vorhalt stehe, dass sich die Antragstellerin durch den weiteren Personenkreis Unterstützung ihres Anliegens erhofft habe, so sei dies zum Einen unerheblich, und zum Anderen ein untauglicher Versuch, die zu Recht ergriffenen dienstrechtlichen Veranlassungen in Frage zu stellen.
Die Absicht sei für jeden Leser dieses Teils des Antrags völlig klar. Es sei der bedenkliche Versuch unternommen, Dritte zu unsachlichen Interventionen zu veranlassen, um die Verantwortungsträger der Antragsgegnerin von ihrer Pflicht zum Wohle der Einrichtung zu handeln, abzuhalten! Ein solches Verhalten könne nicht einfach so oder als geradezu verständlich hingenommen werden. Beeinflussungsversuche eines Sozialversicherungsträgers und anderer öffentlicher Einrichtungen von außen seien nicht zu fördern oder verständlich oder entschuldbar, sondern strikt zu unterlassen. Es sei eine gröbliche Verletzung der Treuepflicht, wenn zu einem solchen Verhalten eine Mitarbeiterin zum eigenen Vorteil aufrufe bzw. anstifte!
Dass die Antragstellerin auch im Gerichtsverfahren unsachlich agiere, ergebe sich aus dem Umstand, dass sie in ihrer Klage vor dem LG … (wegen Versetzung) behaupte, es liege keine Zustimmung des BR vor. Das Gegenteil sei richtig!
Sohin halte die Behauptung, es handle sich bei den von der Beschwerdeführerin allein verursachten dienstrechtlichen Maßnahmen um eine unmittelbare Reaktion auf die Beschwerdeführung, nicht Stand.
Die Antragstellerin hätte ihr Rechtsschutzziel (Überprüfung durch die GAW) in gleich wirksamer Weise auch ohne Verteilerkreis vornehmen können!
Dieser Umstand sollte in die Überlegungen einfließen.
Das Disziplinarverfahren … sei nicht abgeschlossen, und betreffend die Versetzung behänge das Verfahren vor dem LG …
… Die Abteilungsleiterin im Direktionsbüro Frau Mag.a D sei … schon vor Jahren zur Frauenbeauftragten und als für die Gleichbehandlung zuständige Mitarbeiterin … namhaft gemacht worden.
Da sie auch für Personalfragen zuständig sei, könne keine Korrespondenz existieren.
Wenn im Vorhalt von Einzel- oder Großraumbüro ausgeführt werde, sei dies unverständlich. Die Antragstellerin habe die letzten Jahre bis zur rechtmäßigen und von ihr allein verschuldeten Versetzung nie in einem Großraumbüro gearbeitet, sondern in einem für nur zwei Mitarbeiter. Die zweite Mitarbeiterin Frau L habe sich wegen des Verhaltens der Antragstellerin räumlich versetzen lassen. Dass die Antragstellerin aus diesem Grund für kurze Zeit allein im Raum tätig gewesen sei, mache das mit zwei Arbeitsplätzen gestaltete Büro nicht zu einem Einzelbüro!
Seit der Versetzung werde die Antragstellerin ebenfalls nicht in einem Großraumbüro sondern einem solchen für vier Mitarbeiter tätig.
Es stimme auch nicht, dass im Betrieb der Antragsgegnerin nur eine Führungsperson weiblich sei; derzeit seien es drei und ab 1. April 2016 vier.
Die Antragstellerin verweise insbesondere auf die Erläuterungen zu den in der Sitzung des Personalausschusses am 7. Dezember 2015 zu behandelnden Personalangelegenheiten. Dort sei keinerlei Bezug zu den Gründen Alter oder Geschlecht enthalten. Diese Umstände seien auch sonst nie Thema gewesen. In den Gremien der Antragsgegnerin (Personal- und Verwaltungsausschuss), in denen die Entscheidung gefunden worden sei, sei dies ebenfalls nicht Thema gewesen und auch nie diskutiert oder gar in die Entscheidungsüberlegungen einbezogen worden und zwar von keinem der Mitglieder.
Rechtliche Überlegungen
Gemäß § 3 Z 5 GlBG darf aufgrund des Geschlechtes im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen.
Insoweit sich die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne des §§ 3, 4, 6 oder 7 GlBG beruft, hat er/sie diesen gemäß § 12 Abs. 12 GlBG glaubhaft zu machen. Dem/Der Beklagten obliegt es bei Berufung auf §§ 3 oder 4 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder das andere Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit ist oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 2 vorliegt.
Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung der Vorwürfe der Antragstellerin, sie habe trotz besserer Qualifikation als der männliche Mitbewerber die Stellvertretung der Leitung der Abteilung Y nicht erhalten, ein Ermittlungsverfahren im Sinne des GBK/GAW-Gesetzes durch.
Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass die Antragstellerin seit … 1993 bei der Antragsgegnerin beschäftigt ist. Sie war von Oktober 1993 bis Mai 1995 („…“) und von Dezember 1996 bis November 2007 („…“) in der Abteilung Y tätig. Von November 1999 bis November 2007 war sie stellvertretende Gruppenleiterin in der …gruppe. Nach Abschluss des berufsbegleitenden Studiums der Rechtswissenschaften war sie seit 1. Dezember 2007 als Assistentin des Direktors im Bereich Z tätig.
Am … wurde mit Rundschreiben Nr. … der Dienstposten „StellvertreterIn des/der Leiters/Leiterin in der Abteilung Y“ ausgeschrieben. Neben der Antragstellerin bewarb sich Herr Mag. G. Herr Mag. G ist seit … 2012 bei der Antragsgegnerin beschäftigt, in der Abteilung Y.
Am 25. November 2015 wurden seitens Herrn Direktor Dr. B, Herrn Obmann F und Frau Mag.a D Gespräche mit den beiden BewerberInnen geführt.
Nach Befassung des Personal- und Verwaltungsausschusses am 7. Dezember 2015 teilte Herr Dr. B der Antragstellerin mit, dass ihre Bewerbung nicht berücksichtigt werden konnte.
Zur Beantwortung der Frage, ob ein objektives, transparentes und nachvollziehbares Bewerbungsverfahren stattgefunden hat, das keinen Zweifel darüber offen lässt, dass ein objektiver Vergleich vorgenommen wurde und nicht auch geschlechtsspezifische Dimensionen in die Bewertung der BewerberInnen eingeflossen sind, bedarf es nach Auffassung des Senates einer inhaltlichen Befassung. Das von der Antragsgegnerin vorgelegte Gutachten über die Stellenvergabe konnte diesen Eindruck nicht entkräften, da es lediglich das Bewerbungs- und Bestellungsverfahren abbildet und Schlüsse aus den vorliegenden Unterlagen zieht.
In der mündlichen Befragung hielt Herr Dr. B fest, dass die Antragstellerin mit ihrem Fachwissen, ihrem Bereich, ganz viele Dinge in den letzten Jahren gemacht habe, die in den Bereich Y hineinspielen würden. Zudem gab er an, dass sie sehr gute Arbeit im Rahmen des Z gemacht habe und sie eine sehr gute und aussichtsreiche Bewerberin gewesen sei.
Aus seiner Stellungnahme zur Bewerbung der Antragstellerin vom 23. November 2015 geht außerdem hervor, dass sie viele der in der Ausschreibung verlangten Kenntnisse gerade als Assistentin der Direktion in Angelegenheiten des Z erwerben habe können und sie eine aussichtsreiche Kandidatin sei.
Zu seiner die Bezeichnung der Antragstellerin als „aussichtsreiche Kandidatin“ relativierenden Aussage vor dem Senat, es sei damals gar nicht klar gewesen, wer sich aller bewerbe, wird festgehalten, dass die Bewerbung von Herrn Mag. G bereits am 19. November im Direktionsbüro eingelangt ist. Es ist davon auszugehen, dass Herr Dr. B als Direktor von diesem Umstand Kenntnis hatte.
Die grundsätzlich positive Bewertung von Herrn Dr. B über das Fachwissen der Antragstellerin spiegelt sich nicht in der Zusammenfassung der Gespräche vom 25. November 2015 wider, in der der Antragstellerin im fachlichen Bereich nur ein „durchaus gutes Basiswissen“ zugesprochen wurde. Herrn Mag. G attestierte man ein ausgeprägtes Fachwissen. In der Bewertungsskala wiederum bildet sich der Unterschied zwischen den BewerberInnen nicht so eklatant ab. Die Antragstellerin erhielt bei abteilungsspezifischer Fachkompetenz 6 Punkte, Herr Mag. G 7 Punkte.
Für den Senat ist fraglich, inwiefern es möglich ist, dass eine seit 22 Jahren bei der Antragsgegnerin und viele Jahre in der betreffenden Fachabteilung tätige Mitarbeiterin lediglich ein „durchaus gutes Basiswissen“ und die Punkteanzahl 6 erhalten kann – hier ergibt sich auch ein starker Widerspruch zu den oben angeführten mündlichen Auskünften des Direktors –, wohingegen ein Mitarbeiter nach knapp drei Jahren Tätigkeit bereits ein ausgeprägtes Fachwissen haben soll.
Zu betonen ist an dieser Stelle, dass die Antragstellerin Herrn Mag. G in dessen Einschulungszeit in der Abteilung Y unterstützt und seine Hausarbeit für die Fachprüfung betreut hat.
Zur Führungskompetenz ist festzuhalten, dass Herr Mag. G die Führungskräfteausbildung nicht abgeschlossen hat. Frau Mag.a D gab zwar an, dass ihm nur der „Basislehrgang“ … gefehlt habe und es lediglich Anwesenheitspflicht gebe und sie zudem ihren Anteil an der Nichtabsolvierung gesehen habe, da sie ihn aus dem Kurs herausgenommen habe. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass der Nachweis der erfolgreich abgelegten Ausbildung an zweiter Stelle der Anforderungen genannt wurde und diese Anforderung formal betrachtet nicht erfüllt war.
Aus den Aussagen von Herrn Dr. B ging hervor, dass in seine Bewertung von Herrn Mag. G sein (positiver) Eindruck von der Zusammenarbeit der letzten Monate eingeflossen ist – die Führungskompetenz von Mag. G kann mangels Führungsaufgaben aber nur eine Einschätzung sein, wie er auch selbst betonte. Dass die Antragstellerin bereits tatsächliche Führungsaufgaben innegehabt hat, wurde von ihm hingegen auf die Aussage „die war zwar mal stellvertretende Gruppenleiterin vor vielen Jahren“ reduziert.
Die Antragstellerin brachte hierzu vor, dass im Personalakt nachzulesen sei, dass der Vorgänger von Herrn Dr. B niedergeschrieben habe, dass Führungskompetenzen bei ihr vorhanden seien. Dem Vorwurf der Antragsgegnerin, sie habe niemals Einsicht in die gegenständliche Akte beantragt und sei am Sachverhalt offenbar nicht interessiert, hielt die Antragstellerin entgegen, dass sie am 21. Dezember 2015 im Beisein einer Mitarbeiterin von Frau Mag.a D Einschau in den Personalakt genommen habe.
Insgesamt fiel auf, dass Herr Dr. B in der mündlichen Befragung die Aufgaben der Antragstellerin betont geringer darstellte als jene des Mitbewerbers. So gab er zur Frage, ob diese nicht auch mit den Spitzen des Landes zu tun gehabt habe zur Antwort, dass auch seine Sekretärin mit diesen Leuten zu tun habe, das liege in der Natur dieser Aufgabe, daraus sei nichts abzuleiten. Worin dann aber ein Unterschied zur Tätigkeit des Mitbewerbers besteht, wenn alle mit demselben AdressatInnenkreis zu tun haben, blieb für den Senat unklar.
Ein weiterer Hinweis für mangelnde Nachvollziehbarkeit und Transparenz des Bewerbungsverfahrens zeigte sich in der Aussage von Frau Mag.a D hinsichtlich des Kriteriums „Zielstrebigkeit und Beharrlichkeit in Verhandlungen und Gesprächen mit Vertragspartnern“, das in der Stellungnahme von Herrn Dr. H nicht bewertet wurde, wonach sie diesen Punkt noch in einem persönlichen Gespräch nachgefragt habe, verschriftlicht habe er es nicht.
Das weitere Vorbringen der Antragsgegnerin betreffend das soziale Verhalten der Antragstellerin wurde vom Senat als Schutzbehauptung gewertet. Einzig Frau L wurde als Auskunftsperson namhaft gemacht. Sie habe das Zweierbüro aus „sehr speziellen Gründen“ verlassen. Hinsichtlich weiterer angeblicher Probleme kamen seitens der Antragsgegnerin nur kryptische Aussagen ohne Belege. So sagte Frau Mag.a D aus, dass es auch einige Vorfälle gegeben habe, wo es nicht so toll gewesen sei mit Mitarbeitern.
Nach Auffassung des erkennenden Senates ist kein objektiver, transparenter und nachvollziehbarer Vergleich der Qualifikationen der Antragstellerin und von Herrn Mag. G vorgenommen worden. Trotz eines sehr ausführlichen Anforderungsprofils finden sich im Bewertungsschema vorrangig „soft skills“ wieder.
Es ist den Ausführungen der R-GAW zu folgen, dass ein solches Rangordnungsverfahren anhand von Persönlichkeitsmerkmalen und abstrakten Verhaltensweisen für die diskriminierungsfreie Beurteilung nicht geeignet ist, da zum einen ein Zusammenhang zwischen bestimmten Eigenschaften bzw. Verhaltensweisen und Leistung unbewiesen ist und zum anderen in der Beurteilung von Persönlichkeitsmerkmalen und abstrakten Verhaltensweisen ein erhebliches Diskriminierungspotenzial verborgen sein kann.
Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs. 12 GlBG gelangte der erkennende Senat zu der Ansicht, dass es der Antragsgegnerin nicht gelungen ist zu beweisen, dass ausschließlich sachliche Motive für die Nichtberücksichtigung der Bewerbung der Antragstellerin ausschlaggebend waren.
Denn das Vorliegen anderer, mitausschlaggebender Motive kann eine/n ArbeitgeberIn vom Vorwurf einer diskriminierenden Behandlung nicht entlasten, da den Realitäten der Arbeitswelt folgend davon auszugehen ist, dass unter Umständen auch mehrere Motive („Motivbündel“) – darunter auch sachliche – eine Rolle spielen können.2
Es liegt somit eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes beim beruflichen Aufstieg gemäß § 3 Z 5 GlBG vor.
Gemäß § 17 Abs. 1 Z 5 GlBG darf aufgrund des Alters im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen.
Die Antragstellerin brachte vor, dass die Bestellung des jüngeren männlichen Mitbewerbers als Stellvertreter mit einer zukünftigen Übernahme der Abteilungsleitung im Zusammenhang stehe.
Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass die Antragstellerin … 1968 geboren wurde, der männliche Mitbewerber Mag. G … 1984. Die Antragstellerin ist seit … 1993, Herr Mag. G seit … 2012 bei der Antragsgegnerin beschäftigt.
Das Argument der Antragsgegnerin, das Alter der BewerberInnen sei im Personal- und Verwaltungsausschuss nicht Thema gewesen, wurde durch die Aussage von Frau C entkräftet, dass dann noch auf das Geburtsdatum der beiden BewerberInnen und das Alter des momentanen Abteilungsleiters hingewiesen worden sei und die Zusammenarbeit von Kollegen G und Kollegen H in Zukunft auch deshalb interessant wäre.
Es ist somit nach Ansicht des Senates nicht auszuschließen, dass das Alter der BewerberInnen auch zur Entscheidungsgrundlage gemacht wurde.
Ein Indiz dafür, dass mit der Bestellung des/der Stellvertreters/Stellvertreterin auch bereits eine spätere Nachfolge des Abteilungsleiters angedacht war, ist die Formulierung in der Stellungnahme von Herrn Dr. B vom 23. November 2015, wonach die Antragstellerin für diese Position aussichtsreiche Kandidatin sei, die das Arbeitsfeld des „Leiters der Abteilung Y“ nach Einarbeitung in diese Materie verantwortungsbewusst erfüllen würde. Warum er die Formulierung „Leiter“ und nicht „Stellvertreterin“ gewählt hat, konnte der Direktor in der mündlichen Befragung nicht eindeutig beantworten.
Dass laut einer von der Antragsgegnerin vorgelegten Liste Organisationseinheiten mit Frauen, die zum Zeitpunkt der Bestellung 46, 52, 54 und 56 Jahre alt waren, in leitender Funktion besetzt wurden, schließt eine Diskriminierung im Einzelfall noch nicht aus, sondern entspricht durchaus dem Vorbringen der Antragstellerin, dass in der gelebten Praxis außer in zwei Ausnahmen, in denen es keine (dienstälteren) MitbewerberInnen gegeben habe, die dienstälteren BewerberInnen zum Zug gekommen seien.
Es ist grundsätzlich korrekt, wenn Herr Mag. K in seinem Gutachten festhält, dass das Alter einer Person per se kein Qualifikationsnachweis sei. Dies lässt jedoch außer Acht, dass in diesem Fall ein eklatanter Unterschied in der Dienstzugehörigkeit vorliegt und wie bereits in den Ausführungen zu § 3 Z 5 erläutert, das Vorliegen gewisser Kompetenzen des Mitbewerbers mangels tatsächlicher Ausübung nur auf einer Einschätzung beruhen. Der Senat folgt der Argumentation der R-GAW, wonach Arbeitsleistungen, die sich zum Zeitpunkt der Bestellung noch nicht beurteilen lassen, sondern sich erst danach manifestieren können, keinen tauglichen Grund für eine Auswahl zugunsten des zum Zuge gekommenen Bewerbers bilden können.
Es konnte seitens der Antragsgegnerin nicht der Zweifel ausgeräumt werden, dass vor dem Hintergrund einer Nachfolgeplanung das Lebensalter der Antragstellerin jedenfalls mit ein Grund für die Nichtberücksichtigung ihrer Bewerbung war, wohingegen das weitaus höhere Dienstalter und die langjährigere facheinschlägige Berufserfahrung der Antragstellerin nicht im gehörigen Maß Eingang in den Bestellungsprozess gefunden haben.
Es liegt somit eine Diskriminierung aufgrund des Alters beim beruflichen Aufstieg gemäß § 17 Abs. 1 Z 5 GlBG vor.
Gemäß § 13 GlBG darf als Reaktion auf eine Beschwerde ein/e Arbeitnehmer/in durch den/die Arbeitgeber/in innerhalb des betreffenden Unternehmens (Betriebes) oder auf die Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebotes nicht entlassen, gekündigt oder anders benachteiligt werden.
Die Antragstellerin brachte zudem vor, ihre Versetzung, die Streichung der Überstundenpauschale, die Verschlechterung der räumlichen Arbeitsbedingungen und die gegen sie verhängte Disziplinarstrafe sei eine Folgediskriminierung, da sie sich gegen die vermutliche vorangegangene Diskriminierung beim beruflichen Aufstieg gewehrt habe.
Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass die Antragstellerin sich nach dem Gespräch mit Herrn Dr. B am 7. Dezember 2015 um ein Gespräch mit Herrn Obmann F bemüht hat. Nachdem ein derartiges Gespräch nicht zustande gekommen ist, wandte sie sich vorerst an einen Anwalt, der die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 22. Dezember 2015 um eine Stellungnahme ersuchte. Mit Schreiben vom 26. Jänner 2016 äußerte sich der Rechtsvertreter der Antragsgegnerin dahingehend, dass die Vorwürfe und Forderungen der Antragstellerin als unbegründet zurückgewiesen werden. In weiterer Folge wandte sich der Rechtsvertreter der Antragstellerin mit Schreiben vom 26. Jänner 2016 an die GAW und übermittelte dieses Schreiben einem weiteren Personenkreis. Die Antragstellerin wurde am 28. Jänner 2016 per 1. Februar 2016 in die Abteilung Y versetzt. Ebenfalls mit Schreiben vom 28. Jänner 2016 wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass die außerordentlichen Tätigkeiten mit Wirkung vom 1. Februar 2016 wegfallen und damit die hierfür gewährten Überstunden.
Aufgrund der zeitlichen Nähe zwischen dem Schreiben an die GAW und der Reaktion der Antragsgegnerin sieht der Senat jedenfalls auch einen unmittelbaren Zusammenhang mit dieser Beschwerde wegen einer vermuteten Diskriminierung. Das Argument der Antragsgegnerin, dass das Weiterleiten an einen weiteren Personenkreis ausschlaggebend gewesen sei, erscheint aus den folgenden Gründen als Schutzbehauptung:
Entgegen dem seitens der Antragsgegnerin vermittelten Eindruck, die Antragstellerin habe das Schreiben an die GAW an einen vollkommen sachfremden Personenkreis übermittelt, geht aus den vorgelegten Unterlagen hervor, dass die AdressatInnen teilweise im Personalausschuss und jedenfalls im Verwaltungsausschuss vertreten sind.
Frau Mag.a M ist Vertreterin der … im Personalausschuss, der ein Vorschlagsrecht an den Verwaltungsausschuss hat. Sie war am 7. Dezember 2015 entschuldigt.
Drei der fünf AdressatInnen waren am 7. Dezember 2015 im Verwaltungsausschuss, dem das Beschlussrecht zukommt, anwesend (Herr Dr. N, Frau O, Herr P). Frau Mag.a M war entschuldigt. Der Stellvertreter von Frau O, Herr Q, war nicht anwesend, da diese da war.
Der Umstand, ob die Adressaten stimmberechtigt sind – Herr Dr. N, Frau O, Herr Q sind (stellvertretende) Mitglieder des Verwaltungsausschusses – oder nicht – Herr P ist Vertreter der …, Frau Mag.a M ist Vertreterin der … –, ist nach Auffassung des Senates für die Feststellung einer etwaigen Verschwiegenheitsverletzung der Antragstellerin irrelevant, da die AdressatInnen durch ihr Anwesenheitsrecht im Gremium in jedem Fall Kenntnis vom Gesagten erhalten. Es wird weiters davon ausgegangen, dass eine abwesende Vertreterin der … von den Ergebnissen der Gremien mittels Protokolle informiert wird.
Von einem „unnachvollziehbaren“ und „unbeteiligten“ Verteilerkreis kann nach Ansicht des Senates somit nicht die Rede sein!
Worin genau der derart schwerwiegende Vertrauensverlust begründet liegt, der nach Auffassung der Antragsgegnerin eine Versetzung und eine Rüge notwendig gemacht hat, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Die Antragstellerin hat sich glaubhaft um ein Gespräch mit Herrn Dr. B und Herrn Obmann F bemüht. Von Herrn F wurde jedenfalls bestätigt, dass ein Gespräch zwischen ihm und der Antragstellerin angedacht gewesen sei. Erst nachdem dieses nicht zustande gekommen ist, wandte sich ihr Rechtsvertreter mit einer Einschätzung des Sachverhaltes an die GAW und an einige Personen aus den Gremien.
Der Senat zeigt sich daher über die Auffassung des BRV E, dass die Rüge keine schwerwiegende Maßnahme gewesen sei, zutiefst verwundert.
Ebenfalls nicht zuzustimmen ist der Feststellung des Betriebsrates, dass es keine verschlechternde Versetzung sei. Richtig ist, dass die Stammeinstufung dieselbe geblieben ist. Da der Antragstellerin Sonderaufgaben entzogen wurden, fiel aber die Überstundenpauschale weg, was klar eine Einkommensminderung bedingt. Hinsichtlich der Frage, ob die Antragstellerin sich gegenüber Herrn E negativ über die Versetzung geäußert hat, liegen dem Senat widersprüchliche Angaben vor. Die Darstellung der Antragstellerin erscheint jedoch vor dem Hintergrund, dass ihr Rechtsvertreter mit Schreiben vom 29. Jänner 2016 von einer verschlechternden Versetzung spricht, glaubhafter. Am Rande sei bemerkt, dass es zwar aufgrund der bisherigen Tätigkeiten der Antragstellerin nachvollziehbar ist, wieso eine Versetzung in die Abteilung Y angedacht wurde, doch beinhaltet dies das geradezu schikanöse Moment, dass die Antragstellerin nun ausgerechnet unter ihrem Mitbewerber tätig ist – eine eindeutige Herabminderung des beruflichen Ansehens.
Zu den räumlichen Arbeitsbedingungen ist festzuhalten, dass die Antragstellerin vor ihrer Versetzung in einem (zeitweise sogar alleine benutzten) Zweiraumbüro gesessen ist und nun einen Arbeitsplatz in einem Vierraumbüro hat. Dem Vorbringen der Antragstellerin, dass dies eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen bedeutet, wird gefolgt.
Es liegt somit eine Diskriminierung durch eine Verletzung des Benachteiligungsverbotes gemäß § 13 GlBG vor.
Gemäß § 27 GlBG darf als Reaktion auf eine Beschwerde ein/e Arbeitnehmer/in durch den/die Arbeitgeber/in innerhalb des betreffenden Unternehmens (Betriebes) oder auf die Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebotes nicht entlassen, gekündigt oder anders benachteiligt werden.
Es wird auf die Ausführungen zu § 13 verwiesen.
Es liegt somit eine Diskriminierung durch eine Verletzung des Benachteiligungsverbotes gemäß § 27 GlBG vor.
Vorschlag
Gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz hat der Senat, wenn er der Auffassung ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, dem/der ArbeitgeberIn oder in Fällen in Zusammenhang mit einer sonstigen Diskriminierung in der Arbeitswelt dem/der für die Diskriminierung Verantwortlichen schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes zu übermitteln und ihn/sie aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden. Für die Umsetzung des Vorschlags ist eine Frist von zwei Monaten zu setzen. Wird einem Auftrag nach Abs. 3 nicht entsprochen, kann gemäß § 12 Abs. 4 GBK/GAW-Gesetz jede der im jeweiligen Senat vertretenen Interessensvertretungen beim zuständigen Arbeitsgericht oder Zivilgericht auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.
Da der Senat I der GBK zur Auffassung gelangt ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, wird die Antragsgegnerin, X, gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz aufgefordert, die Diskriminierung zu beenden, und folgende Vorschläge zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes erteilt:
1. Leistung eines angemessenen Schadenersatzes,
2. Beschäftigung mit dem GlBG und ArbVG,
3. Anbot einer adäquaten Stelle,
4. Trennung der Funktionen Personal und Frauenbeauftragte.
Wien, 30. Jänner 2017
Dr.in Eva Matt
Vorsitzende des Senates I der GBK
1 Vgl. z.B. VfSlg. 19.321.
2 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG § 17 Rz 8.
Zuletzt aktualisiert am
30.05.2017