Norm
§18 Z1 GlBGDiskriminierungsgrund
Ethnische ZugehörigkeitDiskriminierungstatbestand
Diskriminierung auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit bei der Berufsausbildung bzw. der beruflichen Weiterbildung außerhalb eines ArbeitsverhältnissesText
SENAT II DER GLEICHBEHANDLUNGSKOMMISSION
Anonymisiertes Prüfungsergebnis GBK II/230/14 gem. § 12 GBK/GAW-Gesetz
Der Senat II der Gleichbehandlungskommission (GBK) hat über den Antrag von Frau A (in Folge: Antragstellerin) wegen behaupteter Diskriminierung auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit bei der Berufsausbildung bzw. der beruflichen Weiterbildung außerhalb eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 18 Z 1 GlBG durch die Firma B (in Folge: Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, iVm § 11 Gleichbehandlungskommissions-GO, BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013, erkannt:
Eine Diskriminierung der Antragstellerin auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit bei der Berufsausbildung bzw. der beruflichen Weiterbildung außerhalb eines Arbeitsverhältnisses durch die Antragsgegnerin
l i e g t n i c h t v o r.
VORBRINGEN
Im Antrag wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Antragstellerin sich im Frisiersalon eingefunden habe, um nach einem Praktikumsplatz für ein einwöchiges Praktikum nach Absolvierung eines Berufsorientierungskurses zu fragen.
Von Frau C sei sie an Frau D verwiesen worden, der sie mitgeteilt habe, dass sie Teilnehmerin des Programmes „Wiedereinstieg mit Zukunft“ sei und einen Praktikumsplatz für eine Woche suche.
Frau D habe auf ihre Frage erwidert: „Tut mir leid, wir nehmen keine afrikanischen PraktikantInnen.“ Daraufhin habe sie sich bedankt und den Frisiersalon verlassen.
In der Stellungnahme der Antragsgegnerin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Geschäftsführer der Antragsgegnerin bei dem in Rede stehenden Gespräch nicht anwesend gewesen sei und daher keine Angabe über dessen Verlauf machen könne.
Frau D sei langjährige Salonleiterin bei der Antragsgegnerin und genieße deren volles Vertrauen, weshalb er sich ein nicht korrektes Verhalten von Frau D gegenüber Mitmenschen nicht vorstellen könne, da sie sich durch eine offene freundliche Art und Ehrlichkeit auszeichne.
In einer von ihr durch die Antragsgegnerin eingeholten Stellungnahme habe Frau D angegeben, der Antragstellerin freundlich erklärt zu haben, dass in ihrem Salon ein Praktikum zur damaligen Zeit nicht möglich wäre, da ein Lehrling aufgenommen worden sei. Die Antragstellerin könne jedoch gerne zB im Salon in X nachfragen, weil dort noch Lehrlinge gesucht würden. Die Antragstellerin habe damals jedoch nicht erwähnt, ausgebildete Friseurin zu sein, da Frau D ihr ansonsten die Kontaktdaten der Bereichsleiterin Frau E gegeben hätte.
Sie könne jedoch versichern, die Antragstellerin nicht auf Grund deren Hautfarbe angesprochen oder sie beleidigt zu haben.
PRÜFUNGSGRUNDLAGEN
Der Senat II der GBK stu?tzt sein Prüfergebnis auf die schriftlichen Vorbringen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin sowie auf deren Befragungen und die Befragungen der Auskunftspersonen D und C.
In der mündlichen Befragung durch den Senat gab die Antragstellerin ergänzend an, dass sie einen Berufsorientierungskurs besucht habe, wofür sie einen Praktikumsplatz gebraucht habe. Sie habe im Frisiersalon gesagt, dass sie aus dem Senegal stamme, ausgelernte Friseurin sei und einen Praktikumsplatz suche. Die Dame habe ihr dann gesagt, dass sie nicht zuständig sei, sie könne mit den Kolleginnen reden. Sie habe dann wiederum gesagt, dass sie einen Praktikumsplatz suche, worauf ihr mitgeteilt worden sei: „Tut mir leid, wir nehmen keine afrikanischen Praktikanten“. Sie habe sich trotzdem bedankt, die Frau habe dann gelacht, die andere Dame habe dann etwas mit „verloren“ gesagt. Davor habe sie zum Frisiersalon keinen Kontakt gehabt.
Der Vertreter der Antragsgegnerin, Herr F, gab bei seiner Befragung an, dass die Antragsgegnerin 1300 MitarbeiterInnen, davon 30% mit Migrationshintergrund, beschäftige. Aktuell seien 127 ausländische MitarbeiterInnen aus 18 Nationen, von der Ukraine über die Mongolei, Armenien, Türkei, Thailand, Serbien, Ungarn angestellt. Die Antragsgegnerin sei ein sehr weltoffenes Unternehmen und habe auch verschiedene Belobigungen erhalten.
Er könne sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass Frau D die Aussage, dass die Antragsgegnerin keine afrikanischen MitarbeiterInnen nehme, getätigt habe. Außerdem entspräche das nicht den Firmenrichtlinien.
Die als Auskunftsperson befragte Frau D schilderte, dass die Antragstellerin, soweit sie sich erinnere, in Begleitung einer zweiten Person hereingekommen sei. Sie habe ihr eine Bewerbungsmappe hergelegt. An den genauen Gesprächsverlauf erinnere sie sich nicht mehr, sie habe die Antragstellerin aber darauf hingewiesen, dass in einem anderen Salon Lehrlinge gesucht würden.
Sie glaube, dass es bei der Frage der Antragstellerin um einen Praktikumsplatz gegangen sei – das Unternehmen vergebe aber keine Praktikumsplätze. Es gebe „Schnupperplätze“ und danach Chancen zu einer Ausbildung im Unternehmen.
Die Aussage, „Es tut mir leid, wir nehmen keine afrikanischen PraktikantInnen“ habe sie sicher nicht getätigt. Die Antragstellerin habe ihr gegenüber nicht erwähnt, aus dem Senegal zu kommen. Sie habe ihr gesagt, dass die Antragsgegnerin keine PraktikantInnen, aber Lehrlinge suche - falls dies eine Option wäre, könne sie gerne noch in einem anderen Salon nachfragen.
Die als Auskunftsperson befragte Frau C schilderte, dass die Antragstellerin ins Geschäft gekommen sei und Frau D sie gefragt habe, was sie bekäme. Die Antragstellerin habe die Bewerbung hingelegt und sei ganz normal behandelt worden. Sie habe „kein Deutsch gekonnt“ und sie nicht verstanden. Es sei ziemlich schwierig gewesen - ganz genau wisse sie es aber nicht mehr. Man habe zunächst gedacht, es handle sich um eine Kundin. Dann sei der Antragstellerin mitgeteilt worden, dass die Filiale bereits einen Lehrling habe und sie in eine andere Filiale gehen könne.
Den angeblich gefallenen Satz „Tut mir leid, wird nehmen keine afrikanischen PraktikantInnen“ habe sie „absolut nicht“ gehört und glaube auch nicht, dass Frau D so etwas gesagt habe, weil diese „nicht so ein Mensch“ sei.
BEGRÜNDUNG
Der Senat II der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:
Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, lauten:
"§ 17. (1) Auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, (…) darf in Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht
….
§ 18. Aus den im § 17 genannten Gründen darf niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden
1. bei der Berufsberatung, Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung und Umschulung außerhalb eines Arbeitsverhältnisses,
2. …
"§ 19. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 17 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.
(2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, oder Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Orientierung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.“
Zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren ist anzumerken, dass gemäß § 26 Abs. 12 GlBG eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 17, 18 oder 21 GlBG beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes eine „Bescheinigung“ der behaupteten Tatsachen, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist. Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des/r AntragstellerIn sprechen als dagegen (vgl. OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen).
Wenn dem/der AntragstellerIn die Glaubhaftmachung von Umständen, die einen Zusammenhang zwischen dem von ihm/ihr behaupteten Diskriminierungstatbestand und dessen/deren ethnischer Zugehörigkeit indizieren, gelungen ist, obliegt es dem/der AntragsgegnerIn, zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der AntragsgegnerIn glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne der §§ 19 Abs 2 oder 20 GlBG vorliegt.
Zum vorliegenden Sachverhalt ist festzuhalten, dass sich auf Grund der Befragung der vier oben genannten Auskunftspersonen für den Senat folgendes Bild ergeben hat:
Hinsichtlich der antragsgegenständlichen, von der Antragstellerin behaupteten Aussage „Tut mir leid, wir nehmen keine afrikanischen PraktikantInnen“, steht nach Anhörung aller Auskunftspersonen Aussage gegen Aussage dahingehend, ob der Ausdruck „afrikanisch“ von Frau D getätigt wurde oder nicht. Diesfalls ist allerdings relevant, dass es nach Aussage von Frau D überhaupt keine Praktikumsplätze im Unternehmen gibt.
Der Senat hat die an den Geschehnissen unmittelbar beteiligten Personen als grundsätzlich in etwa gleichem Umfang glaubwürdig eingestuft, ist allerdings bei Würdigung aller Facetten des kurzen Dialogs und der damaligen Situation der Antragstellerin zum Schluss gekommen, dass - nachdem es überhaupt keine PraktikantInnen im Unternehmen gibt und Praktikumsplätze grundsätzlich nicht zur Verfügung gestellt werden – möglicherweise der von Frau D in diesem Zusammenhang getätigte diesbezügliche Hinweis von der Antragstellerin – für den Senat durchaus nachvollziehbar, da die Antragstellerin nach eigenen Angaben bereits zuvor zehn Absagen in anderen Frisiersalons erhalten hatte – in Richtung ihrer ethnischen Zugehörigkeit überinterpretiert wurde und diese sich später daher an den – nach Meinung des Senates von Frau D nicht getätigten - Zusatz zu erinnern glaubte.
Wenn es im Unternehmen überhaupt keine Praktikumsplätze gibt, ist es nach Meinung des Senates jedoch eher wahrscheinlich, dass genau dieser Umstand – ohne den Zusatz „afrikanisch“ – der Antragstellerin auch kommuniziert wurde. Auch die „Multinationalität“ der Belegschaft der österreichweit tätigen Antragsgegnerin spricht für diese Interpretation der damaligen Situation.
Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang jedoch auch, dass der Senat nicht davon ausgeht, dass die Antragstellerin wissentlich eine falsche Behauptung erhoben hat.
Gemäß den Beweismaßregeln des GlBG ist es der Antragstellerin somit nicht gelungen, dem Senat in ausreichendem Maße glaubhaft zu machen, dass der Zusatz „afrikanisch“ in dem damaligen Gespräch von Frau D auch tatsächlich gefallen ist.
Deshalb war das Vorliegen einer Diskriminierung der Antragstellerin aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit bei der Berufsausbildung bzw. der beruflichen Weiterbildung außerhalb eines Arbeitsverhältnisses durch die Antragsgegnerin zu verneinen.
Zuletzt aktualisiert am
18.07.2017