TE Lvwg Erkenntnis 2017/9/4 VGW-022/018/11291/2017

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Veröffentlicht am 04.09.2017
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Entscheidungsdatum

04.09.2017

Index

82/05 Lebensmittelrecht
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

Tiefgefrorene Lebensmittel §6 Abs1 litc
VStG §44a

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter DDr. Lacina über die Beschwerde des Herrn Dipl.-Ing. W. G. vom 27.07.2017 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 27.06.2017, Zahl MBA ... - S 7613/17, wegen Übertretung des § 6 Abs. 1 lit. c der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz über tiefgefrorene Lebensmittel,

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Artikel 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 10. Bezirk, vom 27.06.2017, Zahl MBA ... - S 7613/17, wurde dem Beschwerdeführer Folgendes zur Last gelegt:

„Sie haben als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 VStG 1991 der I.-GmbH mit Sitz in Wien, W.-straße zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Unternehmerin im Sinne des § 21 LMSVG durch Lieferung an die T.-GmbH am 11.08.2016, 22.08.2016, 30.08.2016, 12.09.2016, 22.09.2016, 06.10.2016 und am 12.10.2016, das ohne weitere Verarbeitung für den Letztverbraucher bestimmte Lebensmittel "... Erbsen Karotten Duo “ mit der Chargennummer ..., MHD: 06/2018, 02:48 in Verkehr gebracht hat, welches in weiterer Folge zumindest am 17.11.2016 um 08:20 in der Filiale der X. AG in V., T.-Straße zum Verkauf für den Letztverbraucher in einem SB-Tiefkühlschrank bereitgehalten wurde, obwohl die Bestimmungen des § 6 Abs. 1 lit. c der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz über tiefgefrorene Lebensmittel nicht eingehalten wurden, da kein deutlich lesbarer und dauerhaft angebrachter Vermerk der Art „Nach dem Auftauen nicht wieder einfrieren" am Produkt angebracht war.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 6 Abs 1 lit. c der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz über tiefgefrorene Lebensmittel

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von € 180,00, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Stunden gemäß § 90 Abs.3 erster Strafsatz LMSVG.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

€ 18,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe

(mindestens jedoch € 10,00 je Übertretung).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 198,00.

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.

Gemäß § 64 Abs. 3 des Verwaltungsstrafgesetzes haben Sie außerdem die in diesem Strafverfahren entstandenen Barauslagen zu ersetzen:

€ 165,90 für die Begutachtung durch die AGES, Institut für Lebensmittelsicherheit

Die I.-GmbH haftet für die mit diesem Bescheid über den verantwortlichen Beauftragten, Herr Dipl.Ing. W. G. verhängte Geldstrafe von € 180,00 und die Verfahrenskosten in der Höhe von € 18,00 samt Barauslagen in der Höhe von € 165,90 sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs.7 VStG zur ungeteilten Hand.“

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten schriftlichen Beschwerde vom 27.7.2017 führte der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass ein Verstoß gegen § 6 TiefgeVO nur vorliegen könne, wenn es sich beim beanstandeten Produkt um ein tiefgefrorenes Lebensmittel iSd Norm handelt. Dass dies hier der Fall sein soll, gibt die Umschreibung des Produktes im Spruch (aber auch in der Begründung) des Straferkenntnisses nicht her.

3. Rechtsgrundlagen

Die im gegenständlichen Verfahren maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz über tiefgefrorene Lebensmittel, BGBl. Nr. 201/1994 idgF

§ 6 Abs. 1 lit. c TiefgeVO bestimmt:

Tiefgefrorene Lebensmittel, die - ohne weitere Verarbeitung - für den Letztverbraucher oder für Einrichtungen der Gemeinschaftsversorgung bestimmt sind, sind entsprechend der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, BGBl. Nr. 72/1993, zu kennzeichnen; zusätzlich müssen diese tiefgefrorenen Lebensmittel folgende besondere Kennzeichnungselemente (Angaben) aufweisen: den deutlich lesbaren und dauerhaft angebrachten Vermerk der Art „Nach dem Auftauen nicht wieder einfrieren''.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

4. Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen zur Entscheidung berufenen Richter erwogen:

Die als erwiesen angenommene Tat, die der Spruch eines Straferkenntnisses nach § 44a Z 1 VStG enthalten muss, ist mit allen ihren rechtserheblichen Merkmalen anzuführen, zu konkretisieren und zu individualisieren. Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach § 44a VStG ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass erstens die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Anziehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und zweitens die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Das heißt, dass jene Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muss, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist.

Der Beschuldigte hat ein subjektives Recht, dass ihm die als erwiesen angenommene Tat richtig und vollständig vorgehalten wird (vergleiche VwGH vom 08.08.2008, Zl 2008/09/0042). Die Umschreibung dieser Tat hat – bereits im Spruch und nicht in der Bescheidbegründung – so präzise zu sein, dass der Beschuldigte seine Verteidigungsrechte wahren kann und er nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt ist.

Auf Grund der Tatsache, dass dem Beschuldigten im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nur zur Last gelegt wurde, dass er es zu verantworten habe, dass das Lebensmittel „... Erbsen Karotten Duo“ in Verkehr gebracht wurde, bei dem kein dauerhaft angebrachter Vermerk der Art „Nach dem Auftauen nicht wieder einfrieren“ am Produkt angebracht war, fehlt dem Strafausspruch ein wesentliches Tatbestandselement. Die TiefgeVO sieht nämlich in § 6 ausdrücklich vor, dass diese auf tiefgefrorene Lebensmittel, die - ohne weitere Verarbeitung - für den Letztverbraucher oder für Einrichtungen der Gemeinschaftsversorgung bestimmt sind, anzuwenden ist. Im angefochtenen Straferkenntnis ist das Tatbestandselement „tiefgefrorenes Lebensmittel“ nicht enthalten.

Aus eben diesem Grund war der Beschwerde daher Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der mangelhaft angelasteten Tat aufzuheben.

5. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Tiefkühlgemüse; Spruch; Tatumschreibung; Fehlen eines Tatbestandselements; Mangelhaftigkeit; Aufhebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.022.018.11291.2017

Zuletzt aktualisiert am

30.10.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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