Entscheidungsdatum
03.08.2017Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VVG §3Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Landesrechtspflegerin Ott über die Beschwerde des Herrn H. K. vom 24.06.2017 gegen die Vollstreckungsverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Buchhaltungsabteilung 32, vom 30.5.2017, Zahlungsreferenz ..., Kundennummer ... (zugrundeliegend das rechtskräftige Verwaltungsstrafverfahren zur Zl. MA 67 - RV-30641/7/7),
zu Recht e r k a n n t:
Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die angefochtene Vollstreckungsverfügung bestätigt.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang und maßgeblicher Sachverhalt:
Mit (nicht verfahrensgegenständlicher) Strafverfügung vom 12.04.2017, Zl. MA 67-RV-30641/7/7, verhängte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, über den Beschwerdeführer wegen Übertretung nach § 99 Abs. 3 lit. a Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) in Verbindung mit 24 Abs. 3 lit. d StVO 1960 eine Geldstrafe von 138 Euro (28 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe im NEF). Die Zustellung der voran genannten Strafverfügung wurde durch den Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, mit Rückscheinbrief RSb an den Arbeitsplatz des Beschwerdeführers, R. Handels-Gesellschaft m.b.H., in Wien, L.-Straße angeordnet. Diese RSb-Sendung wurde nach einem erfolglosen Zustellversuch bei der Postgeschäftsstelle 1… Wien am 03.05.2017 hinterlegt. Gegen die Strafverfügung vom 12.04.2017 wurde kein Einspruch erhoben, sodass diese in Rechtskraft erwuchs.
Mit Vollstreckungsverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6- Rechnungs- und Abgabewesen, Buchhaltungsabteilung 32, vom 30.05.2017, Zahlungsreferenz ..., Kundennummer ..., wurde die Zwangsvollstreckung zur Einbringung des Gesamtbetrages in der Höhe von 138 Euro gemäß §§ 3 und 10 VVG verfügt.
Der Beschwerdeführer führt in seinem gegen die spruchgegenständliche Vollstreckungsverfügung gerichteten Rechtsmittel aus, nicht nach dem Gleichbehandlungsprinzip behandelt worden zu sein. Alle anderen Fahrzeuge hätten einen 36 Euro Erlagschein an der Windschutzscheibe, er jedoch eine „108 Euro-Anzeige“ für das Fahrzeug mit dem Kennzeichen W-… gehabt. Eventuell könnte ein „Spaßvogel seinen Erlagschein entfernt haben, darauf habe er jedoch keinen Einfluss. Er begehre die gleiche Strafe in Höhe von 36 Euro wie alle anderen und ersuche zudem den Kollektivvertragslohn bei der Bemessung der Strafhöhe zu berücksichtigen. Falls die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht notwendig und hilfreich sei, beantrage er diese.
Die belangte Behörde legte dem Verwaltungsgericht Wien das Rechtsmittel vom 24.06.2017 unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes zur Zl. MA 67 –RV 30641/7/7 (hier am 26.07.2017 einlangend) vor.
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakte der belangten Behörde und des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67 zur Zahl MA 67-RV-30641/7/7.
Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich, soweit für gegenständliches Verfahren von Relevanz, Folgendes:
Mit (nicht verfahrensgegenständlicher) Strafverfügung vom 12.04.2017, Zl. MA 67-RV-30641/7/7, verhängte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 138 Euro (28 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe im Nichteinbringungsfall) wegen Übertretung des 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 iVm § 24 Abs. 3 lit. d StVO 1960, weil der Beschwerdeführer am 14.01.2017 von 09:30 Uhr bis 09:50 Uhr in Wien, K.-Straße mit dem Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen W-… auf einer Fahrbahn mit Gegenverkehr, wobei nicht mindestens zwei Fahrstreifen für den fließenden Verkehr freiblieben, geparkt hatte, wodurch eine Verkehrsbeeinträchtigung gegeben war. Diese Strafverfügung wurde dem Beschwerdeführer gemäß dem im Verwaltungsstrafakt einliegenden postamtlichen RSb-Abschnitt durch Hinterlegung am 03.05.2017 (Beginn der Abholfrist) zugestellt. Der Beschwerdeführer erhob weder Einspruch noch zahlte er die Verwaltungsstrafe.
Rechtslage
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Nach § 50 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 24 Abs. 2 Z 3 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.
Gemäß § 27 VwGVG hat, soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§9 Abs. 3) zu überprüfen.
Die maßgeblichen Bestimmungen des VVG lauten wie Folgt:
„Eintreibung von Geldleistungen
§ 3. (1) Die Verpflichtung zu einer Geldleistung ist in der Weise zu vollstrecken, dass die Vollstreckungsbehörde durch das zuständige Gericht nach den für das gerichtliche Exekutionsverfahren geltenden Vorschriften die Eintreibung veranlasst. In diesem Fall schreitet die Vollstreckungsbehörde namens des Berechtigten als betreibenden Gläubigers ein. Die Vollstreckungsbehörde kann die Eintreibung unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften über die Einbringung und Sicherung der öffentlichen Abgaben selbst vornehmen, wenn dies im Interesse der Raschheit und der Kostenersparnis gelegen ist.
(2) Der Vollstreckungstitel muss mit einer Bestätigung der Stelle, von der er ausgegangen ist, oder der Vollstreckungsbehörde versehen sein, dass er einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht mehr unterliegt (Vollstreckbarkeitsbestätigung). Einwendungen gegen den Anspruch im Sinne des § 35 der Exekutions-ordnung – EO, RGBl. Nr. 79/1896, sind bei der Stelle zu erheben, von der der Vollstreckungstitel ausgegangen ist.
(3) Natürliche Personen, juristische Personen des Privatrechts sowie der Bund, die Länder und die Gemeinden können die Eintreibung einer Geldleistung unmittelbar beim zuständigen Gericht beantragen. Andere juristische Personen des öffentlichen Rechts können dies nur, soweit ihnen zur Eintreibung einer Geldleistung die Einbringung im Verwaltungsweg (politische Exekution) gewährt ist.
Verfahren
§ 10. (1) Auf das Vollstreckungsverfahren sind, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, der I. Teil, hinsichtlich der Rechtsmittelbelehrung die §§ 58 Abs. 1 und 61 und der 2. und 3. Abschnitt des IV. Teiles des AVG sinngemäß anzuwenden.
(2) Die Beschwerde beim Verwaltungsgericht gegen die Vollstreckungsverfügung hat keine aufschiebende Wirkung.“
§ 17 Zustellgesetz (ZustG), BGBl. Nr. 200/1982, in der (rückwirkend) seit 1.1.2008 in Kraft stehenden Fassung (BGBl. I Nr. 5/2008), samt Überschrift lautet auszugsweise:
"Hinterlegung
§ 17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in der selben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
(2) Der Empfänger ist von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen. […]
(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereit zu halten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereit gehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte."
(4) …"
Rechtliche Beurteilung
Voraussetzung für eine Vollstreckung ist, dass überhaupt ein entsprechender Titelbescheid vorliegt, dass dieser gegenüber dem Verpflichteten wirksam geworden ist und dass der Verpflichtete seiner Verpflichtung innerhalb der festgesetzten Frist und bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens nicht nachgekommen ist (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 19.9.1996, Zl. 96/07/0081 und die dort zitierte Vorjudikatur).
Die Vollstreckbarkeit des Titelbescheides ist grundsätzlich eine Folge der Rechtskraft und tritt somit im Zweifel erst mit dieser gemeinsam ein (vgl. VwGH 28.4.1992, Zl. 92/08/0078).
Als Titelbescheid ist im gegenständlichen Verfahren die voran genannte Strafverfügung vom 12.04.2017, Zl. MA 67-RV-30641/7/7 anzusehen.
Die Zustellung des verfahrensgegenständlichen Titelbescheides des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom 12.04.2017, Zl. MA 67-RV-30641/7/7 ist, insbesondere aufgrund der am Zustellnachweis RSb (öffentliche Urkunde) vermerkten Daten mit 03.05.2017 (Hinterlegung) bewirkt worden. Mit der Zustellung begann die gemäß § 49 Abs. 1 VStG mit zwei Wochen bemessene Rechtsmittelfrist am 03.05.2017 zu laufen.
Die durch § 17 Abs. 3 ZustellG normierte Zustellwirkung der Hinterlegung wird lediglich durch eine Abwesenheit von der Abgabestelle ausgeschlossen, die bewirkt, dass der Empfänger wegen seiner Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte. Die Möglichkeit der Kenntniserlangung genügt; auf die tatsächliche Kenntnisnahme kommt es nicht an.
Eine Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt des Zustellvorganges wurde im gesamten Verfahren nicht behauptet und bietet auch die Aktenlage in diese Richtung keinerlei Hinweise.
Somit galt der Titelbescheid mit dem ersten Tag der Abholfrist am 03.05.2017 als zugestellt (vgl. VwGH vom 28.2.2007, Zl. 2006/13/0178).
Der Beschwerdeführer hat im gegebenen Verfahren weder behauptet, geschweige denn konkret dargelegt, dass er gegen den Titelbescheid (Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom 12.04.2017) fristgerecht ein Rechtsmittel erhoben hätte.
Vielmehr ist – wie bereits dargelegt - die Strafverfügung mangels Einbringung eines fristgerechten Rechtsmittels in Rechtskraft erwachsen und obliegt dem erkennenden Verwaltungsgericht Wien lediglich die Prüfung, ob im gegebenen Fall eine unzulässige Vollstreckung vorliegt.
Die Vollstreckung der Strafverfügung wäre etwa dann unzulässig, wenn die aufgetragene Verpflichtung bereits erfüllt worden wäre (siehe Erkenntnis des VwGH vom 14.12.2000, Zl. 99/07/0185).
Das Vorbringen des Beschwerdeführers bezieht sich ausschließlich auf das bereits rechtskräftig abgeschlossene Verwaltungsstrafverfahren. Hierzu ist zu bemerken, dass die Frage der Rechtsmäßigkeit des Titelbescheides (Strafverfügung vom 12.04.2017) im Vollstreckungsverfahren nicht mehr aufgegriffen werden kann (vgl. VwGH vom 20.1.1998, 97/11/0385 u.a.).
Im gegenständlichen Verfahren liegt ein rechtskräftiger Titelbescheid vor und wurde dieser gegenüber dem Verpflichteten rechtswirksam erlassen. Im Übrigen stimmt die verfahrensgegenständliche Vollstreckungsverfügung mit der zu vollstreckenden Strafverfügung überein. Der Beschwerdeführer ist weiters seiner Verpflichtung zur Entrichtung des vorgeschriebenen Betrages (138 Euro) bis dato nicht nachgekommen. Ein Ansuchen des Beschwerdeführers um Zahlungserleichterung ist nicht aktenkundig, ebenso wenig wurde vom Beschwerdeführer bescheinigt dargelegt, dass sein eigener notwendiger Unterhalt oder der allfälliger Personen, für die er nach dem Gesetz zu sorgen hat, durch die zwangsweise Einbringung der Geldleistung gefährdet wird. Die Vollstreckung ist somit zulässig.
Der gegenständlichen Beschwerde war daher ein Erfolg zu versagen und wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.
Schlagworte
Vollstreckungsverfügung; Titelbescheid; Rechtmäßigkeit; RechtskraftEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.251.082.RP19.10358.2017Zuletzt aktualisiert am
19.10.2017