TE Lvwg Erkenntnis 2017/8/1 VGW-101/020/7549/2017

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Veröffentlicht am 01.08.2017
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Entscheidungsdatum

01.08.2017

Index

41/03 Personenstandsrecht
10/16 Sonstiges Verfassungsrecht
19/05 Menschenrechte

Norm

PStG 2013 §74
AdelsaufhebungsG §2
EMRK Art 8

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Schopf über die Beschwerde des Herrn C. H., vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 63, vom 03.04.2017, Zl. MA 63-161385/17,

zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit angefochtenem Bescheid wurde die Eintragung zur Person im Zentralen Personenstandsregister (ZPR) im Feld Familienname auf „H.“ geändert.

Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde, mit welcher eingewendet wird, dass ein falscher Bescheidadressat genannt worden sei. Auch weise der Bescheid, obwohl er zwei Personen betreffe, nur eine Geschäftszahl auf. Der Beschwerdeführer C. von H. (im Folgenden Bf) sei in Linz als deutscher Staatsbürger geboren worden. Ihm sei erst mit Urkunde vom 28.5.1960 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen worden. Die im weiteren ausgestellten Urkunden hätten immer den Namen „von H.“ enthalten. Die Beschwerdeführerin G. von H. (im Folgenden Bfin) habe mit Heirat am ...1972 den Nachnamen „von H.“ durch ihren Gatten erhalten und führe diesen seither ohne behördlicher Beanstandung. Das nunmehrige Vorgehen der Behörde habe die Beschwerdeführer überrascht und in ihrem Vertrauen erschüttert. Die Behörde habe sich bei Einleitung des Verfahrens auch auf eine unrichtige Norm gestützt. In der Beschwerde werde auf § 74 PStG verwiesen. Da die Beschwerdeführer den Namen durch Geburt am ...1948 beziehungsweise durch Eheschließung im Jahre 1972 erworben hätten, sei der Namenserwerb vor dem 1.5.1995 erfolgt und hätten daher die erworbenen Rechte zum Gebrauch des Namens unberührt zu bleiben. Diese Norm entspräche auch dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Vertrauensschutz. Verwiesen wurde auch darauf, dass der Namensbestandteil „von“ im Namen des Bf aus dem deutschen Namensrecht komme und dort ein zulässiger Bestandteil des bürgerlichen Namens sei. Die Löschung des Namensteiles würde auch in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens eingreifen. Die gebotene Interessensabwägung schlage eindeutig zugunsten der schutzwürdigen Interessen der Beschwerdeführer aus. Dieser Schutz sei nunmehr auch durch Art. 7 EGC gewährt. Darüber hinaus sei auch der durch Art. 20 EGC vorgegebene Gleichheitssatz verletzt, liege doch bei Verbot der Weiterführung eines nach deutschem Recht erworbenen Namens eine unzulässige Inländerdiskriminierung vor. Dem Adelsaufhebungsgesetz sei durch § 74 PStG materiell derogiert. Selbst wenn man sich dieser Meinung nicht anschließen würde, sei der Zusatz „von“ alleine keine Adelsbezeichnung, kein Titel und auch keine Würde. Darüber hinaus sei der aus Deutschland stammende Nachname „von H.“ als bürgerlicher Name und somit Familienname zu verstehen. Vom Sinn des Adelsaufhebungsgesetzes her sei dieses auf gegenständlichen Familiennamen nicht anwendbar. In diesem Zusammenhang wurde auf höchstgerichtliche Rechtsprechung verwiesen. Letztlich solle im Hinblick auf das Alter der Beschwerdeführer auch aus Billigkeitsgründen von der Löschung des Namensbestandteiles Abstand genommen werden.

Die Rechtssachen 1.) VGW-101/020/7549/2017 C. von H. 2.) VGW-101/V/020/7550/2017 G. von H. wurden auf Grund ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zusammengezogen und gemeinsam verhandelt. Anschließend wurden die Erkenntnisse verkündet. Ein Antrag auf schriftliche Ausfertigung wurde fristgerecht gestellt. Auf Grund des sachlichen und persönlichen Zusammenhanges wurde in nachstehender Begründung auf beide Beschwerdeverfahren Bedacht genommen.

Folgende Vorbringen wurden in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien erstattet:

Der Vertreter der Beschwerdeführer:

„Der Bescheid wurde am 10.04.2017 zugestellt. Ergänzend wird noch vorgebracht, dass nicht nur die Bezeichnung der Behörde des Namenszusatzes „von“ als Adelsbezeichnung in Zweifel gezogen wird, sondern dass der gesamte Name „von H.“ in Österreich über mehrere Jahrzehnte in Verwendung gestanden ist, obwohl das Adelsaufhebungsgesetz bereits seit dem Jahre 1919 in Geltung gestanden ist und daher als bürgerlicher Name Verwendung gefunden hat. Dies zeigt sich auch darin, dass in verschiedenen Büchern die Dokumente unter „v“ nicht „h“ abgelegt wurden.“

Der Bf:

„Ich habe kurz überschlagen, wie viele Maßnahmen bei Änderung durchzuführen wären und bin in einer ersten Rechnung auf 104 Schritte gekommen. Darüber hinaus haben wir uns wie Verbrecher behandelt gefühlt, wird doch bei der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde unterstellt, dass wir etwa bei der Beantragung eines Reisepasses gegen das öffentliche Interesse verstoßen würden, ein Vorwurf, der in keiner Weise nachvollziehbar ist.“

Die Bfin schloss sich den Worten ihres Gatten an.“

Der Vertreter der Beschwerdeführer gab ergänzend zu Protokoll:

„Im Hinblick auf die Erörterung der Rechtslage wird noch ergänzend zur Beschwerde vorgebracht, dass man beim Beschwerdeführer durchaus von einem wohl erworbenen Recht sprechen kann, weil dieser nach der deutschen Rechtslage zur Führung seines Namens in der vollständigen Form auch in Österreich berechtigt war und entsprechende Eintragungen bei den Behörden bzw. öffentlichen Büchern auch erfolgt ist. Natürlich kann man auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Staatsbürgerschaftserwerbs abstellen, das ändert aber nichts daran, dass grundsätzlich beim Beschwerdeführer ein entsprechendes Recht als deutscher Staatsbürger nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich vorhanden war. Abschließend wird noch vorgebracht, dass der in der Rechtsprechung behandelte Fall der Adoption mit gegenständlichem Fall deswegen nicht vergleichbar ist, weil zum Einen das öffentliche Interesse daran, dass nicht durch die Hintertür der Adoption Titel in Österreich wieder eingeführt werden, ein anderes ist als das hier behandelte und zum Anderen der Beschwerdeführer in Österreich geboren wurde und seinen Namen berechtigterweise schon getragen hat und nicht durch Adoption erwerben sollte.“

Dazu wurde Folgendes erwogen:

Gemäß § 42 des Personenstandsgesetzes 2013, BGBl. I Nr. 16/2013 ist nach dessen Abs. 1 eine Eintragung zu berichtigen, wenn sie bereits zur Zeit der Eintragung unrichtig gewesen ist.

Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung erfolgt die Berichtigung durch jene Personenstandsbehörde, die die unrichtige Eintragung vorgenommen hat.

Nach Abs. 3 dieser Bestimmung kann die Berichtigung auf Antrag oder unter Wahrung des rechtlichen Gehörs von Amts wegen vorgenommen werden.

Gemäß Abs. 4 kann jede Personenstandsbehörde auch ohne Einbindung des Betroffenen offenkundige Schreibfehler berichtigen.

Nach Abs. 5 dieser Norm ist jedwede Berichtigung dem Betroffenen mitzuteilen.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes vom 3. April 1919 über die Aufhebung des Adels, der weltlichen Ritter- und Damenorden und gewisser Titel und Würden, StGBl. 211/1919 idF BGBl I 2/2008 lauten:

"§ 1. Der Adel, seine äußeren Ehrenvorzüge sowie bloß zur Auszeichnung verliehene, mit einer amtlichen Stellung, dem Beruf oder einer wissenschaftlichen oder künstlerischen Befähigung nicht im Zusammenhange stehenden Titel und Würden und die damit verbundenen Ehrenvorzüge österreichischer Staatsbürger werden aufgehoben.

§ 2. Die Führung dieser Adelsbezeichnungen, Titel und Würden ist untersagt. Übertretungen werden von den politischen Behörden mit Geld bis zu 20.000 K oder Arrest bis zu sechs Monaten bestraft.

§ 3. Das Erfordernis des Adels als Bedingung für den Genuss von Stiftungen entfällt.

§ 4. Die Entscheidung darüber, welche Titel und Würden nach § 1 als aufgehoben anzusehen sind, steht dem Staatssekretär für Inneres und Unterricht zu.

§ 5. Die in Österreich bestehenden weltlichen Ritter- und Damenorden werden aufgehoben. […]"

Die maßgeblichen Bestimmungen der Vollzugsanweisung des Staatsamtes für Inneres und Unterricht und des Staatsamtes für Justiz, im Einvernehmen mit den beteiligten Staatsämtern vom 18. April 1919, über die Aufhebung des Adels und gewisser Titel und Würden, StGBl. 237/1919 idF BGBl 50/1948 lauten:

"§ 1. Die Aufhebung des Adels, seiner äußeren Ehrenvorzüge, weiters der bloß zur Auszeichnung verliehenen, mit einer amtlichen Stellung, dem Berufe oder einer wissenschaftlichen oder künstlerischen Befähigung nicht im Zusammenhange stehenden Titel und Würden und der damit verbundenen Ehrenvorzüge trifft alle österreichischen Staatsbürger, und zwar, gleichviel, ob es sich um im Inlande erworbene, oder um ausländische Vorzüge handelt.

§ 2. Durch § 1 des Gesetzes vom 3. April 1919, St. G. Bl. Nr 211, sind aufgehoben:

1. das Recht zur Führung des Adelszeichens 'von';

2. – 5. (…)

Die §§ 9 und 13 Bundesgesetz vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz), BGBl 304/1978 idF BGBl I 158/2013, lauten:

"Personalstatut einer natürlichen Person

§ 9. (1) Das Personalstatut einer natürlichen Person ist das Recht des Staates, dem die Person angehört. Hat eine Person neben einer fremden Staatsangehörigkeit auch die österreichische Staatsbürgerschaft, so ist diese maßgebend. Für andere Mehrstaater ist die Staatsangehörigkeit des Staates maßgebend, zu dem die stärkste Beziehung besteht. (…)

Name

§ 13. (1) Die Führung des Namens einer Person ist nach deren jeweiligem Personalstatut zu beurteilen, auf welchem Grund auch immer der Namenserwerb beruht.

(2) Der Schutz des Namens ist nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem die Verletzungshandlung gesetzt wird.“

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 26.6.2014, B 212/2014 u.a. ausgeführt:

„1. Gemäß § 1 des in Verfassungsrang stehenden und den Gleichheitsgrundsatz des Art 7 Abs 1 B-VG diesbezüglich ausführenden AdelsaufhebungsG wird "[d]er Adel [...] österreichischer Staatsbürger […] aufgehoben". § 1 der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vollzugsanweisung präzisiert diese Bestimmung dahingehend, dass die Aufhebung des Adels alle österreichischen Staatsbürger, "und zwar, gleichviel, ob es sich um im Inlande erworbene, oder um ausländische Vorzüge handelt", trifft. Der Zusatz "von" stellt ein gemäß § 2 Z 1 der Vollzugsanweisung aufgehobenes Adelszeichen dar.

In VfSlg 17.060/2003 hat der Verfassungsgerichtshof – anlässlich der Beurteilung der Frage der Namensführung eines österreichischen Staatsbürgers nach Adoption durch eine deutsche Staatsangehörige, die einen ehemaligen Adelstitel als Familiennamen führte – ausgesprochen, dass es nach den Bestimmungen des AdelsaufhebungsG unzulässig ist, ein (ehemaliges) Adelsprädikat im Wege der Adoption durch eine deutsche Staatsangehörige, die das Adelsprädikat zulässigerweise als Teil des Namens trägt, einem österreichischen Staatsbürger als Name weiterzugeben (dem ist auch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gefolgt, siehe VwGH 17.2.2010, 2008/17/0114). Der Verfassungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis im Hinblick auf die besondere Funktion des AdelsaufhebungsG zur Herstellung demokratischer Gleichheit (vgl. Kolonovits, in: Korinek/Holoubek [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Vorbemerkungen zum AdelsaufhebungsG, Rz 8) auch festgehalten, dass österreichische Staatsbürger nach diesem Verfassungsgesetz allgemein nicht berechtigt sind, Adelstitel ausländischen Ursprungs zu führen.

Der Verfassungsgerichtshof hält an dieser Auffassung fest. Es ist das aus seinem historischen Entstehungszusammenhang begründete Normprogramm des AdelsaufhebungsG, die in Art 7 Abs 1 Satz 2 B-VG festgeschriebene Grundaussage der Verfassung der demokratischen Republik Österreich, dass für alle Staatsbürger Vorrechte der Geburt oder des Standes ausgeschlossen sind, dahingehend zu konkretisieren, dass der Adel und seine äußeren Ehrenvorzüge für österreichische Staatsbürger ausnahmslos aufgehoben werden (§ 1 AdelsaufhebungsG). Kein österreichischer Staatsbürger soll also einen Namen (Namensbestandteil oder Namenszusatz) führen oder erwerben können, der im Sinne des AdelsaufhebungsG Adelsbezeichnungen enthält und somit den Eindruck erwecken könnte, für seinen Träger bestünden Vorrechte der Geburt oder des Standes.

Das AdelsaufhebungsG schließt demnach für österreichische Staatsbürger sowohl den Erwerb von Namensbestandteilen oder -zusätzen, die im Sinne des AdelsaufhebungsG und der dazu ergangenen Vollzugsanweisung Adelsbezeichnungen darstellen, aus als auch, dass eine Person, für die eine solche Adelsbezeichnung nach anderem als österreichischem Recht Bestandteil ihres Namens ist, diese nach Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft weiterführt (so VfSlg 17.060/2003).

2.1. Der Landeshauptmann von Wien ist daher im angefochtenen Bescheid zu Recht davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführerin zu B 214/2014 mit der Eheschließung und die Beschwerdeführerinnen zu B 212/2014 und B 215/2014 durch Abstammung den Namen "W", also den Namen ihres Mannes bzw. ihres Vaters, ohne das Adelszeichen "von" erworben haben. Dass es sich bei diesem Zusatz im Hinblick auf den Beschwerdeführer zu B 213/2014 um einen im Sinne des Art 109 Abs 3 der Weimarer Reichsverfassung – der in Deutschland nach wie vor als einfaches Bundesrecht in Geltung steht (vgl. Ellenberger, in: Palandt [Hrsg.], Bürgerliches Gesetzbuch73, 2014, § 12 BGB, Rz 6) – gegebenenfalls nach deutschem Recht zulässigen Bestandteil seines Namens handelt, ändert nichts daran, dass für die Beschwerdeführerinnen zu B 212/2014, B 214/2014 und B 215/2014 als österreichische Staatsbürgerinnen dieser Zusatz nach den Bestimmungen des AdelsaufhebungsG und der dazu ergangenen Vollzugsanweisung eine unzulässige Adelsbezeichnung darstellt, die auf die Beschwerdeführerinnen im Lichte des AdelsaufhebungsG verfassungskonform durch die jeweils zum Zeitpunkt des Namenserwerbs anzuwendenden einschlägigen zivilrechtlichen Bestimmungen (§ 92 AGBG idF BGBl 122/1967, § 146 ABGB idF BGBl 122/1967 bzw. idF BGBl 108/1973) nicht weitergegeben werden konnte. Dies gilt unabhängig von der Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers zu B 213/2014.

2.2. Der Landeshauptmann von Wien ist ebenfalls zu Recht davon ausgegangen, dass auch der Familienname des Beschwerdeführers zu B 213/2014 im Ehebuch als "W" einzutragen ist. Zum Zeitpunkt der Berichtigung der den Beschwerdeführer zu B 213/2014 betreffenden Eintragung im österreichischen Ehebuch war das Personalstatut des Beschwerdeführers zu B 213/2014, der zu diesem Zeitpunkt sowohl die österreichische Staatsbürgerschaft als auch die deutsche Staats-angehörigkeit besaß, gemäß § 9 IPRG das österreichische. Zum Zeitpunkt seiner Geburt war der Beschwerdeführer zu B 213/2014 hingegen ausschließlich deutscher Staatsangehöriger und erwarb seinen Namen nach deutschen zivilrechtlichen Bestimmungen durch Abstammung. Mit dem Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft erlangte nun für den Beschwerdeführer zu B 213/2014 das im AdelsaufhebungsG und der dazu ergangenen Vollzugsanweisung festgelegte Verbot, das Adelszeichen "von" im Namen zu führen, unmittelbar Geltung. Sein Familienname lautet daher nach österreichischem Recht ab diesem Zeitpunkt "W". Der Landeshauptmann von Wien hat daher die insoweit unrichtige Eintragung im Ehebuch – dazu, dass die Eintragungen in den Personenstandsbüchern nur eine beurkundende, aber keine rechtsbegründende Wirkung haben, VfSlg 9729/1983 – zu Recht und in Anwendung der Anordnungen des AdelsaufhebungsG berichtigt.

3. Das AdelsaufhebungsG bewirkt für die Beschwerdeführer auch – unter konventionsrechtlichen Gesichtspunkten – keinen unzulässigen Eingriff in ihr Recht aus Art 8 EMRK, weil es zur Aufrechterhaltung der Ordnung in einer demokratischen Gesellschaft verhältnismäßig ist, Vorrechte der Geburt oder des Standes zum Ausdruck bringende Namensbestandteile bzw. deren Weitergabe als Ausdruck des Grundsatzes, dass allen Staatsbürgern gleiche Rechte zukommen, zu unterbinden (zu dem den Mitgliedstaaten nach der Rechtsprechung des EGMR im Bereich des Namensrechts zukommenden weiten Gestaltungsspielraum EGMR 11.9.2007, Fall Bulgakov, Appl. 59894/00 [Z43] mwH; zu vergleichbaren Verhältnismäßigkeits-erwägungen EuGH 22.12.2010, Rs. C-208/09, Sayn-Wittgenstein, Slg. 2010, I-13693).

Wenn die Beschwerdeführer dem angefochtenen Bescheid schließlich die (frühere) Rechtsprechung des VwGH (VwSlg. 3476 A/1954, weiters VwGH 11.2.1957, 2261/56; 18.11.1957, 1645/57; 12.1.1959, 960/58, JBl 1959, 642), die insoweit mit älterer Rechtsprechung des OGH (SZ 147/1952) übereinstimmt, entgegenhalten, sind sie auf die im Anschluss an VfSlg 17.060/2003 ergangene jüngere Rechtsprechung des VwGH (VwGH 17.2.2010, 2008/17/0114) hinzuweisen.“

Im Erkenntnis vom 17.2.2010, 2008/17/0114, führt der Verwaltungsgerichtshof zur Frage der Zulässigkeit der Führung eines Namens „Graf von ...“ durch einen österreichischen Staatsbürger aus:

„Nach dem unstrittigen Akteninhalt handelt es sich beim Familiennamen des annehmenden Wahlvaters, eines deutschen und tschechischen Staatsangehörigen, um eine ehemalige Adelsbezeichnung, die in Deutschland gemäß Art. 109 Abs. 3 Satz zwei der Weimarer Reichsverfassung als Teil des bürgerlichen Namens gilt, und vom Wahlvater im Wege der Adoption erworben wurde.

Der Beschwerdeführer ist hingegen von Geburt an österreichischer Staatsbürger, weshalb der belangten Behörde beizupflichten ist, dass nach den zitierten Bestimmungen der §§ 9 Abs. 1 und 13 Abs. 1 IPRG die gegenständliche Rechtsfrage nach österreichischem Recht zu beurteilen ist. Es besteht auch keinerlei Bezug zum Gemeinschaftsrecht (vgl. dazu das Urteil des EuGH vom 14. Oktober 2008, C-353/06, Grunkin-Paul), und wird ein solcher vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet (der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz in Österreich und es gibt keine Hinweise darauf, dass er als österreichischer Staatsbürger in Deutschland zur Führung des von ihm präferierten Namens berechtigt wäre).

Strittig ist hier lediglich die Frage, ob das Adelsaufhebungsgesetz und die auf Grund dieses Gesetzes erlassene Vollzugsanweisung auf den vorliegenden Sachverhalt zur Anwendung gelangen. Gemäß § 1 des Adelsaufhebungsgesetzes wird "der Adel … österreichischer Staatsbürger … aufgehoben". § 2 Z 4 der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vollzugsanweisung präzisiert diese Bestimmung dahingehend, dass "das Recht zur Führung der adeligen Standesbezeichnungen, wie z.B. Ritter, Freiherr, Graf und Fürst, dann des Würdetitels Herzog, sowie anderer einschlägiger in- und ausländischer Standesbezeichnungen" aufgehoben ist.

Der Argumentation des Beschwerdeführers, sein Wahlvater habe den Nachnamen "Graf von X und Y" rechtmäßig im Wege der Adoption von dessen Großmutter erworben, und führe diesen Namen auf Grund der deutschen Rechtslage (Art. 109 Abs. 3 Satz zwei der Weimarer Reichsverfassung) als seinen bürgerlichen Nachnamen, weshalb der Beschwerdeführer seinerseits im Wege der Adoption den unzertrennbaren bürgerlichen Namen seines Wahlvaters, nicht aber eine Adelsbezeichnung angenommen habe, ist zunächst das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. November 2003, Zl. B 557/03, entgegen zu halten. Darin führt der Verfassungsgerichtshof zur Frage der Namensführung eines österreichischen Staatsbürgers nach Adoption durch eine deutsche Staatsbürgerin aus:

`... Nach dem im Verfassungsrang stehenden und den Gleichheitsgrundsatz diesbezüglich ausführenden Adelsaufhebungsgesetz ist es unzulässig, ein (ehemaliges) Adelsprädikat - sei es 'Prinzessin' oder, wie der Beschwerdeführer begehrt, 'Prinz' - im Wege einer Adoption durch eine deutsche Staatsangehörige, die das Adelsprädikat zulässigerweise als Teil des Namens trägt, einem österreichischen Staatsbürger als Name weiterzugeben. Österreichische Staatsbürger sind nach diesem Verfassungsgesetz nämlich auch nicht berechtigt, Adelstitel ausländischen Ursprungs zu führen (vgl. Kolonovits, in Korinek/Holoubek (Hrsg.), Österreichisches Bundesverfassungsrecht, AdelsaufhG §§1, 4, Rz. 8, mwH). ...‘

Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Rechtsansicht, welche gleichermaßen auf die Führung des in § 2 Z 4 der Vollzugsanweisung genannten Adelsprädikats "Graf" sowie des in § 2 Z 1 der Vollzugsanweisung angeführten Adelszeichens "von" Anwendung findet. Dass derartige Adelsprädikate bzw. Adelszeichen in Deutschland auf Grund der dortigen Rechtslage (Art. 109 Abs. 3 Satz zwei der Weimarer Reichsverfassung) zulässigerweise als Bestandteil des bürgerlichen Namens geführt werden dürfen, ändert nichts an dem Umstand, dass es sich um (ehemalige) Adelsprädikate handelt, deren Führung nach der österreichischen Rechtslage - seien diese Prädikate nun österreichischen oder ausländischen Ursprungs - auf Grund des Adelsaufhebungsgesetzes sowie der betreffenden Vollzugsanweisung verboten ist.“

In seinem Erkenntnis vom 28.2.2011, 2010/17/0278 hat der Verwaltungsgerichtshof Folgendes ausgeführt:

„Der Verfassungsgerichtshof hat zur Frage der Namensführung eines österreichischen Staatsbürgers nach Adoption durch eine deutsche Staatsbürgerin im Hinblick auf den im Geburtenbuch dadurch registrierten Familiennamen "Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha, Herzog zu Sachsen" in seinem Erkenntnis vom 27. November 2003, B 557/03 (=VfSlg. 17060) zusammenfassend die österreichische Rechtslage dahin beurteilt, dass es nach dem im Verfassungsrang stehenden und den Gleichheitsgrundsatz diesbezüglich ausführenden Adelsaufhebungsgesetz unzulässig sei, ein (ehemaliges) Adelsprädikat im Wege einer Adoption durch eine deutsche Staatsangehörige, die das Adelsprädikat zulässigerweise als Teil des Namens trage, einem österreichischen Staatsbürger als Name weiter zu geben. Österreichische Staatsbürger seien nach dem erwähnten Verfassungsgesetz nämlich auch nicht berechtigt, Adelstitel ausländischen Ursprungs zu führen.

Soweit die Beschwerdeführerin weiters die Ansicht vertritt, mit der angeordneten Berichtigung des Geburtenbuches werde unzulässigerweise in die Rechtskraft der Entscheidung des Kreisgerichtes Worbis eingegriffen, die Wirkungen der Adoption seien nach deutschem Recht zu beurteilen, übersieht sie, dass auf die kollisionsrechtliche Beurteilung der Berichtigung ihres Namens im Geburtenbuch § 13 IPRG anzuwenden ist. Danach beansprucht der österreichische Staat die Geltung seiner Rechtsordnung hinsichtlich des Namensrechtes seiner Staatsangehörigen. Dies bedeutet aber auch, dass die österreichische Rechtsordnung bestimmt, welche Behörde oder welches Gericht im konkreten Einzelfall zu Entscheidung berufen ist. Dies bedeutet im Beschwerdefall weiters, dass die Personenstandsbehörden die Frage zu beurteilen hatten, mit welchem Namen die Beschwerdeführerin in die österreichischen Personenstandsbücher (hier das Geburtenbuch) einzutragen war. Dabei haben die österreichischen Personenstandsbehörden ihre Verfahrensvorschriften anzuwenden. Wurde nun auf Grund der Entscheidung des Kreisgerichtes Worbis der Name der Beschwerdeführerin mit den nach der österreichischen Rechtsordnung nicht einzutragenden und dem ordre-public widersprechenden Adelsbestandteilen im Geburtenbuch eingetragen, war diese Eintragung im Wege des § 15 PStG ungeachtet einer etwaigen Rechtskraft der Entscheidung des Kreisgerichtes Worbis zu berichtigen.“

Der Bf wurde in Linz als deutscher Staatsbürger geboren. Ihm wurde mit Urkunde vom 28.5.1960 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen. Die im weiteren ausgestellten Urkunden wurden auf den Namen „von H.“ ausgestellt. Die Bfin erhielt mit Heirat am ...1972 den Nachnamen „von H.“ durch ihren Gatten und führte diesen seither. Die Beschwerdeführer sind somit österreichische Staatsbürger und unterfallen als solche dem Adelsaufhebungsgesetz.

Die Führung des Adelstitels „von“ ist für österreichische Staatsbürger unzulässig. Da die Beschwerdeführer österreichische Staatsbürger sind, unterliegen sie dem Adelsaufhebungsgesetz und ist auch im Lichte der § 9 und 13 IPR-Gesetz davon auszugehen, dass sich der Name nach den Personalstatute der Beschwerdeführer richtet, auf welchem Grund auch immer der Namenserwerb beruhte. Kraft der österreichischen Staatsbürgerschaft der Beschwerdeführer kommt gegenständlich das Adelsaufhebungsgesetz zur Anwendung und erweist sich daher die Führung des Zusatzes „von“ als unzulässig und die Berichtigung als notwendig und daher rechtlich gedeckt.

Zu den Beschwerdeausführungen im Einzelnen:

1. Zum Einwand der mangelhaften Bezeichnung der Beschwerdeführer als Adressaten des Bescheides wird darauf verwiesen, dass aus dem alleine maßgeblichen Spruch des angefochtenen Bescheides eindeutig erkennbar ist, an wen dieser gerichtet ist. Die Bezeichnung des Vertreters in der Zustellverfügung entspricht der Vorschrift des § 9 in Verbindung mit § 5 Zustellgesetz (VwGH 7.3.2016, 2015/02/0233). Unter welcher Geschäftszahl der das Verfahren abschließende Bescheid erlassen wird, ist für den Bescheid als solchen nicht konstitutiv und hat auf seine Rechtswirksamkeit keinen Einfluss.

2. Der Hinweis auf § 74 PStG geht aus mehreren Gründen fehl. So kann diese als einfaches Gesetz erlassene Bestimmung nicht dem im Verfassungsrang stehenden Adelsaufhebungsgesetz materiell derogieren. Darüber hinaus wird mit dieser Bestimmung nur ein erworbenes Recht geschützt. Ist – wie gegenständlich - der Namenserwerb (wie bei der Bfin) von Anbeginn an rechtswidrig oder die Namensführung (wie beim Bf) mit Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft rechtswidrig geworden, kann von einem erworbenen Recht im Sinne des § 74 PStG nicht gesprochen werden. Aus diesem Grund können sich die Beschwerdeführer auch nicht auf den Vertrauensschutz berufen.

3. Zu den weiteren Beschwerdeeinwänden (wie auch allgemein zu den Beschwerdegründen) ist auf das auszugsweise bereits zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26.6.2014, B 212/2014 zu verweisen. In dem darin angeführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17.2.2010, 2008/17/0114 führte der VwGH, wie bereits wiedergegeben, unter anderem zum Adelszeichen „von“ aus: „…Dass derartige Adelsprädikate bzw. Adelszeichen in Deutschland auf Grund der dortigen Rechtslage (Art. 109 Abs. 3 Satz zwei der Weimarer Reichsverfassung) zulässigerweise als Bestandteil des bürgerlichen Namens geführt werden dürfen, ändert nichts an dem Umstand, dass es sich um (ehemalige) Adelsprädikate handelt, deren Führung nach der österreichischen Rechtslage - seien diese Prädikate nun österreichischen oder ausländischen Ursprungs - auf Grund des Adelsaufhebungsgesetzes sowie der betreffenden Vollzugsanweisung verboten ist. …“.

Mit dieser Rechtsprechung ist somit klargestellt, dass es sich bei dem Zusatz „von“ um eine Adelsbezeichnung handelt, deren Führen nach den anzuwendenden Bestimmungen des Adelsaufhebungsgesetzes und der Vollzugsanweisung des Staatsamtes für Inneres und Unterricht und des Staatsamtes für Justiz, im Einvernehmen mit den sonstigen Staatsämtern vom 18.4.1919 über die Aufhebung des Adels und gewisser Titel und Würden unabhängig von ihrem Ursprung unzulässig ist. Die Behörde war somit zu der mit angefochtenem Bescheid vorgenommenen Berichtigung des Familiennamens nach Kenntnis des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet. Sie hat dabei auch nicht gegen das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verstoßen. Inwieweit bei dieser Rechtslage und im Lichte der ergangenen höchstgerichtlichen Rechtsprechung von einer „Inländerdiskriminierung“ oder einem Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot gesprochen werden könnte, bleibt unerfindlich und kann dem auch im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung der Höchstgerichte nicht gefolgt werden.

Zu dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien erstatteten ergänzenden Vorbringen des wohl erworbenen Rechtes ist auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.2.2011, 2010/17/0278 und die darin zitierte Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes mit Erkenntnis vom 27. November 2003, B 557/03 (=VfSlg. 17060) zu verweisen. Darin ist zum Einen klargestellt, dass für österreichische Staatsbürger nach dem Adelsaufhebungsgesetz kein Recht bestehe, Adelstitel ausländischen Ursprungs zu führen. Zum Anderen wird verdeutlicht, dass die österreichischen Personenstandsbehörden unter Anwendung der geltenden Rechtslage und unabhängig allfälliger entgegenstehender Eintragungen auf Grund rechtskräftiger Entscheidungen (dort eines deutschen Kreisgerichtes) dem ordre-public widersprechende Adelsbestandteile zu berichtigen haben.

Des Weiteren ist der Rechtsprechung der Höchstgerichte des öffentlichen Rechtes eindeutig zu entnehmen, dass es sich dabei um allgemein verbindliche Rechtsgrundsätze handelt, die nicht ausschließlich auf den in einzelnen Beschwerdefällen behandelten Fall der Adoption anzuwenden sind.

4. Abschließend ist zu bemerken, dass auch dem erkennenden Gericht mangels Rechtsgrundlage ein Vorgehen aus Billigkeitsgründen (etwa eine Nachsicht der Berichtigung) verwehrt ist.

Die Beschwerde war somit als unbegründet abzuweisen.

Im Hinblick auf die klare Rechtslage, die ausführliche und einheitliche Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes sowie darauf gestützten Entscheidungen der Landesverwaltungsgerichte war eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Schlagworte

Personenstandsregister; amtswegige Namensberichtigung; Berichtigung des Familiennamens; Adelstitel; österreichische Staatsbürgerschaft; Adelsaufhebungsgesetz; Adelsprädikat

Anmerkung

VwGH 30.1.2018, Ra 2018/01/0003-0004; Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.101.020.7549.2017

Zuletzt aktualisiert am

01.03.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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