Entscheidungsdatum
04.09.2017Index
90/02 FührerscheingesetzNorm
FSG §3 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Romano über die Beschwerde des Herrn E. P., vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt, vom 18.04.2017, Zl. E/ 4568/VA/17,
zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Entscheidungsgründe
Der angefochtene Bescheid enthält folgenden Spruch:
„Die Landespolizeidirektion Wien – Verkehrsamt – hat Ihnen mit Bescheid vom 09.03.2017 Zahl E/4568/VA/17 die Lenkberechtigung Zahl ... erteilt am 18.05.2006 von der BPD Wien für die Klasse(n) A und B gemäß § 24 Absatz 1 Zif. 1 Führerscheingesetz 1997 in Verbindung mit § 57 Absatz 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 für die Zeit von 12 (zwölf) Monaten entzogen.
Weiters wurde gemäß § 24 Abs. 3 Führerscheingesetz 1997 in Verbindung mit
§ 57 Absatz 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 angeordnet, dass Sie sich einer Nachschulung zu unterziehen haben.
Der gegen diesen Bescheid rechtzeitig eingebrachten Vorstellung wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe geändert, dass die Entziehungszeit mit 26.02.2017 begann und am 26.12.2017 endet.
Einer allfälligen Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 13 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, VwGVG aberkannt.“
Begründend wird festgehalten, dass dem Beschwerdeführer bereits mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft K. vom 10.5.2013 die Lenkberechtigung für die Dauer von einem Monat entzogen wurde, da er ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat. Der Beschwerdeführer sei zudem an einem Verkehrsunfall ursächlich beteiligt gewesen. In diesem Rahmen sei auch die Alkoholisierung festgestellt worden. Negativ wirke sich sohin aus, dass kein Fall der Erstmaligkeit einer Alkofahrt vorliege. Da es sich bei Alkoholdelikten zu den schwersten und gröbsten Verstößen der Verkehrsvorschriften handle, bedürfe es im konkreten Fall einer Entziehungsdauer von zehn Monaten, bis die Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangt werde.
In der ausschließlich gegen die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung fristgerecht eingebrachten Beschwerde wird darauf hingewiesen, dass sich die festgestellte und unbestritten gebliebenen Alkoholbelastung an der untersten Grenze des Rahmens gemäß § 99 Abs. 1a StVO befinde.
Beweis wurde erhoben vorerst durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt, es wurde sodann vor dem erkennenden Verwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.
Der Beschwerdeführer gab in deren Rahmen zu Protokoll:
„Verwiesen wird auf das bisherige Vorbringen.
Es trifft zu, dass ich vor Antritt der Fahrt diverse Medikamente zu mir genommen habe, mittlerweile ist mir auch bekannt, dass diese von Einfluss auf die Fahrtauglichkeit, insbesondere in Kombination mit dem Konsum alkoholischer Getränke, sind.
Über Medikamente wurde im Rahmen der Nachschulung, welche ich absolviert habe, nicht gesprochen. Es wurde vielmehr insofern geschult, welche Alkoholbelastung durch welche Menge alkoholischer Getränke entsteht.
Wenn ich zu den Trinkangaben befragt werde, gebe ich an, dass ich, abgesehen von zwei Krügel Bier, auch mehrere Stamperl Jägermeister konsumiert habe. Ich verweise darauf, dass ich an diesem Tag auch nicht gegessen hatte.
Sachschaden am gegnerischen Fahrzeug ist bereits durch die Versicherung zur Gänze berichtigt worden.
Der Beschwerdeführer hat auch durch die erheblichen Kosten, die durch diesen Vorfall entstanden sind, zur Kenntnis genommen, dass Vorfälle der gegenständlichen Art in umfassender Weise schädlich sind. Auch in beruflicher Hinsicht sind dem Beschwerdeführer durch den gegenständlichen Vorfall erhebliche Nachteile erwachsen. Insgesamt wird daher auch durch Ausspruch einer kürzeren Entzugsdauer der Verwaltungszweck erfüllt werden.“
Auf Grundlage des dem erkennenden Verwaltungsgericht sohin zu Entscheidung zur Verfügung stehenden Aktenstandes wurde erwogen:
Unbestritten bleibt, dies wurde daher der Entscheidung zugrunde gelegt, dass der Beschwerdeführer zur Tatzeit am Tatort als Lenker des gegenständlichen Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand an einem Verkehrsunfall ursächlich beteiligt war, welcher einen Sachschaden zur Folge hatte. Auch die Belastung der Atemluft durch Alkohol in einem Ausmaß von 0,6 mg/Liter blieb unbestritten. Letztendlich bleibt unbestritten, dass dem Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft K. vom 10.5.2013 die Lenkberechtigung für die Dauer von einem Monat entzogen wurde, da er ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat, wobei ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1b StVO begangen wurde.
Seinem eigenen Vorbringen zu Folge wurde im Anschluss an die obzitierte vorausgegangene Entziehung der Lenkberechtigung eine Nachschulung absolviert. Anlässlich der verfahrensauslösenden Fahrt wurde auch das Medikament Neo-Citran eingenommen.
Dazu wurde erwogen:
Die Bestimmungen des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997 in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 31/2008, lauten auszugsweise:
"§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:
1.
…,
2.
verkehrszuverlässig sind (§ 7),
…
§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen
1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder …
...
(3) Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:
1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;
...
(4) Für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, …
(5) Strafbare Handlungen gelten jedoch dann nicht als bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs. 1, wenn die Strafe zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens getilgt ist. Für die Frage der Wertung nicht getilgter bestimmter Tatsachen gemäß Abs. 3 sind jedoch derartige strafbare Handlungen auch dann heranzuziehen, wenn sie bereits getilgt sind.
...
§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
...
(3) Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. …
…
Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. …
…
§ 25. …
(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen. …
…
§ 32. (1) Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, hat die Behörde unter Anwendung der §§ 24 Abs. 3 und 4, 25, 26, 29 sowie 30a und 30b entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges
1. ausdrücklich zu verbieten, …“
Eine Verwaltungsübertretung begeht gemäß § 99 Abs. 1a StVO und ist mit einer Geldstrafe von 1200 Euro bis 4400 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von zehn Tagen bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.…
Der Ausspruch der Mindestentziehungsdauer im Sinn der Bestimmung des § 25 Abs. 3 FSG kommt nach Überzeugung des erkennenden Verwaltungsgerichte nur in Betracht, wenn keinerlei Gründe vorliegen, die erwarten lassen, dass eine Änderung der Sinnesart, die die Verkehrszuverlässigkeit ausschließt, erst zu einem späteren Zeitpunkt eintreten werde. Dabei ist die Verwerflichkeit der verfahrensauslösenden Tat einer Wertung zu unterziehen.
Diese Wertung ergibt im vorliegenden Fall, dass der Beschwerdeführer eine Beeinträchtigung seiner Fahrtauglichkeit nicht nur durch den Konsum alkoholischer Getränke, sondern auch durch die Kombination mit Medikamenten in Kauf genommen hat. Dahingehend ist hinsichtlich des Medikamentes NeoCitran auf dessen Beipacktext zu verweisen, in welchem sich die Ausführungen folgenden Inhalts befinden:
„Wirkung auf die Fahrtüchtigkeit und auf das Bedienen von Maschinen
NeoCitran Grippe/Erkältung kann Müdigkeit hervorrufen. Die Reaktionsfähigkeit kann verlangsamt sein, was z.B. beim Führen von Fahrzeugen oder beim Bedienen von Maschinen zu beachten ist (https://compendium.ch/mpro/mnr/3037/html/de?Platform=Desktop).“ Umso bemerkenswerter ist, dass der Beschwerdeführer die vorgefundene Kombination von Medikamenten und alkoholischen Getränken zu verantworten hat, obwohl er wegen des bereits zitierten Vorverfahrens einer einschlägigen Nachschulung unterzogen wurde. Der Umstand, dass sich die Alkoholbeeinträchtigung am untersten Rahmen der strafsatzbestimmenden Norm bewegt hat, verliert dadurch an Bedeutung.
Auch die negativen Folgen des Vorfalles, bei welchem ein Verkehrsunfall mit Sachschaden entstanden ist, welcher die Intervention von Sicherheitswachkräften erforderlich gemacht hat, welche dadurch anderen Aufgaben nicht zur Verfügung gestanden sind, waren maßgeblich, eine Entzugsdauer vorzuschreiben, welche das gesetzliche Mindestmaß überschritten hat.
Unter all diesen Erwägungen begegnet sohin die Vorschreibung einer Entzugsdauer von zehn Monaten auch zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das erkennende Verwaltungsgericht keinen Bedenken. Es war daher der Beschwerde spruchgemäß der Erfolg zu versagen und mit Bestätigung des angefochtenen Bescheides vorzugehen.
Beruflichen oder privaten Interessen konnte aufgrund des Überwiegens des öffentlichen Interesses an der Verkehrssicherheit bei der Entscheidung keine Relevanz beigemessen werden.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Führerscheinentzug; Alkofahrt; Medikamente; Neo-Citran; Verkehrszuverlässigkeit; öffentliches InteresseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.131.019.7945.2017Zuletzt aktualisiert am
23.10.2017